Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2011, Az. V ZR 239/10

V. Zivilsenat | REWIS RS 2011, 1727

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V ZR 239/10
Verkündet am:
4. November 2011
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit

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Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 4. November 2011 durch die
Richter Dr.
Lemke,
Prof.
Dr.
Schmidt-Räntsch
und Dr.
[X.] und die Richterinnen Dr.
[X.] und Weinland

für Recht erkannt:
Die Revision gegen das Urteil des 8.
Zivilsenats des [X.] vom 28.
Oktober 2010 wird auf Kosten der Klägerin zurückgewiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:
Die Rechtsvorgängerin der Klägerin (nachfolgend einheitlich:
Klägerin) gewährte der inzwischen insolventen [X.] ein Darlehen über 870.000
DM. Zur Sicherung aller Ansprüche aus der Geschäftsbeziehung zwi-schen der Klägerin und der [X.] bestellte deren damaliger [X.] am 2. Februar 1993 der Klägerin ein Pfandrecht an einem Teilbe-trag von 100.000 DM an seinem
Termingeldguthaben
bei der [X.] der [X.]n (nachfolgend einheitlich:
[X.]). Mit Schreiben vom glei-chen Tag zeigte er der [X.]n die Verpfändung an; den Erhalt dieser Anzei-ge bestätigte die [X.] der Klägerin am 3. Februar 1993.
Das Termingeld
war im Februar 1993 fällig. Die [X.] zahlte es am 3.
September 1993 an den Geschäftsführer der T. GmbH
aus, ohne die Klägerin hiervon
in Kenntnis zu setzen.
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Mit Schreiben vom 21. Juli 1999 kündigte die Klägerin die Geschäftsbe-ziehung mit der [X.] und stellte ihre Forderung von 892.275,58 DM zur sofortigen Rückzahlung fällig. Am 10. Mai 2007 forderte die Klägerin die [X.] zur Auflösung des [X.] und zur Überweisung des verpfände-ten Betrags auf. Die [X.] erhob die Einrede der Verjährung.
Die auf die Verurteilung der [X.]n zur Zahlu(100.000
DM) nebst Zinsen gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen erfolglos geblieben.
Mit der von dem
Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihren Antrag weiter.
Die [X.] beantragt die Zurückweisung des [X.].

Entscheidungsgründe:
I.
Nach Auffassung des
Berufungsgerichts sind etwaige Ansprüche
der Klägerin verjährt.
Abzustellen sei auf die Verjährung des verpfändeten Auszah-lungsanspruchs des Geschäftsführers der [X.] gegen die [X.]. Für diesen
Anspruch habe zunächst die
Regelverjährungsfrist von 30 Jahren gegolten. Die Frist habe
mit
der Fälligkeit des [X.] zu laufen begonnen, spätestens am
28. Februar 1993; zu einer
Prolongationsabrede habe keine der Parteien vorgetragen. Ab dem 1. Januar 2002 habe der Anspruch der dreijähri-gen Verjährungsfrist unterlegen.
Verjährung sei
deshalb mit Ablauf des 31. [X.] 2004 eingetreten.

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II.
Das hält rechtlicher Nachprüfung im Ergebnis stand.
1. Die Klägerin hat keinen Anspruch nach §
1282 [X.], weil
der verpfän-dete Auszahlungsanspruch -
in dem rechtlichen
Verhältnis zwischen den Par-teien
-
bei Klageerhebung verjährt war.
a) [X.] sind zivilrechtlich als Darlehen (§§
488 ff. [X.] bzw. §§ 607 ff. [X.] aF) zu qualifizieren;
die Laufzeitvereinbarung und das Zinsinteresse
des Kunden stehen gegenüber seinem Hinterlegungsinteresse im Vordergrund ([X.], [X.], 803, 804; Derleder/
Knops/[X.]/[X.], Handbuch zum [X.] und [X.], 2. Aufl., § 40 Rn. 23; FA-BKR/Barleon,
2. Aufl., Kapitel 6 Rn. 21; [X.]/Bunte/[X.]/[X.], [X.], 4. Aufl., § 70 Rn.
7).
Der Darlehensrückzahlungsanspruch des Geschäftsführers
der T.
GmbH aus § 607 Abs. 1 [X.] aF war nach den Feststellungen des Berufungs-gerichts im Februar 1993 fällig;
in diesem Zeitpunkt begann nach
Art. 229 §
6 Abs. 1 Satz 2 EG[X.],
§ 198 Satz 1 [X.] aF der Lauf der
dreißigjährigen [X.]sfrist (§ 195 [X.] aF).
b) Die Rüge der Revision, das Berufungsgericht habe übersehen, dass nach dem unstreitigen Parteivortrag für das Termingeld eine automatische mo-natliche Prolongation vereinbart gewesen
sei, bleibt ohne Erfolg. Das [X.] hat festgestellt, dass weder die Klägerin noch die [X.] hätten, zwischen der [X.]n und dem Geschäftsführer der T.
GmbH sei eine Prolongationsabrede getroffen worden.
An diese Feststellung ist der Senat
gemäß § 559 Abs. 1, §
314
ZPO gebunden. Denn hierbei handelt es sich um eine tatbestandliche Darstellung des Parteivorbringens in den [X.] im Sinne von §
559 Abs.
1 ZPO, die nach §
314 ZPO den Beweis für das mündliche Parteivorbringen in der Berufungsinstanz erbringt. Dieser Be-6
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weis kann nur durch das Sitzungsprotokoll, nicht jedoch durch den Inhalt der Schriftsätze entkräftet werden ([X.],
Urteil vom 8.
Januar 2007 -
II
ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435). Eine etwaige Unrichtigkeit solcher tatbestandlicher Darstellungen in dem Berufungsurteil kann nur in einem -
von der Klägerin nicht angestrengten
-
Berichtigungsverfahren nach §
320 ZPO behoben werden, nicht aber mit einer Verfahrensrüge nach §
551 Abs.
3 Satz
1 Nr.
2 ZPO ([X.], Urteil vom 23.
April 2010 -
LwZR 20/09, RdL
2010, 237, 238; Urteil vom 8.
Januar 2007 -
II
ZR 334/04, NJW-RR 2007, 1434, 1435).
Im Übrigen hätte eine Prolongationsabrede allenfalls bis zu
der
Auszahlung des Geldes im Sep-tember 1993 Bestand gehabt. An der Verjährung änderte sich deshalb nichts.
c) Da die dreißigjährige Verjährungsfrist am 1. Januar 2002 noch nicht abgelaufen war, unterlag der Rückzahlungsanspruch ab diesem Zeitpunkt nach Art. 229 § 6 Abs. 4 Satz 1 EG[X.] der nunmehr dreijährigen Verjährungsfrist (§
195 [X.]). Da sowohl der Geschäftsführer der [X.] als auch die Klägerin nach den nicht angegriffenen Feststellungen des Berufungsgerichts in diesem Zeitpunkt Kenntnis von der Fälligkeit des Rückzahlungsanspruchs hat-ten, begann der Lauf der dreijährigen Verjährungsfrist am 1.
Januar 2002 (vgl. [X.], Urteil vom 23.
Januar 2007 -
XI
ZR 44/06, [X.]Z
171, 1 Rn.
19
ff.). [X.] ist deshalb mit Ablauf des 31.
Dezember 2004 eingetreten. Der Kläge-rin gegenüber war die Auszahlung des Festgeldguthabens entgegen der Rege-lung in §
1281 [X.] allein an den Geschäftsführer der [X.] unwirk-sam. Die [X.] muss sich von der Klägerin so behandeln lassen, als hätte sie das Guthaben nicht ausgezahlt, so dass sie weiterhin zur Leistung an die Klägerin verpflichtet blieb (siehe nur RGZ
77, 250, 254; BayObLG, NJW
1968, 705, 706
f.; [X.]/[X.], [X.], 70.
Aufl., §
1281
Rn.
3; [X.]/[X.], [X.] [2009], §
1281 Rn.
7).
d) Ohne Erfolg macht die Revision geltend, nach der Fälligkeit des [X.] habe ein Verwahrungsvertrag im Sinne von §
700 Abs.
1 [X.] zwi-10
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schen der [X.]n und dem Geschäftsführer der [X.] hinsichtlich des
fälligen Guthabens bestanden, so dass die Verjährung des [X.] erst mit einem wirksamen Auszahlungsverlangen im Jahr 2007 be-gonnen habe. Diese Ansicht findet in dem von dem Berufungsgericht -
auch durch Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen in dem erstinstanzli-chen Urteil
-
festgestellten Sachverhalt keine Stütze. Für den ausdrücklichen oder stillschweigenden Abschluss eines unregelmäßigen Verwahrungsvertrags gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist nicht festgestellt,
dass die [X.] das ver-pfändete Festgeld nach der Fälligkeit Ende Februar 1993 bis zur Auszahlung an den Geschäftsführer der [X.] im September 1993 auf dessen Giro-konto umgebucht hat mit der Folge, dass es sich dann um eine Sichteinlage gehandelt hätte, die als unregelmäßige
Verwahrung anzusehen wäre (siehe nur [X.]/Bunte/[X.]/[X.], [X.], 4.
Aufl., §
70 Rn.
2, 3). Auch gibt es keinen Hinweis darauf, dass das interne [X.], welchem nach der Feststellung des [X.] die [X.] "den aus der Termineinlage erwachsenen Rückzahlungsanspruch" gutgeschrieben hat, als ein Sichteinlagekonto geführt worden ist.
Somit kommt es auf den von dem Prozessbevollmächtigten der [X.]n in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat erhobenen Einwand, das Pfandrecht der Klägerin habe sich nicht auf das nach der Fälligkeit auf einem anderen Konto gebuchte Geld erstreckt, nicht an.
e) Die [X.] kann die [X.] der Klägerin nach §§ 1275, 404 [X.] entgegenhalten. Bei der Verpfändung
des Rückzahlungsanspruchs war
dessen Fälligkeit bereits vereinbart. Die [X.] war somit in dem zwischen der [X.]n und dem Geschäftsführer der [X.] be-stehenden Schuldverhältnis angelegt
und damit bei der
Verpfändung "begrün-det"
im Sinne
des § 404 [X.] (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 2005

[X.], [X.], 219, 220).

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2.
Ohne Erfolg macht die Revision geltend, der Klägerin stünde ein Schadensersatzanspruch zu.
Es kann dahinstehen, ob ein Pfandrecht an einer Forderung ein absolu-tes Recht im Sinne von §
823 Abs. 1 [X.] ist (bejahend [X.], 252, 255; [X.]/[X.], [X.], 70. Aufl., vor § 1204 Rn. 1; [X.]/[X.], [X.] [2009], § 1281 Rn. 7; verneinend BayObLG, NJW 1968, 705, 706; [X.]/[X.], [X.], 12. Aufl., § 823 Rn. 37; MünchKomm-[X.]/Wagner, 5.
Aufl., §
823 Rn.
147; Soergel/[X.], [X.], 13. Aufl., vor § 1204 Rn. 4,
jeweils mwN) und ob zwischen den Parteien aufgrund des Pfandrechts ein
ge-setzliches Schuldverhältnis bestand
(vgl. dazu Soergel/[X.], [X.], 13.
Auflage, § 1281, Rn. 4). Denn ein Anspruch scheitert daran, dass es an
ei-nem Schaden der Klägerin
fehlt. Wegen der ihr gegenüber
unwirksamen Aus-zahlung allein an den Geschäftsführer der [X.] konnte sie ihre Rechte aus dem Pfandrecht gegenüber
der [X.]n weiterhin geltend ma-chen (siehe vorstehend unter 1.
c)). Eine Verschlechterung der Vermögenslage der Klägerin ist durch die Auszahlung somit nicht eingetreten (vgl. RGZ
138, 252, 257; MünchKomm-[X.]/[X.], 5.
Aufl., §
1281 Rn.
5).
Dass der [X.] nicht mehr durchsetzbar ist, beruht nicht auf der gegen die Rege-lung in §
1281 Satz
1 [X.] verstoßenden Auszahlung, sondern in der fehlenden Geltendmachung des Anspruchs durch die Klägerin über einen längeren Zeit-raum hinweg.
Die Auszahlung hatte -
entgegen der von dem Prozessbevoll-mächtigten der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vertre-tenen Ansicht
-
auch nicht zur Folge, dass die Klägerin nunmehr lediglich einen der Verjährung unterliegenden Anspruch und damit einen Schaden in der Form der Vermögensgefährdung erlitten hat. Denn ohne die Auszahlung unterläge der Anspruch ebenfalls der Verjährung.

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III.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Lemke

Schmidt-Räntsch

[X.]

[X.]

Weinland

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 14.08.2009 -
1 [X.]/08 -

O[X.], Entscheidung vom 28.10.2010 -
8 U 476/09-126-
-

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Meta

V ZR 239/10

04.11.2011

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 04.11.2011, Az. V ZR 239/10 (REWIS RS 2011, 1727)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 1727

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 239/10

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