Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. V ZB 178/09

5. Zivilsenat | REWIS RS 2010, 4507

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Gegenstand

Rangklasseneinordnung im Zwangsversteigerungsverfahren: Ermittlung des maßgeblichen Jahres der Beschlagnahme für die Bestimmung der Rangklasse für Wohngeldansprüche einer Wohnungseigentümergemeinschaft


Leitsatz

Welches das für die Rangklasse 2 des § 10 Abs. 1 ZVG maßgebliche Jahr der Beschlagnahme ist, bestimmt sich nach der Vorschrift des § 22 Abs. 1 ZVG; auf diese ist § 167 ZPO nicht entsprechend anwendbar .

Tenor

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.] vom 28. Oktober 2009 wird zurückgewiesen.

Der Gegenstandswert des Beschwerdeverfahrens beträgt 419,14 €.

Gründe

I.

1

Die Schuldnerin ist Mitglied der Beteiligten zu 1, einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Diese beantragte mit einem am 18. Dezember 2008 bei dem Amtsgericht eingegangenen Schriftsatz, die Zwangsversteigerung von Teileigentum der Schuldnerin wegen titulierter Hausgeldansprüche aus dem [X.] in der [X.] 2 nach § 10 Abs. 1 [X.] anzuordnen.

2

Mit [X.]uss vom 5. Januar 2009 ordnete das Vollstreckungsgericht die Zwangsversteigerung in der [X.] 5 an. Das Ersuchen um die Eintragung des [X.] ging am 7. Januar 2009 bei dem Grundbuchamt ein; die Eintragung des Vermerks erfolgte am 8. Januar 2009. An diesem Tag wurde der Anordnungsbeschluss der Schuldnerin zugestellt.

3

Den im April 2009 gestellten Antrag der Beteiligten zu 1, den Beitritt zu dem in der [X.] 5 betriebenen [X.] in der bevorrechtigten [X.] 2 zuzulassen, lehnte das Vollstreckungsgericht ab. Die dagegen gerichtete sofortige Beschwerde ist erfolglos geblieben. Mit der zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt die Beteiligte zu 1 den Antrag auf Zulassung ihres Beitritts in der [X.] 2 weiter.

II.

4

Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde ist unbegründet.

5

1. Das Beschwerdegericht nimmt zutreffend an, dass die Voraussetzungen, unter denen die Beteiligte zu 1 dem von ihr betriebenen Verfahren in der [X.] 2 des § 10 Abs. 1 [X.] beitreten könnte (vgl. zu dieser Möglichkeit Senat, [X.]. v. 7. Mai 2009, [X.], [X.], 2066, 2067), nicht erfüllt sind, weil die der Zwangsvollstreckung zugrunde liegenden Hausgeldansprüche aus dem [X.] stammen.

6

Der [X.] 2 zuzuordnen sind die fälligen Ansprüche auf Zahlung der Beiträge zu den Lasten und Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums oder des Sondereigentums, die nach den §§ 16 Abs. 2, 28 Abs. 2 und 5 [X.] geschuldet werden, soweit es sich um laufende und rückständige Beträge aus dem [X.] und den letzten zwei Kalenderjahren handelt (§ 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.]). Das [X.] bestimmt sich nach § 22 Abs. 1 [X.] (vgl. [X.], [X.], 19. Aufl., § 10 [X.]. 4.5). Danach wird die [X.]agnahme mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem der [X.]uss über die Anordnung der Zwangsversteigerung dem Schuldner zugestellt wird oder in welchem das Ersuchen um die Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. Da beide Zeitpunkte hier im Januar 2009 liegen, fallen nur rückständige Beiträge der Schuldnerin aus den Jahren 2008 und 2007 in die [X.] 2.

7

2. Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde sind die Wirkungen der [X.]agnahme nicht gemäß § 167 ZPO auf den Zeitpunkt zurückzubeziehen, in dem der Antrag der Beteiligten zu 1 auf Anordnung der Zwangsversteigerung bei dem Vollstreckungsgericht eingegangen ist.

8

a) Die in § 167 ZPO angeordnete Rückwirkung beschränkt sich - verfassungsrechtlich unbedenklich - auf Fälle, in denen durch die Zustellung eine laufende Frist gewahrt oder die Verjährung neu beginnen oder gehemmt werden soll. Für sonstige Wirkungen der Zustellung gilt sie hingegen nicht (allg.M., vgl. Senat, Urt. v. 6. Dezember 1974, [X.], [X.], 97, 98; [X.], Urt. v. 21. April 1982, [X.], NJW 1982, 1812, 1813; [X.] WM 1989, 1425; [X.] 1987, 650, 651; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 167 Rdn. 7; [X.]/[X.], 3. Aufl., § 167 Rdn. 6; Wiecorek/ Schütze/Rohe, ZPO, 3. Aufl., § 167 Rdn. 8; [X.]/[X.], ZPO, 28. Aufl., § 167 Rdn. 4; Prütting/Gehrlein/Kessen, ZPO, 2. Aufl., § 167 Rdn. 4).

9

Zu diesen sonstigen Wirkungen zählen insbesondere rechtsbegründende oder rechtsverstärkende Folgen, die Vorschriften des materiellen Rechts (z.B. § 286 Abs. 1 Satz 2, § 291 Satz 1, § 407 Abs. 2, § 818 Abs. 4, § 1002 Abs. 1 BGB) oder des Verfahrensrechts (z.B. § 323 Abs. 3 ZPO) an die Rechtshängigkeit bzw. an die gerichtliche Geltendmachung und damit an die Zustellung einer Antrags- oder Klageschrift knüpfen. Um eine solche sonstige Wirkung handelt es sich auch, soweit § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] die Festlegung, welche Ansprüche in die bevorrechtigte [X.] 2 fallen, nach dem Zeitpunkt der [X.]agnahme bestimmt. Denn die [X.]agnahme hemmt nicht den Lauf einer Frist, sondern dient als zeitliche Zäsur für die Zuordnung einer bevorrechtigten [X.].

b) Eine entsprechende Anwendung von § 167 ZPO kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil es, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, an der dafür notwendigen planwidrige Regelungslücke im Gesetz fehlt (vgl. Senat, [X.]Z 171, 350, 353 m.w.N.). Die Möglichkeit, die Wirkungen der Zustellung des [X.], ist von dem Gesetzgeber bedacht worden. Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 2 [X.] wird die [X.]agnahme nämlich auch mit dem Zeitpunkt wirksam, in welchem das Ersuchen um Eintragung des Versteigerungsvermerks dem Grundbuchamt zugeht, sofern auf das Ersuchen die Eintragung demnächst erfolgt. Der Umstand, dass von einer entsprechenden Vorverlagerung der mit der Zustellung des [X.] an den Schuldner verbundenen, ein Satz zuvor (§ 22 Abs. 1 Satz 1 [X.]) geregelten Wirkungen auf den Zeitpunkt der Antragstellung abgesehen worden ist, lässt den Schluss zu, dass eine solche gerade nicht gewollt war.

Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Gesetzgeber, der bei der Neubelegung der [X.] des § 10 Abs. 1 Nr. 2 [X.] durch das Gesetz zur Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes und anderer Gesetze vom 26. März 2007 ([X.], [X.]) ausdrücklich die [X.]agnahme als maßgeblichen zeitlichen Anknüpfungspunkt für die Einbeziehung rückständiger Ansprüche gewählt hat, den Zeitpunkt, zu dem die [X.]agnahme wirksam wird, abweichend von § 22 Abs. 1 [X.] verstanden wissen wollte. Der Gesetzesbegründung lässt sich vielmehr das Gegenteil entnehmen. Der Zeitraum für die [X.] rückständiger Wohngelder sollte weithin demjenigen für wiederkehrende Leistungen der [X.]n 3 und 4 (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 und 4 [X.]) entsprechen ([X.]/Drucks. 16/887 S. 45). Für die [X.] rückständiger wiederkehrender Leistungen, die sich gemäß § 13 Abs. 1 [X.] ebenfalls nach dem Zeitpunkt der [X.]agnahme richtet (vgl. [X.], [X.], 4. Aufl., § 10 Rdn. 45), steht aber außer Frage, dass es insoweit auf den [X.]agnahmewirksamkeitszeitpunkt ankommt (vgl. [X.], [X.], 19. Aufl., § 13 Rdn. 2; [X.]/[X.]/Hintzen/[X.]/[X.], [X.], 13. Aufl., § 13 Rdn. 10).

III.

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Verpflichtung der Beteiligten zu 1, die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens zu tragen, ergibt sich aus dem Gesetz. Eine Erstattung außergerichtlicher Kosten findet nicht statt, da sich die Beteiligten im Zwangsversteigerungsverfahren in der Regel nicht als Parteien eines kontradiktorischen Streitverhältnisses gegenüberstehen (Senat, [X.]Z 170, 378, 381 Rdn. 7). So verhält es sich auch bei einer Auseinandersetzung um die richtige [X.] (vgl. Senat, [X.]. v. 20. Dezember 2007, [X.], [X.], 740, 742).

Die [X.] bestimmt sich nach den § 47 Abs. 1 Satz 1 GKG, § 26 Nr. 1 RVG.

Krüger                                   Lemke                                  Stresemann

                      Czub                                     [X.]

Meta

V ZB 178/09

22.07.2010

Bundesgerichtshof 5. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Amberg, 28. Oktober 2009, Az: 31 T 472/09, Beschluss

§ 10 Abs 1 Nr 2 ZVG, § 22 Abs 1 ZVG, § 167 ZPO, § 16 Abs 2 WoEigG, § 28 Abs 2 WoEigG, § 28 Abs 5 WoEigG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 22.07.2010, Az. V ZB 178/09 (REWIS RS 2010, 4507)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4507

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