Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.06.2018, Az. 2 ARs 163/18

2. Strafsenat | REWIS RS 2018, 8230

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Gegenstand

Geldwäsche im Ausland: Anwendbarkeit deutschen Strafrechts


Tenor

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a StPO wird abgelehnt.

[X.]

Gründe

1

Die Staatsanwaltschaft [X.] führt gegen den [X.] Staatsangehörigen       A.      ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der (versuchten) Geldwäsche. Dem liegt zugrunde, dass am 6. März 2017 bei der [X.]                        ein gefälschter Überweisungsträger zu Lasten des Kontos des                    [X.]               einging. Der gefälschte Überweisungsträger sah eine unberechtigte Transaktion in Höhe von 9.307,39 € auf ein vom Beschuldigten eingerichtetes und geführtes Konto bei dem [X.] Kreditinstitut „[X.]                “ in [X.]a.     ([X.]) vor. Die ausführende [X.]                       konnte die Überweisung noch rechtzeitig stoppen, womit der Geldtransfer scheiterte.

2

Der Beschuldigte hat sich anlässlich seiner Vernehmung im [X.] dahingehend eingelassen, er habe seit Anfang 2017 mehrfach Überweisungen in vierstelliger Höhe von ihm unbekannten Kontoinhabern aus der [X.] auf seinem Konto in [X.] in Empfang genommen. Zu diesem Vorgehen habe er sich gegenüber einem ihm nicht namentlich bekannten „[X.]“ bereit erklärt, den er kurz zuvor kennengelernt habe. Die empfangenen Gelder habe er auf Weisung dieses unbekannten [X.] weiter transferieren oder für Besorgungen (bspw. den Einkauf von Mobiltelefonen) einsetzen müssen. Für diese Tätigkeiten habe er einen Betrag von 5.000 € aus den empfangenen Überweisungen behalten dürfen.

II.

3

Der Antrag auf Bestimmung des zuständigen Gerichts gemäß § 13a [X.] ist abzulehnen, da auf die dem Beschuldigten zur Last gelegte Auslandstat [X.] Strafrecht unanwendbar ist (vgl. zum Prüfungsmaßstab Senat, Beschluss vom 14. Dezember 1984 - 2 [X.], [X.]St 33, 97, 98 f.; Beschluss vom 25. Oktober 2017 - 2 [X.], juris; [X.]/[X.], [X.], 61. Aufl., § 13a Rn. 2 mwN).

4

Bei der dem Beschuldigten zur Last gelegten Auslandstat handelt es sich um (versuchte) Geldwäsche im Sinne von § 261 Abs. 1, Abs. 2 Nrn. 1 und 2, Abs. 3 StGB. Es liegt nach dem Stand der Ermittlungen nahe, dass der versuchten Abbuchung vom Konto des Geschädigten mittels gefälschten Überweisungsträgers eine Urkundenfälschung und ein Betrugsversuch - jeweils gewerbsmäßig begangen - zugrunde liegen. Dafür, dass der Beschuldigte an diesem Tatgeschehen beteiligt war, gibt es keine Anhaltspunkte. Es ist jedoch aufgrund seiner eigenen Angaben naheliegend, dass der Beschuldigte seit Anfang 2017 mehrfach als sogenannter „[X.]“ für einen unbekannten Hintermann tätig geworden ist, wobei er um die inkriminierte Herkunft der (zu erwartenden) Gelder aus rechtswidrigen Vortaten im Sinne von § 261 Abs. 1 StGB wusste. § 261 Abs. 2 Nrn. 1 und 2 StGB weisen als abstraktes Gefährdungsdelikt [X.], StGB, 65. Aufl., § 261 Rn. 23) keinen inländischen Erfolgsort im Sinne von § 9 Abs. 1 Alt. 2 StGB auf. [X.] ist daher alleine der Ort in [X.], an dem der Beschuldigte gehandelt hat (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 - 2 [X.], [X.], 253; Beschluss vom 25. Oktober 2017 - 2 [X.], juris).

5

Für diese Auslandstat ist [X.] Strafrecht auch nach § 7 Abs. 1 StGB unanwendbar. Zwar schützt der hier in Betracht kommende Tatbestand des § 261 Abs. 2 StGB auch die individuellen Rechtsgüter des durch Betrug als Vortat betroffenen Geschädigten (vgl. Senat, Beschluss vom 23. April 2013 - 2 [X.], [X.], 253; [X.], Urteil vom 4. Februar 2010 - 1 [X.], [X.]St 55, 36, 49). Die Straftat wurde jedoch nicht „gegen einen [X.]“ begangen. Die Anwendbarkeit [X.] Strafrechts nach § 7 Abs. 1 StGB setzt als Geschädigten eine natürliche Person voraus, die [X.] im Sinne von Art. 116 Abs. 1 GG ist mithin eine Person, die die [X.] Staatsangehörigkeit (§ 1 [X.]) besitzt [X.], aaO, § 7 Rn 2a). Diesem beschränkten Anwendungsbereich liegt das passive Personalitätsprinzip zugrunde (vgl. [X.], NStZ 2004, 402, 403; KG, [X.], 16, 17), an das bereits die zuvor geltende Strafvorschrift § 4 Abs. 2 Nr. 2 StGB aF anknüpfte. Unter Berücksichtigung des eindeutigen Wortlauts von Alt- und Neuvorschrift und der gemeinsamen Entstehungsgeschichte beider Strafnormen setzt die Anwendbarkeit [X.] Strafrechts einen bestimmten oder jedenfalls bestimmbaren einzelnen [X.] Staatsangehörigen voraus, der durch die Auslandstat in seinen individuellen Rechten verletzt ist (vgl. [X.], Urteil vom 22. Februar 1963 - 4 StR 9/63, [X.]St 18, 283, 284; MüKo-StGB/[X.], 3. Aufl., § 7 Rn. 25; [X.]/Werle/Jeßberger, 12. Aufl., § 7 Rn. 63 und 69; [X.]/ [X.]/Eser, StGB, 29. Aufl., § 7 Rn. 6; [X.], 5. Aufl., § 7 Rn. 4 für juristische Personen mit Sitz im Inland; vgl. zur Entstehungsgeschichte auch BT-Drucks. IV/650, [X.]). Bei dem hier Geschädigten, dem                     Kirchenkreis L.               , handelt es sich nicht um eine natürliche Person, also einen bestimmten oder bestimmbaren einzelnen [X.] Staatsangehörigen. Eine möglicherweise mittelbare Betroffenheit der Mitglieder des Geschädigten genügt in diesem Zusammenhang ebenfalls nicht (MüKo-StGB/[X.], aaO, § 7 Rn. 25). Mithin ist die Auslandstat des Beschuldigten nicht „gegen einen [X.]“ im Sinne von § 7 Abs. 1 StGB begangen worden.

Schäfer     

        

Appl     

        

Zeng   

        

Grube     

        

Schmidt     

        

Meta

2 ARs 163/18

06.06.2018

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: ARs

§ 7 Abs 1 StGB, § 9 Abs 1 Alt 2 StGB, § 261 Abs 1 StGB, § 261 Abs 2 Nr 1 StGB, § 261 Abs 2 Nr 2 StGB, Art 116 Abs 1 GG, § 1 RuStAG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 06.06.2018, Az. 2 ARs 163/18 (REWIS RS 2018, 8230)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2018, 8230

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