6. Senat | REWIS RS 2013, 1924
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Keine Lohnsteuerpauschalierung für nicht steuerpflichtige Zuwendungen
1. § 37b EStG erfasst nur solche betrieblich veranlassten Zuwendungen, die beim Empfänger dem Grunde nach zu einkommensteuerbaren und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen .
2. § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart, sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl .
I. Streitig ist die Höhe der [X.]emessungsgrundlage der pauschalen Einkommensteuer i.S. des § 37b des Einkommensteuergesetzes (EStG).
Die Klägerin und Revisionsbeklagte (Klägerin) ist die Holdinggesellschaft des weltweit im Technologiebereich führend tätigen [X.]. Sie hatte im Oktober 2007 im [X.] in [X.] ein [X.] durchgeführt, an dem sowohl ihre Arbeitnehmer aus [X.] als auch Arbeitnehmer ihrer Tochtergesellschaften aus dem In- und Ausland teilgenommen hatten. Den Teilnehmern dieser Veranstaltung wurden dadurch betrieblich veranlasste Sachzuwendungen in Höhe von insgesamt 124.197 € gewährt.
Die Klägerin beantragte die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG. Der [X.]eklagte und Revisionskläger (das Finanzamt --[X.]--) ermittelte darauf in Anwendung des pauschalen Steuersatzes von 30 % insoweit einen Lohnsteuernachforderungsbetrag in Höhe von 37.259,10 € zuzüglich [X.] und Kirchensteuern und erließ unter Einbeziehung weiterer, hier nicht streitiger Sachverhalte einen Haftungs- und Nachforderungsbescheid über Lohnsteuer, [X.] und Kirchensteuern über insgesamt 108.685,25 €.
Die dagegen erhobene Klage war erfolgreich.
Das Finanzgericht ([X.]) hob den Nachforderungsbescheid antragsgemäß mit den in Entscheidungen der Finanzgerichte 2012, 81 veröffentlichten Gründen insoweit auf, als die pauschalierte Einkommensteuer auf Empfänger von Zuwendungen entfiel, die nicht der [X.]esteuerung im Inland unterlagen.
Mit der vom [X.] zugelassenen Revision rügt das [X.] die Verletzung materiellen Rechts.
Es beantragt,
das angefochtene Urteil des [X.] Düsseldorf vom 6. Oktober 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Revision zurückzuweisen.
Das [X.]undesministerium der Finanzen ([X.]MF) hat den [X.]eitritt zum Verfahren erklärt (§ 122 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).
II. Die Revision ist unbegründet und daher zurückzuweisen (§ 126 Abs. 2 [X.]O). Das [X.] hat zu Recht entschieden, dass der Pauschalierung nach § 37b EStG nur betrieblich veranlasste Sachzuwendungen unterliegen, die beim Empfänger zu [X.] Einkünften führen.
1. Nach § 37b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG können Steuerpflichtige die Einkommensteuer einheitlich für alle innerhalb eines Wirtschaftsjahres gewährten betrieblich veranlassten Zuwendungen, die zusätzlich zur ohnehin vereinbarten Leistung oder Gegenleistung erbracht werden und nicht in Geld bestehen, mit einem Pauschsteuersatz von 30 % erheben. Nach § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG gilt § 37b Abs. 1 EStG auch für betrieblich veranlasste Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen, soweit die Zuwendungen nicht in Geld bestehen und zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht werden.
a) Die Pauschalierung der Einkommensteuer nach § 37b EStG erfasst nur solche betrieblich veranlassten Zuwendungen, die beim Empfänger dem Grunde nach zu [X.] und einkommensteuerpflichtigen Einkünften führen. Denn § 37b EStG begründet keine weitere eigenständige Einkunftsart und keinen sonstigen originären ([X.], sondern stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl. Das folgt aus dem Wortlaut des § 37b EStG sowie aus rechtssystematischen Gründen und aus der Einordnung des § 37b EStG in das Gesamtgefüge des Einkommensteuergesetzes. Gegenteiliges ergeben schließlich weder Entstehungsgeschichte noch Gesetzesmaterialien zu § 37b EStG.
aa) § 37b EStG ist nach seinem Wortlaut eindeutig. Abs. 1 spricht von der Einkommensteuer für betrieblich veranlasste Zuwendungen. § 37b EStG setzt damit voraus, dass eine Einkommensteuer "für" bestimmte Zuwendungen entstanden ist. § 37b EStG enthält nichts dazu, aus welchem anderen Rechtsgrund als dem der Verwirklichung des einkommensteuerrechtlichen Grundtatbestandes sich die in § 37b EStG vorausgesetzte Einkommensteuer ergeben sollte. Einen eigenständigen Steuertatbestand, der über den [X.] des § 2 Abs. 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG hinausreicht, normiert § 37b EStG nicht; auch der Verweis in § 2 Abs. 1 EStG auf die §§ 13 bis 24 EStG ist nicht um den auf § 37b EStG erweitert.
bb) Die Systematik des geltenden Einkommensteuerrechts gibt erst recht keinen Anhaltspunkt dafür, dass mit § 37b EStG ein eigenständiger [X.] geschaffen wurde. Gegenstand und Umfang der Einkommenbesteuerung regelt § 2 Abs. 1 Satz 2 EStG i.V.m. §§ 13 ff. [X.] Die Einkommensteuer erfasst die Einkünfte, die der Steuerpflichtige "aus" einer bestimmten Erwerbsgrundlage erzielt, indem er eine Erwerbsgrundlage nutzt und daraus einen Gewinn oder Überschuss erzielt (vgl. [X.]eschluss des [X.] vom 30. September 1998 2 [X.]vR 1818/91, [X.] 99, 88, [X.]; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 2 Rz A 105 ff., [X.] 4 ff.). Danach unterliegen der Einkommensteuer nur die Einkünfte aus einer der in § 2 Abs. 1 Satz 1 EStG genannten und in den §§ 13 bis 24 EStG näher bestimmten sieben Einkunftsarten.
Zutreffend verweist daher auch die ganz herrschende Auffassung in der Literatur auf den Umstand, dass sich die Regelung des § 37b EStG im Einkommensteuergesetz unter "VI. Steuererhebung" findet. Die Steuererhebung setzt notwendigerweise einkommensteuerbare Einkünfte voraus, daran knüpft § 37b EStG an, normiert aber die [X.] von Einkünften nicht selbst ([X.] in [X.], EStG, § 37b EStG Rz 4; [X.]/ [X.], EStG, 32. Aufl., § 37b Rz 3; [X.] in [X.]/[X.]/[X.], § 37b EStG Rz 13; Stickan in [X.]/ [X.]itz/[X.], [X.], Kommentar, § 37b Rz 8, 12 --Stand: November 2013--; [X.], in: [X.][X.], EStG, § 37b Rz [X.]; [X.] in [X.], EStG, [X.] 2011, § 37b Rz 4; [X.], [X.] Steuer-Zeitung 2007, 102, 103; [X.], Der [X.]etrieb --D[X.]-- 2008, 1231, 1232; nur teleologisch einschränkend [X.] in [X.], EStG, 12. Aufl., § 37b Rz 8; a.[X.], A[X.]C-Führer Lohnsteuer, Pauschalierung der Einkommensteuer für Sachzuwendungen, Rz 22).
§ 37b Abs. 2 EStG setzt demnach das Entstehen der Einkommensteuer dem Grunde nach voraus, pauschaliert ist lediglich die [X.]emessungsgrundlage. Das zeigt auch das systematische Zusammenwirken der Absätze 1 und 2 im [X.]innensystem des § 37b EStG selbst; eine Abkehr von den hergebrachten systematischen Grundsätzen der [X.]esteuerung in den Grenzen der Einkünftetatbestände i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 1 bis 7 EStG folgt daraus nicht. Denn die in § 37b Abs. 2 EStG erfassten Zuwendungen an Arbeitnehmer des Steuerpflichtigen gründen ersichtlich auf der Voraussetzung, dass sie dem Grunde nach den Tatbestand der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erfüllen und nur im Hinblick auf die Höhe der Einkünfte zur Vereinfachung einer pauschalierten [X.]ewertung unterworfen werden sollen. So erfasst § 37b Abs. 2 Satz 1 EStG nur zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbrachte Sachleistungen, also [X.]ezüge, auf die zwar kein Rechtsanspruch besteht (Urteile des [X.]undesfinanzhofs vom 19. September 2012 VI R 54/11, [X.]FHE 239, 85, [X.]St[X.]l II 2013, 395; VI R 55/11, [X.]FHE 239, 91, [X.]St[X.]l II 2013, 398), die aber nach § 19 Abs. 1 Satz 2 EStG dennoch einkommensteuerbar sind. Dementsprechend nimmt sodann § 37b Abs. 2 Satz 2 EStG aus dem Anwendungsbereich der Pauschalierung nur aus, was dem Grunde nach zu [X.] führt, aber Sondertatbestände des Einkommensteuerrechts anderweitig bereits pauschaliert bewerten (§ 8 Abs. 2 Sätze 2 bis 8, Abs. 3, § 40 Abs. 2 sowie die Pauschalierung nach § 40 Abs. 1 EStG). Das sind "gesetzlich bewährte [X.]ewertungsregelungen", so die Gesetzesmaterialien ([X.]TDrucks 16/2712, S. 56).
Auch § 37a EStG als weitere Pauschalierungsnorm lässt sich nicht für die gegenteilige Auffassung heranziehen. Zwar erstreckt sich § 37a Abs. 1 Satz 2 EStG nur auf Prämien, die "den im Inland ansässigen Steuerpflichtigen zufließen", wohingegen § 37b EStG sich seinem Wortlaut nach nicht ausdrücklich nur auf einkommensteuerbare und dem Grunde nach einkommensteuerpflichtige Einkünfte beschränkt. Der Umstand, dass § 37b EStG diesen rechtssystematischen Grundsatz nicht ausdrücklich benennt, bedeutet indessen nicht, dass er bei der Auslegung der Vorschrift nicht zu beachten wäre, zumal sich --wie ausgeführt-- auch ohne diesen Zusatz aus dem Wortlaut der Vorschrift und ihrer Stellung im Gesetz ableiten lässt, dass § 37b EStG keinen neuen [X.] schaffen will und daher nur einkommensteuerbare und dem Grunde nach einkommensteuerpflichtige Einkünfte einbezieht.
Die Einbeziehung nicht steuerpflichtiger Zuwendungen lässt sich schließlich auch nicht mit einer "Mischkalkulation" rechtfertigen; denn eine solche findet stets statt, so etwa auch, wenn die Steuersätze einkommensteuerbarer und -pflichtiger Einkünfte zwischen 0 und dem Grenzsteuersatz liegen.
cc) Ungeachtet der Frage, inwieweit Äußerungen in [X.] eine dem Wortlaut und der Gesetzessystematik widersprechende Auslegung stützen könnten, ergeben hier die Materialien ([X.]TDrucks 16/2712, S. 55 f.; [X.]RDrucks 622/06, S. 91 ff.; [X.]RDrucks 622/1/06, S. 19 f.) keine Anhaltspunkte, die eine gegenläufige Auslegung stützen. Die [X.]egründung zum Jahressteuergesetz 2007 geht vielmehr selbst von einem grundsätzlich steuerpflichtigen, wenn auch mitunter schwierig zu bewertenden geldwerten Vorteil aus, wenn es dort heißt, dass es sich für den Empfänger der Zuwendung regelmäßig um einen steuerpflichtigen Vorteil handele, dessen Wert häufig schwer zu ermitteln sei ([X.]TDrucks 16/2712, S. 55). Insgesamt nehmen die Materialien jeweils zu ihrem Ausgangspunkt, dass dem Grunde nach ein nach den allgemeinen Grundsätzen einkommensteuerbarer Vorteil vorliegt und § 37b EStG lediglich die [X.]ewertung durch eine pauschalierende Wertermittlung erleichtern soll. Dementsprechend ist etwa ausdrücklich die Rede davon, dass § 37b EStG nur Sachzuwendungen treffen solle, weil [X.]arzuwendungen keine weitere Vereinfachung des [X.]esteuerungsverfahrens erforderten ([X.]TDrucks 16/2712, S. 55); auch dem liegt offenkundig die Erwägung zu Grunde, dass sich die Steuervereinfachung lediglich auf die [X.]ewertung richtet, weil [X.]arzuwendungen ihren Wert ohnehin unmittelbar offenbaren. Nichts anderes folgt aus dem nur in der Gesetzesbegründung verwendeten unspezifischen [X.]egriff des Steuerausländers, der gemeinsam mit den Geringverdienern Grund für einen gewichteten Durchschnittssteuersatz sein solle. Denn zutreffend führt insoweit das [X.] an, dass die pauschale [X.]esteuerung nach § 37b EStG von nicht der [X.]esteuerung im Inland unterliegenden [X.] deren [X.]esteuerung im Ausland nicht verhinderte, so dass bei ihnen § 37b EStG seinen Regelungszweck verfehlte.
b) Im Ergebnis erfasst § 37b EStG die Einkommensteuer, die durch betrieblich veranlasste Zuwendungen Steuerpflichtiger an Dritte (§ 37b Abs. 1 Satz 1 EStG) oder an Arbeitnehmer (§ 37b Abs. 2 Satz 1 EStG) entsteht, wenn und soweit der Empfänger dieser Zuwendungen dadurch Einkünfte i.S. des § 2 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. §§ 13 bis 24 EStG erzielt.
Denn § 37b EStG stellt lediglich eine besondere pauschalierende Erhebungsform der Einkommensteuer zur Wahl, indem der dort zum Steuerpflichtigen erklärte [X.] die grundsätzlich beim Zuwendungsempfänger entstehende Einkommensteuer übernimmt. Wenn die Finanzverwaltung insoweit eine gegenteilige Auffassung vertritt und etwa meint, es komme nicht darauf an, dass die Zuwendungen beim Empfänger im Rahmen einer Einkunftsart zuflössen ([X.]MF-Schreiben vom 29. April 2008, [X.]St[X.]l I 2008, 566 Rz 13; dazu kritisch und differenzierend schon [X.], D[X.] 2008, 1231, 1232), ist dem aus den vorgenannten Gründen nicht zu folgen. Ein diese Auffassung stützender Grundsatz, dass eine Einkommensteuer bei betrieblich veranlassten Zuwendungen jeder Art per se entsteht, lässt sich dem geltenden Einkommensteuergesetz --wie ausgeführt-- nicht entnehmen.
2. Nach Maßgabe der vorgenannten Rechtsgrundsätze hat das [X.] deshalb zutreffend mit weitgehend ähnlichen Erwägungen die pauschalierte Einkommensteuer nach § 37b EStG auf den Empfängerkreis begrenzt, bei dem die fraglichen Sachzuwendungen zu [X.] und grundsätzlich auch einkommensteuerpflichtigen Einnahmen im Inland führen.
Nach den Feststellungen des [X.] unterlagen 34,85 % der Teilnehmer des [X.] nicht der [X.]esteuerung, so dass es zutreffend in diesem Umfang die [X.]emessungsgrundlage der Pauschalierung nach § 37b EStG gemindert hat.
Meta
16.10.2013
Urteil
vorgehend FG Düsseldorf, 6. Oktober 2011, Az: 8 K 4098/10 L, Urteil
§ 37b Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 37b Abs 2 EStG 2002 vom 13.12.2006, § 2 Abs 1 S 1 Nr 1 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 2 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 3 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 4 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 5 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 6 EStG 2002, § 2 Abs 1 S 1 Nr 7 EStG 2002, EStG VZ 2007
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 16.10.2013, Az. VI R 57/11 (REWIS RS 2013, 1924)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 1924
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
(Lohnsteuerpauschalierung für Geschenke - Anwendungsbereich von § 37b EStG - Teilweise inhaltsgleich mit BFH-Urteil vom …
(Keine Lohnsteuerpauschalierung für nicht steuerpflichtige Zuwendungen an Arbeitnehmer - Eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers bei Kundenbetreuung …
Steuerbarkeit von Sachzuwendungen eines Kreditinstituts an seine Privatkunden zur allgemeinen Kundenpflege
(Steuerpauschalierung für betrieblich veranlasste Zuwendungen; Beiladung nach § 174 Abs. 5 AO)
(Pauschalversteuerung von Zuwendungen nach § 37b EStG - Ausübung und Widerruf des Wahlrechts)
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