Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 3 AZR 718/15

3. Senat | REWIS RS 2017, 13741

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Gegenstand

Insolvenz - Aussonderungsrecht - Pensionskassenbeiträge


Leitsatz

Ein von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/EG (juris: EGRL 94/2008) des Europäischen Parlaments und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers gebotener Schutz der Arbeitnehmer in der Insolvenz des Arbeitgebers führt nicht zur Begründung eines Aussonderungsrechts nach § 47 InsO an den vom Arbeitgeber nicht an die Pensionskasse gezahlten Beiträgen. Eine unionsrechtskonforme Auslegung oder richterliche Rechtsfortbildung von § 47 InsO, nach der eine Aussonderung keine Trennung des auszusondernden Vermögens vom Vermögen des Schuldners erfordert, übersteigt die Grenze des rechtsmethodisch Erlaubten.

Tenor

Die Revision des [X.] gegen das Urteil des [X.] vom 28. Oktober 2015 - 6 Sa 18/15 - wird zurückgewiesen.

Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt vom beklagten Insolvenzverwalter die [X.] der nicht an eine Pensionskasse gezahlten Beiträge für seine Alterssicherung.

2

Der 1952 geborene Kläger war seit dem 1. Juli 1993 bei der [X.] (im [X.]) tätig. Er ist Mitglied der [X.]. Die [X.] gewährte ihren Arbeitnehmern Leistungen nach Maßgabe des „Tarifvertrags über tarifliche Altersvorsorge“ (im Folgenden [X.]). Im [X.] idF vom 24. Mai 2006 ist [X.]. Folgendes geregelt:

        

§ 2 [X.] und allgemeine Anspruchsvoraussetzungen

        

1. Die Arbeitnehmer erhalten eine jährliche Einmalzahlung, die ausschließlich für Zwecke der persönlichen tariflichen Altersvorsorge ([X.]) verwendet wird.

        

2. Anspruchsberechtigt sind Arbeitnehmer und Auszubildende.

                 

Danach erhalten

                 

a) Anspruchsberechtigte vollzeitbeschäftigte Arbeitnehmer einmal jährlich 601,28 €;

                 

…       

                 

d) Durch Gesamtbetriebsvereinbarung kann der [X.] um 79,76 € für Vollzeitbeschäftigte … aufgestockt werden, wenn die Ausgabe der Essensmarken ab dem 01.01.2002 für die gesamte Belegschaft einvernehmlich endgültig eingestellt wird. …

                 
        

...     

        

5. Der Anspruch auf den [X.] besteht für jeden Kalendermonat zu 1/12-tel, für den mindestens für zwei Wochen Anspruch auf Arbeitsentgelt besteht. …

        

6. Der Anspruch auf den [X.] endet mit Ablauf des Monats, in dem das Arbeitsverhältnis beendet wird. …

        

…       

        

8. Eine unmittelbare Auszahlung des [X.]es an den Anspruchsberechtigten ist ausgeschlossen. ...

        

9. Der [X.] wird jeweils zum 31.12. eines Kalenderjahres vom Arbeitgeber an die [X.] überwiesen. Eine Barauszahlung ist ausgeschlossen.

        

…       

        

§ 4 Durchführungsweg

        

Zur Abwicklung der Altersvorsorge wird der für die [X.] eingerichtete [X.] bei der [X.] genutzt. Dieser enthält die Leistungsarten Alterspension, Invalidenpension und [X.] sowie eine Sicherung der Leistungen mindestens im Wert der eingezahlten Beiträge.

        

…       

        

§ 8 Weitere Möglichkeit der Entgeltumwandlung

        

Arbeitnehmer, die den [X.] nach den § 2 Nr. 2 erhalten, sind darüber hinaus berechtigt, weitere tarifliche Entgeltansprüche ganz oder teilweise durch Entgeltumwandlung (z.B. Urlaubsgeld, Sonderzahlung) für die betriebliche Altersvorsorge zu verwenden. ...

        

...     

        

Der Arbeitgeber fördert diese Umwandlung künftiger Entgeltansprüche sowie die Umwandlung der Ansprüche auf vermögenswirksame Leistungen soweit er dadurch Beiträge an die Sozialversicherung erspart, mit einer Zusatzleistung in Höhe von 10 % des umgewandelten Betrages.

        

§ 4 gilt entsprechend.“

3

Die Versicherungsbedingungen der [X.] (im Folgenden Pensionskasse) für die [X.] (im Folgenden [X.]) lauten idF von Oktober 2009 auszugsweise wie folgt:

        

Höhe des Ruhegeldes

        

§ 13   

        

1.    

Das jährliche Ruhegeld setzt sich aus Steigerungsbeiträgen zusammen, deren Höhe vom gezahlten Jahresbeitrag und vom Lebensalter im Jahr der Beitragszahlung abhängt. Die Steigerungsbeträge ergeben sich aus der im Anhang befindlichen Tabelle.

                 

Als Lebensalter gilt der Unterschied zwischen dem Kalenderjahr der Beitragszahlung und dem Geburtsjahr.

        

2.    

Wird ein Versorgungsverhältnis über die Vollendung des 60. Lebensjahres hinaus ohne Inanspruchnahme eines Ruhegeldes fortgesetzt, so werden längstens bis zur Regelaltersgrenze die eingesparten Renten wie Beiträge gewertet und daraus zusätzliche Steigerungsbeträge ermittelt.“

4

Nach der Anlage zu den [X.] beträgt der Steigerungsbetrag bei einem Lebensalter von 51 Jahren [X.] der Beiträge.

5

Die [X.] meldete den Kläger auf seinen Antrag ab dem 1. Jan[X.]r 2002 bei der Pensionskasse nach den [X.] an und zahlte nach Maßgabe des [X.] Beiträge. Im November 2010 erteilte der Kläger seiner Arbeitgeberin zudem den „Auftrag“ seinem Vorsorgekonto 1.000,00 Euro aus seinem Urlaubsgeld durch Entgeltumwandlung zuzuführen.

6

Das Arbeitsverhältnis des [X.] ging im September 2012 im Wege eines Betriebsübergangs auf die spätere Schuldnerin - die [X.] - über. Diese schloss mit der [X.] am 21. Febr[X.]r 2013 einen [X.] ab. Nach dessen § 2 Nr. 1 findet in den früheren Betrieben der [X.] [X.]. der TV Altersvorsorge Anwendung.

7

Über das Vermögen der Schuldnerin wurde am 1. Oktober 2013 das Insolvenzverfahren eröffnet und der Beklagte zum Insolvenzverwalter bestellt. Das Arbeitsverhältnis des [X.] endete zum 30. November 2013.

8

Der Beklagte zahlte für die Monate Oktober und November 2013 den anteiligen [X.] nach § 2 Nr. 2 Buchst. a und Buchst. d TV Altersvorsorge an die Pensionskasse. Den [X.] für die Monate Juli bis September 2013 erhielt der Kläger mit dem ihm von der [X.] gewährten Insolvenzgeld. Eine Zahlung des [X.]s für die Monate Jan[X.]r bis Juni 2013 sowie des [X.]. 1.000,00 Euro umgewandelten [X.] an die Pensionskasse erfolgte nicht.

9

Mit seiner Klage hat der Kläger eine [X.] dieser Beträge an sich - hilfsweise an die Pensionskasse - begehrt. Er hat geltend gemacht, ihm stehe insoweit ein Aussonderungsrecht nach § 47 [X.] zu. Zwischen ihm und der Schuldnerin habe hinsichtlich der Altersvorsorgebeträge und des umgewandelten [X.] bis zur Zahlung an die Pensionskasse ein zur Aussonderung berechtigendes Treuhandverhältnis bestanden. Jedenfalls gebiete Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] und des Rates vom 22. Oktober 2008 über den Schutz der Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers (ABl. [X.] vom 28. Oktober 2008 S. 36, zuletzt geändert durch die [X.] ([X.]) 2015/1794 vom 6. Oktober 2015, [X.][X.] L 263 vom 8. Oktober 2015 S. 1; im Folgenden Richtlinie 2008/94/[X.]) die Anerkennung eines Aussonderungsrechts.

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

den Beklagten zu verurteilen, 1.340,54 Euro nebst Zinsen [X.]. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit an ihn zu zahlen,

        

hilfsweise,

        

den Beklagten zu verurteilen, 1.340,54 Euro nebst Zinsen [X.]. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit auf das [X.] der [X.] bei der [X.], einzuzahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das [X.] hat die Berufung des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner Revision verfolgt der Kläger sein Klageziel weiter.

Entscheidungsgründe

Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich gegen die Abweisung des [X.] richtet. Im Übrigen ist sie unbegründet. Dem Kläger steht kein [X.] nach § 47 [X.] zu.

I. Die Revision ist unzulässig, soweit sie sich dagegen richtet, dass das [X.] die Berufung des [X.] gegen das seinen Hauptantrag abweisende Urteil des Arbeitsgerichts zurückgewiesen hat. Ihre Begründung genügt insoweit nicht den gesetzlichen Anforderungen.

1. Zur ordnungsgemäßen Begründung der Revision müssen gemäß § 72 Abs. 5 ArbGG iVm. § 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO die Revisionsgründe angegeben werden. Bei Sachrügen sind diejenigen Umstände bestimmt zu bezeichnen, aus denen sich die Rechtsverletzung ergibt (§ 551 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 Buchst. a ZPO). Die Revisionsbegründung muss den angenommenen Rechtsfehler des [X.]s in einer Weise verdeutlichen, die Gegenstand und Richtung des Revisionsangriffs erkennen lässt. Sie hat sich deshalb mit den tragenden Gründen des Berufungsurteils auseinanderzusetzen. Dadurch soll ua. sichergestellt werden, dass der Prozessbevollmächtigte des Revisionsklägers das angefochtene Urteil auf das Rechtsmittel hin überprüft und die Rechtslage genau durchdenkt (vgl. etwa [X.] 9. August 2016 - 9 [X.] - Rn. 7).

2. Diesen Anforderungen genügt die Revisionsbegründung hinsichtlich des [X.] nicht.

a) Das [X.] hat angenommen, der Hauptantrag sei unbegründet, da der Kläger keine Zahlung an sich selbst verlangen könne. Ein solcher Anspruch sei nach § 2 Nr. 8 TV Altersvorsorge ausdrücklich ausgeschlossen. Aus der Regelung in § 22 Nr. 2 [X.], wonach gekündigte Versorgungen mit Zustimmung der Pensionskasse beitragsfrei fortgeführt werden könnten, ergebe sich nichts anderes. Die Nachzahlung der Beiträge sei nicht von der Zustimmung der Pensionskasse abhängig, da die Versicherung des [X.] bei Fälligkeit der Beiträge (noch) nicht gekündigt gewesen sei.

b) Mit dieser Argumentation setzt sich die Revision nicht auseinander. Die Revisionsbegründung macht lediglich geltend, dem Kläger stehe nach § 47 [X.] ein [X.] hinsichtlich der begehrten Beträge zu, so dass er auch Zahlung an sich verlangen könne. Damit fehlt eine Auseinandersetzung mit den die Abweisung des [X.] tragenden Erwägungen des [X.]s.

II. Soweit sich die Revision gegen die Abweisung des [X.] richtet, ist sie unbegründet. Das [X.] hat zu Recht erkannt, dass der Kläger vom Beklagten nicht die [X.] und Zahlung von 1.340,54 Euro auf sein bei der Pensionskasse bestehendes [X.] verlangen kann. Dem Kläger steht kein [X.] nach § 47 [X.] an dem geltend gemachten Betrag zu. Aus dem Unionsrecht folgt nichts Gegenteiliges.

1. Die Voraussetzungen einer Aussonderung nach nationalem Recht liegen nicht vor.

a) Nach § 47 [X.] ist derjenige kein Insolvenzgläubiger, der aufgrund eines dinglichen oder persönlichen Rechts geltend machen kann, dass ein Gegenstand nicht zur Insolvenzmasse gehört. Sein Anspruch auf Aussonderung des Gegenstands bestimmt sich nach den Gesetzen, die außerhalb des Insolvenzverfahrens gelten. Das [X.] nach § 47 [X.] betrifft in erster Linie dingliche Rechte. Ein schuldrechtlicher Anspruch kann jedoch ebenfalls zur Aussonderung berechtigen, wenn der Gegenstand, auf den er sich bezieht, nicht zur Insolvenzmasse gehört (§ 47 Satz 1 Alt. 2 [X.]). Hierfür kommt es maßgebend darauf an, welchem Vermögen der umstrittene Gegenstand nach Inhalt und Zweck der gesetzlichen Regelung haftungsrechtlich zuzuordnen ist. Diese Zuordnung wird in der Regel nach dinglichen Gesichtspunkten vorgenommen, weil das dingliche Recht im Grundsatz ein absolutes Herrschaftsrecht bezeichnet. Auch schuldrechtliche Ansprüche können jedoch bei einer den Normzweck beachtenden Betrachtungsweise zu einer von der dinglichen Rechtslage abweichenden Vermögenszuweisung führen (vgl. etwa [X.] 18. Juli 2013 - 6 [X.] - Rn. 19 mwN, [X.]E 146, 1; [X.] 10. Februar 2011 - [X.]/10 - Rn. 19 mwN). Voraussetzung hierfür ist ein Treuhandverhältnis, das nicht nur schuldrechtliche Beziehungen aufweist, sondern auch eine vollzogene dingliche Komponente besitzt (vgl. etwa [X.] 20. Dezember 2007 - [X.]/06 - Rn. 6 mwN).

b) Eine von der dinglichen Rechtslage abweichende Vermögenszuweisung liegt bei einer sog. uneigennützigen Treuhand (Verwaltungstreuhand) vor. In diesem Fall gehört der Gegenstand, in Bezug auf den ein Treuhandverhältnis besteht, zwar rechtlich zum Vermögen des Treuhänders. Dennoch hat der Treugeber in der Insolvenz des Treuhänders ein [X.] am [X.], wenn sich dieses bestimmbar in der Masse befindet. Wegen der im Innenverhältnis aufgrund des [X.] bestehenden Beschränkung der Rechtsmacht des Treuhänders ist der treuhänderisch übertragene Gegenstand sachlich und wirtschaftlich dem Vermögen des [X.] zuzuordnen (vgl. etwa [X.] 24. September 2003 - 10 [X.] - zu II 2 c bb (1) der Gründe mwN, [X.]E 108, 1; 19. Juli 2007 - 6 [X.] 1087/06 - Rn. 28 mwN, [X.]E 123, 269).

c) Ein Recht auf Aussonderung nach § 47 [X.] - gleich auf welcher Rechtsgrundlage - setzt nach ständiger Rechtsprechung allerdings voraus, dass sich die auszusondernden Gegenstände bestimmt oder zumindest bestimmbar in der Masse befinden. Dies gilt auch für eine Aussonderung aufgrund eines Treuhandverhältnisses. Eine Aussonderung wegen eines bloßen Geldsummenanspruchs kennt die Rechtsordnung nicht. Auch für eine Aussonderung aufgrund eines Treuhandverhältnisses ist es daher erforderlich, dass das [X.], soweit es sich um vertretbare Gegenstände iSd. § 91 BGB handelt, vom eigenen Vermögen des Treuhänders getrennt ist (vgl. [X.] 18. Juli 2013 - 6 [X.] - Rn. 22, [X.]E 146, 1; 24. September 2003 - 10 [X.] - zu II 2 c bb (1) der Gründe mwN, [X.]E 108, 1; [X.] 20. Dezember 2007 - [X.]/06 - Rn. 6; 24. Juni 2003 - [X.]/02 - zu I 2 a der Gründe). Eine geteilte Berechtigung von Treuhänder und Treugeber an aus Eigen- und [X.] bestehenden Vermögensgegenständen ist rechtlich nicht möglich ([X.] 24. Juni 2003 - [X.]/02 - zu I 2 b der Gründe).

d) Jedenfalls an der letztgenannten Voraussetzung fehlt es. Weder die [X.] nach § 2 Nr. 2 Buchst. a und Buchst. d TV Altersvorsorge noch das [X.]. 1.000,00 Euro umgewandelte Urlaubsgeld des [X.] wurden vom sonstigen Vermögen der Schuldnerin getrennt gehalten. Die an die Pensionskasse zu zahlenden Geldbeträge befanden sich nicht auf einem separaten Konto der Schuldnerin. Auch ist nicht ersichtlich, dass sie in sonstiger Weise dem Kläger zugeordnet wurden.

2. Entgegen der Ansicht der Revision gebietet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] kein anderes Ergebnis.

a) Gemäß Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] vergewissern sich die Mitgliedstaaten, dass die notwendigen Maßnahmen zum Schutz der Interessen der Arbeitnehmer sowie der Personen, die zum [X.]punkt des Eintritts der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers aus dessen Unternehmen oder Betrieb bereits ausgeschieden sind, hinsichtlich ihrer erworbenen Rechte oder Anwartschaftsrechte auf Leistungen bei Alter, einschließlich Leistungen für Hinterbliebene, aus betrieblichen oder überbetrieblichen [X.] außerhalb der einzelstaatlichen gesetzlichen Systeme der sozialen Sicherheit getroffen werden. Nach der Entscheidung des [X.]s der [X.] ([X.]) vom 24. November 2016 (- [X.]/15 - [[X.]] Rn. 28) ergänzt die Bestimmung den durch Art. 3 der Richtlinie 2008/94/[X.] gewährten Schutz. Danach haben die Mitgliedstaaten die erforderlichen Maßnahmen zu treffen, damit - vorbehaltlich des Art. 4 der Richtlinie 2008/94/[X.] - ihre Garantieeinrichtungen die Befriedigung der nicht erfüllten Ansprüche der Arbeitnehmer sicherstellen. Demgemäß findet Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] auf nicht gezahlte [X.] Anwendung, soweit diese nicht nach Art. 3 der Richtlinie 2008/94/[X.] durch Garantieeinrichtungen und damit in [X.] durch das Insolvenzgeld ausgeglichen werden.

Allerdings hat der [X.] in der genannten Entscheidung ausdrücklich darauf erkannt, die Regelung schreibe nicht vor, dass bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers die vom Lohn eines ehemaligen Arbeitnehmers einbehaltenen und in [X.] umgewandelten Beträge, die der Arbeitgeber zugunsten des Arbeitnehmers auf ein Versorgungskonto hätte einzahlen müssen, aus der Insolvenzmasse auszusondern sind. Zur Begründung hat er ausgeführt, die Mitgliedstaaten verfügten über einen weiten Ermessensspielraum, um sowohl den Mechanismus als auch das Schutzniveau der Ansprüche auf Leistungen bei Alter aus einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung bei Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers festzulegen; eine Pflicht zum vollständigen Schutz bestehe nicht ([X.] 24. November 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 34). Gleichwohl seien die Mitgliedstaaten verpflichtet, den Arbeitnehmern im Einklang mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel den von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] geforderten Mindestschutz zu garantieren. Eine ordnungsgemäße Umsetzung der Bestimmung setze daher voraus, dass ein Arbeitnehmer bei Zahlungsunfähigkeit seines Arbeitgebers mindestens die Hälfte der Leistungen bei Alter erhält, die sich aus seinen erworbenen Rentenansprüchen ergeben, für die er Beiträge im Rahmen einer betrieblichen Zusatzversorgungseinrichtung entrichtet hat (vgl. bereits [X.] 25. Januar 2007 - [X.]/05 - [[X.] ua.] Rn. 57; 25. April 2013 - [X.]/11 - [[X.] ua.] Rn. 51), ohne dass jedoch ausgeschlossen sei, dass unter anderen Umständen die erlittenen Verluste - auch wenn ihr Prozentsatz ein anderer sei - als offensichtlich unverhältnismäßig angesehen werden könnten ([X.] 24. November 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 35). In Bezug auf den Ausgangsfall des dortigen Vorlageverfahrens hat der [X.] angenommen, der von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] geforderte Mindestschutz sei nicht unterschritten, da sich die Rentenansprüche des Arbeitnehmers infolge der Nichtzahlung der [X.] lediglich um einen Betrag von bis 7,00 Euro pro Monat verringerten ([X.] 24. November 2016 - [X.]/15 - [[X.]] Rn. 36).

b) Danach ist der durch Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] gebotene Mindestschutz vorliegend gewährleistet. Der Kläger hat nicht behauptet, dass sich seine künftigen Rentenansprüche bei der Pensionskasse durch die Nichtzahlung der [X.] und des umgewandelten [X.] [X.]. insgesamt 1.340,54 Euro um mehr als die Hälfte verringert haben. Anhaltspunkte hierfür sind auch nicht ersichtlich. Angesichts der Regelungen in § 13 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] iVm. der Anlage zu den [X.] ist vielmehr davon auszugehen, dass sich die Verluste, die der Kläger bei einer Inanspruchnahme seiner Altersrente mit Erreichen der Regelaltersgrenze nach § 235 Abs. 2 Satz 2 SGB VI mit 65 Jahren und 6 Monaten monatlich erleidet, die vom [X.] nicht beanstandeten Werte nicht wesentlich übersteigen.

c) Darüber hinaus kann, auch wenn Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] einen weiter gehenden Insolvenzschutz verlangte, dieser nicht durch die Begründung eines [X.]s nach § 47 [X.] an den vom Schuldner nicht an die Pensionskasse gezahlten Beiträgen gewährt werden. Entgegen der Ansicht des [X.] ist eine entsprechende unionsrechtskonforme Auslegung von § 47 [X.] oder richterliche Rechtsfortbildung dieser Bestimmung von Gesetzes wegen ausgeschlossen. Damit stellt sich auch nicht die Frage, ob sich - wie die Revision meint - eine solche Auslegung oder Rechtsfortbildung aus Gründen des nationalen Rechts auch auf Fälle wie den des [X.] erstrecken müsste, in denen das von der Richtlinie geforderte Schutzniveau nicht unterschritten ist. Ob und inwieweit ein von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] geforderter Schutz der Arbeitnehmer anderweitig sicherzustellen wäre, bedarf vorliegend keiner Entscheidung.

aa) Die nationalen Gerichte sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s gehalten, bei der Anwendung des nationalen Rechts dieses so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks der Richtlinie auszulegen, um das in der Richtlinie festgelegte Ziel zu erreichen und damit Art. 288 Abs. 3 AEUV nachzukommen (vgl. etwa [X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 24 mwN). Dies schließt auch eine unionskonforme Fortbildung des Rechts ein (vgl. [X.] 24. März 2009 - 9 [X.] 983/07 - Rn. 65, [X.]E 130, 119). Allerdings unterliegt der Grundsatz der unionsrechtskonformen Auslegung des nationalen Rechts Schranken. Die Pflicht zur Verwirklichung eines Richtlinienziels im [X.] findet ihre Grenzen an dem nach innerstaatlicher Rechtstradition methodisch Erlaubten ([X.] 23. Mai 2016 - 1 BvR 2230/15 ua. - Rn. 41; 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 47, [X.]K 19, 89). Sie darf nicht als Grundlage für eine Auslegung contra legem des nationalen Rechts dienen ([X.] 24. Januar 2012 - [X.]/10 - [[X.]] Rn. 25 mwN). Eine Interpretation, die als richterliche Rechtsfortbildung den klaren Wortlaut des [X.], keinen Widerhall im Gesetz findet und vom Gesetzgeber nicht ausdrücklich oder - bei Vorliegen einer erkennbar planwidrigen Gesetzeslücke - stillschweigend gebilligt wird, ist unzulässig; dies gilt auch, wenn sie sich von einem Konzept des Gesetzgebers löst und es durch ein eigenes Modell ersetzt ([X.] 25. Januar 2011 - 1 [X.] - Rn. 52 f., 55, [X.]E 128, 193).

bb) Die Annahme eines auf einem Treuhandverhältnis beruhenden [X.]s nach § 47 [X.] ohne das Erfordernis einer Trennung des [X.]s vom eigenen Vermögen des Treuhänders übersteigt die Grenze des rechtsmethodisch Erlaubten.

(1) Anders als vom Kläger angenommen, setzt die Aussonderung schon nach dem Wortlaut des § 47 Satz 1 [X.] ein dingliches oder persönliches Recht an einem Gegenstand voraus, der nicht zur Insolvenzmasse und damit nach § 35 Abs. 1 [X.] nicht zum Vermögen des Insolvenzschuldners bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens „gehört“. Ausweislich der Gesetzesbegründung hat der Gesetzgeber mit dieser Formulierung zum Ausdruck gebracht, dass „nur Gegenstände, die rechtlich nicht zur Insolvenzmasse gehören, einem [X.] unterliegen“ ([X.]. 12/2443 S. 124). Nach seinem eindeutigen Willen kann ein [X.] daher nur an solchen Vermögensgegenständen bestehen, die nicht dem Vermögen des Schuldners zuzuordnen sind. Bei einer [X.] gehört der fragliche Gegenstand nach den außerhalb des Insolvenzverfahrens geltenden Gesetzen iSd. § 47 Satz 2 [X.] lediglich dann nicht mehr zum Vermögen des späteren Insolvenzschuldners und unterliegt deshalb auch nicht der [X.], wenn er bereits zur [X.] der Eröffnung des Insolvenzverfahrens vom Schuldnervermögen getrennt und deshalb bei normativer Wertung nicht nur wirtschaftlich, sondern auch sachlich dem Vermögen des [X.] zugeordnet war (vgl. etwa [X.] 18. Juli 2013 - 6 [X.] - Rn. 22, [X.]E 146, 1; [X.] 24. Juni 2003 - [X.]/02 - zu IV 3 b der Gründe, [X.]Z 155, 199). Eine gemeinsame Zuordnung von Vermögen zugunsten des späteren Schuldners und Dritter kommt nach dem Gesetz nicht in Betracht ([X.] 24. Juni 2003 - [X.]/02 - zu I 2 b der Gründe). Selbst wenn der spätere Insolvenzschuldner bei einem vertraglichen Treuhandverhältnis abredewidrig fremde und eigene Vermögenswerte vermischt, steht dem Treugeber kein Aussonderungsanspruch zu, da der Treuhänder in diesem Fall die maßgeblichen Vermögensgegenstände als eigenes Vermögen behandelt ([X.] 10. Februar 2011 - [X.] - Rn. 17, [X.]Z 188, 317).

(2) Regelungszusammenhang und Systematik der [X.] zeigen ebenfalls, dass zwingende Voraussetzung für das Bestehen eines [X.]s die Bestimmbarkeit des Vermögenswerts und damit dessen Trennung vom sonstigen Schuldnervermögen ist.

(a) Nach § 48 [X.] kommt eine Ersatzaussonderung in Betracht, wenn der der Aussonderung aus der Insolvenzmasse unterliegende Gegenstand unberechtigt veräußert wurde. Wurde dafür die Gegenleistung bereits erbracht, setzt die Ersatzaussonderung nach dem Wortlaut des Gesetzes voraus, dass die Gegenleistung noch „unterscheidbar“ in der Masse vorhanden ist. Diese gesetzliche Anforderung erklärt sich daraus, dass die Ersatzaussonderung das Surrogat der Aussonderung darstellt (vgl. [X.]. 12/7302 S. 160). Zwar sind die Anforderungen an eine Unterscheidbarkeit iSd. § 48 [X.] geringer als die an eine für eine Aussonderung aufgrund eines Treuhandverhältnisses nach § 47 [X.] erforderliche Separierung des [X.]s (vgl. etwa [X.] 8. Mai 2008 - [X.]/06 - Rn. 7 mwN). Dennoch hat der Gesetzgeber auch mit diesem Erfordernis zum Ausdruck gebracht, dass das [X.] ein Mindestmaß an Bestimmbarkeit des auszusondernden Vermögensgegenstands innerhalb der Insolvenzmasse verlangt.

(b) Der Verzicht auf eine Trennung des [X.]s vom Vermögen des Schuldners bei der Aussonderung nach § 47 [X.] ist zudem mit dem durch die [X.] vorgegebenen System des Gläubigerschutzes unvereinbar. Würde man für die von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] geschützten Ansprüche der Arbeitnehmer auf Zahlung von Beiträgen des Arbeitgebers zu einer Versorgungseinrichtung auf eine Separierung vom Schuldnervermögen verzichten, würden diese schuldrechtlichen Ansprüche gegen die Masse aufgewertet und damit gegenüber den anderen [X.] bevorzugt. Ein Absehen von dem Erfordernis der Trennung des [X.]s vom Vermögen des Schuldners bei der Anwendung des § 47 [X.] würde diese Ansprüche genauso behandeln wie Masseverbindlichkeiten. Dies widerspräche der Systematik der [X.] (vgl. auch [X.] 13. Dezember 2012 - [X.] - Rn. 12). Eine solche Durchbrechung des in sich geschlossenen Systems der in der [X.] vorgesehenen Gläubigerbefriedigung ist weder im Wege einer Auslegung noch einer Rechtsfortbildung möglich (vgl. auch [X.] 19. Oktober 1983 - 2 [X.] ua. - zu [X.] 2 der Gründe, [X.]E 65, 182).

(3) Darüber hinaus stünde dies auch nicht im Einklang mit der Gesetzeshistorie. Während es in der Konkursordnung in § 59 Abs. 1 Nr. 3 Buchst. a und Buchst. b, § 61 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a und Buchst. b noch Vorrechte auch für rückständige Arbeitnehmerforderungen gab, hat der Gesetzgeber diese Bevorrechtigungen in der [X.] bewusst abgeschafft (vgl. [X.]. 12/2443 S. 90). Damit verbietet es sich, den von Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] geschützten Ansprüchen der Arbeitnehmer im Insolvenzverfahren eine besondere Rolle einzuräumen.

(4) Sinn und Zweck des § 47 Satz 1 [X.] lassen eine solche Auslegung ebenfalls nicht zu. Die Vorschrift zielt darauf ab, eine bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens bereits bestehende Zuordnung von Vermögen auch innerhalb der Insolvenz zu sichern. Hiermit wäre es unvereinbar, wenn allein ein schuldrechtlicher Anspruch - ohne eine dingliche Komponente - und damit auch ein reiner Zahlungsanspruch eine Aussonderung rechtfertigen könnten (vgl. auch [X.] 24. Juni 2003 - IX ZR 75/01 - [X.]Z 155, 227). Erforderlich ist vielmehr, dass bei wirtschaftlicher Betrachtung ein „fremder“ Vermögensgegenstand in der Insolvenzmasse vorhanden ist, in Bezug auf den dingliche oder schuldrechtliche Herausgabeansprüche bestehen. Ein hiervon abweichendes Verständnis würde die vom Gesetzgeber festgelegte Funktion der Vorschrift in unzulässiger Weise erweitern. Dies widerspricht der gesetzlichen Konzeption und findet keine Stütze im Gesetz. Die - stillschweigende - Billigung einer solchen Handhabung von § 47 [X.] durch den Gesetzgeber ist ausgeschlossen.

d) Eines Vorlageverfahrens an den [X.] nach Art. 267 AEUV bedarf es nicht (vgl. zu den [X.] [X.] 6. Oktober 1982 - [X.]/81 - [[X.]] Slg. 1982, 3415). Der Rechtsstreit wirft im Hinblick auf Art. 8 der Richtlinie 2008/94/[X.] keine entscheidungserheblichen Rechtsfragen auf. Ob und inwieweit das innerstaatliche Recht eine entsprechende richtlinienkonforme Auslegung zulässt, haben allein die nationalen Gerichte zu beurteilen ([X.] 26. September 2011 - 2 [X.], 2 [X.] - Rn. 47, [X.]K 19, 89).

III. [X.] beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

        

    Zwanziger    

        

    Spinner    

        

    Ahrendt    

        

        

        

    Silke Nötzel    

        

    Schultz    

                 

Meta

3 AZR 718/15

21.03.2017

Bundesarbeitsgericht 3. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Ulm, 15. Januar 2015, Az: 8 Ca 467/13, Urteil

Art 8 EGRL 94/2008, § 47 InsO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.03.2017, Az. 3 AZR 718/15 (REWIS RS 2017, 13741)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 13741

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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