Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2017, Az. AK 27/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 9545

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:140617BAK27.17.1

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 27/17
vom
14. Juni 2017
in dem Ermittlungsverfahren
gegen

wegen des Verdachts der Unterstützung einer ausländischen terroristischen

Vereinigung

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Der 3.
Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie des Beschuldigten und seiner Verteidiger am 14. Juni 2017
gemäß §§ 121, 122 StPO beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere [X.]ftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem [X.]punkt wird die [X.]ftprüfung dem nach allgemei-nen Grundsätzen zuständigen Gericht
übertragen.

Gründe:
[X.]
Der Beschuldigte wurde am 22. November 2016 aufgrund des [X.] des [X.] vom 31.
Oktober 2016
(5 [X.] 368/16) festgenommen. Er befindet sich seitdem ununterbrochen in Untersuchungshaft. Gegenstand des [X.]ftbefehls ist der Vorwurf, der Beschul-digte habe in der [X.] vom Juli 2013 bis Dezember 2014 die außereuropäische terroristische Vereinigung "[X.]" durch mindestens sechs Lieferun-gen von technischen Geräten, Ferngläsern, Bargeld und Fahrzeugen unter-stützt.
I[X.]
Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus liegen vor.
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1. Der Beschuldigte ist der ihm im [X.]ftbefehl des Ermittlungsrichters des [X.] vorgeworfenen Taten dringend verdächtig.
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
[X.]) Die Vereinigung [X.]
(1) Die [X.] ist aus den im Jahr 2011 gegründeten "Kata'ib [X.]" ("Brigaden der [X.]") hervorgegangen, die sich Ende des Jahres 2012 dem Bündnis "[X.]
as-Suriya"
("[X.]") anschloss. Nach der damaligen [X.] war Ziel der [X.]; mit militäri-schen und
zivilen Mitteln sollte eine [X.] Gesellschaft entstehen, die ge-mäß den Regeln der Sharia regiert werden sollte. Nicht-Muslime wurden indes nicht als Feinde bezeichnet, in der militärischen Auseinandersetzung sollten Zivilisten geschont werden.
Ende Januar 2013 schlossen sich die "Kata'ib [X.]" mit drei anderen Gruppierungen zur [X.] zusammen. In dem dazu veröffent-lichten Video mit dem Titel "Gründungserklärung der [X.]rakat [X.]
al-Sham

al-Islamiya" wurde nunmehr eine streng [X.] Ausrichtung der Organisation betont. Ende November 2013 löste sich die "[X.]" auf und gab zugleich die Gründung eines neuen, umfassenderen [X.] mit dem Namen "[X.]" bekannt, als dessen Ziele der Sturz des [X.] und die Gründung eines "rechtgeleiteten [X.]n St[X.]-tes" unter der Geltung der Sharia in ihrer radikal-islamistischen Ausrichtung benannt wurden. Die [X.] wurde in der Erklärung als Gründungsmit-3
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glied bezeichnet; sie blieb als eigenständige Vereinigung innerhalb des [X.] gleichwohl bestehen.
(2) Ziel der [X.] ist nach wie vor in erster Linie der Sturz des [X.]. Im Gegensatz zu früheren Verlautbarungen, in denen von [X.] gegenüber Andersdenkenden und -gläubigen die Rede war, wird [X.] eine salafistische Ausrichtung der Organisation betont, die den Schutz des Islam und die Errichtung einer Gesellschaftsordnung unter dem [X.] als weitere Ziele definiert. [X.] mit den teilweise engen Bindungen der [X.] zu etwa der [X.] und zum Teil auch dem [X.] sind die Ziele der [X.] von denen dieser jihadistisch ausgerichteten Gruppierungen nicht klar abzugrenzen: So akzep-tiert die [X.] die derzeitigen Grenzen des syrischen St[X.]tes nicht und beabsichtigt dementsprechend, den [X.]n St[X.]t, dessen Errichtung sie
anstrebt, über die Grenzen des heutigen [X.] hinaus auszudehnen. Eine politische Lösung des Konflikts lehnt die Organisation ab, der bewaffnete Kampf wird als einzige Möglichkeit angesehen. Das politische System des zu schaffenden St[X.]tes soll auf der Basis der Sharia autoritär geprägt sein, Säku-larismus und Demokratie sieht die [X.] als Übel an, die in ihrem St[X.]t keinen Platz hätten. Dem allgemeinen Ziel der [X.], einen transnati-onalen [X.]n St[X.]t zu schaffen, stimmt die Vereinigung
zu, wenn sie auch die Auffassung vertritt, dass bei der Erreichung dieses Ziels Realismus und Geduld von Nöten seien.
(3) Im Lauf des Jahres 2013 wurde die [X.] mit 10.000 bis 20.000 Kämpfern zur stärksten Gruppierung innerhalb des [X.].
Sie setzt im Kampf gegen das Assad-Regime in erster Linie militärische Mittel und Einsatztaktiken ein. [X.] lehnt sie zwar ab, arbeitete aber 8
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bei Operationen mit der [X.] zusammen, deren Kämpfer dabei Selbstmordanschläge begingen. Bereits seit dem [X.] war sie bzw. ihre Vorgängerorganisation -
häufig in enger Zusammenarbeit mit Gruppierungen der späteren [X.] -
an fast allen wichtigen Operationen der syri-schen Aufständischen beteiligt, insbesondere an der
Offensive in der Stadt
[X.] im Juli 2012, der Einnahme der Provinzhauptstadt [X.] im März 2013, in Zusammenarbeit mit der [X.], dem "Islamischen St[X.]t im [X.] und [X.]" und anderen jihadistischen Gruppierungen ab dem 4. August 2013 an der Offensive gegen alawitische Dörfer im Gebirge in der Pro-vinz
Latakia, bei der zahlreiche Zivilisten ermordet wurden, sowie im Februar 2014 an dem Angriff auf das Zentralgefängnis von [X.], an dem wiederum auch die [X.] und weitere jihadistische Vereinigungen teilnahmen. Seit März 2015 besteht ein dauerhaftes militärisches Zweckbündnis mit der Jabhat
al-Nusra.
(4) An der Spitze der Organisation stand bis September 2014 als politi-scher Führer [X.], der im Juni 2013 in einem Interview mit dem Nachrichtensender [X.] an die Öffentlichkeit trat und sich ausführlich zur [X.] und ihren Zielen äußerte. Nachdem [X.] mit anderen [X.] am 9. September 2014 getötet worden war, setzte der [X.] der Organisation bereits am Tag nach seinem Tod mit [X.] (Kampfname: [X.]) einen Nachfolger für ihn ein und mit [X.] den Nachfolger für den ebenfalls getöteten bisheri-gen [X.]verantwortlichen [X.]. Seit September 2015 führt Abu Yahia

al-[X.]mawi (alias [X.]) die [X.]. Die zentrale Führung der [X.] besteht aus einem [X.] sowie Büros für [X.], Religi-on, Finanzen, humanitäre Aktivitäten und Öffentlichkeitsarbeit. Die Organisation verfügt nach eigenen Angaben über ein eigenes Medienbüro, das die diversen 10
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Videoveröffentlichungen erstellt; Verlautbarungen sowie Bekenner-
und Propa-gandavideos werden sowohl über [X.] Netzwerke, als auch über die eigene [X.]präsenz verbreitet. Als
weitere Führungsebene fungieren die Anführer in den einzelnen [X.]. Die Mitglieder der Vereinigung stammen überwiegend aus [X.], in einigen Fällen auch aus anderen Ländern. Die Kampfeinheiten sind überwiegend mit erbeuteten ehemaligen Beständen der [X.] bewaffnet. Die Organisation verfügt über koordinierende Be-fehlsstrukturen; die Anweisungen und Planungen der höheren Ebenen werden durch die nachgeordneten Teile umgesetzt.
bb) Die Tathandlungen des Beschuldigten
Der Beschuldigte unterstützte die [X.] in Kenntnis der Ziele und Methoden der Organisation in der [X.] von Juli 2013 bis Dezember 2014 durch mindestens sechs Lieferungen von technischen Geräten, Ferngläsern,
Bargeld und Fahrzeugen wie folgt:
(1) Zwischen
dem 28. Juli 2013 und dem 7. August 2013 transportierte der Beschuldigte zwei Ferngläser und ein nicht näher bezeichnetes optisches

O.

" als Vertreter der [X.], nachdem der Mitbeschuldigte

A.

die erforderlichen Kontakte zu Mitgliedern dieser Vereinigung hergestellt hatte.
(2) Mitte August 2013 transportierte der Beschuldigte zwei Pick-Ups im Auftrag der [X.] von [X.] nach [X.], die er zuvor in [X.] erworben hatte; der Kaufpreis wurde ihm durch die [X.] erstattet.
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(3) Am 12. Dezember 2013 übergab der Mitbeschuldigte

A.

dem Beschuldigten in der Nähe von [X.] zwei Ferngläser, eine quadratische Antenne mit Kabel, zwei Router, einen Laptop sowie Antennen, die dieser mit einem Krankenwagen zum Büro der [X.] an einem
türkisch-syrischen Grenzübergang transportierte, wo die Geräte am 20.
Dezember 2013 eintrafen.
(4) Im Januar und Februar 2014 finanzierte der Mitbeschuldigte

H.

im Zusammenwirken mit dem Mitbeschuldigten

A.

den Ankauf von fünf FunksT.

, die im Frühjahr 2014 unter Beteiligung des Beschuldigten nach [X.] zur [X.] transportiert wurden.
(5) Im [X.] 2014 beschaffte der Beschuldigte in [X.] einen Kran-kenwagen, den "

[X.].

" im Auftrag des Beschuldigten in der [X.] vom 4.
bis zum 12.
August 2014 über [X.], [X.] und die [X.] zur [X.] in [X.] verbrachte.
(6) Im November 2014 wirkten die Mitbeschuldigten

A.

und

Sa.

bei der Beschaffung und Lieferung von zehn Ferngläsern und einem Leistungsmesser zusammen, indem

Sa.

die von

A.

beschafften Sachen aufbewahrte und an einen Dritten weitergab, der sie in die [X.] transportierte. Der Beschuldigte wirkte dabei durch die Weiter-gabe von Informationen und die Bekanntgabe der Telefonnummer seines [X.] in der [X.] mit, von wo die Gegenstände im Dezember 2014 nach [X.] zur [X.] gebracht wurden.
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Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den [X.]ftbefehl des Ermitt-lungsrichters des [X.] vom 31. Oktober 2016 Bezug genom-men.
b) Der dringende Tatverdacht folgt, soweit er die Vereinigung [X.]
al-Sham betrifft, aus öffentlich zugänglichen Quellen und den vorliegenden Strukturerkenntnissen zu dieser Organisation. Hinsichtlich der Einzelheiten wird Bezug genommen insbesondere auf die Gutachten des Sachverständigen Dr.
St.

vom 19. Februar 2015 und vom 21. März 2016 (vorläufige [X.]
1, Fach "Struktur der [X.]") und den Auswertebericht des Bun-deskriminalamts vom 1. November 2015 (vorläufige [X.], Fach "Struktur der [X.]").
Betreffend die Tathandlungen des Beschuldigten S.

ergibt sich
der dringende Tatverdacht
aus der Auswertung der durch das [X.] zur Verfügung gestellten Audio-Files aus vorangegangenen Maßnahmen nach dem Gesetz zur Beschränkung des Brief-, Post-
und Fern-meldegeheimnisses (vorläufige [X.]. 3 bis 5, Inhalte aus G-10-Maßnahmen; [X.] Bericht des [X.] vom 18.
Juni 2015, vorläufige [X.] Fach Verfahrensgang) sowie den bei dem Beschuldigten und bei Mitbeschuldigten sichergestellten Datenträgern und No-tizen, deren Auswertung andauert.
Der Beschuldigte hat in der richterlichen Vernehmung vom 23. Novem-ber 2016 (vorläufige SA
Bd. 2, [X.]. 220-229) bestritten, zu Personen der [X.] Kontakte zu haben. Er hat angegeben, dass er seit 2012 [X.] bis zur [X.] organisiert habe und eingeräumt, Mitte 2013 auf Bitte des Mitbeschuldigten A.

ein bis [X.] Gegenstände in einem
Koffer oder Karton in die [X.] gebracht zu haben, wo sie von Freunden des 20
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Mitbeschuldigten abgeholt worden seien. Er habe nur [X.], jedoch keine Nachtgläser oder militärische Ferngläser transportiert; auch seien in ei-nem Päckchen von A.

zum Beispiel ein Konverter und Batterien gewesen. 2013 sei er auch einmal mit einem Gebrauchtfahrzeug in die [X.] gefahren, um es dort zu verkaufen. Zum Vorwurf der Lieferung von [X.] hat er erklärt, dass der Beschuldigte A.

damit die Kommunikation von Kranken-wagen untereinander ermöglichen wollte. Dieser Verwendungszweck liegt indes schon deshalb fern, weil die Geräte nach Angaben des Zeugen

Th.

(Vernehmung vom 10. März 2017; vorläufige SA
Bd.
6, [X.]. 73-74) allein zum Empfang, nicht aber zum Senden geeignet sind. Auf Bitte seines Cousins

Sa.

habe er an einer Hilfslieferung nach [X.] mitgewirkt,
die in den Machtbereich der [X.] gelangt sei. Diese Organisation beherr-sche die Grenze zur [X.] und habe angeboten, den [X.] zu lagern. Später seien die Hilfsgüter, von denen einige gestohlen worden
seien, an einem anderen als dem Bestimmungsort verteilt worden.
Er hat weiter eingeräumt, dass [X.] einen Krankenwagen nach [X.] gefahren habe; da die [X.] 100 Dollar für die Einfuhr eines Krankenwagens forderte, habe er

[X.].

am Telefon mitgeteilt, dass die-ser angeben solle, es handele sich um eine Lieferung von "

[X.]

" [X.]), der die Einfuhr organisiert habe. Damit hat er den ihm angelasteten Sachverhalt zumindest in objektiver Hinsicht in Teilen bestätigt.
Weitere belastende Hinweise folgen
aus den Angaben der Mitbeschul-digten

H.

(Vernehmung vom 22. November 2016, vorläufige [X.]
2 Fach Vernehmungen) und [X.].

, der
in seiner richterlichen Verneh-mung am 22. November 2016 (vorläufige SA
Bd.
2, [X.]. 207-209)
u.a.
einge-23
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räumt
hat, vier von ihm zunächst über das [X.] bezogene Ferngläser an den Mitbeschuldigten A.

verkauft zu haben.
Aus den Auswertungen der bei den Beschuldigten sichergestellten Ge-genständen
ergeben sich zusätzliche Hinweise: So wurden handschriftliche Notizen des Mitbeschuldigten A.

mit Auflistungen der Ausgaben für Tages-
und Nachtferngläser sowie Zahlungen der mutmaßlichen Empfänger sicherge-stellt; neben dem Namen eines Empfängers bei der [X.] fand sich das Wort "Scharfschützenfernglas". Hinsichtlich des Beschuldigten und des Mitbeschuldigten

H.

zeigen sich aus der [X.] [X.] für
zahlreiche Transporte von Ausrüstungsgegenständen nach
[X.], die teilweise unter falschem Namen beschafft worden
waren.
2. Es besteht nach alledem der dringende Tatverdacht, dass sich der Beschuldigte
in sechs Fällen
wegen Unterstützung einer terroristischen Verei-nigung im Ausland nach §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs. 5 Satz 1, § 129b Abs. 1 Satz
1 und 2 StGB strafbar gemacht hat.
a) Die Gruppierung [X.] stellt sich nach den vorliegenden Er-kenntnissen dar als auf gewisse Dauer angelegter, freiwilliger organisatorischer Zusammenschluss von mindestens drei Personen, die bei Unterordnung des Willens des Einzelnen unter den Willen der Gesamtheit gemeinsame Zwecke verfolgen und unter sich derart in Beziehung stehen, dass sie sich als einheitli-cher Verband fühlen,
mithin als Vereinigung im Sinne der §§ 129 ff. StGB
(st. Rspr.; etwa [X.], Urteil vom 3.
Dezember 2009 -
3 [X.], [X.]St 54, 216, 221 mwN). Ihre Zwecke und ihre Tätigkeit sind darauf gerichtet, Mord und Totschlag (§§ 211, 212 StGB) zu begehen, wobei die Opfer nicht nur Soldaten des von ihr bekämpften [X.] sind, sondern -
wie etwa die [X.] zeigen -
auch Zivilisten zu ihren Zielen gehören.
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Selbst eine angenommene Ausrichtung allein auf die Bekämpfung der syrischen Regierungstruppen würde nichts an dieser Einordnung
ändern, da weder völkervertragsrechtliche noch völkergewohnheitsrechtliche Grundsätze Kampfhandlungen gegen deren Soldaten zu rechtfertigen vermögen.
Abweichende ausländische Bewertungen der Vereinigung sprechen ent-gegen der Ansicht der Verteidigung nicht gegen den Verdacht, dass der Be-schuldigte vorsätzlich handelte. Anhaltspunkte dafür, dass er im [X.]punkt der [X.]ndlungen keine hinreichende Kenntnis von den relevanten tatsächlichen Umständen hatte (§ 16 StGB) oder sich in einem unvermeidbaren Verbotsirr-tum gemäß § 17 StGB befand, sind nicht ersichtlich. Dass die Vereinigung ge-gen die Regierungstruppen kämpft, war dem Beschuldigten nach den bisheri-gen Ermittlungen bekannt.
b) Der Beschuldigte hat diese Vereinigung durch die Lieferung von [X.] unterstützt.
c) [X.] Strafrecht ist anwendbar (vgl. im Einzelnen [X.], [X.] vom 6. Oktober 2016 -
AK 52/16, juris Rn. 33 ff.).
d) Die nach § 129b Abs. 1 Satz 2 und 3 StGB erforderliche Ermächti-gung zur strafrechtlichen Verfolgung von Mitgliedern oder Unterstützern der [X.], die sich in der Bundesrepublik [X.] aufhalten, hat das [X.] am 25. Juli 2014 er-teilt (Aktenzeichen [X.] 4030 E [1027] 21 1158/2013).
3. Es besteht der [X.]ftgrund der Fluchtgefahr (§ 112 Abs. 2 Nr. 2 StPO). Durch weniger einschneidende Maßnahmen als den [X.]ftvollzug kann der 28
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Zweck der Untersuchungshaft nach wie vor nicht erreicht werden (§ 116 Abs. 1 StPO).
Die Gesamtwürdigung der Umstände des Falles macht es wahrscheinli-cher, dass sich der Beschuldigte
-
würde er aus der [X.]ft entlassen -
dem Straf-verfahren entzieht, als dass er sich ihm zur Verfügung halten werde. Der Be-schuldigte ist aufgrund der bisherigen Ermittlungen in mindestens sechs Fällen bei der Beschaffung von Ausrüstungsgegenständen für die [X.] tätig geworden; jeder Einzelfall ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren bedroht (§ 129a Abs. 5 Satz 1 StGB). Er hat daher mit einer emp-findlichen Gesamtfreiheitsstrafe zu rechnen, die einen hohen Fluchtanreiz bie-tet.
Fluchthemmende Umstände, die geeignet sind, dem von der zu erwar-tenden Freiheitsstrafe ausgehenden Fluchtanreiz hinreichend entgegenzuwir-ken, liegen nicht vor: Der Beschuldigte
schloss
sein 2011 begonnenes Studium an der [X.] in [X.]nnover nicht ab und
arbeitete
bis Anfang 2016 im Sicherheitsgewerbe. Im Juni 2016 übernahm
er als Geschäftsführer eine renovierungsbedürftige Bäckerei in [X.], für die kein Gewerberegisterein-trag vorliegt; der Betrieb wurde
in Bäckerei "[X.]

" umbenannt (vorläufige SA
Bd.
1, [X.]. 222, 229) -
offenbar nach dem Namen der Geburtsstadt des Be-schuldigten in [X.], die von islamistischen Gruppen, unter anderem
der [X.] al-Scham kontrolliert wird. Die Eltern des Beschuldigten leben in der [X.]; er hält sich "immer wieder mal", auch für längere [X.]räume, dort auf, um diese zu unterstützen (vorläufige SA
Bd. 2, [X.]. 225). Ausweislich überwachter [X.], zuletzt vom 21. September 2016, plant er, in die [X.] umzusiedeln
(vor-läufige SA
Bd. 1, [X.]. 222). Seine beruflichen und familiären Bindungen in [X.] reichen
vor diesem Hintergrund nicht aus, ihn von der Flucht ab-34
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zuhalten, zumal der Beschuldigte nicht nur enge Verwandte in der [X.] hat, sondern nach den Ermittlungsergebnissen Kontakte zu Mitgliedern und [X.] der [X.] pflegt, die bei einer Flucht behilflich sein könnten. Die genannten Umstände begründen die Gefahr, dass die alsbaldige Aufklä-rung und [X.]ndung der Tat ohne die weitere Inhaftierung des Beschuldigten vereitelt werden könnte.
Unter den gegebenen Umständen vermögen Maßnahmen nach § 116 Abs. 1 StPO nicht die Erwartung zu begründen, dass auch durch sie der Zweck der Untersuchungshaft erreicht werden kann.
4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§ 121 Abs. 1 StPO) liegen vor. Der Umfang der Ermitt-lungen und ihre besondere Schwierigkeit haben ein Urteil noch nicht zugelas-sen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersuchungshaft:
Das komplexe Ermittlungsverfahren richtet sich gegen insgesamt fünf Beschuldigte; der Tatzeitraum erstreckt sich über mehrere Jahre und umfasst zahlreiche Lieferungen der Beschuldigten nach [X.], die auf ihren Bezug zur [X.] zu überprüfen sind.
Die Auswertung der bei der Durchsuchung von zehn Objekten am 22. November 2016 sichergestellten umfangreichen Beweismittel dauert an. Neben zahlreichen [X.] sind neun [X.], 26
Laptops, 35 USB-Speichergeräte, 33 Mobiltelefone und 108 Festplatten auszuwerten; allein die dem Beschuldigten A.

zugeordneten [X.] umfassen etwa zwei Terabyte Daten, die auch in gelöschten Speicherbe-reichen ausgewertet werden müssen. Die technische Sicherung der Speicher-medien ist
zwischenzeitlich nahezu vollständig durchgeführt. Die inhaltliche Auswertung ist
indes noch nicht beendet; sie wird dadurch erschwert, dass zahlreiche Inhalte in [X.] abgefasst sind. Trotz des Einsatzes 36
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von regelmäßig zwei Dolmetschern dauert deren Auswertung noch an.
Die Auswertung der mobilen Endgeräte ist weitgehend abgeschlossen; bislang wurden 35 Geräte entschlüsselt, technisch gesichert und inhaltlich gesichtet. Bei der Auswertung der Mobiltelefone, die mit Ausnahme eines Gerätes been-det
ist, wurden bisher 690.000 Mediendateien (unter anderem Bilder, [X.] und Audiodateien) gesichtet (Sachstandsbericht des [X.] vom 12. Mai 2017, [X.]. 28). Bei 12 Geräten sind noch weitere Dolmet-schertätigkeiten erforderlich,
bei 16 Geräten noch abschließende Ermittlungen und Bewertungen.
5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht zu den gegen den Beschuldigten erhobenen Vorwürfen nicht außer Verhältnis (§
120 Abs. 1 Satz 1 StGB; vgl. [X.],
Beschluss vom 6. April 2017 -
StB 6/17, juris Rn. 34-36).
Becker Schäfer Hoch
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Meta

AK 27/17

14.06.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 14.06.2017, Az. AK 27/17 (REWIS RS 2017, 9545)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 9545

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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