2. Senat | REWIS RS 2013, 3557
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Voraussetzungen der Verfahrensunterbrechung bei Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters; Darlegung einer Divergenz
1. NV: Die Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters für das Vermögen des Klägers führt nicht zur Unterbrechung eines finanzgerichtlichen Verfahrens, wenn dem Kläger kein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt wird.
2. NV: Zur Darlegung einer Divergenz muss der Beschwerdeführer dartun, dass das FG in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen entscheidungserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des BFH zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist.
I. Auswirkungen auf das Verfahren ergeben sich nicht daraus, dass der Kläger und Beschwerdeführer (Kläger) einen Insolvenzantrag gestellt hat und durch Beschluss des zuständigen Amtsgerichts vom … Juni 2013 für sein Vermögen ein vorläufiger Insolvenzverwalter bestellt und angeordnet wurde, dass Verfügungen des [[[[X.].].].] nur mit [[[[X.].].].]ustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 2 der Insolvenzordnung --[[[[X.].].].]--). Ein allgemeines Verfügungsverbot gemäß § 21 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alternative 1 [[[[X.].].].] wurde dem Kläger nicht auferlegt. Die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des [[[[X.].].].] ist daher nicht gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 [[[[X.].].].] auf den vorläufigen Insolvenzverwalter übergegangen.
Es ist deshalb weder zu einem [[[[X.].].].] gekommen noch wurde das vorliegende Verfahren gemäß § 155 der Finanzgerichtsordnung ([[[[X.].].].]O) i.V.m. § 240 Satz 2 der [[[[X.].].].]ivilprozessordnung ([[[[X.].].].]PO) unterbrochen. Das Verfahren wird nur dann gemäß § 240 Satz 2 [[[[X.].].].]PO unterbrochen, wenn die Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis über das Vermögen des Schuldners auf einen vorläufigen Insolvenzverwalter übergeht. Nur in diesem Fall kommt es auch zu einem [[[[X.].].].] ([[[[X.].].].]/Vollkommer, [[[[X.].].].]PO, 29. Aufl., § 51 Rz 7). Es genügt nicht, wenn wie im vorliegenden Fall lediglich angeordnet wird, dass Verfügungen des Schuldners nur mit [[[[X.].].].]ustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (Urteile des [[[[X.].].].] vom 21. Juni 1999 [[[[X.].].].], Neue Juristische Wochenschrift --NJW-- 1999, 2822, und des [[[[X.].].].] vom 25. April 2001 5 [[[[X.].].].] 360/99, [[[[X.].].].], 532; Beschlüsse des [[[[X.].].].] --[[[[X.].].].]-- vom 15. Februar 2008 [[[[X.].].].] (PKH), [[[[X.].].].], 818, und vom 8. April 2008 [[[[X.].].].] 129/07, [[[[X.].].].], 1190; [[[[X.].].].]/[[[[X.].].].]/[[[[X.].].].]/[[[[X.].].].], [[[[X.].].].]ivilprozessordnung, 71. Aufl., § 240 Rz 3; [[[[X.].].].] in [[[[X.].].].], [[[[X.].].].]ivilprozessordnung, 34. Aufl., § 240 Rz 2).
II. [[[[X.].].].] ist unzulässig. Ihre Begründung entspricht nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [[[[X.].].].]O. Danach müssen in der Beschwerdebegründung die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 [[[[X.].].].]O dargelegt werden.
1. Der Kläger hat nicht den Anforderungen des § 116 Abs. 3 Satz 3 [[[[X.].].].]O entsprechend dargelegt, dass die Revision nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 Alternative 2 [[[[X.].].].]O zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung wegen Divergenz der Vorentscheidung von anderen Entscheidungen zuzulassen sei.
a) Um die Erforderlichkeit einer Entscheidung des [[[[X.].].].] zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch Vermeidung einer Divergenz hinreichend darzulegen, müssen die tragenden Erwägungen der angefochtenen Entscheidung und der (vermeintlichen) Divergenzentscheidung so herausgearbeitet und gegenübergestellt werden, dass eine Abweichung im Grundsätzlichen erkennbar wird ([[[[X.].].].]-Beschlüsse vom 19. Mai 2010 I[[[[X.].].].] 11/10, [[[[X.].].].]/NV 2010, 1648; vom 30. Mai 2012 III B 239/11, [[[[X.].].].]/NV 2012, 1470; vom 15. April 2013 I[[[[X.].].].] 169/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 1241, Rz 2). Der Beschwerdeführer muss dartun, dass das Finanzgericht ([[[[X.].].].]) in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Gerichts abgewichen ist, dabei über dieselbe Rechtsfrage entschieden wurde und diese für beide Entscheidungen entscheidungserheblich war, ferner dass die Entscheidungen zu gleichen oder vergleichbaren Sachverhalten ergangen sind, die abweichend beantwortete Rechtsfrage im Revisionsverfahren geklärt werden kann und eine Entscheidung des [[[[X.].].].] zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich ist ([[[[X.].].].]-Beschlüsse vom 31. März 2010 IV B 131/08, [[[[X.].].].]/NV 2010, 1487; vom 27. September 2010 II B 164/09, [[[[X.].].].]/NV 2011, 193, und vom 5. Oktober 2010 [[[[X.].].].] 72/10, [[[[X.].].].]/NV 2011, 273, Rz 2). Es muss also dargelegt werden, dass das [[[[X.].].].] seiner Entscheidung einen tragenden abstrakten Rechtssatz zugrunde gelegt hat, der von einem ebenfalls tragenden abstrakten Rechtssatz in der Entscheidung eines anderen Gerichts abweicht ([[[[X.].].].]-Beschlüsse vom 7. Februar 2013 I B 82/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 1237, Rz 3; vom 25. April 2013 III B 111/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 1244, Rz 7; vom 8. Mai 2013 III B 140/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 1248, Rz 8, und vom 14. Mai 2013 [[[[X.].].].] 184/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 1257, Rz 15). Derartige Rechtssätze müssen von dem jeweiligen Gericht allerdings nicht ausdrücklich ausgesprochen worden sein. Sie können vielmehr auch konkludent in scheinbar fallbezogenen Ausführungen enthalten sein ([[[[X.].].].]-Beschluss in [[[[X.].].].]/NV 2013, 1257, Rz 16). Eine (angeblich) fehlerhafte Anwendung von Rechtsprechungsgrundsätzen auf die Besonderheiten des Einzelfalls sowie schlichte Subsumtionsfehler des [[[[X.].].].] reichen nicht aus ([[[[X.].].].]-Beschlüsse in [[[[X.].].].]/NV 2010, 1648; in [[[[X.].].].]/NV 2012, 1470; vom 13. Juli 2012 I[[[[X.].].].] 3/12, [[[[X.].].].]/NV 2012, 1635, und vom 19. Oktober 2012 III B 40/12, [[[[X.].].].]/NV 2013, 222).
b) Derartige Ausführungen enthält die Beschwerdebegründung nicht. Es fehlt an der erforderlichen Gegenüberstellung entscheidungserheblicher abstrakter Rechtssätze. Den Ausführungen des [[[[X.].].].] lässt sich nicht entnehmen, worin die Vorentscheidung bezogen auf dieselbe Rechtsfrage im Grundsätzlichen von den von ihm angeführten Entscheidungen abweichen soll.
aa) Nach Ansicht des [[[[X.].].].] beruht die Vorentscheidung auf den Rechtssätzen, dass das Finanzamt in [[[[X.].].].] bei der Ausübung seines Auswahlermessens (auch) dann ermessensfehlerfrei entscheidet, wenn es in seine Ermessenserwägungen neben dem in Anspruch genommenen Haftungsschuldner (nur) einen von mehreren weiteren Haftungsschuldnern einbezieht, der denselben [[[[X.].].].] verwirklicht, und wenn die Ausübung (einschließlich der Darstellung) des Auswahlermessens sich dabei auf den Kreis potentieller Haftungsschuldner beschränkt, der denselben [[[[X.].].].] wie der in Anspruch genommene Haftungsschuldner verwirklicht.
bb) Da das [[[[X.].].].] seine Entscheidung nicht ausdrücklich auf diese Rechtssätze gestützt hat, hätte der Kläger substantiiert darlegen müssen, dass und aus welchen scheinbar fallbezogenen Ausführungen des [[[[X.].].].] sie sich ergeben sollen. Dies ist indes nicht geschehen.
Die Vorentscheidung könnte nur dann auf den vom Kläger genannten Rechtssätzen beruhen, wenn das [[[[X.].].].] angenommen hätte, es kämen neben dem Kläger und dem ebenfalls als Haftungsschuldner in Anspruch genommenen ehemaligen Vorstandsmitglied [[[[X.].].].] weitere Haftungsschuldner in Betracht. Lediglich bei einer solchen Annahme hätte das [[[[X.].].].] aus seiner materiell-rechtlichen Sicht Anlass zu der Prüfung gehabt, ob es der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Haftungsbescheids entgegensteht, dass in den diesem Bescheid und der Einspruchsentscheidung zugrunde liegenden Ermessenserwägungen nicht auf weitere Haftungsschuldner eingegangen wurde.
Dass das [[[[X.].].].] vom Vorhandensein weiterer Haftungsschuldner ausgegangen sei, hat der Kläger indes nicht dargelegt und ist auch nicht ersichtlich. Das [[[[X.].].].] hat vielmehr erkennbar angenommen, dass die Vorstandsmitglieder [[[X.].].] und [[[X.].].], die nach den vom [[[[X.].].].] getroffenen Feststellungen (§ 118 Abs. 2 [[[[X.].].].]O) bereits ab 1. Januar 2001 bzw. 1. Oktober 2001 dem Vorstand der …-AG (AG) nicht mehr angehört hatten, nicht als Haftungsschuldner neben dem Kläger und [[[[X.].].].] in Betracht kamen. Da sich dies aus dem Gesamtzusammenhang der Entscheidungsgründe des [[[[X.].].].] ohne weiteres ergab, brauchte es das [[[[X.].].].] nicht ausdrücklich auszusprechen.
Nach dem angefochtenen Haftungsbescheid in Gestalt der Vorentscheidung haftet der Kläger gemäß § 191 Abs. 1, § 69 i.V.m. § 34 der Abgabenordnung als Vorstandsmitglied für die Versicherungsteuer erst für den [[[[X.].].].]eitraum ab August 2001 und für die Feuerschutzsteuer erst für den [[[[X.].].].]eitraum ab Oktober 2002. Das [[[[X.].].].] führte dazu aus, der Vorwurf einer groben Sorgfaltspflichtverletzung könne dem Kläger erst ab dem [[[[X.].].].]eitpunkt gemacht werden, ab dem er aufgrund der am 11. Oktober 2002 ergangenen Schätzungsbescheide habe erkennen müssen, dass die steuerlichen Erklärungspflichten der AG über den langen [[[[X.].].].]eitraum von einem Jahr nicht erfüllt worden seien.
Die Vorstandsmitglieder [[[X.].].] und [[[X.].].] waren somit bereits vor Beginn der [[[[X.].].].]eiträume, für die der Kläger in Haftung genommen wird, bzw. vor dem Eintritt der Ereignisse, die nach Ansicht des [[[[X.].].].] die grobe Sorgfaltspflichtverletzung des [[[[X.].].].] begründen, aus dem Vorstand ausgeschieden. Dass bezüglich der vom [[[[X.].].].] erkennbar vertretenen Ansicht, die Vorstandsmitglieder [[[X.].].] und [[[X.].].] kämen deshalb nicht als Haftungsschuldner neben dem Kläger und [[[[X.].].].] in Betracht, ein Grund für die [[[[X.].].].]ulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 [[[[X.].].].]O gegeben sei, bringt der Kläger nicht vor. Er sieht vielmehr lediglich eine Haftung dieser Vorstandsmitglieder als gegeben an, ohne dies zu begründen.
Das [[[[X.].].].] ist ferner ersichtlich davon ausgegangen, dass die Versicherungsnehmer ebenfalls nicht als weitere Haftungsschuldner in Betracht kommen. Dies ist auch zutreffend. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 des Versicherungsteuergesetzes in der vor der Änderung durch Art. 1 Nr. 7 des Gesetzes vom 5. Dezember 2012 ([X.], 2431) geltenden Fassung ist der Versicherungsnehmer Steuerschuldner und nicht Haftender.
cc) Es kann danach auf sich beruhen, ob dem vom Kläger angeführten [[[[X.].].].]-Urteil vom 9. August 2002 VI R 41/96 ([[[[X.].].].]E 200, 200, [X.] 2003, 160) der von ihm formulierte abstrakte Rechtssatz zugrunde liegt. Mit dem Hinweis auf den [[[[X.].].].]-Beschluss vom 18. Juli 2008 VII B 184/07 ([[[[X.].].].], 1805) kann eine Divergenz schon deshalb nicht begründet werden, weil es sich dabei um die Entscheidung über eine Beschwerde wegen Nichtzulassung der Revision handelt und die Revision wegen Divergenz zu einer solchen Entscheidung nicht zugelassen werden kann. Beschlüsse, die in einem Nichtzulassungsbeschwerdeverfahren ergehen, entscheiden keine revisiblen Rechtsfragen, so dass sie als Divergenzentscheidungen ausscheiden ([[[[X.].].].]-Beschluss vom 21. Januar 2013 III B 167/11, [[[[X.].].].]/NV 2013, 754, Rz 8, m.w.N.).
2. Weitere Gründe für die [[[[X.].].].]ulassung der Revision gemäß § 115 Abs. 2 [[[[X.].].].]O hat der Kläger nicht geltend gemacht.
Meta
08.08.2013
Beschluss
vorgehend FG Hamburg, 15. November 2012, Az: 2 K 37/10, Urteil
§ 21 Abs 2 S 1 Nr 2 InsO, § 22 Abs 1 S 1 InsO, § 240 S 2 ZPO, § 115 Abs 2 Nr 2 FGO, § 116 Abs 3 S 3 FGO
Zitiervorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 08.08.2013, Az. II B 3/13 (REWIS RS 2013, 3557)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 3557
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VII B 102/10 (Bundesfinanzhof)
(Zu den Voraussetzungen des § 35 AO - Klärungsbedürftigkeit einer Rechtsfrage - Darlegung der Divergenz)
(Zum Einwendungsausschluss des § 166 AO bei unterlassenem Widerspruch gegen eine Forderungsanmeldung des FA und …
Haftung eines Kommanditisten; Bindung an tatsächliche Feststellungen; Verletzung des rechtlichen Gehörs durch Überraschungsentscheidung; Umfang des …
Kein Vorsteuerabzug, wenn in der zugrunde liegenden Rechnung lediglich ein Scheinsitz des Leistenden angegeben ist
Zum Vorsteuerabzug aus der Sanierung eines asbesthaltigen Daches eines Stallgebäudes zur Errichtung einer Photovoltaikanlage
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