Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. XII ZB 222/17

XII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 3721

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:BGH:2017:181017BXIIZB222.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
XII [X.]/17

vom

18. Oktober 2017

in der Betreuungssache

Nachschlagewerk:
ja
BGHZ:
nein
BGHR:
ja
FamFG § 69 Abs. 1; BGB § 1896
Kommt das Beschwerdegericht in einem Betreuungsverfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung
zu Recht angeordnet ist, muss es auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen (im [X.] an [X.]sbeschluss vom 30. August 2017

XII
ZB 16/17

juris).

BGH, Beschluss vom 18. Oktober 2017 -
XII [X.]/17 -
LG [X.]

[X.]

-
2
-
Der XII.
Zivilsenat des [X.] hat am 18. Oktober 2017
durch
den Vorsitzenden Richter Dose und [X.] Dr. [X.], Schilling, Dr.
Nedden-Boeger und Guhling
beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde des Betroffenen
wird der Beschluss der 3. Zivilkammer des [X.]s [X.]
vom 6. April 2017
aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Behandlung und Entscheidung, auch über die außergerichtlichen Kosten des
Rechtsbeschwerdeverfah-rens, an das [X.]
zurückverwiesen.
Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei.
[X.]: 5

Gründe:
I.
Der
60jährige Betroffene leidet nach den Feststellungen des Landge-richts an einer monopolaren affektiven manischen bzw. submanischen Störung, wegen derer er seine Angelegenheiten nicht mehr selbst erledigen kann.
Das Amtsgericht richtete für ihn im November 2014
mit Überprüfungsfrist bis zum 11. November 2015 eine Betreuung mit dem Aufgabenkreis der Sorge für die Gesundheit, Aufenthaltsbestimmung, Entscheidung über die Unterbringung,
Vermögenssorge einschließlich Schuldenregulierung, Vertretung in postali-schen Angelegenheiten, soweit es sich nicht erkennbar um [X.] handelt, 1
-
3
-
Vertretung gegenüber Heim-
und Klinikleitung, Behörden, Versicherern und sonstigen Institutionen, Haus-
und Grundstücksangelegenheiten ein und ordne-te einen Einwilligungsvorbehalt für die Vermögenssorge an.
Im Verfahren auf Verlängerung der Betreuung hat der Betroffene deren Aufhebung begehrt und hilfsweise seinen durch schriftliche Betreuungsverfü-gung
untermauerten Betreuungswunsch dahin geäußert, dass seine Schwester, gegebenenfalls gemeinsam mit seiner Ehefrau, als ehrenamtliche Betreuer be-stellt werden solle. Mit Beschluss vom 18. November 2016 hat das Amtsgericht die Betreuung nach Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens
und Anhörung des Betroffenen
verlängert, dabei den
Aufgabenkreis
auf die
Vermö-genssorge einschließlich Schuldenregulierung sowie Haus-
und Grund-stücksangelegenheiten reduziert, den Einwilligungsvorbehalt aufrecht erhalten, den Beteiligten zu 1 zum neuen Berufsbetreuer
und den Beteiligten zu 2 zum (berufsmäßigen) Ersatzbetreuer bestellt sowie die Frist zur erneuten [X.] bis zum 17. November 2023 festgelegt.
Das [X.] hat die Beschwerde des
Betroffenen zurückgewiesen;
hiergegen richtet sich seine
Rechtsbeschwerde.

II.
Die Rechtsbeschwerde ist begründet.
Sie führt zur Aufhebung der [X.] Entscheidung und zur Zurückverweisung der Sache an das Landge-richt.
1. Das [X.] hat zur Begründung seiner Entscheidung ausgeführt:
Der Betroffene bedürfe weiterhin der Betreuung und des [X.], weil er aufgrund einer psychischen Erkrankung nicht in der Lage sei, sei-2
3
4
5
-
4
-
ne Angelegenheiten selbst zu besorgen. Das folge aus den überzeugenden Ausführungen des
Sachverständigen, die auch durch die vom Betroffenen ein-gereichten Atteste nicht in Zweifel gezogen würden. Er richte seine Finanzpla-nung und Vorhaben nach seinen megalomanen Ideen und nicht nach der [X.] aus, weshalb konkrete Anhaltspunkte für eine weitere erhebliche [X.] sprächen. Er habe bereits Schulden in erheblicher Höhe
durch den Besuch kostenpflichtiger Internetportale. Ohne eine weitere Betreuung sei damit zu rechnen, dass der Betroffene unüberlegt auf der Basis [X.] Annahmen Kredite kündigen, neue Rechtsgeschäfte eingehen und sein Vermö-gen und seine [X.] Absicherung weiterhin erheblich gefährden werde, da er wahnhaft bedingt von unrealistischen Erwartungen ausgehe.

Eine Entscheidung über den im ersten Rechtszug geäußerten Wunsch des Betroffenen, von seiner Schwester und seiner
Ehefrau betreut zu werden, sei in der Beschwerdeinstanz nicht angefallen, weil
hierüber zunächst [X.] das Amtsgericht zu entscheiden habe. Andernfalls verlöre der Betroffene eine Instanz.
2. Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.
a) Wie der [X.] bereits entschieden hat, stellt § 1897 BGB den Maß-stab der Betreuerauswahl nicht nur bei der Erstentscheidung, sondern auch bei einer Verlängerung der Betreuung dar. Dies folgt aus dem Rechtscharakter der Verlängerungsentscheidung als erneute vollständige Einheitsentscheidung über die Betreuung und ergibt sich aus § 295 Abs. 1 Satz 1 FamFG, nach dem für die Verlängerung der Bestellung eines Betreuers die Verfahrensvorschriften über die erstmalige Anordnung dieser Maßnahme entsprechend gelten
([X.]sbeschluss vom 19. Juli 2017 -
XII ZB 57/17
-
FamRZ 2017, 1612 Rn. 14 mwN).
6
7
8
-
5
-
Kommt das Beschwerdegericht in dem Verfahren zu dem Ergebnis, dass die Betreuung zu Recht
verlängert worden ist, muss es zwingend in einem zweiten Schritt auch die Betreuerauswahl auf ihre Richtigkeit hin überprüfen ([X.]sbeschlüsse vom 30. August 2017 -
XII ZB 16/17
-
juris Rn. 15 und vom 11. Mai 2016 -
XII ZB 579/15
-
FamRZ 2016, 1258 Rn. 13 f. mwN). In diesem Zusammenhang muss es sich mit dem vom Betroffenen geäußerten Betreuer-vorschlag
(§ 1897 Abs. 4 BGB) und der von ihm schriftlich errichteten [X.] auseinandersetzen, unabhängig davon, ob dieser
im ersten Rechtszug übergangen oder seine Behandlung gesetzeswidrig zurückgestellt worden ist.
Denn § 1896 BGB unterscheidet nicht zwischen Anordnung der Be-treuung und Bestellung eines Betreuers; vielmehr ist eine Einheitsentscheidung zu treffen, was auch im Beschwerdeverfahren zu beachten ist. Die Befassung mit dem geäußerten Betreuervorschlag bereits im vorliegenden Betreuungsver-längerungsverfahren
ist auch deshalb zwingend, weil sich die Betreuerauswahl unter den in Frage kommenden Personen bei der Erstbestellung und Verlänge-rung der Betreuung nach den Maßstäben
des § 1897
Abs. 4 bis 6 BGB richtet, während die
nachträgliche Entlassung und Neubestellung eines
Betreuers nur unter den enger gefassten Voraussetzungen des § 1908
b BGB möglich
wäre.
b) Da das [X.] über den Betreuervorschlag
bewusst nicht ent-schieden hat, kann die angefochtene Entscheidung keinen Bestand haben. Der [X.] kann nicht in der Sache abschließend entscheiden, da insoweit noch [X.]e Feststellungen zu treffen sind.
3. Für das weitere Verfahren weist der [X.] darauf hin, dass § 1897 Abs. 4 Satz 1 BGB dem Tatrichter bei der Auswahl des Betreuers kein Ermes-sen einräumt. Es ist die Person zum Betreuer zu bestellen, die der Betroffene wünscht. Der Wille des Betroffenen kann nur dann unberücksichtigt bleiben, wenn die Bestellung der vorgeschlagenen Person seinem Wohl zuwiderläuft. 9
10
11
-
6
-
Dies setzt voraus, dass sich aufgrund einer umfassenden Abwägung aller rele-vanten Umstände Gründe von erheblichem Gewicht ergeben, die gegen die Bestellung der vorgeschlagenen Person sprechen. Es muss die konkrete Ge-fahr bestehen, dass der Vorgeschlagene die Betreuung des Betroffenen nicht zu dessen Wohl führen kann oder will. Die Annahme einer solchen konkreten Gefahr beruht auf einer Prognoseentscheidung des Gerichts, für die dieses sich naturgemäß auf Erkenntnisse stützen muss, die in der -
näheren oder auch [X.] zurückliegenden
-
Vergangenheit wurzeln. Soweit es um die Eignung der vorgeschlagenen Person geht, müssen diese Erkenntnisse geeignet sein, einen das Wohl des Betroffenen gefährdenden Eignungsmangel auch für die Zukunft und bezogen auf den von der Betreuung umfassten Aufgabenkreis zu [X.] ([X.]sbeschluss vom 19. Juli 2017 -
XII ZB 57/17
-
FamRZ 2017, 1612 Rn. 15 mwN).
-
7
-
4. Von einer weiteren Begründung der Entscheidung wird abgesehen, weil sie nicht geeignet wäre, zur Klärung von Rechtsfragen grundsätzlicher Be-deutung, zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung beizutragen (§ 74 Abs. 7 FamFG).
Dose
[X.]
Schilling

Nedden-Boeger
Guhling

Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom 18.11.2016 -
20 [X.] 852/14 -

LG [X.], Entscheidung vom 06.04.2017 -
3 [X.]/16 -

12

Meta

XII ZB 222/17

18.10.2017

Bundesgerichtshof XII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.10.2017, Az. XII ZB 222/17 (REWIS RS 2017, 3721)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 3721

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

XII ZB 222/17 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Überprüfung der Betreuerauswahl durch das Beschwerdegericht


XII ZB 589/17 (Bundesgerichtshof)

Betreuung: Beachtlichkeit eines Betreuervorschlags des Betroffenen


XII ZB 521/17 (Bundesgerichtshof)

Betreuerbestellung: Verbindlichkeit eines Betreuungswunsches des Betroffenen


XII ZB 521/17 (Bundesgerichtshof)


XII ZB 558/17 (Bundesgerichtshof)

Betreuungssache: Relevanz des Vorschlags eines Betreuers durch den Betroffenen


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

XII ZB 222/17

XII ZB 57/17

XII ZB 16/17

XII ZB 579/15

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.