Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.08.2016, Az. 2 StR 504/15

2. Strafsenat | REWIS RS 2016, 6327

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:240816U2STR504.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
2 StR 504/15
vom
24. August
2016
in der Strafsache
gegen

wegen Vergewaltigung u.a.

-
2
-
Der 2.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom 24.
August
2016, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. [X.],
[X.],
[X.]innen
am Bundesgerichtshof
Dr. [X.],
[X.],

Staatsanwalt beim Bundesgerichtshof

als Vertreter der [X.],

Rechtsanwältin

als Verteidigerin des Angeklagten,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:
-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des [X.] vom 22. Juni 2015 wird mit der Maßgabe als unbe-gründet verworfen, dass im Fall II.
2 der Urteilsgründe die tat-einheitliche Verurteilung wegen vorsätzlicher Körperverletzung entfällt.
2.
Auf die Revision der Staatsanwaltschaft wird das vorbezeichne-te Urteil im Strafausspruch mit den Feststellungen aufgehoben.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels der Staatsanwaltschaft, an eine andere [X.] des [X.] zurückverwiesen.
3.
Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels und die der Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendi-gen Auslagen zu tragen.

Von Rechts wegen

-
4
-
Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Ver-gewaltigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung und wegen gefähr-licher Körperverletzung zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von acht Jahren und sechs Monaten verurteilt. Dagegen wendet sich der Angeklagte mit seiner auf die Sachrüge gestützten
Revision. Mit ihrer zuungunsten des Angeklagten ein-gelegten und auf sachlich-rechtliche Einwendungen gestützten Revision wendet sich die Staatsanwaltschaft gegen den Strafausspruch.
Die Revision des Angeklagten hat den aus dem [X.] ersichtlichen geringen Teilerfolg und führt zum Wegfall des
Schuldspruchs wegen [X.] Körperverletzung im Fall II.
2 der Urteilsgründe; im Übrigen ist das Rechtsmittel unbegründet. Das Rechtsmittel der Staatsanwaltschaft hat Erfolg.

I.
Das [X.] hat folgende Feststellungen und Wertungen getroffen:
1. Nach einer gemeinsam mit Freunden in einer Diskothek verbrachten Nacht begegnete der erheblich alkoholisierte
und infolge einer körperlichen Auseinandersetzung mit unbekannten Dritten aggressiv gestimmte Angeklagte am 19.
Oktober 2014 gegen 5.30 Uhr in einer Grünanlage der ihm unbekannten 75 Jahre alten Nebenklägerin. Seine Frage, ob er ihr helfen könne, [X.] die Nebenklägerin dahin, dass er sie in Ruhe lassen solle. Aus Wut über [X.] Zurückweisung versetzte der Angeklagte ihr unvermittelt einen Faustschlag ins
Gesicht, in dessen Folge die dem Angeklagten körperlich deutlich unterle-gene Nebenklägerin zu Boden stürzte. Anschließend schlug der Angeklagte mehrfach wuchtig mit der Faust auf Gesicht und Kopf der Nebenklägerin
ein. 1
2
3
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-
5
-
Dabei war ihm bewusst, dass diese Faustschläge geeignet waren, die Neben-klägerin lebensgefährlich
zu verletzen. Er ließ schließlich von der laut um Hilfe rufenden, erhebliche Gesichtsverletzungen aufweisenden Nebenklägerin
ab und entfernte sich.
2. Nach einiger Zeit fasste der Angeklagte
den Entschluss, zur
Neben-klägerin zurückzukehren. Er packte die mittlerweile auf einer Parkbank [X.], durch die vorhergehenden Misshandlungen erheblich verletzte und [X.] Nebenklägerin, riss sie zu Boden und setzte sich auf sie. Anschließend ver-setzte er ihr zielgerichtet einen weiteren
wuchtigen Faustschlag gegen den Kopf, durch den sie Schmerzen erlitt; er öffnete seine Hose, entblößte seinen erigierten Penis und forderte die Nebenklägerin durch eine Geste auf, den Oral-verkehr
an ihm zu vollziehen. Die
sich zur Wehr setzende Nebenklägerin kniff den Angeklagten in die [X.]. Daraufhin schob der Angeklagte Hose und Un-terhose
der Nebenklägerin
gegen ihren Widerstand nach unten, stieß seine [X.] mit massiver Wucht

in die [X.] der Nebenklägerin und bewegte sie mehrere Male heftig hin und her. Dabei fügte er ihr, wie er erkannte und billigte, schwere, den Bauchraum und den Darm eröffnende
lebensgefährli-che Pfählungsverletzungen zu. Die Nebenklägerin schrie vor Schmerzen laut auf, rief anhaltend um Hilfe und kotete sich ein. Schließlich ließ der Angeklagte von der schwer verletzten
Frau ab und entfernte sich.
Die Nebenklägerin wurde von Polizeikräften in ein Krankenhaus trans-portiert
und ihr Leben durch eine sofortige Notoperation gerettet. Die erlittenen ausgeprägten Pfählungsverletzungen erforderten eine Rekonstruktion von [X.] und [X.] der Nebenklägerin; sie befand sich bis zum 27.
Oktober 2014 in stationärer Behandlung und litt noch zum Zeitpunkt der Hauptverhandlung unter den Folgen des Tatgeschehens.
5
6
-
6
-

Sachverständig beraten ist das [X.], das aufgrund der vagen
Trinkmengenangaben des Angeklagten sowie einer sehr langen Trinkzeit [X.] 12.00 Uhr am Vortag und 3.30 Uhr am Tattag eine maximale [X.] nicht zu berechnen vermochte, von einer möglichen [X.] von 4,34 Promille ausgegangen, es hat angenommen, dass die Schuldfähigkeit des
trinkgewohnten Angeklagten
infolge des zuvor genos-senen Alkohols nicht ausschließbar erheblich vermindert (§
21 StGB) gewesen ist.

II.
Die Revision des Angeklagten:
1.
Die Feststellungen, die auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung beruhen, tragen den Schuldspruch wegen besonders schwerer Vergewaltigung im Fall II.
2 der Urteilsgründe, nicht jedoch den Schuldspruch wegen tateinheit-lich hierzu verwirklichter vorsätzlicher Körperverletzung.
a) Entgegen der Auffassung der Revision bestehen keine Zweifel daran, dass der Angeklagte den Straftatbestand des §
177 Abs.
4 Nr.
2
Buchstabe a)
und b)
StGB verwirklicht hat. Die Handlungen des Angeklagten sind

entgegen der Auffassung der Revision

ungeachtet der Frage, ob die Tat eher -
und g, als sexuelle Handlungen im Sinne des § 184g Nr. 1 StGB aF (nunmehr: § 184h Nr. 1 StGB)
anzusehen.
Bei objektiv, also allein gemessen an ihrem äußeren Erscheinungsbild eindeutig sexualbezogenen Handlungen kommt es auf die Motivation des [X.] nicht an (vgl.
etwa [X.], Urteile vom 24. September 1980

3 [X.], 7
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11
-
7
-
[X.]St 29, 336,
338; vom 10. März 2016

3 [X.], NJW 2016, 2049). Gleichgültig ist deshalb, ob er die sexuelle Handlung aus Wut, als Akt der Be-strafung, aus Sadismus oder aus anderen Gründen vornimmt
(vgl. Senat, Urteil vom 14. März 2012

2 StR 561/11,
[X.]R StGB § 178 Abs. 1 Sexuelle Hand-lung 9,
NStZ-RR 2013, 10, 12). Der ausdrücklichen Feststellung einer sexuellen
Absicht des [X.] bedarf es bei objektiv sexualbezogenen Handlungen, anders als bei äußerlich ambivalenten Handlungen, nicht. Insoweit genügt es, wenn sich der Täter der Sexualbezogenheit seines Handelns bewusst ist ([X.], Urteil vom 20. Dezember 2007

4 StR 459/07,
[X.]R StGB § 184g Sexuelle
Hand-lung 2, [X.], 339, 340). Hieran bestehen ausweislich der tatrichterli-chen Feststellungen
keine Zweifel.
b) Jedoch hält die Annahme, der Angeklagte habe tateinheitlich hierzu den Tatbestand der vorsätzlichen
Körperverletzung (§
223 Abs.
1 StGB) ver-wirklicht, indem er der Nebenklägerin einen Faustschlag versetzte, rechtlicher Überprüfung nicht stand.
Nach dem Gesamtzusammenhang der Urteilsgründe diente der [X.] bereits der Umsetzung des Tatentschlusses des Angeklagten, die [X.] zur Vornahme einer sexuellen Handlung
-
der Ausführung des [X.] an sich -
zu nötigen. Er war damit Teil der gezielt zum Zwecke der sexuellen Nötigung seines Opfers eingesetzten Gewalt
des Angeklagten, die mit der in unmittelbarem [X.] verwirklichten besonders schweren Verge-waltigung eine Tat im Rechtssinne bildete. Bei dieser Sachlage wird

worauf der [X.] zutreffend hingewiesen hat -
der Tatbestand des §
223 Abs.
1 StGB von §
177 Abs.
4 Nr.
2
Buchstabe a)
StGB verdrängt ([X.], 63.
Aufl., §
177 Rn.
105a).

12
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-
8
-

Die Korrektur des Schuldspruchs lässt den Strafausspruch unberührt. Die [X.] hat die tateinheitliche Verwirklichung dieses Delikts ausdrück-lich nicht strafschärfend berücksichtigt
(UA
S.
53). Vor diesem Hintergrund schließt der Senat aus, dass der Tatrichter eine mildere Strafe verhängt hätte, wenn er
die Konkurrenzverhältnisse, die den Schuldgehalt der Tat im Übrigen unberührt lassen,
rechtsfehlerfrei beurteilt hätte.
3. Der Strafausspruch weist keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Ange-klagten auf.
a)
Die strafschärfende Erwägung, der Angeklagt

begangen,
begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
aa) Allerdings wäre es rechtlich bedenklich, wenn der Tatrichter dem [X.] mit der genannten Erwägung das Fehlen verständlicher Motive für seine Tat strafschärfend zur Last gelegt hätte. Nachvollziehbare, verständliche Motive für eine Tatbegehung sind strafmildernd, das bloße Fehlen verständli-cher Motive jedoch nicht strafschärfend zu berücksichtigen
(Senat, Beschluss vom 23.
März 2011

2
StR 35/11; Beschluss vom 17.
April 2012

2
StR 73/12, [X.]R StGB §
46 Abs.
2 [X.] 37; Beschluss vom 15.
September 2015

2
StR 21/15, [X.], 40; [X.], StGB, 63.
Aufl., §
46 Rn.
73; 76b a.E.;
vgl. aber auch [X.], Urteil vom 9.
Januar 2013

5
StR 395/12, [X.]R StGB §
224 Strafzumessung 1). Es wäre rechtsfehlerhaft, dem Fehlen eines Strafmilderungsgrunds strafschärfende Bedeutung beizumessen ([X.], GA
2012,
337
ff.).
14
15
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17
-
9
-

bb) Die revisionsgerichtliche Überprüfung der Strafzumessung hat sich jedoch am sachlichen Gehalt der tatrichterlichen Ausführungen und nicht an ihren

möglicherweise missverständlichen oder sonst unzulänglichen

Formu-lierungen zu orientieren ([X.], Beschluss vom 10.
April 1987

[X.], [X.]St 34, 345, 349 f.; Senat, Urteil vom 9.
Oktober 2013

2
StR 119/13, [X.], 478, 479). Die vom Tatrichter gebrauchte Formulierung, der Angeklagte habe
angegriffen, stellte ersichtlich auf das Tatmotiv ab; nach den Feststellungen entschloss sich der Angeklagte zu dem körperlichen Angriff auf die Nebenklägerin, weil er sich durch die [X.] Zurückweisung seines Angebots, ihr zu helfen,
fühlte. Die Kammer hat durch die genannte Strafzumessungserwägung ersicht-lich nicht einen fehlenden Strafmilderungsgrund strafschärfend berücksichtigt, sondern

rechtlich unbedenklich

auf ein auffälliges
Missverhältnis zwischen Anlass und Tat abgestellt. Der Tatrichter hat damit die
Tätermotivation und da-

46 Abs. 2 StGB als besonders
verwerflich charakterisiert
und strafschärfend
berücksich-tigt. Dies ist

wie beispielsweise das Mordmerkmal des niedrigen Beweggrun-des zeigt, der die Tat bei einem

tanten
Missverhältnis zwischen Anlass und als Mord qualifiziert und mit lebenslanger Freiheitsstrafe bedroht
(vgl. [X.], 63. Aufl.,
§
211 Rn. 18)

von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
b)
Zu einer Erörterung des vertypten Strafmilderungsgrunds
des Täter-Opfer-Ausgleichs (§
46a StGB) bestand vorliegend kein Anlass. Zwar hat der Angeklagte an die Nebenklägerin ein Schmerzensgeld gezahlt und sich zur Zahlung eines weiteren Schmerzensgeldbetrags verpflichtet. Es fehlt jedoch

wie die tatrichterliche Feststellung, die Nebenklägerin habe diese Entschuldi-

17)
belegt

18
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-
10
-
erkennbar an dem von §
46a Nr.
1 StGB vorausgesetzten kommunikativen, auf einen umfassenden friedensstiftenden Ausgleich der [X.] angelegten [X.] zwischen Täter und Opfer
([X.], Urteil vom 3.
November 2011

3
StR 267/11, [X.], 43; Senat, Urteil vom 11.
September 2013

2
StR 131/13,
[X.]R StGB § 46a Anwendungsbereich 4,
NStZ-RR 2013, 372).
c)
Auch die Bemessung der Gesamtstrafe begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Zwar hat die [X.] insoweit zunächst pauschal auf die für die Bemessung der [X.]n maßgeblichen, für und gegen den Angeklagten sprechenden Umstände verwiesen (vgl. UA S.
54). Anschließend hat sie jedoch auf den strafmildernden Umstand des
engen zeitlichen, örtlichen und
situativen Zusammenhangs
beider Taten abgestellt und den gemäß §
54 Abs.
1 Satz
3 StGB erforderlichen eigenständigen Strafzumessungsakt damit

wie geboten

an (Senat, Beschluss vom 5.
August 2010

2
StR 340/10; vgl. [X.], Beschluss vom 31.
Juli 2013

4
StR 217/13, [X.], 477; [X.], StGB, 63.
Aufl., §
54 Rn.
6 mwN)
orientiert. Ausgehend hiervon hat sie die im Fall II.
2 der Urteilsgründe verhängte [X.] von sieben Jahren und sechs Monaten als Einsatzstrafe maßvoll auf acht Jahre und sechs Monate erhöht. Dies ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.

III.
Die Revision der Staatsanwaltschaft:
Die ungeachtet der Schuldspruchkorrektur im Fall II.
2 der Urteilsgründe wirksam auf den Strafausspruch beschränkte Revision der Staatsanwaltschaft (vgl. [X.], Urteil vom 14.
Mai 1996

1
StR 149/96, [X.], 267) hat Erfolg. Die Staatsanwaltschaft beanstandet zu Recht die zugunsten des Ange-20
21
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-
11
-
klagten vorgenommene Strafrahmenverschiebung gemäß §§
21, 49
Abs.
1 StGB. Auch die Strafzumessung im engeren Sinne hält rechtlicher Überprüfung nicht stand.
1.
Über die fakultative Strafrahmenverschiebung nach §§
21, 49
Abs. 1 StGB entscheidet der Tatrichter nach seinem pflichtgemäßen Ermessen auf-grund einer Gesamtabwägung aller schuldrelevanten Umstände. Einer [X.] Überprüfung ist die Entscheidung über die fakultative Strafrah-menverschiebung nur eingeschränkt zugänglich; insoweit steht dem Tatrichter ein weiter Ermessensspielraum zu ([X.],
Urteil vom 19. Oktober 2004

1
[X.], [X.]R
StGB §
21
Strafrahmenverschiebung
37).
Es ist Aufgabe des Tatrichters, auf der Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des [X.] gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen (vgl. [X.], Beschluss vom 28. April 2016

4 ARs 16/15). Welchen Umständen er bestimmendes Gewicht beimisst, ist im Wesentlichen seiner Beurteilung überlassen ([X.], Urteil vom 2.
August
2012

3
StR
132/12, NStZ-RR
2012, 336 f.; [X.], StGB, 63. Aufl., §
46 Rn.
146 mwN).
Im Rahmen der Ermessensentscheidung ist zu berücksichtigen, dass der Schuldgehalt der Tat bei einer erheblichen Verminderung der Schuldfähigkeit in aller Regel vermindert ist (Senat, Beschluss vom 7. September 2015

2 [X.], [X.], 74; [X.], Urteil vom 10. November 1954

5 StR 476/54, [X.]St 7, 28, 30). Beruht die erhebliche Verminderung der [X.] jedoch auf zu verantwortender Trunkenheit, so spricht dies in der Regel gegen eine Strafrahmenverschiebung, wenn sich aufgrund der persönlichen oder situativen Verhältnisse des Einzelfalls das Risiko der Begehung von [X.] infolge der Alkoholisierung vorhersehbar signifikant erhöht hat (vgl. [X.], 23
24
-
12
-
Urteil vom 17.
August 2004

5
StR 93/04, [X.]St 49, 239; [X.], Beschluss vom 10.
Mai 2016

1
ARs 21/15; Beschluss vom
1.
März 2016

5
ARs 50/15; weitergehend aber [X.], Beschluss vom 15.
Oktober 2015

3
StR 63/15, [X.], 203; Urteil vom 27.
März 2003

3
StR 435/02, NJW 2003, 2394; [X.] vom 28. April 2016

4 ARs 16/15). Dabei ist als allgemeinkundig vo-rauszusetzen, dass eine alkoholische [X.] generell die Hemmschwelle gegenüber sozial auffälligem und aggressivem Verhalten zu senken pflegt (vgl. Senat, Urteil vom 15.
Februar 2006

2
StR 419/05, [X.]R StGB §
21 Straf-rahmenverschiebung 40). Weiß der Täter oder muss er damit rechnen, dass er unter Alkoholeinfluss zu strafbaren Verhaltensweisen neigt
und trinkt er trotz-dem Alkohol, so spricht dies in der Regel gegen die Annahme einer Strafrah-menverschiebung
(vgl. [X.], Beschlüsse vom 25. März 2014

1 StR 65/14, [X.], 238, und vom 10. Mai 2016

1 ARs 21/15). Einschlägiger [X.] bedarf es insoweit nicht ([X.], Urteil vom 19. Oktober 2004

1 [X.], [X.]R StGB § 21 Strafrahmenverschiebung 37). Die genann-ten Umstände
erhöhen die Schuld und können zur Versagung einer Strafrah-menverschiebung nach §§
21, 49 Abs.
1 StGB führen, wenn sie die infolge der Herabsetzung der Schuldfähigkeit verminderte [X.] aufwiegen.
2. Gemessen hieran hält die tatrichterliche Ermessensentscheidung im Fall II.
1 und im Fall II.
2 auch unter Berücksichtigung des eingeschränkten re-visionsgerichtlichen [X.] rechtlicher
Überprüfung nicht stand.
Die vom [X.] angestellten Erwägungen lassen besorgen, dass es von einem unzutreffenden rechtlichen Maßstab ausgegangen ist.
Das [X.] ist von einer verschuldeten Trunkenheit ausgegangen. Es hat im Rahmen seiner Entscheidung berücksichtigt, dass der Angeklagte nur fünf Monate vor der verfahrensgegenständlichen Tat wegen einer unter dem 25
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-
Einfluss von Alkohol begangenen gefährlichen Körperverletzung zu einer Frei-heitsstrafe von zwei Jahren mit Bewährung verurteilt und ihm mit Bewährungs-beschluss vom 20.
Mai 2014 aufgegeben worden ist, mit seinem Bewährungs-Therapiemaßnahmen zu den Problem-Ungeachtet dieser Vorverurtei-lung hat es dem Angeklagten eine Strafmilderung infolge verschuldeter Trun-kenheit nicht versagt, weil es

nge-klagte selbst davon ausging, dass er erneut eine anlasslose Gewalttat bzw. ei-
getrunkene Alkoholmenge überschätzt
n-gen lassen besorgen, dass das [X.] von einem unzutreffenden rechtli-chen Maßstab ausgegangen ist und nicht hinreichend bedacht hat, dass die Versagung einer Strafmilderung infolge verschuldeter Trunkenheit nicht voraus-setzt, dass der Täter Art und Schwere der unter Alkoholeinfluss begangenen konkreten Tat sicher voraussieht oder hätte vorhersehen können und müssen.
Es genügt insoweit,
dass er bei Anspannung der ihm möglichen Sorgfalt hätte erkennen können und müssen, dass er unter dem Einfluss von Alkohol zu [X.] neigt. Dies lag hier jedenfalls nahe. Die vom [X.] festgestellten und im Rahmen der zu treffenden Ermessenentscheidung nicht gänzlich [X.] gebliebenen Vorverurteilungen betrafen jeweils Gewaltdelikte und belegen, dass der Angeklagte zu aggressivem Verhalten neigt. Dass Alkohol generell geeignet ist, aggressive Verhaltensweisen zu verstärken, liegt auf der Hand. Bei dieser Sachlage erscheint nicht nachvollziehbar, inwiefern den
Ange-klagten unter [X.] entlasten sollte, dass er unter diesen be-sonderen Vorzeichen nicht bereit war, den von ihm und seinem Freundeskreis gepflegten Lebensstilo--
14
-
chenende gehörte,
zu verändern
und hinsichtlich der enthemmenden Wirkung von Alkohol eine gewisse

3. Auch die Strafzumessung im engeren Sinne weist Rechtsfehler zu-gunsten des Angeklagten auf.
a) Bei der Bemessung der [X.] im Fall II.
2 der Urteilsgründe hat der Tatrichter, worauf der [X.] zutreffend hingewiesen hat, nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte die Nebenklägerin sowohl kör-perlich schwer misshandelt (§
177 Abs.
4 Nr.
2
Buchstabe a)
StGB) als auch in die Gefahr des Todes gebracht

177 Abs.
4 Nr.
2
Buchstabe b)
StGB) und damit zwei Qualifikationstatbestände mit jeweils fünfjähriger Mindeststrafandro-hung verwirklicht hat. Unberücksichtigt blieb außerdem,
dass der Angeklagte zunächst erfolglos versuchte, die Nebenklägerin zum Oralverkehr zu nötigen,
und nach dem [X.] dieses Versuchs eine sie besonders erniedrigende,
sadistisch anmutende
sexuelle Handlung an ihr vorgenommen hat.
b) Bedenken begegnet schließlich auch die strafmildernde Berücksichti-gung
der vollzogenen Untersuchungshaft
von sechs Monaten. [X.] ist, jedenfalls bei der Verhängung einer zu verbüßenden Freiheitsstrafe, kein Strafmilderungsgrund; sie wird gemäß §
51 Abs.
1 Satz
1 StGB grundsätz-lich auf die zu vollstreckende Strafe angerechnet. Anderes gilt nur in Fällen, in denen der Vollzug von Untersuchungshaft ausnahmsweise mit ungewöhnli-chen, über das übliche Maß deutlich hinausgehenden
Beschwernissen
verbun-den ist (Senat, Urteil vom 19.
Mai 2010

2
StR 102/10, [X.], 100; [X.], Urteil vom 19.
Dezember 2013

4
StR 303/13, [X.], 82, 83).
Will der Tatrichter wegen besonderer Nachteile für den Angeklagten den Vollzug der Untersuchungshaft bei der Strafzumessung strafmildernd berücksichtigen, 28
29
30
-
15
-
müssen diese Nachteile in den Urteilsgründen dargelegt werden (Senat, Urteil vom 14.
Juni 2006

2
StR 34/06, [X.], 2645). Daran fehlt es hier.
Diese
Mängel führen zur Aufhebung der [X.]n und zur Aufhe-bung des Ausspruchs über die Gesamtstrafe.
Einer Aufhebung von [X.] bedarf es nicht, da es sich um [X.] handelt. Ergänzende Fest-stellungen, die den bereits getroffenen Feststellungen nicht widersprechen, sind möglich.

IV.
Bei dieser Sachlage bedurfte es keiner
Entscheidung über die gegen die tatrichterliche Kostenentscheidung gerichtete
sofortige Beschwerde der [X.].

V.
Die Kostenentscheidung beruht auf §
473 Abs. 1 Satz 1 und 2 StPO.
31
32
33
-
16
-

Die der inzwischen verstorbenen Nebenklägerin im Revisionsverfahren entstandenen notwendigen Auslagen waren dem Angeklagten aufzuerlegen (vgl. [X.], Beschluss vom 30. September 1983

3 [X.], [X.] 1984, 250; [X.]/[X.] StPO, 59. Aufl.,
§
472 Rn. 1; a.[X.]/[X.], §
472 Rn. 2).
[X.]

[X.] Eschelbach

Rin[X.] Dr. [X.] ist aus

tatsächlichen Gründen an

der Unterschrift gehindert.

[X.]

Bartel
34

Meta

2 StR 504/15

24.08.2016

Bundesgerichtshof 2. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 24.08.2016, Az. 2 StR 504/15 (REWIS RS 2016, 6327)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 6327

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Referenzen
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Zitiert

2 StR 504/15

3 StR 437/15

2 StR 561/11

4 ARs 16/15

2 StR 350/15

1 StR 65/14

1 ARs 21/15

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