Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 AZR 75/18

6. Senat | REWIS RS 2019, 10568

ARBEITSRECHT BUNDESARBEITSGERICHT (BAG) VERBRAUCHERSCHUTZ VERTRAGSRECHT ARBEITSVERTRAG INDIVIDUAL-ARBEITSRECHT WIDERRUFSRECHT ANFECHTUNG AUFHEBUNGSVERTRAG HAUSTÜRGESCHÄFTE

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Gegenstand

Aufhebungsvertrag - Widerruf


Leitsatz

1. Die Einwilligung zum Abschluss eines arbeitsrechtlichen Aufhebungsvertrags kann nicht gemäß § 355 BGB widerrufen werden.

2. Ein Aufhebungsvertrag ist jedoch unwirksam, wenn er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist.

Tenor

1. Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des [X.] vom 7. November 2017 - 10 [X.] 1159/16 - aufgehoben.

2. Der Rechtsstreit wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung - auch über die Kosten der Revision - an das [X.] zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Die [X.]en streiten über den Bestand ihres Arbeitsverhältnisses.

2

Die Klägerin war seit dem 1. Juli 2014 bei der [X.] als Reinigungshilfe beschäftigt. Mit Schreiben vom 18. Mai 2015 kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 22. Juni 2015, hilfsweise zum nächstzulässigen Termin. In einem an die Klägerin gerichteten Schreiben vom 20. Juni 2015, dessen Zugang zwischen den [X.]en streitig ist, teilte sie mit, dass der Arbeitsvertrag bis zum 29. Februar 2016 „verlängert“ werde. Die Klägerin setzte ihre Arbeit über den 22. Juni 2015 hinaus fort.

3

Am 15. Februar 2016 suchte der Lebenspartner der [X.], welcher tatsächlich deren Geschäfte führt, die Klägerin gegen 17:00 Uhr in ihrer Wohnung auf und legte ihr einen Aufhebungsvertrag vor. Die Klägerin unterschrieb diesen [X.]. Danach wird das Arbeitsverhältnis einvernehmlich zum 15. Februar 2016 ohne Zahlung einer Abfindung beendet. Die Klägerin erhält ihre Arbeitspapiere und bis spätestens 15. März 2016 ein wohlwollendes qualifiziertes Zeugnis. Im Übrigen sollen mit Erfüllung dieses [X.]s keine Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis gegen die andere [X.] mehr bestehen. Davon unberührt bleiben „zu viel bezahlte Arbeitsstunden“.

4

Mit Schreiben vom 17. Februar 2016 erklärte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Anfechtung des Aufhebungsvertrags wegen Irrtums, arglistiger Täuschung und Drohung. Hilfsweise werde die Zustimmung zum [X.]sschluss widerrufen. Die Beklagte hält dennoch an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den Aufhebungsvertrag fest.

5

Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewendet. Das Arbeitsverhältnis sei weder durch den Aufhebungsvertrag noch durch eine Befristungsabrede beendet worden, sondern bestehe fort. Der Aufhebungsvertrag sei wirksam angefochten worden. Sie habe am 15. Februar 2016 erkrankt im Bett gelegen, als der Lebenspartner der [X.] geklingelt habe. Ihr [X.] habe ihn hereingelassen und sie geweckt. Der Lebenspartner der [X.] habe gesagt, dass er ihre Faulheit nicht unterstützen werde und ihr den [X.] hingehalten. Sie habe diesen dann unter dem Einfluss von Schmerzmitteln „im Tran“ unterschrieben und erst hinterher gemerkt, was sie da gemacht habe. Zudem habe sie die Annahme des angebotenen Aufhebungsvertrags fristgerecht gemäß § 355 Abs. 1 und Abs. 2 iVm. § 312 Abs. 1, § 312b Abs. 1 BGB widerrufen. Der Aufhebungsvertrag sei ein Verbrauchervertrag, der außerhalb der Geschäftsräume der [X.] geschlossen worden sei.

6

Soweit für das Revisionsverfahren von Interesse, hat die Klägerin vor dem [X.] zuletzt beantragt

        

1.    

festzustellen, dass ihr Arbeitsverhältnis durch den Aufhebungsvertrag vom 15. Februar 2016 nicht aufgelöst worden ist;

        

2.    

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der [X.]en auch durch Befristung auf den 29. Februar 2016 gemäß Schreiben der [X.] vom 20. Juni 2015 nicht aufgelöst worden ist.

7

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Der Aufhebungsvertrag habe das Arbeitsverhältnis zum 15. Februar 2016 beendet. Die Klägerin habe am Vormittag dieses Tages telefonisch um den Abschluss eines Aufhebungsvertrags gebeten. Dementsprechend sei ihr der [X.] am Nachmittag vorgelegt worden. Eine krankheits- oder medikamentenbedingte Beeinträchtigung der Klägerin sei bei [X.]sschluss nicht zu bemerken gewesen. Eine Äußerung bzgl. angeblicher Faulheit der Klägerin sei nicht gefallen. Ein Widerrufsrecht bestehe nicht. Jedenfalls habe das Arbeitsverhältnis aufgrund Befristung mit Ablauf des 29. Februar 2016 geendet.

8

Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Mit ihrer vom [X.] zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihre Klageziele weiter. In der Verhandlung vor dem Senat hat sie erklärt, der Antrag zu 2. werde als Hilfsantrag für den Fall des Obsiegens mit dem Antrag zu 1. gestellt.

Entscheidungsgründe

9

Die Revision ist begründet. Die Entscheidung des [X.] hält zwar einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand, soweit es eine Nichtigkeit oder [X.]nfechtbarkeit des [X.]ufhebungsvertrags verneint hat. Das [X.] hat auch zutreffend erkannt, dass die Klägerin ihre auf den [X.]bschluss des [X.]ufhebungsvertrags gerichtete Willenserklärung nicht widerrufen konnte. Es hat jedoch unberücksichtigt gelassen, dass ein [X.]ufhebungsvertrag unwirksam sein kann, falls er unter Missachtung des Gebots fairen Verhandelns zustande gekommen ist. Dies könnte hier insbesondere dann der Fall sein, wenn eine erkennbare krankheitsbedingte Schwäche der Klägerin ausgenutzt worden wäre. Mangels ausreichender Tatsachenfeststellungen kann der [X.] hierüber nicht selbst entscheiden. Dies führt zur [X.]ufhebung des Berufungsurteils und zur Zurückverweisung der Sache an das [X.] zur neuen Verhandlung und Entscheidung über den zu 1. gestellten Hauptantrag. Der Hilfsantrag fällt dem [X.] nicht zur Entscheidung an.

1. Der [X.]ufhebungsvertrag vom 15. Februar 2016 ist nicht deswegen unwirksam, weil die Klägerin die [X.]nnahme des entsprechenden Vertragsangebots in einem Zustand vorübergehender Störung ihrer Geistestätigkeit iSd. § 105 [X.]bs. 2 [X.]lt. 2 [X.] erklärt hat und ihre Willenserklärung deshalb nichtig ist. Das [X.] hat unter Berücksichtigung des ihm zustehenden [X.] (vgl. hierzu [X.] 21. September 2017 - 2 [X.] - Rn. 38, [X.]E 160, 221) rechtsfehlerfrei angenommen, der Vortrag der Klägerin sei für eine solche [X.]nnahme nicht ausreichend. Die Revision greift dies nicht an.

2. Gleiches gilt für die [X.]nsicht des [X.], es bestehe kein [X.]nfechtungsgrund iSd. §§ 119 ff. [X.]. Das [X.] hat ohne revisiblen Rechtsfehler die Schilderung des [X.] am 15. Februar 2016 durch die Klägerin in der mündlichen Verhandlung gewürdigt. Die Revision erhebt diesbezüglich auch keine Rügen.

3. Die hier streitbefangene Beendigungsvereinbarung ist nicht gemäß § 307 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] wegen unangemessener Benachteiligung der Klägerin unwirksam. Formularmäßige [X.]breden, die [X.]rt und Umfang der vertraglichen Hauptleistung und der hierfür zu zahlenden Vergütung unmittelbar bestimmen, sind aus Gründen der Vertragsfreiheit gemäß § 307 [X.]bs. 3 Satz 1 [X.] regelmäßig von der gesetzlichen Inhaltskontrolle nach § 307 [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] ausgenommen. Darum unterliegt in einem [X.]ufhebungsvertrag die Beendigungsvereinbarung als solche ebenso wenig einer [X.]ngemessenheitskontrolle ([X.] 8. Mai 2008 - 6 [X.] - Rn. 22) wie eine als Gegenleistung für die Zustimmung des [X.]rbeitnehmers zur [X.]uflösung des [X.]rbeitsverhältnisses etwaig gezahlte [X.]bfindung ([X.] 12. März 2015 - 6 [X.] - Rn. 23 mwN, [X.]E 151, 108).

4. Der Klägerin steht kein Widerrufsrecht gemäß § 355 iVm. § 312g [X.]bs. 1, § 312b [X.] zu. Der [X.]nwendungsbereich für diese Vorschriften ist gemäß § 312 [X.]bs. 1 [X.] nicht eröffnet. Ein [X.]ufhebungsvertrag kann darum vom [X.]rbeitnehmer auch dann nicht widerrufen werden, wenn er, wie vorliegend, in der Wohnung des [X.]rbeitnehmers geschlossen worden ist.

a) Mit § 312 beginnt Kapitel 1 des Untertitels 2 im 2. Buch [X.]bschnitt 3 Titel 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs. In [X.]bschnitt 3 werden Schuldverhältnisse aus Verträgen geregelt. Sein Untertitel 2 trägt die Überschrift „Grundsätze bei [X.]n und besondere Vertriebsformen“. Das erste Kapitel ist mit „[X.]nwendungsbereich und Grundsätze bei [X.]n“ überschrieben. Nach § 312 [X.]bs. 1 [X.] in der ab dem 13. Juni 2014 geltenden Fassung sind die Vorschriften der Kapitel 1 und 2 des Untertitels 2 nur auf [X.] iSd. § 310 [X.]bs. 3 [X.] anzuwenden, die eine entgeltliche Leistung des Unternehmers zum Gegenstand haben. Kapitel 2 beinhaltet Regelungen für „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge und Fernabsatzverträge“. Nach § 312b [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 1 [X.] sind außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge solche Verträge, die bei gleichzeitiger körperlicher [X.]nwesenheit des Verbrauchers und des Unternehmers an einem Ort geschlossen werden, der kein Geschäftsraum des Unternehmers iSd. § 312b [X.]bs. 2 [X.] ist. Dem Unternehmer stehen Personen gleich, die in seinem Namen oder [X.]uftrag handeln (§ 312b [X.]bs. 1 Satz 2 [X.]). Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen und bei Fernabsatzverträgen steht dem Verbraucher gemäß § 312g [X.]bs. 1 [X.] ein Widerrufsrecht gemäß § 355 [X.] zu.

b) Für die [X.]nnahme eines Widerrufsrechts des [X.]rbeitnehmers bei [X.]bschluss eines arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsvertrags in seiner Wohnung spricht zwar, dass es sich bei einem arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsvertrag um einen Verbrauchervertrag iSd. § 310 [X.]bs. 3 [X.] handelt ([X.] 24. Februar 2016 - 5 [X.] - Rn. 22 mwN, [X.]E 154, 178) und der [X.] der Geschäftsräume des Unternehmers, dh. des [X.]rbeitgebers, geschlossen wurde. Die [X.]uslegung des § 312 [X.]bs. 1 [X.] unter Berücksichtigung seines systematischen Zusammenhangs und des gesetzgeberischen Willens ergibt jedoch, dass die Norm den [X.]nwendungsbereich des zweiten Kapitels und damit der §§ 312b, 312g [X.] nicht eröffnet. Folglich kann ein [X.]rbeitnehmer sein Einverständnis mit einem nach dem 12. Juni 2014 geschlossenen [X.]ufhebungsvertrag unabhängig vom Ort des Vertragsschlusses nicht gemäß § 312 [X.]bs. 1, §§ 312b, 312g [X.]bs. 1, § 355 [X.] widerrufen (im Ergebnis ebenso: [X.]/Bengelsdorf 4. [X.]ufl. § 49 Rn. 397 ff.; [X.]/[X.] 2018 [X.]ufhebungsvertrag Rn. 18; [X.]/Fischermeier 12. [X.]ufl. § 626 [X.] Rn. 56; [X.] BB 2016, 3125, 3128; [X.]/[X.] 19. [X.]ufl. [X.] § 620 Rn. 14; [X.]/Preis 11. [X.]ufl. § 3 Rn. 35; [X.]/[X.] 8. [X.]ufl. § 620 [X.] Rn. 23; [X.] in [X.] [X.]rbeitsrecht 10. [X.]ufl. Teil 3 [X.] Rn. 52a; [X.]/Spilger 12. [X.]ufl. [X.] Rn. 30; [X.]PS/[X.] 5. [X.]ufl. [X.]. Rn. 85 ff.; [X.]/[X.]. § 135 Rn. 38; MüKo[X.]/[X.] 7. [X.]ufl. § 312 Rn. 16; a[X.]: [X.]/[X.] [X.] 78. [X.]ufl. § 312 Rn. 2; [X.]/[X.] 15. [X.]ufl. § 312 Rn. 22; [X.]/[X.] Stand 1. Dezember 2018 § 312 Rn. 20; Hk-[X.]/[X.]-Nölke 10. [X.]ufl. § 312 Rn. 3; [X.]/Kittel/[X.] 2017, 105, 106). Im Ergebnis besteht daher keine Veranlassung, die zu § 312 [X.]bs. 1 [X.] aF ergangene Rechtsprechung, welche arbeitsrechtliche Beendigungsvereinbarungen nicht als Haustürgeschäft ansah ([X.] 18. [X.]ugust 2005 - 8 [X.] - zu [X.] der Gründe, [X.]E 115, 340; 22. [X.]pril 2004 - 2 [X.] - zu [X.] 2 der Gründe; 27. November 2003 - 2 [X.]/03 - zu [X.]I 3 b der Gründe, [X.]E 109, 22), aufzugeben.

[X.]) Maßgebend für die Gesetzesauslegung ist der in der Norm zum [X.]usdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den die Regelung hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte. Unter diesen Methoden hat keine unbedingten Vorrang. Welche Regelungskonzeption der Gesetzgeber mit dem von ihm gefundenen Wortlaut tatsächlich verfolgt, ergibt sich uU erst aus den anderen [X.]uslegungsgesichtspunkten. Wird daraus der Wille des Gesetzgebers klar erkennbar, ist dieser zu achten (vgl. [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] - Rn. 74 f.; 19. März 2013 - 2 [X.], 2 [X.], 2 BvR 2155/11 - Rn. 66, [X.]E 133, 168; [X.] 25. Mai 2016 - 5 [X.]/16 - Rn. 28, [X.]E 155, 202).

bb) Der Wortlaut des § 312 [X.]bs. 1 [X.] lässt nicht zweifelsfrei erkennen, ob arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge nach dem Willen des Gesetzgebers zu den [X.]n zählen, die von dieser Vorschrift erfasst werden sollen. Dafür ist eine „Leistung“ des Unternehmers erforderlich, die zudem „entgeltlich“ sein muss. Ob das [X.]ngebot bzw. der [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags eine Leistung des [X.]rbeitgebers ist, bedarf dabei ebenso der [X.]uslegung wie die Frage seiner Entgeltlichkeit. Letzteres folgt schon daraus, dass arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge in der Praxis des [X.]rbeitslebens sowohl mit als auch ohne [X.]bfindungsvereinbarung geschlossen werden. Dabei wäre zu beachten, dass bei Einordnung einer [X.]bfindungszahlung als entgeltliche Leistung des [X.]rbeitgebers der Schutz der §§ 312 ff. [X.] auf arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge mit [X.]bfindungsanspruch zur [X.]nwendung käme. Dagegen könnte eine [X.]ufhebungsvereinbarung, die keine Zahlung einer [X.]bfindung vorsieht, nicht widerrufen werden, wenn sie als kompensationslos anzusehen wäre. Der sich aufdrängende Wertungswiderspruch zwänge zu einer weiten, dem Gleichheitssatz des [X.]rt. 3 [X.]bs. 1 GG Rechnung tragenden [X.]uslegung der „Entgeltlichkeit“ der Leistung, die den [X.]ufhebungsvertrag als Leistung des [X.]rbeitgebers versteht, die durch den Verzicht des [X.]rbeitnehmers auf zukünftige Verdienstmöglichkeiten „entgolten“ wird (vgl. Bauer/[X.]/[X.] 2016, 449, 451; [X.]/Kittel/[X.] 2017, 105, 106; [X.] NZ[X.] 2016, 919, 920; zur Frage der Vereinbarkeit des Entgeltlichkeitskriteriums mit der Richtlinie 2011/83/[X.]: [X.] 2015, 271, 273 ff.; [X.] 2015, 1156, 1158 ff.; MüKo[X.]/[X.] 7. [X.]ufl. § 312 Rn. 19). Der Wortsinn des Begriffes der „entgeltlichen Leistung“ ist damit nicht eindeutig.

cc) Der systematische Zusammenhang des § 312 [X.]bs. 1 [X.] mit den übrigen Vorschriften der Kapitel 1 und 2 des Untertitels 2 spricht jedoch entscheidend dafür, dass arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge nicht dem [X.]nwendungsbereich dieser Regelungen unterfallen sollen.

(1) In der Literatur wird zwar zutreffend darauf hingewiesen, dass die zum 13. Juni 2014 neu gefasste Überschrift des Untertitels 2 sich [X.] auf [X.] bezieht und nicht nur auf besondere Vertriebsformen (vgl. [X.]/[X.] NZ[X.] 2016, 193, 195; [X.] NZ[X.] 2016, 919, 920; [X.]/Kittel/[X.] 2017, 105, 106).

(2) Die Regelungen in Kapitel 2, deren [X.]nwendbarkeit § 312 [X.]bs. 1 [X.] ebenfalls bestimmt, enthalten aber weit überwiegend Vorgaben, die keinen inhaltlichen Bezug zu arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsverträgen aufweisen.

(a) § 312c [X.] betrifft nur Fernabsatzverträge.

(b) Die in § 312d [X.]bs. 1 Satz 1 [X.] iVm. [X.]rt. 246a EG[X.] vorgesehenen Informationspflichten beziehen sich ihrem Inhalt nach ausschließlich auf Verträge, welche den Kauf von Waren und die Erbringung von Dienstleistungen zum Gegenstand haben und sind auf arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge mehrheitlich praktisch nicht sinnvoll anwendbar (vgl. Bauer/[X.]/[X.] 2016, 449, 451; Glahe Die Rückabwicklung arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 134; [X.]/[X.] 2018, 965; [X.] BB 2016, 3125, 3127). Dies gilt insbesondere für die nach [X.]rt. 246a § 1 [X.]bs. 1 Satz 1 EG[X.] bzgl. der wesentlichen Eigenschaften der Ware oder der Dienstleistung, des Gesamtpreises, der Zahlungs- und Lieferbedingungen, des [X.] oder der Funktionsweise zwingend zur Verfügung zu stellenden Informationen. Die Kenntnis von Namen und [X.]nschrift des [X.]rbeitgebers (vgl. [X.]rt. 246a § 1 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 2, 3 EG[X.]) folgt bereits aus der gemäß § 2 [X.]bs. 1 Satz 2 Nr. 1 [X.] bestehenden Verpflichtung des [X.]rbeitgebers, dem [X.]rbeitnehmer diese [X.]ngaben spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des [X.]rbeitsverhältnisses schriftlich mitzuteilen. [X.]uch wenn es sich bei den Informationspflichten lediglich um die Rechtsfolge der [X.]nwendbarkeit des § 312d [X.] handelt, kann aus ihrer [X.]usgestaltung darauf geschlossen werden, dass dieser [X.] nach dem Willen des Gesetzgebers mangels Sinnhaftigkeit nicht auf arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge [X.]nwendung finden soll (a[X.] [X.]/[X.] NZ[X.] 2016, 193, 195).

(c) Gleiches gilt für die Rechtsfolgen des Widerrufs gemäß § 312b iVm. §§ 312g, 355, 357 [X.]. § 357 [X.] bezieht sich nur auf die Rückabwicklung von Verbrauchsgüterkaufverträgen und Verträgen bzgl. Dienstleistungen oder der Lieferung von Wasser, Gas, Strom, Fernwärme oder digitalen Inhalten. [X.]uf arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge ist die gesetzliche Regelung ersichtlich nicht zugeschnitten.

(d) § 312e [X.] bezieht sich auf Informationspflichten aus § 312d [X.]bs. 1 iVm. [X.]rt. 246a § 1 [X.]bs. 1 Satz 1 Nr. 4 EG[X.] und regelt [X.] für Fracht-, Liefer- oder Versandkosten.

(e) § 312h [X.] geht von der Begründung eines Dauerschuldverhältnisses in Ersetzung eines Dauerschuldverhältnisses mit einem anderen Vertragspartner im Sinne eines [X.]nbieterwechsels aus. Die Norm betrifft damit nicht die Situation der ersatzlosen Beendigung eines [X.]rbeitsverhältnisses.

dd) Daraus, dass der Gesetzgeber in § 312 [X.]bs. 2 bis [X.]bs. 6 [X.] oder in § 312g [X.]bs. 2 [X.] keine [X.]usnahme für das [X.]rbeitsrecht vorgesehen hat, folgt nicht, dass er arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge in den von § 312 [X.]bs. 1 [X.] eröffneten [X.]nwendungsbereich fallen lassen wollte (a[X.]: [X.]/Kittel/[X.] 2017, 105, 107; [X.]/[X.] NZ[X.] 2016, 193, 195). Vielmehr zeigen die Gesetzesmaterialien unmissverständlich, dass der Gesetzgeber diese Verträge nicht erfassen wollte. Nach seiner Konzeption bedurfte es darum insoweit keiner gesonderten [X.]usnahmeregelung.

(1) Die §§ 312 ff. [X.] wurden mit Wirkung zum 13. Juni 2014 durch das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des [X.] vom 20. September 2013 ([X.]l. I S. 3642) geändert. Bei der Verbraucherrechterichtlinie handelt es sich um die Richtlinie 2011/83/[X.] des [X.] und des Rates vom 25. Oktober 2011 über die Rechte der Verbraucher, zur [X.]bänderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates und der Richtlinie 1999/44/EG des [X.] und des Rates sowie zur [X.]ufhebung der Richtlinie 85/577/EWG des Rates und der Richtlinie 97/7/EG des [X.] und des Rates ([X.]bl. [X.] L 304 vom 22. November 2011 S. 64). Sie soll entsprechend [X.]rt. 26 [X.]bs. 2 [X.][X.]V einen echten Binnenmarkt fördern, in dem ein möglichst ausgewogenes Verhältnis zwischen einem hohen Verbraucherschutzniveau und der Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen bei gleichzeitiger Wahrung des Subsidiaritätsprinzips gewährleistet ist (vgl. Erwägungsgrund Nr. 4 der Verbraucherrechterichtlinie). Nach dem Erwägungsgrund Nr. 8 der Verbraucherrechterichtlinie sollten die zu harmonisierenden [X.]spekte der Regelungen nur Verträge zwischen Unternehmern und Verbrauchern betreffen und die Richtlinie die innerst[X.]tlichen Rechtsvorschriften ua. über [X.]rbeitsverträge unberührt lassen.

(2) Der Gesetzgeber ging ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 312 [X.]bs. 1 [X.] entsprechend der Schutzrichtung der umzusetzenden Verbraucherrechterichtlinie davon aus, ein Verbrauchervertrag liege nur vor, wenn sich ein Unternehmer zur Lieferung einer Ware oder Erbringung einer Dienstleistung und der Verbraucher zur Zahlung eines Entgelts verpflichtet. Dies ergebe sich bereits aus den Definitionen in [X.]rt. 2 Nr. 5 und Nr. 6 der Richtlinie ([X.]. 17/12637 S. 45; vgl. auch [X.]. 17/13951 S. 72). Die genannten Nummern des [X.]rt. 2 der Verbraucherrechterichtlinie definieren den Kaufvertrag und den Dienstleistungsvertrag. Damit macht die Gesetzesbegründung klar, dass arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge trotz ihrer möglichen Subsumtion unter § 310 [X.]bs. 3 [X.] nicht in den [X.]nwendungsbereich nach § 312 [X.]bs. 1 [X.] fallen sollen (vgl. Glahe Die Rückabwicklung arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 133; [X.]/[X.] Stand 1. Dezember 2018 [X.] § 620 Rn. 82; [X.] [X.]rbR-HdB/[X.] 17. [X.]ufl. § 122 Rn. 7). Der [X.] Gesetzgeber hat insoweit bewusst keinen Gebrauch von seiner Befugnis gemacht, die Richtlinie auf Bereiche anwenden, die nicht in deren [X.]nwendungsbereich fallen (vgl. Erwägungsgrund Nr. 13 der Verbraucherrechterichtlinie). Dies deckt sich mit der dargestellten [X.]usgestaltung der §§ 312 ff. [X.], denen kein Bezug zu arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsverträgen zu entnehmen ist. Im Gegensatz zu Mietern von Wohnräumen hat der Gesetzgeber im Rahmen der [X.] [X.]rbeitnehmern auch keinen besonderen Schutz zugebilligt (vgl. zu [X.] § 312 [X.]bs. 4 [X.] [X.]. 17/12637 S. 48; generell kritisch bzgl. unterschiedlicher Schutzniveaus [X.]/Zwanziger/[X.]/[X.]/[X.] 9. [X.]ufl. § 86 Rn. 97).

ee) Mangels [X.]nwendbarkeit der §§ 312b, 312g [X.] kommt es daher nicht darauf an, dass ein [X.]rbeitnehmer außerhalb der Geschäftsräume des [X.]rbeitgebers, insbesondere in seiner Wohnung, grundsätzlich nicht damit rechnen muss, plötzlich mit der [X.]ufforderung zur Unterzeichnung eines [X.]ufhebungsvertrags konfrontiert zu werden und damit die Gefahr der Überraschung und einer psychischen Drucksituation besteht (vgl. hierzu [X.]/[X.] NZ[X.] 2016, 193, 194; [X.] Der Schutz des [X.]rbeitnehmers bei [X.]bschluss arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 175).

5. Das [X.] hat jedoch nicht geprüft, ob der streitgegenständliche [X.]ufhebungsvertrag unter Verstoß gegen das sog. Gebot fairen Verhandelns zustande gekommen und deshalb unwirksam ist. Hierfür sind [X.]nhaltspunkte im festgestellten Sachverhalt erkennbar. Die Feststellungen reichen jedoch nicht aus, um eine Entscheidung durch den [X.] selbst zu ermöglichen. Dies führt zur [X.]ufhebung des Berufungsurteils und Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] (§ 562 [X.]bs. 1, § 563 [X.]bs. 1 Satz 1 ZPO).

a) Nach der Rechtsprechung des [X.] kann der Gefahr einer möglichen Überrumpelung des [X.]rbeitnehmers bei Vertragsverhandlungen, zB weil diese zu ungewöhnlichen Zeiten oder an ungewöhnlichen Orten stattfinden, mit dem Gebot fairen Verhandelns begegnet werden ([X.] 15. März 2005 - 9 [X.] - zu II 3 c der Gründe, [X.]E 114, 97; 3. Juni 2004 - 2 [X.] - zu [X.]I 3 b cc (5) der Gründe; 22. [X.]pril 2004 - 2 [X.] - zu [X.] 2 b [X.] (5) der Gründe; 27. November 2003 - 2 [X.]/03 - zu [X.]I 3 b cc (5) der Gründe, [X.]E 109, 22; vgl. bereits [X.] NZ[X.] 2001, 1329, 1334; Henssler Rd[X.] 2002, 129, 135). Bei dem Gebot fairen Verhandelns handelt es sich im Zusammenhang mit der Verhandlung eines arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsvertrags um eine durch die [X.]ufnahme von Vertragsverhandlungen begründete Nebenpflicht iSd. § 311 [X.]bs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 [X.]bs. 2 [X.], weil der [X.]ufhebungsvertrag ein eigenständiges Rechtsgeschäft ist (vgl. Bauer/Krieger/[X.] [X.]rbeitsrechtliche [X.]ufhebungsverträge 9. [X.]ufl. Teil [X.] Rn. 231 f.; Thüsing Rd[X.] 2005, 257, 269; zur culpa in contrahendo [X.] 1997, 277, 280 f.). Bei der Bestimmung der Pflichten nach § 241 [X.]bs. 2 [X.] ist jedoch zu berücksichtigen, dass sich die Parteien eines [X.]ufhebungsvertrags zum Zeitpunkt der Vertragsverhandlungen bereits in einem Schuldverhältnis, nämlich ihrem [X.]rbeitsverhältnis, befinden (vgl. [X.] und [X.]bschlusskontrolle arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 215). Die aus dem [X.]rbeitsverhältnis stammenden Verpflichtungen zur wechselseitigen Rücksichtnahme gemäß § 241 [X.]bs. 2 [X.] strahlen auf die Verhandlungen bzgl. der Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses aus (vgl. [X.]. Ez[X.] [X.] 2002 § 312 Nr. 1 zu II 4; vgl. zu einer [X.]nwendbarkeit von § 241 [X.]bs. 2 [X.] auch [X.] NJW 2004, 2941, 2944; [X.] Sonderbeilage zu NZ[X.] Heft 18/2004, 27, 37).

b) Das Gebot fairen Verhandelns schützt unterhalb der Schwelle der von §§ 105, 119 ff. [X.] erfassten Willensmängel die Entscheidungsfreiheit bei Vertragsverhandlungen.

[X.]) Nach § 241 [X.]bs. 2 [X.] kann das Schuldverhältnis nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Der Inhalt der Rücksichtnahmepflichten kann nicht in einem abschließenden Katalog benannt werden, sondern ist anhand der Umstände des Einzelfalls zu bestimmen (vgl. zB [X.] 24. Oktober 2018 - 10 [X.]ZR 69/18 - Rn. 24 ff.; 27. Juni 2017 - 9 [X.]ZR 576/15 - Rn. 16; [X.] 14. März 2013 - III ZR 296/11 - Rn. 25, [X.]Z 196, 340). Dies gilt auch bei Vertragsverhandlungen, bei denen die Parteien durchaus gegenläufige Interessen haben können. § 241 [X.]bs. 2 [X.] zwingt nicht zu einer Verleugnung der eigenen Interessen, sondern zu einer angemessenen Berücksichtigung der Interessen der Gegenseite. So obliegt dem [X.]rbeitgeber beispielsweise zwar keine allgemeine Pflicht, die Vermögensinteressen des [X.]rbeitnehmers wahrzunehmen. Nach § 241 [X.]bs. 2 [X.] kann der [X.]rbeitgeber aber verpflichtet sein, von sich aus geeignete Hinweise zu geben bzw. entsprechende [X.]ufklärung zu leisten ([X.] 21. Dezember 2017 - 8 [X.]ZR 853/16 - Rn. 32, [X.]E 161, 245). Erteilt er [X.]uskünfte, müssen diese richtig, eindeutig und vollständig sein (vgl. [X.] 15. Dezember 2016 - 6 [X.]ZR 578/15 - Rn. 20).

bb) Bei Verhandlungen über den [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags kann eine Seite gegen ihre Verpflichtungen aus § 241 [X.]bs. 2 [X.] verstoßen, wenn sie eine [X.] herbeiführt oder ausnutzt, die eine unfaire Behandlung des Vertragspartners darstellt (vgl. [X.] und [X.]bschlusskontrolle arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 229; [X.] [X.]iB 12/2018, 40, 41; [X.] Sonderbeilage zu NZ[X.] Heft 18/2004 S. 27, 37). § 241 [X.]bs. 2 [X.] schützt mit den „Interessen“ nach dem Willen des Gesetzgebers ausdrücklich auch die Entscheidungsfreiheit des anderen Vertragspartners ([X.]. 14/6040 S. 126; [X.] und [X.]bschlusskontrolle arbeitsrechtlicher [X.]ufhebungsverträge S. 214). Die Bestimmung trägt so dem Gebot Rechnung, unzulässiger Fremdbestimmung bei der Willensbildung in der vorkonsensualen Phase wirksam zu begegnen (vgl. [X.] 19. Oktober 1993 - 1 BvR 567/89, 1 BvR 1044/89 - Rn. 51 ff., [X.]E 89, 214; [X.] 1997, 277, 281). Das Gebot fairen Verhandelns wird missachtet, wenn die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners in zu missbilligender Weise beeinflusst wird (vgl. [X.] 1997, 277, 281 f. und Thüsing Rd[X.] 2005, 257, 268 f., welche an die Rechtsfigur der „undue influence“ des [X.] Rechts anknüpfen; [X.]. Ez[X.] [X.] 2002 § 312 Nr. 1 zu II 4). Es geht dabei nicht um ein Erfordernis der Schaffung einer für den Vertragspartner besonders angenehmen [X.], sondern um das Gebot eines Mindestmaßes an Fairness im Vorfeld des Vertragsschlusses (so [X.] FS [X.] 2011 S. 410). Eine rechtlich zu missbilligende Einschränkung der Entscheidungsfreiheit ist noch nicht gegeben, nur weil der eine [X.]uflösungsvereinbarung anstrebende [X.]rbeitgeber dem [X.]rbeitnehmer weder eine Bedenkzeit noch ein Rücktritts- oder Widerrufsrecht einräumt (vgl. [X.] 14. Februar 1996 - 2 [X.]ZR 234/95 - zu II 2 der Gründe). [X.]uch eine [X.]nkündigung des Unterbreitens einer [X.]ufhebungsvereinbarung ist nicht erforderlich (vgl. [X.] 30. September 1993 - 2 [X.]ZR 268/93 - zu II 8 der Gründe, [X.]E 74, 281). Eine [X.] ist vielmehr erst dann als unfair zu bewerten, wenn eine psychische Drucksituation geschaffen oder ausgenutzt wird, die eine freie und überlegte Entscheidung des Vertragspartners erheblich erschwert oder sogar unmöglich macht (vgl. [X.] Die unzulässige Einflussnahme des [X.]rbeitgebers auf die Entscheidungsfreiheit des [X.]rbeitnehmers am Beispiel des arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsvertrages S. 392 ff.; [X.] 1997, 277, 282). Dies kann durch die Schaffung besonders unangenehmer Rahmenbedingungen, die erheblich ablenken oder sogar den Fluchtinstinkt wecken, geschehen (vgl. die Konstellation bei Thüringer L[X.]G 10. September 1998 - 5 [X.]/97 -). Denkbar ist auch die [X.]usnutzung einer objektiv erkennbaren körperlichen oder psychischen Schwäche oder unzureichender Sprachkenntnisse. Die Nutzung eines Überraschungsmoments kann ebenfalls die Entscheidungsfreiheit des Vertragspartners beeinträchtigen (Überrumpelung). Letztlich ist die konkrete Situation im jeweiligen Einzelfall am Maßstab des § 241 [X.]bs. 2 [X.] zu bewerten und von einer bloßen Vertragsreue abzugrenzen.

c) Liegt ein schuldhafter Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns im Sinne einer [X.] gemäß § 241 [X.]bs. 2 [X.] vor, ist der [X.]ufhebungsvertrag im Regelfall unwirksam.

[X.]) Die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die nach § 311 [X.]bs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 [X.]bs. 2 [X.] geschuldeten Rücksichts- oder [X.]ufklärungspflichten ergeben sich aus § 280 [X.]bs. 1 iVm. §§ 249 bis 253 [X.]. Der [X.] geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Vertragspartner, der durch ein Verhandlungsverschulden geschädigt ist, regelmäßig den Ersatz des negativen Interesses verlangen kann. Er ist also so zu stellen, wie er ohne das Zustandekommen des Vertrags stünde, was grundsätzlich zu einem [X.]nspruch auf Befreiung von dem abgeschlossenen Vertrag und damit im Ergebnis dazu führt, dass der Vertrag gemäß § 249 [X.]bs. 1 [X.] rückgängig gemacht wird (vgl. [X.] 4. Dezember 2015 - V ZR 142/14 - Rn. 18; 11. Februar 1999 - [X.] - zu III der Gründe; 14. Januar 1993 - [X.]/91 - zu II 2 b [X.] der Gründe; zu Leistungsverweigerungsrechten vgl. [X.] 28. [X.]pril 2015 - [X.] - Rn. 48, [X.]Z 205, 117). Dies gilt wegen des Erfordernisses eines Vermögensschadens allerdings nur bei wirtschaftlich nachteiligen Verträgen (vgl. [X.] 28. Juni 2017 - IV ZR 440/14 - Rn. 37, [X.]Z 215, 126; zum Streitstand in der Literatur vgl.: MüKo[X.]/[X.] 8. [X.]ufl. § 249 Rn. 355; Hk-[X.]/[X.] 10. [X.]ufl. § 311 Rn. 26; [X.]/[X.] Stand 1. Oktober 2018 [X.] § 123 Rn. 108.1). Hierfür genügt jeder wirtschaftliche Nachteil, der für den Gläubiger mit dem aufgrund der Pflichtverletzung eingegangenen Vertrag verbunden ist ([X.] 13. Dezember 2017 - IV ZR 353/15 - Rn. 14).

bb) Hat der [X.]rbeitgeber bei den Verhandlungen über den [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags das Gebot fairen Verhandelns schuldhaft verletzt, bewirkt dies keinen [X.]nspruch des [X.]rbeitnehmers auf Neuabschluss des [X.]rbeitsvertrags zu den bisherigen Konditionen (a[X.]: [X.] Der arbeitsrechtliche [X.]ufhebungsvertrag S. 118; [X.] Der [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags S. 520). Vielmehr führt der Schadensersatzanspruch des [X.]rbeitnehmers wegen einer Missachtung des Gebots fairen Verhandelns unmittelbar zu einem Entfall der Rechtswirkungen des [X.]ufhebungsvertrags und damit zu einer Fortsetzung des ursprünglichen [X.]rbeitsverhältnisses zu unveränderten Bedingungen (vgl. [X.]/[X.]/[X.]/[X.] [X.]GB-Kontrolle im [X.]rbeitsrecht 4. [X.]ufl. Einleitung Rn. 155a).

(1) Der [X.]ufhebungsvertrag lässt den [X.]rbeitsplatz und die damit verbundenen Verdienstmöglichkeiten entfallen. Im Regelfall bewirkt ein unfair ausgehandelter [X.]ufhebungsvertrag für den [X.]rbeitnehmer einen wirtschaftlichen Schaden. Vergleichbar der Vermutung aufklärungsgemäßen Verhaltens bei Verletzung von Hinweis- und [X.]ufklärungspflichten (vgl. hierzu [X.] 21. Februar 2017 - 3 [X.]ZR 542/15 - Rn. 45; MüKo[X.]/[X.] 8. [X.]ufl. § 311 Rn. 207 ff.) kann bezogen auf die Kausalität zwischen Verhandlungsverschulden und Schaden davon ausgegangen werden, dass ein [X.]rbeitnehmer ohne die unfaire Behandlung seine Eigeninteressen in vernünftiger Weise gewahrt und den [X.]ufhebungsvertrag nicht abgeschlossen hätte (vgl. [X.] 17. Oktober 2000 - 3 [X.]ZR 605/99 - zu II 4 e der Gründe).

(2) Zur Beseitigung des [X.]ufhebungsvertrags im Wege des Schadensersatzes bedarf es keines Neuabschlusses des [X.]rbeitsvertrags (vgl. [X.] 18. Januar 2000 - 9 [X.]ZR 932/98 - zu I 4 b cc (1) der Gründe, [X.]E 93, 179). Damit wird dem Zweck der Naturalrestitution Rechnung getragen (vgl. [X.] 28. Januar 2014 - [X.] - Rn. 13, [X.]Z 200, 110). Diese ist hier auf den Entfall der Rechtswirkung des Vertragsschlusses gerichtet. Der entgegenstehende Wille des schadensersatzpflichten Vertragspartners wird gebrochen. Folglich leuchtet es nicht ein, weshalb die Naturalrestitution ggf. erst durch [X.]bgabe einer nach § 894 ZPO fingierten Willenserklärung erreicht werden sollte. Eine Vertragsaufhebung als Schadensersatz ist jedenfalls bei arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsverträgen letztlich wirkungsgleich mit einer [X.]nfechtung (in diesem Sinne bereits [X.] 24. Oktober 1996 - [X.] - zu 2 der Gründe). Dem steht keine Spezialität des [X.]nfechtungsrechts entgegen. [X.]nfechtungs- und Schadensersatzrecht sind strikt zu unterscheiden (vgl. [X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.]ZR 626/09 - Rn. 53; [X.] 18. September 2001 - [X.]/00 - zu II 2 c [X.] der Gründe). Gleiches gilt im Verhältnis zu gesetzlichen Widerrufsrechten. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich ein Schaden in einem formal gültigen Vertragsschluss realisieren und der Geschädigte unter [X.]nwendung von §§ 280, 249 [X.] die Lösung von dem Vertrag als Naturalrestitution verlangen kann (vgl. [X.]. 14/6040 S. 162).

(3) Die Rechtsprechung des [X.] zum Schadensersatz bei [X.]ufklärungspflichtverletzungen ist bezogen auf eine Verletzung des Gebots fairen Verhandelns nicht einschlägig.

(a) Das [X.] hat bei der Verletzung von [X.]ufklärungspflichten vor [X.]bschluss eines arbeitsrechtlichen [X.]ufhebungsvertrags angenommen, dass ein Schadensersatzanspruch nur finanzielle Entschädigungsansprüche zur Folge habe, aber nicht die Nichtigkeit des [X.]ufhebungsvertrags begründen könne (vgl. [X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.]ZR 626/09 - Rn. 63; 17. Oktober 2000 - 3 [X.]ZR 605/99 - zu I der Gründe; 14. Februar 1996 - 2 [X.]ZR 234/95 - zu II 1 der Gründe). Eine Fortsetzung des [X.]rbeitsverhältnisses könne der [X.]rbeitnehmer im Wege des Schadensersatzes nicht erreichen ([X.] 24. Februar 2011 - 6 [X.]ZR 626/09 - Rn. 64 in [X.]bgrenzung zu [X.] 10. Februar 2004 - 9 [X.]ZR 401/02 - zu [X.] IV 6 der Gründe, [X.]E 109, 294).

(b) Dies gilt im hier vorliegenden [X.] nicht. Der Schutzbereich der [X.]ufklärungspflicht unterscheidet sich von dem des Gebots fairen Verhandelns. Die [X.]ufklärungspflicht bezieht sich nicht auf die mit dem [X.]ufhebungsvertrag eintretende Beendigung des Vertragsverhältnisses. Schließt ein nicht hinreichend informierter [X.]rbeitnehmer einen [X.]ufhebungsvertrag, ist er sich infolge der [X.]ufklärungspflichtverletzung nicht über die Beendigung des [X.]rbeitsverhältnisses als solche im Unklaren, sondern über deren Konsequenzen, zB in steuer- oder sozialversicherungsrechtlicher Hinsicht. Für den diesbezüglich wegen einer [X.]ufklärungspflichtverletzung entstandenen Schaden hat der [X.]rbeitgeber grundsätzlich Geldersatz zu leisten (vgl. [X.]. Ez[X.] [X.] 2002 § 312 Nr. 1 zu II 4; Preis/[X.] Der [X.]rbeitsvertrag 5. [X.]ufl. II [X.] 100 Rn. 12; [X.]/[X.] (2016) [X.]. zu §§ 620 ff. Rn. 60; Winter [X.]ufklärungspflichten beim [X.]ufhebungsvertrag S. 193). Demgegenüber soll das Gebot fairen Verhandelns den [X.]bschluss eines zum [X.]rbeitsplatzverlust führenden [X.]ufhebungsvertrags gänzlich verhindern, falls der [X.]rbeitnehmer durch unfaire Verhandlungsbedingungen in seiner Entscheidungsfreiheit eingeschränkt wird. Das Gebot fairen Verhandelns bezieht sich nicht auf den Inhalt des Vertrags, sondern auf den Weg zum Vertragsschluss (vgl. [X.]/Thüsing 8. [X.]ufl. § 123 [X.] Rn. 46). Dem Zweck des Gebots fairen Verhandelns wird daher nur Genüge getan, wenn dem Vertrag, der nicht hätte geschlossen werden dürfen, im Wege der Naturalrestitution die Rechtswirkungen genommen werden.

d) Die Beweislast für einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns und die Kausalität dieses Verstoßes für den [X.]bschluss des [X.]ufhebungsvertrags - unter Beachtung der in Rn. 38 dargelegten Vermutungswirkung - trägt derjenige, der sich auf eine Verletzung des § 311 [X.]bs. 2 Nr. 1 iVm. § 241 [X.]bs. 2 [X.] beruft (vgl. [X.] Sonderbeilage zu NZ[X.] Heft 18/2004, 27, 37).

e) Im vorliegenden Fall scheint es danach nicht ausgeschlossen, dass die Beklagte durch ein ihr zurechenbares Verhalten ihres Lebensgefährten am 15. Februar 2016 das Gebot fairen Verhandelns verletzt und damit die Entscheidungsfreiheit der Klägerin bzgl. des Vertragsschlusses schuldhaft beeinträchtigt hat.

[X.]) Träfe es zu, dass die Klägerin entgegen dem Vortrag der Beklagten nicht am Vormittag des 15. Februar 2016 um den [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags gebeten hat, könnte das unangekündigte [X.]ufsuchen der Klägerin in ihrer Wohnung zum [X.]bschluss eines [X.]ufhebungsvertrags einer Überrumpelung gleichkommen. Hinzu käme nach dem Vortrag der Klägerin ihre an diesem Tag bestehende Erkrankung. Das Gebot fairen Verhandelns wäre schon für sich genommen - aber erst Recht in Verbindung mit einer Überrumpelung - verletzt, wenn sich die Klägerin bei den Vertragsverhandlungen erkennbar in einem körperlich geschwächten Zustand befunden und der Lebensgefährte der Beklagten diese Situation ausgenutzt hätte.

bb) Dies gilt umso mehr, wenn keine triftigen Gründe für Verhandlungen mit der Klägerin noch während ihrer Erkrankung vorgelegen hätten. Regelmäßig wird es einem [X.]rbeitgeber bei einer Kurzerkrankung des [X.]rbeitnehmers zumutbar sein, dessen Genesung vor der [X.]ufnahme von Beendigungsverhandlungen abzuwarten und ihn nicht unaufgefordert in der Wohnung mit einem [X.]ufhebungsvertragsentwurf zu konfrontieren. Diese Wertung deckt sich mit der Rechtsprechung des [X.] bzgl. der [X.]usübung des Direktionsrechts gegenüber erkrankten [X.]rbeitnehmern. Ist ein [X.]rbeitnehmer arbeitsunfähig erkrankt, hat der [X.]rbeitgeber bei der [X.]usübung der ihm verbleibenden Weisungsrechte wegen der latenten Gefahr einer Beeinträchtigung des Genesungsprozesses die Erteilung von Weisungen auf dringende betriebliche [X.]nlässe zu beschränken und sich bzgl. der [X.]rt und Weise, der Häufigkeit und der Dauer der Inanspruchnahme (zB für [X.]) am wohlverstandenen Interesse des [X.]rbeitnehmers zu orientieren (vgl. [X.] 2. November 2016 - 10 [X.]ZR 596/15 - Rn. 32 ff., [X.]E 157, 153).

cc) Ob das Gebot fairen Verhandelns hier missachtet wurde, kann der [X.] nicht selbst entscheiden. Hierzu fehlt es an den erforderlichen Feststellungen des [X.]. Der Vortrag der Klägerin lässt einen Verstoß gegen das Gebot fairen Verhandelns zwar als möglich erscheinen. Da die Beklagte den Verhandlungsverlauf jedoch anders dargestellt hat, bleibt es [X.]ufgabe des [X.], den Parteien Gelegenheit zu abschließendem Sachvortrag zu den Bedingungen des Vertragsschlusses zu geben und diesen anschließend unter Berücksichtigung des Gebots fairen Verhandelns gemäß § 286 [X.]bs. 1 ZPO zu würdigen.

        

    Spelge    

        

    Heinkel    

        

    Krumbiegel    

        

        

        

    J. Knauß    

        

    [X.]     

                 

Meta

6 AZR 75/18

07.02.2019

Bundesarbeitsgericht 6. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend ArbG Celle, 20. September 2016, Az: 1 Ca 77/16, Urteil

§ 311 Abs 2 Nr 1 BGB, § 241 Abs 2 BGB, § 355 BGB, § 312 BGB, § 312b BGB, § 312g BGB

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 07.02.2019, Az. 6 AZR 75/18 (REWIS RS 2019, 10568)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 69-74 NJW 2019, 1966 REWIS RS 2019, 10568

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