Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2000, Az. I ZR 224/98

I. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 984

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[X.] DES VOLKESURTEILI ZR 224/98Verkündet am:5. Oktober 2000FühringerJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]: ja[X.]Z : [X.]: jaVerbandsklage gegen [X.] §§ 1, 13 Abs. 5Die Abmahnung von [X.]verstößen kann einem Gewerbetreibendennicht schon deshalb allgemein als wettbewerbswidrige Behinderung der [X.] Mitbewerber untersagt werden, weil die Abmahntätigkeit in keinemvernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zum Umfang seiner eigenen gewerbli-chen Tätigkeit steht.UWG § 1; [X.] § 45 Abs. 1 Nr. 4Ein Rechtsanwalt, der gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verstößt, handelt [X.] zugleich wettbewerbswidrig, auch wenn diese Vorschrift eine sog. wertbe-zogene Norm ist.[X.], [X.]. v. 5. Oktober 2000 - I ZR 224/98 - [X.] 2 -LG [X.] I- 3 -Der [X.] Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] vom 5. Oktober 2000 durch [X.] und [X.] v. Ungern-Sternberg, [X.], Prof. [X.] und Pokrantfür Recht erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 29. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 30. Juli 1998 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Kläger ist der [X.], zu dessen satzungsgemäßen Zwecken die Förderung gewerblicherInteressen im Sinne des § 13 UWG gehört. Dem Kläger gehören zahlreicheIndustrie- und Handelskammern, der [X.] undder [X.] an. Alle in der [X.] ansässigen Makler sind Mitglied einer Industrie- und Handelskammer.Der [X.] ist als Rechtsanwalt in [X.] zugelassen. [X.] er nach eigenem Sachvortrag etwa 150 Abmahnungen gegen Unternehmen- 4 -der Immobilienbranche ausgesprochen. Von diesen sind sieben Abmahnungen,die in der [X.] zwischen dem 6. Juni und dem 15. Juli 1997 versandt wurden(Anlage [X.]), Grundlage des vorliegenden Rechtsstreits. Sie richteten sich ge-gen Anbieter von Immobilien in [X.], [X.], [X.] und anderen Orten inden neuen Bundesländern, weil von ihnen veröffentlichte [X.]ungsanzeigenwettbewerbswidrig seien. [X.] wurden dabei Verstöße gegen die [X.] und irreführende Werbeangaben. Die Abmahnungen [X.] mit der Forderung verbunden, Anwaltsgebühren in Höhe von [X.] zu erstatten.Am 9. Oktober 1997 wurde dem [X.]n gemäß § 34c GewO die Er-laubnis erteilt, gewerbsmäßig Bauvorhaben als Bauherr in eigenem Namen füreigene oder fremde Rechnung vorzubereiten oder durchzuführen und dazuVermögenswerte von Erwerbern, Mietern, Pächtern oder sonstigen Nutzungs-berechtigten oder von Bewerbern um Erwerbs- oder Nutzungsrechte zu [X.].Der Kläger hat behauptet, der [X.] sei nicht in der [X.] tätig oder - wenn doch - nur zu dem Zweck, bei Abmahnungen als Wettbe-werber auftreten zu können. Er habe deshalb zu Unrecht gegenüber den ab-gemahnten Unternehmen die einem Wettbewerber zustehende Klagebefugnisin Anspruch genommen. Mit seinen Abmahnungen handele der [X.] je-denfalls mißbräuchlich. Er mahne massenhaft einfach festzustellende Bagatell-verstöße ab, vorwiegend in der Absicht, als Rechtsanwalt Abmahngebühren zuerzielen. Sein Verhalten sei zugleich eine wettbewerbswidrige Behinderung derabgemahnten Unternehmen. Dabei sei auch zu berücksichtigen, daß der [X.] bei den Abmahnungen als Rechtsanwalt unzulässig in Angelegenheiten- 5 -tätig werde, mit denen er zuvor schon in seinem angeblichen Zweitberuf [X.] und Altbausanierer befaßt gewesen sei.Der Kläger hat - hilfsweise neben einem vom [X.] rechtskräftigabgewiesenen Hauptantrag - beantragt,den [X.]n zu verurteilen, es zu unterlassen, im [X.] Verkehr zu Zwecken des [X.] Unternehmen, dieden Erwerb von bebauten Grundstücken und/oder Wohneigentumanbieten und/oder die Vermittlung von unbebauten [X.]. Wohneigentum anbieten, im eigenen Namen als Bauträger/Altbausanierer abzumahnen wie in den Anlagen [X.] und/oder ge-gen diese gerichtlich vorzugehen.Daneben hat der Kläger den Ersatz der Kosten seiner Abmahnung inHöhe von 294,25 DM nebst 4 % Zinsen verlangt.Der [X.] hat ein wettbewerbswidriges Verhalten in Abrede gestellt.Er stehe zu den abgemahnten Unternehmen in einem konkreten [X.]-verhältnis. Mit einem Partner habe er in [X.] mehrere Altbauten erworben, umsie nach ihrer Sanierung und Aufteilung in Eigentumswohnungen zu verkaufen.Dies sei während des Rechtsstreits auch weitgehend geschehen. Die [X.] seien notwendige Abwehrmaßnahmen gegen [X.]verstöße,durch die Wettbewerber eine hohe Anlockwirkung für ihre Angebote [X.] 6 -Das [X.] hat - unter Abweisung des [X.] - dem Hilfsan-trag des [X.] stattgegeben.Gegen diese Verurteilung hat der [X.] Berufung eingelegt. Der Klä-ger hat beantragt, die Berufung mit der Maßgabe zurückzuweisen, daß in [X.] (als Korrektur eines offensichtlichen Schreibfehlers) das Wort"unbebauten" durch "bebauten" ersetzt werde.Das Berufungsgericht hat auf die Berufung des [X.]n die Klage un-ter Aufhebung des landgerichtlichen [X.]eils auch hinsichtlich des Hilfsantragsabgewiesen (OLG [X.] OLG-Rep. 1999, 213).Mit seiner (zugelassenen) Revision, deren Zurückweisung der [X.]beantragt, verfolgt der Kläger seinen in der Berufungsinstanz zuletzt gestelltenAntrag weiter.Entscheidungsgründe:Die Revision des [X.] bleibt ohne Erfolg.[X.] Das Berufungsgericht hat offengelassen, ob der [X.] nach§ 1 UWG begründet wäre, wenn der [X.] systematisch mißbräuchlich imSinne des § 13 Abs. 5 UWG abgemahnt haben sollte. Von einer derartigenAbmahntätigkeit könne nicht ausgegangen werden. Es sei bereits nicht darge-legt, daß die sieben dem Rechtsstreit zugrunde gelegten Abmahnungen [X.] -bräuchlich gewesen seien. Der [X.] sei auf dem Immobilienmarkt in [X.]gewerblich tätig. Er habe dort zusammen mit einem Partner mehrere [X.], die nach Aufteilung in Eigentumswohnungen an Erwerber [X.]. Mit den Abmahnungen seien - soweit ersichtlich zu Recht - [X.] beanstandet worden. Zur Geltendmachung der [X.] Unterlassungsansprüche sei der [X.] zumindest nach § 13Abs. 2 Nr. 1 UWG befugt gewesen. Ob die beanstandeten [X.]ver-stöße- auch die Verstöße gegen die Preisangabenverordnung - durchweg geeignetgewesen seien, den Wettbewerb auf dem Immobilienmarkt wesentlich zu be-einträchtigen, könne dahinstehen. Der [X.] vertrete seine Ansicht [X.] mit nachvollziehbaren Argumenten und handele nicht mißbräuchlich,wenn er diese Frage gegebenenfalls einer gerichtlichen Klärung zuführe.Die sonstigen Umstände könnten den Vorwurf einer mißbräuchlichenAbmahntätigkeit nicht begründen. Die Zahl von sieben Abmahnungen sei [X.] zu schmale Basis. Darauf, daß der [X.] im Jahr 1997 unstreitig etwa140 weitere Abmahnungen ausgesprochen habe, könne nicht entscheidendabgestellt werden, weil über deren Inhalt und Gegenstand nichts vorgetragensei. Die Gebührenforderungen des [X.]n seien nicht überhöht. Der [X.] auch nicht schlüssig vorgetragen, daß sich der [X.] auf die [X.] klarer und einfacher [X.]verstöße beschränke. Der [X.]mahne im übrigen auch andere Handlungen als Verstöße gegen die [X.] ab.Das begehrte Verbot könne auch nicht darauf gestützt werden, daß der[X.] bei seinen Abmahnungen gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verstoße.- 8 -Nach dieser Vorschrift dürfe ein Rechtsanwalt nicht tätig werden, wenn er inderselben Angelegenheit außerhalb seiner Anwaltstätigkeit bereits beruflichtätig gewesen sei. Ein solcher Sachverhalt liege hier jedoch nicht vor. Der [X.] überprüfe den Immobilienteil von Tageszeitungen auf wettbewerbswidri-ge Anzeigen für [X.]italanleger und verfasse Abmahnungen, wenn es ihm an-gezeigt erscheine. Dieser einheitliche Vorgang könne nicht in eine Vorbefas-sung als Immobilienkaufmann und eine Nachbefassung als Rechtsanwalt auf-gespalten werden. Dazu komme, daß der [X.] zur Abwehr wettbewerbs-widriger Werbung und damit ausschließlich im eigenen Interesse tätig werde.In einem solchen Fall verbiete § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ausweislich seiner Ent-stehungsgeschichte eine anwaltliche Tätigkeit nicht.I[X.] Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Nachprüfung im Er-gebnis stand.1. Entgegen der Ansicht der Revision behindert der [X.] seine [X.] nicht wettbewerbswidrig im Sinne des § 1 UWG, wenn er [X.] Vermittler von bebauten Grundstücken oder von Wohnungseigentum ingleicher Weise wie in den aus der Anlage [X.] ersichtlichen Fällen wegen[X.]verstößen abmahnt.a) Der Kläger hat die mit dem Klageantrag beanstandete Art und Weiseder Abmahnungen durch Bezugnahme auf die in der Anlage [X.] zusammen-gefaßten Abmahnschreiben konkretisiert. Der Klageantrag ist - auch unter [X.] der Klagebegründung - so auszulegen, daß es nicht darauf ankom-men soll, ob sich die Abmahnung gegen wettbewerbswidriges oder wettbe-werbskonformes Verhalten richtet und ob es um einen leichten oder um einen- 9 -schwerwiegenden [X.]verstoß geht. Wäre dies anders, wäre der [X.] unbestimmt und damit als unzulässig abzuweisen, weil die Frage, obein abgemahntes Verhalten wettbewerbswidrig und dies gegebenenfalls auchin schwerwiegender Art und Weise ist, nicht dem [X.] werden darf.b) Der Klageantrag zielt, soweit er auf eine behauptete rechtswidrigeBehinderung von Mitbewerbern gestützt ist, darauf ab, dem [X.]n ein Ab-mahnen im Immobilienbereich allgemein zu untersagen, weil er, falls er über-haupt Wettbewerber sei, seine Klagebefugnis jedenfalls mißbrauche. Der [X.] ist insoweit damit begründet, daß der [X.] im Jahr 1997 etwa 150Abmahnungen versandt und damit eine Abmahntätigkeit entfaltet hat, die ins-gesamt in keinem vernünftigen wirtschaftlichen Verhältnis zum Umfang seinereigenen gewerblichen Tätigkeit steht. Mit dieser Erwägung kann der Klagean-trag jedoch schon deshalb nicht zugesprochen werden, weil sie in [X.] dem § 13 Abs. 5 UWG zugrunde liegenden Rechtsgedanken steht, daß [X.] eines wettbewerbsrechtlichen Anspruchs nur jeweils im Ein-zelfall und unter Berücksichtigung der gesamten Umstände als mißbräuchlichangesehen werden kann (vgl. im übrigen auch [X.], [X.], 25, 29).c) Abmahnungen, wie sie mit dem Klageantrag beanstandet werden,können nicht als wettbewerbswidrige Behinderung der Mitbewerber angesehenwerden. Eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung ist selbst dann, wenn das be-anstandete Verhalten rechtmäßig ist, nur ausnahmsweise wettbewerbswidrig(vgl. [X.], [X.]. v. 8.2.1963 - [X.], [X.], 97, 99 - Kaugummi-kugeln; [X.]. v. 13.12.1984 - I ZR 107/82, [X.], 571, 573 = [X.] 1985,212 - Feststellungsinteresse; [X.]. v. [X.] - I ZR 40/92, [X.], 841,- 10 -843 = [X.] 1994, 739 - Suchwort; [X.] in [X.]/[X.], UWG, § 1Rdn. 166 ff.; [X.], [X.]rechtliche Ansprüche, 7. Aufl., [X.]. 41Rdn. 75 ff.). Dies gilt um so mehr, wenn - wie hier - sogar davon auszugehenist, daß das abgemahnte Verhalten rechtswidrig ist. Daran ändert sich grund-sätzlich auch dann nichts, wenn der Abmahnende nicht klagebefugt ist oderanzunehmen ist, daß die Geltendmachung des Unterlassungsanspruchs unterBerücksichtigung der gesamten Umstände im Sinne des § 13 Abs. 5 [X.] ist. Ein Verlangen, ein rechtswidriges Verhalten zu unterlassen,kann nicht als wettbewerbswidrige Behinderung des abgemahnten [X.] behandelt werden, weil dieser das beanstandete Verhalten ohnehin nichtwiederholen dürfte. Allerdings stellt die Abmahnung eines dazu nicht Berech-tigten (mit der zugleich erhobenen Forderung von Anwaltsgebühren) bereits [X.] eine Beeinträchtigung des laufenden Geschäftsbetriebs dar, die unter-blieben wäre, wenn der Abmahnende nicht zu Unrecht einen eigenen Unterlas-sungsanspruch geltend gemacht hätte. Eine solche unbefugte Rechtsverfol-gung muß aber - jedenfalls wenn tatsächlich ein [X.]verstoß vorliegt -grundsätzlich ebenso hingenommen werden wie auch sonst unbegründete [X.] von Wettbewerbern (vgl. dazu auch [X.], [X.]. v. 16.4.1969 - I ZR 59-60/67, GRUR 1969, 479, 481 = [X.] 1969, 280 - [X.]). Dies giltin gleicher Weise für die gerichtliche Geltendmachung des mit der Abmahnungbehaupteten Anspruchs.Der Wettbewerber kann im übrigen, wenn er erkennt, daß es an derSachbefugnis des Abmahnenden fehlt, das Abmahnschreiben als solches un-beachtet lassen. Es steht ihm zudem frei, sich gegen die Abmahnung mit einernegativen Feststellungsklage zur Wehr zu [X.] 11 -d) Ein Anspruch des [X.] aus § 13 Abs. 2 Nr. 2 in Verbindung mit § 1UWG scheitert im übrigen auch daran, daß die Abmahnung wettbewerbswidri-ger Handlungen nicht als eine wesentliche Beeinträchtigung des lauteren[X.] behandelt werden kann.2. Der Kläger verlangt von dem [X.]n weiterhin Unterlassung derAbmahnung von Anbietern und Vermittlern von bebauten Grundstücken undWohneigentum mit der Begründung, daß dieser bei den Abmahnungen gegen§ 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verstoße und deshalb zugleich wettbewerbswidrig imSinne des § 1 UWG handele. Dem [X.]n sei es nach § 45 Abs. 1 Nr. 4[X.] untersagt, in Angelegenheiten, mit denen er außerhalb seiner Anwalts-tätigkeit bereits als Bauträger und Altbausanierer befaßt gewesen sei, [X.] durch Abmahnungen tätig zu werden.Entgegen der Ansicht der Revision steht dem Kläger auch ein [X.] gegen den [X.]n nicht zu. Für die Entscheidung kann dabei of-fenbleiben, ob der behauptete Verstoß gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] vorliegt.Der geltend gemachte Anspruch ist schon deshalb unbegründet, weil das mitihm angegriffene Verhalten selbst dann, wenn es zugleich gegen die [X.] verstoßen sollte, jedenfalls kein nach § 1 UWG sitten-widriges Handeln wäre. Auf die Frage, ob der [X.] bei seinen Abmahnun-gen gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verstoßen hat, kommt es danach nichtmehr an (vgl. dazu - zum vorliegenden Fall - AnwG [X.] [X.]. 1999,285, diesem zustimmend [X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 45 Rdn. 6).a) Zweck des § 1 UWG ist es, dem unmittelbar betroffenen Wettbewer-ber einen Anspruch zu geben, damit dieser selbst gegen unlautere Mittel und- 12 -Methoden des [X.] vorgehen kann und damit zugleich in die [X.] wird, sich gegen Schädigungen zur Wehr zu setzen, die er durch[X.]verzerrungen infolge unlauteren [X.] erleidet oder be-fürchten muß. Die Anspruchsnorm ist so die Grundlage für einen deliktsrechtli-chen Individualschutz. Diesen Grundcharakter verliert der Anspruch des un-mittelbar betroffenen Wettbewerbers nicht dadurch, daß die Durchsetzung [X.] aus § 1 UWG auch den Interessen der anderen Wettbewerber undsonstigen Marktbeteiligten, insbesondere der selbst nicht anspruchsberechtig-ten Verbraucher, und dem Allgemeininteresse an einem lauteren Wettbewerbdienen soll und durch § 13 UWG der Kreis der Anspruchsberechtigten - wegendes betroffenen Interesses der Allgemeinheit - auf bestimmte andere Wettbe-werber, Verbände und Kammern erweitert ist (vgl. [X.], [X.]. v. 11.5.2000 - I ZR 28/98, [X.] 2000, 1116, 1119 - Abgasemissionen [zum Abdruck in [X.]Zvorgesehen], m.w.N.). Im Hinblick auf die Zielsetzung des § 1 UWG, in derdargelegten Weise die Lauterkeit des [X.] im Interesse der Marktbe-teiligten und der Allgemeinheit zu schützen, ist der darin enthaltene Begriff [X.] wettbewerbsbezogen auszulegen (vgl. [X.]Z 140, 134, 138 f. - Hormonpräparate; [X.], [X.]. v. 6.10.1999 - [X.], [X.], 237, 238= [X.] 2000, 170 - Giftnotruf-Box; [X.] [X.] 2000, 1116, 1119 - Abgasemissionen, m.w.[X.]) Die Beurteilung, ob ein beanstandetes [X.]verhalten sitten-widrig im Sinne des § 1 UWG ist, erfordert regelmäßig eine - am [X.] § 1 UWG auszurichtende - Würdigung des Gesamtcharakters des [X.] nach seinem konkreten Anlaß, seinem Zweck, den eingesetzten Mitteln,seinen Begleitumständen und [X.] -Wenn das zu überprüfende [X.]verhalten zugleich gegen [X.] verstößt, das - wie z.B. die Vorschriften des Arzneimittelgesetzes - [X.] wichtiger Gemeinschaftsgüter wie dem Schutz der Gesundheit der [X.] dient, indiziert die Verletzung einer derartigen wertbezogenen [X.] die wettbewerbsrechtliche Unlauterkeit mit der Folge, daß es re-gelmäßig nicht der Feststellung weiterer Unlauterkeitsumstände bedarf. [X.] seinen Grund darin, daß es auch dann, wenn die verletzte Norm keinenunmittelbar wettbewerbsbezogenen Zweck verfolgt, in der Zielsetzung des § 1UWG liegt zu verhindern, daß Wettbewerb unter Mißachtung gewichtiger Inter-essen der Allgemeinheit betrieben wird (vgl. [X.]Z 140, 134, 138 f. - Hormon-präparate; [X.] [X.], 237, 238 - Giftnotruf-Box; [X.] [X.] 2000, 1116,1120 - [X.]) Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] ist eine sog. wertbezogeneNorm. Sie verfolgt den Zweck, die Gefahr von Interessenkollisionen bei deranwaltlichen Tätigkeit einzudämmen. Sie soll damit die Unabhängigkeit [X.] der Anwälte und das Vertrauen in die Rechtspflege stärken (vgl.[X.], [X.], § 45 Rdn. 3 f.; Kleine-Cosack, [X.], 3. Aufl., § 45 Rdn. 1).Ein Rechtsanwalt, der gegen § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] verstößt, [X.] jedoch nicht zugleich wettbewerbswidrig. Ein solcher Verstoß hat nur in-sofern einen Bezug zum [X.]geschehen, als der Anwalt andernfalls inder betreffenden Sache nicht tätig werden könnte; er fällt deshalb mit dem [X.] des Rechtsanwalts im Wettbewerb zusammen. Ein derartiger bei der[X.]handlung lediglich mitverwirklichter Gesetzesverstoß begründetnicht ohne weiteres die [X.]widrigkeit des Verhaltens. Daran ändert- 14 -auch der Umstand nichts, daß die verletzte [X.] eine wertbezo-gene Norm ist.Die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] hat als solche keinen Bezugzum Wettbewerb. Ihr kommt weder primär noch sekundär die Funktion zu, [X.] eines bestimmten Marktes zu regeln. Soweit sie einen Rechts-anwalt im Einzelfall vom Tätigwerden ausschließt und damit insoweit auch [X.], ist dies nur ein Reflex ihrer beabsichtigten andersartigen Wir-kung. Ein Gesetzesverstoß, der mit einem Tätigwerden unter Verletzung des§ 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] begangen wird, strahlt nicht in der Weise auf [X.] aus, daß diese gerade auch als [X.]verhalten gegen dieguten Sitten im Wettbewerb verstößt. Das Interesse der Allgemeinheit daran,daß die Vorschrift des § 45 Abs. 1 Nr. 4 [X.] eingehalten wird, gilt nicht [X.] des [X.], sondern ausschließlich der Wahrung einer ge-ordneten Rechtspflege und der Aufrechterhaltung der Integrität der Anwalt-schaft.Die ihrem Grundcharakter nach deliktsrechtlichen wettbewerbsrechtli-chen Ansprüche geben danach keine Grundlage dafür, Verstöße gegen § 45Abs. 1 Nr. 4 [X.] zu unterbinden. Diese Ansprüche sind den [X.] den gegebenenfalls in ihrem Interesse tätigen Verbänden im Sinne des§ 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG nicht gegeben, damit diese zur Reinhaltung ihres [X.] Berufsstandes beitragen können. Noch weniger ist dazu ein Verbandwie der Kläger berufen, der nach § 13 Abs. 2 Nr. 2 UWG darauf beschränkt ist,bei der Rechtsverfolgung die gewerblichen Interessen seiner Mitglieder wahr-zunehmen. Die Bundesrechtsanwaltsordnung sieht vielmehr für die [X.] Integrität des Berufsstandes eigene Rechtsbehelfe und Verfahren vor, de-- 15 -nen nicht ohne einen Zusammenhang mit dem [X.]geschehen durchwettbewerbsrechtliche Unterlassungsklagen vorgegriffen werden [X.] 16 -II[X.] Die Revision des [X.] gegen das Berufungsurteil war danach [X.] zurückzuweisen (§ 97 Abs. 1 ZPO).Erdmannv. Ungern-Sternberg[X.]BornkammPokrant

Meta

I ZR 224/98

05.10.2000

Bundesgerichtshof I. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2000, Az. I ZR 224/98 (REWIS RS 2000, 984)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 984

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