29. Senat | REWIS RS 2020, 3203
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Markenbeschwerdeverfahren – Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren – zu Doppelvertretungskosten im Markenbeschwerdeverfahren – Sonderkonstellation: Vergleich vor dem BPatG erledigt neben dem Löschungsverfahren wegen Nichtigkeit auch den zwischen den Beteiligten geführten Verletzungsstreit – Abstimmung zwischen Patent- und Rechtsanwalt ist erforderlich – Mitwirkung des Rechtsanwalts am Vergleichsabschluss wurde glaubhaft gemacht – Erstattungsfähigkeit der Doppelvertretungskosten
betreffend die Marke 30 2012 005 343 - [X.]/13 Lösch
(hier: Erinnerung im Kostenfestsetzungsverfahren)
hat der 29. Senat ([X.]) des [X.] am 14. April 2020 unter Mitwirkung der Vorsitzenden Richterin [X.], der Richterin [X.] und der Richterin Lachenmayr-Nikolaou
beschlossen:
Die Erinnerung der Beschwerdegegnerin und Markeninhaberin gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin vom 14. Dezember 2017 wird zurückgewiesen.
I.
Gegen den [X.] vom 14. Dezember 2017 hat die Markeninhaberin, Löschungsantragsgegnerin und Beschwerdegegnerin (im Folgenden: Markeninhaberin) wegen des Kostenansatzes einer Doppelvertretung Erinnerung eingelegt, der die Rechtspflegerin nicht abgeholfen hat.
Die Beteiligten hatten im Beschwerdeverfahren den Streit über die von der Lö-schungsantragstellerin wegen Nichtigkeit angestrengte Löschung der Marke 30 2012 005 343 durch Abschluss eines gerichtlichen, nach § 278 Abs. 6 ZPO festgestellten Vergleichs beigelegt. In diesem Vergleich wurde vereinbart, dass die [X.]in ihre Beschwerde gegen den von ihr angegriffenen Beschluss der Markenabteilung 3.4 mit der gesetzlichen Kostenfolge zurücknimmt. Die Markeninhaberin hat sich ihrerseits verpflichtet, die beim [X.] gegen die [X.]in anhängige Verletzungsklage mit der gesetzlichen Kostenfolge zurückzunehmen. Ferner wurde vereinbart, dass die Markeninhaberin die Kosten des Vergleichs zu tragen hat.
Auf Antrag der Beteiligten wurde mit Beschluss vom 24. Februar 2017 der Gegenstandswert für die Einigungsgebühr auf 125.000 Euro festgesetzt, wobei dieser durch Addition des Streitwerts des Verletzungsverfahrens und des Gegenstandswerts des [X.] ermittelt worden war.
Bereits mit Schriftsatz vom 14. März 2017 ([X.]. 227 d. A.) nahm der [X.] der Markeninhaberin im Hinblick auf die vom [X.]n des [X.] am 13. September 2016 beantragte [X.] ([X.]. 142 d. A.) vorsorglich Stellung und wies darauf hin, dass der Ansatz von Rechtsanwalts- und Patentanwaltskosten mangels Erforderlichkeit einer Doppelvertretung verfehlt sei. Mit Schriftsatz vom selben Tag ([X.]. 229 d. A.) beantragte der [X.] des [X.], der selbst Patentanwalt ist, die Kosten für sich und zugleich für einen mitwirkenden Rechtsanwalt festzusetzen. Dem widersprach der [X.] der Markeninhaberin erneut ([X.]. 236 d. A.). In der Folge entspann sich ein Schriftwechsel zwischen den Parteien zur (Nicht)Erforderlichkeit der Doppelvertretung und der (fehlenden) Erstattungsfähigkeit der entsprechenden Kosten. Der Vertreter des [X.] wies dabei insbesondere darauf hin, dass durch den zwischen den Parteien geschlossenen Vergleich ein Verletzungsverfahren vor dem [X.] in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Marke miterledigt worden sei, in dem die Vertretung durch einen Rechtsanwalt zwingend war. Die Rechtspflegerin teilte am 21. November 2017 ([X.]. 252 d. A.) mit, dass es aufgrund der Uneinheitlichkeit der Rechtsprechung der Senate des [X.] im Hinblick auf die Kosten der Doppelvertretung zu Verzögerungen gekommen sei, eine Beschlussfassung nunmehr erfolge, aber noch Klärungsbedarf bestehe. Sie bat den Vertreter des [X.] daher um Mitteilung, welcher Rechtsanwalt in welcher Weise am [X.] beteiligt gewesen sei. Dieser Aufforderung kam der Vertreter mit Schriftsatz vom 30. November 2017 nach ([X.]. 255 d. A.). Er nannte den Namen des Rechtsanwalts, verwies darauf, dass dieser an der mündlichen Verhandlung beim 24. (Marken)[X.] teilgenommen und mit ihm – ersichtlich aus dem Kürzel „[X.]“ – den Vergleichsvorschlag ausgearbeitet habe.
Mit Beschluss vom 14. Dezember 2017 hat die Rechtspflegerin sodann die für den Vergleich zu erstattenden Kosten auf 3.176 € festgesetzt, und zwar je 1.588 € für die Kosten eines Patent- und eines Rechtsanwalts. Pauschalen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen wurden abgesetzt, da es sich dabei nicht um Kosten handele, die allein durch den Abschluss des Vergleichs entstanden seien.
Gegen diesen Beschluss hat die Markeninhaberin mit Schriftsatz vom 10. Januar 2018 Kostenerinnerung im Hinblick auf den Ansatz der Doppelvertretungskosten eingelegt. Ihr [X.]r macht eine Verletzung rechtlichen Gehörs geltend, da ihm die Ausführungen des gegnerischen [X.]n erst mit dem [X.] zugestellt worden waren. Inhaltlich vertritt die Markeninhaberin die Auffassung, dass der namentlich bezeichnete Rechtsanwalt nicht als verantwortlicher Rechtsanwalt tätig geworden sei, sondern allenfalls als „innerbetrieblicher Zuarbeiter“.
Die Markeninhaberin und Erinnerungsführerin beantragt sinngemäß,
den [X.] vom 14. Dezember 2017 insoweit aufzuheben als mehr als eine Einigungsgebühr festgesetzt wurde.
Der [X.] hat mit Schreiben vom 14. Februar 2018 auf den bisherigen Schriftverkehr verwiesen und mitgeteilt, dass eine weitere Stellungnahme nicht beabsichtigt sei.
Die Rechtspflegerin hat der Erinnerung nicht abgeholfen und ihre Auffassung eingehend begründet.
Das Verfahren wurde aufgrund der Auflösung des 24. (Marken)[X.]s zuständigkeitshalber an den 29. (Marken)[X.] zur Entscheidung geleitet.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten und den übrigen Akteninhalt verwiesen.
II.
Die Erinnerung der Markeninhaberin ist gem. §§ 11 Abs. 1, 23 Abs. 2 RPflG zulässig, aber unbegründet. Die Kosten für die Mitwirkung eines Rechtsanwalts neben der eines Patentanwalts bei [X.] sind in dem [X.] zu Recht als notwendig angesehen und daher als erstattungfähig angesetzt worden.
Die Erstattung von Kosten einer Doppelvertretung im Löschungsverfahren richtet sich nach § 82 Abs. 1 Satz 1 MarkenG i. V. m. § 91 ZPO, wonach zu prüfen ist, ob die Kosten einer Doppelvertretung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendig waren ([X.], Beschluss vom 28.04.2011, 28 W (pat) 95/10; Beschluss vom 19.10.2016, 24 W (pat) 35/14; [X.] in Ströbele/[X.]/Thiering, [X.], 12. Auflage, § 71 Rn. 22). Typischerweise ist die Doppelvertretung durch einen Patent- und einen Rechtsanwalt – wie der Vertreter der Markeninhaberin zutreffend ausgeführt hat – im Beschwerdeverfahren vor einem Markensenat nicht erforderlich. Im Einzelfall kann es sich aber um notwendige und damit erstattungsfähige Kosten handeln.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um eine Sonderkonstellation. Denn der angegriffene [X.] betrifft nicht die Kosten des Markenbeschwerdeverfahrens vor dem [X.] an sich, sondern diejenigen, die durch den gerichtlichen Vergleich, der neben dem Löschungsverfahren wegen Nichtigkeit auch den zwischen den Beteiligten geführten Verletzungsstreit erfasst hatte, entstanden sind. Zutreffend hat die Rechtspflegerin in ihrem Beschluss vom 14. Dezember 2014 auf diesen Umstand hingewiesen. Parallel waren ein Markenbeschwerdeverfahren vor dem [X.] und ein Verletzungsverfahren vor dem [X.] anhängig. In dem Vergleich vor dem [X.], in dem der [X.] durch einen Patentanwalt vertreten ist, wurde die Beendigung des Verletzungsverfahrens vor dem [X.] mit geregelt, vor dem sich der hiesige [X.] wegen § 78 Abs. 1 ZPO durch einen Rechtsanwalt vertreten lassen musste. Der [X.] war im Übrigen nicht gehalten, sich in beiden voneinander unabhängigen Verfahren nur von einem einzigen Rechtsbeistand vertreten zu lassen. Der vor dem [X.] vertretende Patentanwalt wäre vor dem Verletzungsgericht ohnehin nicht postulationsfähig gewesen.
Ein Vergleich zur Erledigung beider Verfahren erfordert die Abstimmung zwischen beiden Anwälten. Insofern liegt es nahe, dass der Rechtsanwalt im Rahmen seiner anwaltlichen Sorgfaltspflicht an der Ausarbeitung und Formulierung des Vergleichs vor dem [X.] wegen des von ihm betreuten Verletzungsverfahrens mitgewirkt hat. Durch die Ausführungen im Schriftsatz vom 30. November 2017 hat der verfahrensbevollmächtigte Patentanwalt die Mitwirkung des Rechtsanwalts am [X.] glaubhaft gemacht. Die Doppelvertretung im Zusammenhang mit dem [X.] war daher ausnahmsweise notwendig und ist damit erstattungsfähig.
Das Erinnerungsverfahren ist gerichtsgebührenfrei (§ 11 Abs. 4 RPflG).
Meta
14.04.2020
Beschluss
Sachgebiet: KoF
§ 82 Abs 1 S 1 MarkenG, § 91 ZPO, § 78 Abs 1 ZPO
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 14.04.2020, Az. 29 W (pat) 8/18, zu KoF 35/17 (REWIS RS 2020, 3203)
Papierfundstellen: REWIS RS 2020, 3203
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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