Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.11.2010, Az. VIII R 19/07

8. Senat | REWIS RS 2010, 969

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Gegenstand

Zurückverweisung wegen nicht tragender tatsächlicher Feststellungen des FG - Aufhebung des Beschlusses zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter - Annahme, Zurechnung und Zufluss von mittelbaren verdeckten Gewinnausschüttungen - Aufteilung des angemessenen Betrags auf verschiedene Gehaltsbestandteile - Entbehrlichkeit der Entscheidung über eine Verfahrensrüge


Leitsatz

1. NV: Die tatsächlichen Feststellungen des Finanzgerichts tragen sein Urteil nicht, wenn das Finanzgericht die Beteiligungsverhältnisse unaufgeklärt gelassen und entgegen dem eindeutigen Akteninhalt angenommen hat, die Klägerin sei alleinige Gesellschafterin einer GmbH gewesen, weshalb es ihr sämtliche vGA in voller Höhe zugerechnet hat .

2. NV: Der Bundesfinanzhof kann den Beschluss zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter aufheben, wenn die Voraussetzungen für eine Übertragung auf den Einzelrichter (derzeit noch) nicht vorliegen .

Tatbestand

1

I. Die Klägerin und Revisionsklägerin (Klägerin) war im Streitjahr 1996 Gesellschafterin der [X.] (im Folgenden: GmbH) und bei der GmbH angestellt. Alleiniger Geschäftsführer der GmbH und Lebensgefährte der Klägerin war [X.] Dessen Ehefrau [X.] war seit Mai 1996 ebenfalls bei der GmbH als Bürovorsteherin angestellt.

2

Die Klägerin bezog im Streitjahr von der [X.] in Höhe von 116.211 [X.]; im Vorjahr hatte sie 55.000 [X.] erhalten. [X.] bezog im Streitjahr von der GmbH laufende Geschäftsführervergütungen von 488.656 [X.]. Ihm standen außerdem Tantiemen von 200.216 [X.] zu. Die GmbH zahlte die Tantiemen im Streitjahr nicht an [X.] aus, sondern bildete in gleicher Höhe eine Rückstellung. Die gesamten Bezüge des [X.] aus seiner Tätigkeit als Geschäftsführer der GmbH hatten im Vorjahr 353.377 [X.] betragen. [X.] bezog von der GmbH im Streitjahr Lohnzahlungen von 76.536 [X.].

3

Eine bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung beanstandete u.a. die Höhe der Gehälter und rechnete die unangemessenen Beträge dem Einkommen der GmbH als verdeckte Gewinnausschüttungen (vGA) zu:

4

                         

Klägerin

[X.]

[X.]

Gehalt

116.211

688.872

76.536

angemessen

55.000

400.000

41.250

vGA

61.211

288.872

35.286

5

Private Notar- und Rechtsberatungskosten der Klägerin in Höhe von 4.245 [X.] wurden ebenfalls als vGA behandelt.

6

Der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt --[X.]--) übernahm die Prüfungsfeststellungen, erhöhte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen um 389.614 [X.] und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 entsprechend.

7

Die GmbH und das für ihre Besteuerung zuständige Finanzamt einigten sich auf eine Herabsetzung der vGA bezüglich der von [X.] bezogenen Vergütung um 40.000 [X.] für 1996 und 45.000 [X.] für 1997. Das für die Besteuerung der GmbH zuständige Finanzamt teilte dem [X.] mit, die vGA sei bei der GmbH zusammenfassend in 1996 korrigiert worden. Danach ergebe sich für 1996 eine vGA von 304.614 [X.]. Das [X.] folgte auch dieser Mitteilung, setzte die Einnahmen der Klägerin aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger fest und änderte den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut. Nachdem die GmbH 2003 eine entsprechende Steuerbescheinigung erteilt hatte, änderte das [X.] den Einkommensteuerbescheid für 1996 erneut unter Anrechnung der auf die vGA entfallenden Körperschaftsteuer und wies den Einspruch als unbegründet zurück.

8

Mit der Klage machte die Klägerin u.a. geltend, die Tantieme sei [X.] erst 1997 zugeflossen und könne ihr deshalb nicht 1996 zugerechnet werden. Das [X.] räumte dies grundsätzlich ein. Indes sei die Angemessenheit des Gehalts unter Einbeziehung aller [X.]ahlungen für 1996 zu beurteilen. Dementsprechend sei sowohl ein Teil des laufenden Gehalts als auch ein Teil der Tantieme als unangemessen anzusehen. In Höhe von 203.872 [X.] resultiere die vGA (insgesamt 304.614 [X.]) aus unangemessen hohen Gehaltszahlungen an [X.] Entsprechend seien auch 29,6 % (203.872 [X.]: 688.872 [X.]) der Tantieme unangemessen. Die vGA sei deshalb nur um den im Streitjahr nicht zugeflossenen unangemessenen Teilbetrag der Tantieme von 59.264 [X.] zu vermindern. Die anrechenbare Körperschaftsteuer verringere sich im selben Umfang. Das [X.] erließ einen entsprechend geänderten Einkommensteuerbescheid.

9

Das Finanzgericht ([X.]) hat den Rechtsstreit durch Beschluss vom 17. August 2005 auf den Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Das [X.] hat die Klage abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt, die Klägerin müsse sich so behandeln lassen, als ob sie die als überhöht beanstandeten Gehaltsanteile des [X.] und der [X.] entnommen und den Empfängern zugewendet habe, da es sich um ihr nahe stehende Personen handele. Die Berechnungen des [X.] seien nicht zu beanstanden. Das [X.] habe ohne Rechtsverstoß den Betrag der vGA lediglich um den unangemessenen Teil der Tantieme, der erst im Jahr 1997 zugeflossen sei, also um 59.264 [X.] gemindert.

Mit der Revision rügt die Klägerin die Verletzung materiellen Rechts (§§ 8, 11 Abs. 1, 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 des Einkommensteuergesetzes --EStG--). Sie meint, im Umfang der als unangemessen behandelten Gehaltszahlungen an [X.] und [X.] liege schon keine vGA vor, da ihre Leistungsfähigkeit hierdurch nicht erhöht worden sei. Hilfsweise wendet sie sich gegen die Höhe der vGA. Die anteilige Aufteilung der vGA auf einzelne Gehaltsbestandteile sei nicht gerechtfertigt.

Die Klägerin beantragt sinngemäß,

das angefochtene Urteil aufzuheben und den geänderten Einkommensteuerbescheid für 1996 vom 9. August 2005 mit der Maßgabe zu ändern, dass eine vGA hinsichtlich der als unangemessen behandelten Gehälter von [X.] und [X.] unberücksichtigt bleibt und die Einnahmen aus Kapitalvermögen entsprechend niedriger angesetzt werden,

hilfsweise,

die vGA um den Betrag niedriger anzusetzen, der sich ergibt, wenn die vGA hinsichtlich des Gehalts von [X.] in der Weise berechnet wird, dass die im Streitjahr von der GmbH an [X.] ausgezahlten Beträge dem für [X.] angemessenen Gehalt von 440.000 [X.] gegenübergestellt werden.

Das [X.] beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

Die vGA sei der Klägerin in vollem Umfang zurechenbar. Als  Gesellschafterin der GmbH habe sie die überhöhten Bezüge des Geschäftsführers [X.] und der Büroleiterin [X.] veranlasst. Die Verträge habe sie zwar nicht selbst geschlossen. Sie habe sie aber aufgrund ihrer privaten Beziehungen zu den genannten Personen bestehen lassen und damit über entsprechende Einnahmen verfügt. Die Revision sei auch im Hilfsantrag unbegründet. Das [X.] sei zu Recht davon ausgegangen, dass unangemessene Gehaltsanteile in allen Bestandteilen des Gehalts von [X.] gleichermaßen enthalten seien. Bei der laufenden Vergütung sei deshalb 1996 ein unangemessener Anteil von 29,6 % quasi tröpfchenweise zugeflossen. Der Auffassung der Klägerin, die von einem Hineinwachsen der einzelnen Gehaltszahlungen in die vGA ausgehe, könne nicht gefolgt werden. Diese Auffassung sei sach- und lebensfremd.

Entscheidungsgründe

II. Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der Vorentscheidung sowie des Beschlusses zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter. Die Sache ist an den [X.] des [X.] zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§ 126 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 der Finanzgerichtsordnung --[X.]O--).

1. Das Urteil ist schon deshalb aufzuheben, weil nicht ausgeschlossen werden kann, dass [X.] im Streitjahr (noch) Gesellschafter der GmbH war. [X.]war ist das [X.] ausweislich des Tatbestands davon ausgegangen, dass die Klägerin im Streitjahr alleinige Gesellschafterin der GmbH gewesen sei. Diese Annahme steht jedoch in Widerspruch zum feststehenden Akteninhalt. Eigene Feststellungen zu den [X.] hat das [X.] offenbar nicht getroffen.

a) Der insoweit eindeutige Akteninhalt spricht dafür, dass die Klägerin im Streitjahr nur zu 45 %, nämlich mit einem Geschäftsanteil von 22.500 DM am Stammkapital der GmbH von 50.000 DM beteiligt war. [X.]war hat das [X.] Brandenburg bereits in einem Beschluss vom 12. Mai 2004 (1 V 522/04 wegen einstweiliger Anordnung auf Vollstreckungsaufschub) die Klägerin als alleinige Gesellschafterin (und --insoweit offensichtlich unzutreffend-- als alleinige Geschäftsführerin) der GmbH bezeichnet. Dem haben sich offenbar das [X.] in der Einspruchsentscheidung --und ihm folgend das [X.] im angefochtenen [X.] angeschlossen, ohne dass die Klägerin dem widersprochen hat. Auch diese Annahmen beruhen jedoch ersichtlich nicht auf eigenen tatsächlichen Feststellungen der entscheidenden Stellen.

Gegen die Richtigkeit der Annahme spricht, dass die bei der GmbH durchgeführte Außenprüfung die Beteiligung der Klägerin an der GmbH mit 45 % im Streitjahr und mit 90 % ab 1997 festgestellt und dem [X.] so mitgeteilt hat. Dafür spricht weiter, dass die Klägerin an der von der GmbH am 3. Dezember 1996 beschlossenen und durchgeführten Vorabgewinnausschüttung über 400.000 DM lediglich in Höhe von 180.000 DM (entsprechend 45 %) beteiligt war.

b) Wer im Streitjahr außer der Klägerin Gesellschafter der GmbH war, ergibt sich nicht sicher aus den Akten. Unstreitig war [X.] Gründungsgesellschafter der GmbH. Das [X.] Berlin hat im Verfahren 8 B 8088/00 (betreffend Aussetzung der Vollziehung bei der GmbH) im Tatbestand des Beschlusses vom 18. März 2002 ausgeführt, [X.] habe im Juni 1995 von seinem Geschäftsanteil in Höhe von 50.000 DM einen Teilanteil in Höhe von 22.500 DM an die Klägerin und einen Teilanteil von 5.000 DM an A abgetreten. Ab 1997 und nach weiteren Abtretungen seien die Klägerin zu 90 % und B zu 10 % an der GmbH beteiligt gewesen. Wer in der [X.]wischenzeit an der GmbH beteiligt war und ob die Feststellungen des [X.] den Sachverhalt vollständig wiedergeben, ist nicht ersichtlich.

c) Nach allem kann nicht ausgeschlossen werden, dass [X.] im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt war. Ohne eindeutige tatsächliche Feststellungen in diesem Punkt kann die im Streitfall aufgeworfene Frage der zutreffenden persönlichen [X.]urechnung von vGA nicht beurteilt werden, weil die streitigen vGA offenbar vorrangig [X.] zuzurechnen wären, wenn er im Streitjahr noch Gesellschafter der GmbH war.

2. Das Urteil kann auch deshalb keinen Bestand haben, weil es für die [X.]urechnung einer vGA bei der Klägerin insofern an hinreichenden tatsächlichen Feststellungen fehlt, als es um die überhöhten Gehaltszahlungen der [X.], die Ehefrau des [X.], geht.

a) [X.]u Recht hat das [X.] allerdings angenommen, dass eine vGA gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG auch dann vorliegen kann, wenn ein Vermögensvorteil nicht dem Gesellschafter, sondern einer ihm nahe stehenden Person zugewendet wird. Das "[X.]" in diesem Sinne kann familienrechtlicher, gesellschaftsrechtlicher, schuldrechtlicher oder auch rein tatsächlicher Art sein. Die [X.]uwendung eines Vermögensvorteils an eine nahe stehende Person ist unabhängig davon als vGA zu beurteilen, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser [X.]uwendung hat (Urteile des [X.] --[X.]-- vom 25. Mai 2004 VIII R 4/01, [X.], 103; vom 22. Februar 2005 [X.], [X.] 2005, 1266). Allerdings gilt dies uneingeschränkt nur für den Fall, dass andere Ursachen für die [X.]uwendung als das [X.] des Empfängers zu einem Gesellschafter auszuschließen sind. Nur in diesem Fall spricht der Beweis des ersten Anscheins dafür, dass die nahe stehende Person den Vorteil ohne ihre Beziehung zum Gesellschafter nicht erhalten hätte ([X.]-Urteile vom 6. Dezember 2005 [X.]/04, [X.] 2006, 722; vom 19. Juni 2007 [X.], [X.], 244, [X.], 830). Liegen diese Voraussetzungen vor, ist die [X.]uwendung zu Lasten der GmbH so zu beurteilen, als hätte der Gesellschafter den Vorteil erhalten und diesen an die nahe stehende Person weitergegeben ([X.]-Urteile in [X.], 103; in [X.] 2005, 1266, jeweils m.w.[X.]).

b) Nach der Rechtsprechung des [X.] sind die Umstände des Einzelfalls vom [X.] als Tatsacheninstanz indiziell dahingehend zu würdigen, ob sie den Rückschluss auf eine gesellschaftliche Veranlassung zulassen ([X.]-Urteil vom 19. Dezember 2007 [X.], [X.]E 220, 187, [X.], 568, m.w.[X.]). Die Tatsachenwürdigung durch das [X.] unterliegt nur eingeschränkter Überprüfung durch das Revisionsgericht.

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen an [X.] hat das [X.] nicht etwa bestimmte Tatsachen in grundsätzlich nicht revisibler Weise gewürdigt, sondern es fehlt an tatsächlichen Feststellungen, welche die Schlussfolgerung des [X.] hinreichend abstützen. Das [X.] hat keine tatsächlichen Feststellungen dazu getroffen, ob zwischen der Klägerin und [X.] eine persönliche Nähebeziehung bestand. Die vom [X.] allein festgestellte Lebenspartnerschaft zwischen der Klägerin und [X.], dem Ehemann der [X.], spricht nach der Lebenserfahrung für sich betrachtet eher gegen als für eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und [X.]. Damit entfällt zugleich der Grund für die Annahme einer [X.]uwendung im Verhältnis zwischen der Klägerin und [X.], die nach der Rechtsprechung des [X.] Voraussetzung für eine vGA im Dreiecksverhältnis ist. Der Beweis des ersten Anscheins (für eine [X.]uwendung) greift nicht ein. Ob die Klägerin, wie das [X.] offenbar meint, das überhöhte Gehalt gar nicht [X.], sondern in Wahrheit ihrem Lebenspartner [X.] (zur Weiterleitung an [X.]) zuwenden wollte, könnte allenfalls aufgrund weiterer tatsächlicher Feststellungen angenommen werden, die bislang nicht getroffen worden sind.

3. Die Sache ist nicht spruchreif. Aufgrund der lückenhaften tatsächlichen Feststellungen des [X.] kann der Senat nicht in der Sache selbst entscheiden. Er verweist die Sache deshalb an das [X.] zurück.

4. Angesichts der Offenheit des Streitfalls in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht verneint der Senat derzeit die Voraussetzungen für eine Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 [X.]O). Er macht deshalb von der Möglichkeit Gebrauch, den Einzelrichterbeschluss aufzuheben und den Rechtsstreit an den [X.] des [X.] zurückzuverweisen (vgl. [X.]-Urteil vom 15. April 1996 [X.]/95, [X.]E 180, 509, [X.] 1996, 478).

5. Hinsichtlich der weiteren Sachbehandlung weist der Senat außerhalb der Bindungswirkung auf Folgendes hin:

a) Das [X.] wird zunächst aufklären müssen, wer im Streitjahr an der GmbH beteiligt war. Sollte sich dabei bestätigen, dass die Klägerin nicht alleinige Gesellschafterin der GmbH war, kommt es darauf an, ob mehreren Gesellschaftern eine vGA zugerechnet werden könnte und ggf. welchem Gesellschafter welche vGA zuzurechnen ist (vgl. dazu [X.]-Urteile in [X.] 2005, 1266; in [X.], 244, [X.], 830, m.w.[X.]). Sollte [X.] im Streitjahr noch an der GmbH beteiligt gewesen sein, wären ihm bei unveränderter Sachlage die streitigen vGA vorrangig zurechenbar. Für den Fall, dass [X.] im Streitjahr nicht mehr an der GmbH beteiligt war, wird die Klägerin auch Gelegenheit haben, zu den Gründen ihrer Beteiligung an der GmbH vorzutragen. Die bekannten Umstände des Falls könnten dafür sprechen, dass die Klägerin die Geschäftsanteile an der GmbH aufgrund einer verdeckten [X.] nur vorübergehend und treuhänderisch für [X.] übernehmen sollte (zur [X.]urechnung der vGA bei verdeckter Treuhand vgl. [X.]-Urteil in [X.], 244, [X.], 830, unter [X.] der Entscheidungsgründe, m.w.[X.]).

aa) Wenn sich herausstellt, dass [X.] nicht Gesellschafter der GmbH war, dass die Klägerin die Anteile an der GmbH auch nicht treuhänderisch für [X.] halten sollte und dass (z.B. mangels Näheverhältnisses) auch kein anderer Gesellschafter für die [X.]urechnung einer vGA in Betracht kommt, verbleibt es im Ausgangspunkt bei der nicht zu beanstandenden Würdigung durch das [X.], wonach der Klägerin insofern eine mittelbare vGA grundsätzlich zurechenbar ist.

Nach den tatsächlichen Feststellungen des [X.], deren Richtigkeit die Klägerin nicht angegriffen hat, waren [X.] und die Klägerin im Streitjahr Lebenspartner. Dass die [X.]ahlungen der GmbH an [X.] teilweise überhöht waren und nicht im Interesse der Gesellschaft lagen, ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Als Gesellschafterin hatte die Klägerin zumindest auch Einfluss auf den Anstellungsvertrag, den [X.] mit der GmbH geschlossen hatte. Indem die Klägerin diesen Vertrag unbeanstandet ließ, nachdem sie Gesellschafterin der GmbH geworden war, verfügte sie im Streitjahr über die überhöhten Bezüge des [X.] zugunsten einer nahe stehenden Person. Insofern wäre die Annahme einer [X.]uwendung zwischen der Klägerin und [X.] und die [X.]urechnung einer vGA bei der Klägerin nicht zu beanstanden.

bb) Ohne Erfolg wendet sich die Klägerin in diesem [X.]usammenhang gegen die ständige Senatsrechtsprechung. Die Formulierung, wonach die vGA unabhängig davon zu prüfen ist, ob auch der Gesellschafter selbst ein vermögenswertes Interesse an dieser [X.]uwendung hat (vgl. z.B. [X.]-Urteil in [X.], 244, [X.], 830, unter [X.] der Entscheidungsgründe, m.w.[X.]), ist so zu verstehen, dass eine persönliche Nähebeziehung ausreicht, um aufgrund des ersten Anscheins von einer [X.]uwendung ausgehen zu können. Nicht erforderlich ist, dass der Gesellschafter mit der [X.]uwendung eine eigene Rechtspflicht erfüllt. Dieses Kriterium, welches der Senat in ständiger Rechtsprechung in der Weise eingeschränkt hat, dass andere Ursachen für die [X.]uwendung als das [X.] des Empfängers zum Gesellschafter auszuschließen sein müssen, hat nichts damit zu tun, dass beim Gesellschafter außerdem eine Einnahme i.S. von § 8 EStG vorliegen muss. Die allgemeinen Voraussetzungen des [X.]uflusses (§ 11 Abs. 1 EStG) müssen dabei ebenso erfüllt sein wie die von [X.] wegen für jede Besteuerung vorausgesetzte Steigerung der individuellen Leistungsfähigkeit. Die Annahme eines abgekürzten [X.]ahlungswegs setzt in diesem Sinne eine Einnahme beim [X.]uwendenden voraus, die der Besteuerung unterliegt. Unter diesen Voraussetzungen stellt sich die [X.]uwendung als eine einkommensteuerrechtlich unbeachtliche Einkommensverwendung dar.

b) Hinsichtlich der (unstreitig) überhöhten Gehaltszahlungen der [X.] muss geklärt werden, ob zwischen der Klägerin und [X.] eine persönliche Nähebeziehung bestand. Fehlt eine persönliche Nähebeziehung zwischen der Klägerin und [X.], ließe sich eine vGA allenfalls mit der Erwägung rechtfertigen, dass die Klägerin ihrem Lebensgefährten [X.] auch den überhöhten Gehaltsanteil der [X.] zuwenden wollte, der danach seinerseits wiederum mit Rücksicht auf persönliche Nähebeziehungen zu [X.] darüber verfügen können sollte. Dazu müsste das [X.] entsprechende tatsächliche Feststellungen treffen. Ansonsten kommt die [X.]urechnung einer vGA bei der Klägerin insoweit nicht in Betracht.

c) Hinsichtlich der überhöhten Gehaltszahlungen der GmbH an [X.] kommt es auf die zwischen den Beteiligten umstrittene Frage an, wie die vGA zu berechnen ist.

aa) Im Ausgangspunkt zutreffend, wenn auch unausgesprochen, ist das [X.] davon ausgegangen, dass es für den [X.]ufluss (§ 8, § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG) bei einer mittelbaren vGA auf den [X.]ufluss bei der nahe stehenden Person ankommt. Der mittelbaren vGA an eine nahe stehende Person liegt --wie dargestellt-- die Vorstellung eines abgekürzten [X.]ahlungswegs zugrunde. Für die Annahme einer zeitlich vor der (gedachten) Weiterleitung an den [X.]uwendungsempfänger liegenden (ebenfalls gedachten) Einnahme beim Gesellschafter fehlt es an einer tatsächlichen Grundlage. Da [X.] die Tantiemezahlung im Streitjahr unstreitig nicht erhalten hat, wäre der Klägerin insoweit keine vGA (Einnahme) zurechenbar. Das ist zwischen den Beteiligten auch nicht umstritten.

bb) Nach der Vorstellung, die dem angefochtenen Einkommensteuerbescheid zugrunde liegt und der sich das [X.] angeschlossen hat, soll die angemessene Gesamtausstattung proportional den einzelnen Gehaltsbestandteilen (hier Festgehalt und Tantieme) fest zugeordnet werden. Dieser Ansatz hat keine Auswirkungen, solange alle Gehaltsbestandteile im maßgeblichen [X.]eitraum in voller Höhe ausgezahlt werden und zufließen. Andernfalls erhöht der bei einem Gehaltsbestandteil für die Auszahlung nicht in Anspruch genommene angemessene Teilbetrag die vGA bei einem anderen Gehaltsbestandteil. Es wird dann eine vGA angenommen, obwohl die zugeflossenen Gehaltsbestandteile die Grenze der angemessenen Gesamtausstattung weder erreichen noch überschreiten.

cc) Angesichts der tatsächlichen Offenheit des Streitfalls sieht sich der Senat derzeit nicht veranlasst, die Rechtsfrage vorab zu entscheiden. Er weist aber vorsorglich darauf hin, dass eine Mehrfachbesteuerung einzelner (unangemessener) Gehaltsbestandteile bei periodenübergreifender Betrachtung nicht gerechtfertigt wäre.

dd) Sollte das [X.] nach erneuter Prüfung der Rechtslage bei seiner Rechtsansicht bleiben, wird es schließlich auch noch die Berechnungen des [X.] überprüfen müssen. Das [X.] hat zwar die Berechnung des [X.] zur Minderung der vGA (wegen der im Streitjahr nicht zugeflossenen Tantieme) ausdrücklich gebilligt. Es hat dabei aber übersehen, dass die [X.]ahlen, von denen das [X.] ausgegangen ist, nicht schlüssig sind. Das [X.] hat die gesamte auf das Streitjahr entfallende vGA mit 304.614 DM beziffert. Das [X.] hat dabei nicht berücksichtigt, dass dieser Betrag um 45.000 DM zu niedrig ist, weil er insoweit eine Korrektur für 1997 enthält. Im Klageverfahren der GmbH sind entsprechende Korrekturbeträge einvernehmlich festgelegt und zusammengefasst bei der Veranlagung zur Körperschaftsteuer für 1996 korrigiert worden. Diese Handhabung hat das [X.] im vorliegenden Verfahren übernommen, obwohl keine Bindungswirkung der Verständigung für das vorliegende Verfahren besteht. In diesem [X.]usammenhang wird insbesondere zu berücksichtigen sein, dass sich die Annahme einer um 45.000 DM zu niedrigen vGA im Rahmen der vom [X.] vorgenommenen Verhältnisrechnung zu Lasten der Klägerin auswirkt.

6. Über die von der Klägerin erhobene Verfahrensrüge fehlerhafter Besetzung des Gerichts (§ 119 Nr. 1 [X.]O) infolge zu kurzer und das rechtliche Gehör abschneidender Anhörung (§ 119 Nr. 3 [X.]O) vor Erlass des [X.] durch das [X.] ist nicht mehr zu entscheiden, nachdem die Revision aus materiell-rechtlichen Gründen zum Erfolg geführt hat (vgl. Gräber/Ruban, Finanzgerichtsordnung, 7. Aufl., § 126 Rz 16, m.w.[X.]).

Meta

VIII R 19/07

30.11.2010

Bundesfinanzhof 8. Senat

Urteil

vorgehend Finanzgericht des Landes Brandenburg, 8. März 2006, Az: 2 K 1862/04, Urteil

§ 20 Abs 1 Nr 1 S 2 EStG 1990, § 6 Abs 1 FGO, § 8 Abs 3 S 2 KStG 1996, § 126 Abs 3 S 1 Nr 2 FGO, § 119 Nr 1 FGO, § 119 Nr 3 FGO, § 8 Abs 1 EStG 1990, § 11 Abs 1 S 1 EStG 1990, § 96 Abs 1 FGO

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Urteil vom 30.11.2010, Az. VIII R 19/07 (REWIS RS 2010, 969)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 969

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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