Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. 4 StR 278/05

4. Strafsenat | REWIS RS 2006, 5678

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[X.] vom 12. Januar 2006 in der Strafsache gegen 1. 2. wegen zu Ziff. 1. Bestechlichkeit zu Ziff. 2. Vorteilsgewährung - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und der Beschwerdeführer am 12. Januar 2006 gemäß § 349 Abs. 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revisionen der Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 19. Januar 2005 mit den Fest-stellungen aufgehoben. 2. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine Straf-kammer des [X.] zurückverwiesen. Gründe: Das [X.] hatte den Angeklagten [X.]wegen Steuerhin-terziehung zu einer Geldstrafe verurteilt; vom Vorwurf der Bestechlichkeit in drei Fällen hatte es ihn aus tatsächlichen Gründen freigesprochen. Ebenfalls aus tatsächlichen Gründen hatte es den Angeklagten [X.]vom Vorwurf der [X.] in zwei Fällen freigesprochen. Auf die Revision der Staatsan-waltschaft wurde dieses Urteil durch [X.]surteil vom 25. Februar 2004 - 4 StR 475/03 - mit den Feststellungen aufgehoben, soweit die Angeklagten in den [X.] 2 [[X.]] und 3 [Computer] der [X.] freigesprochen worden waren, und das Verfahren insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen. 1 Das [X.] hat nunmehr den Angeklagten [X.] wegen Bestechlichkeit in zwei Fällen unter Einbeziehung der wegen Steuerhinterzie-hung verhängten Geldstrafe zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zehn Monaten 2 - 3 - verurteilt. Den Angeklagten [X.]hat es der Vorteilsgewährung in zwei Fällen schuldig befunden und gegen ihn eine Gesamtfreiheitsstrafe von fünf Monaten festgesetzt. Die Vollstreckung beider Strafen wurde zur Bewährung ausgesetzt. Mit ihren Revisionen rügen die Angeklagten die Verletzung formellen und materiellen Rechts. Die Rechtsmittel haben mit der Sachrüge Erfolg, so dass es eines [X.] auf die Verfahrensrügen nicht bedarf. 3 I. Das [X.] hat folgende Feststellungen getroffen. 4 1. Der Angeklagte [X.]ist [X.] am Amtsgericht. Er war seit 1992 in der Gesamtvollstreckungs- und späteren Insolvenzabteilung des [X.]tätig, wobei unter anderem die Verwalterbestellung zu seinen [X.] gehörte. Dabei lernte er den Angeklagten [X.] kennen, der in als Gesamtvollstreckungsverwalter tätig war. Schon bald entwickelte sich zwi-schen ihnen eine freundschaftliche Beziehung. Auch mit den früheren [X.]und B.

, die seit 1995 bzw. 1998 mit dem Ange-klagten [X.]zusammenarbeiteten, waren der Angeklagte [X.] und seine damalige Lebensgefährtin und spätere Ehefrau [X.] befreundet. Ab 1997/1998 wurden unter Angehörigen des Amtsgerichts und bei [X.] Gerüchte darüber laut, dass sich die [X.] den beiden Angeklagten auf die Verwalterbestellungen zu Gunsten des Büros [X.]/[X.]auswirke. Der Angeklagte [X.]wurde mehrfach von [X.] und auch vom Präsidenten des Amtsgerichts darauf angesprochen; letzte-rer schlug ihm im [X.] 1998 sogar einen Wechsel in eine andere Abteilung des Amtsgerichts vor, was er aber ablehnte. Im Jahre 1999 trug der Angeklagte 5 - 4 - [X.] unter Umgehung der geschäftsplanmäßigen Zuständigkeit fünf neu ein-gehende Insolvenzverfahren in seinem Dezernat ein und bestellte in zwei dieser Verfahren den Angeklagten [X.] , in einem weiteren dessen Partner [X.]zu Insolvenzverwaltern; die Vergütungen für diese drei Verfahren wurden später auf insgesamt etwa 790.800,00 DM festgesetzt. 2. Der Angeklagte [X.]war Verwalter im Gesamtvollstreckungsverfah-ren über das Vermögen der Stahlgießerei [X.] GmbH. Er betraute den [X.] Mitangeklagten B. mit der Rückgabe von nicht zur Masse gehörenden [X.], unter anderem fünf Kraftfahrzeugen, die die Stahlgießerei über ein Autohaus von der [X.] erhalten hatte. Im September 1998 bot B. der damaligen Lebensgefährtin des Angeklagten [X.]in dessen Beisein eines dieser Fahrzeuge - einen [X.] -, die er als "Paket" von der Leasingfirma herauslösen wollte, zum Kauf für 20.000 DM an. Dieser Wagen hatte nach einem im September 1998 erstatteten Gutachten einen Händlereinkaufswert von 23.300 DM. [X.] nahm das Angebot an. Am 3. November 1998 kaufte B. , nachdem ein "Paketkauf" nicht zustande gekommen war, von dem Autohaus - ohne über den Preis zu verhandeln - einzig den für [X.] bestimmten [X.] für 25.000 DM. Gemeinsam mit dem Angeklagten [X.] überbrachte er ihr das Fahrzeug. Es wurde ein Kaufvertrag unterschrieben, der den vereinbarten Kaufpreis von 20.000 DM aufwies. Obwohl [X.] diesen Betrag erst am 9. Februar 1999 an B.

überwies, erhielt sie den [X.] schon kurz vor [X.] 1998; sie ließ den Wagen sogleich auf sich zu und nutzte ihn gemeinsam mit dem Angeklagten [X.]als einziges "Fa-milienfahrzeug". 6 - 5 - Im Januar 1999 behauptete der frühere Mitangeklagte B. , der den von ihm an das Autohaus zu zahlenden Kaufpreis Ende No-vember 1998 entrichtet hatte, gegenüber dem Angeklagten [X.] , er habe sich bei dem Pkw-Verkauf verkalkuliert und befinde sich deswegen in [X.]. Der Angeklagte [X.]
überwies daraufhin 5.000 DM auf das Geschäftskonto seines Mitarbeiters unter Angabe des Verwendungszwecks "[X.]". Die Zahlungseingänge der 5.000 DM und der 20.000 DM auf den [X.] trugen die handschriftlichen Vermerke "von hier vorveraus-lagt" bzw. "hier vorverauslagt". 7 3. Im Dezember 1999 gehörte der Angeklagte [X.] zum Mitarbeiter-stab des früheren Mitangeklagten [X.] , der durch das [X.]zum Verwalter im Insolvenzverfahren über das Vermögen der [X.] bestellt worden war. Der Angeklagte [X.]bekundete vor [X.] 1999 sein Interesse an einem der zur Insolvenzmasse gehörenden Computer. [X.] brachte der Angeklagte [X.]
mit Zustimmung des Insolvenzverwalters einen Computer zur Wohnung des Angeklagten [X.] in . Als [X.] nannte [X.]den im Dezember 1999 für solche Computer üblichen Betrag von etwa 1.000 DM; jedoch sollte sich die endgültige Höhe danach bestimmen, welche Preise für entsprechende Geräte bei dem ab Ende Januar 2000 geplan-ten freien Verkauf an alle Interessierten (sog. "[X.]") erzielt werden würde. Nachdem der Angeklagte [X.]das Gerät getestet hatte, beschloss er, dieses zu behalten. Er nahm Veränderungen daran vor und nutzte es, bis es anlässlich einer Hausdurchsuchung am 1. Februar 2000 bei ihm sichergestellt wurde. Bisher wurde weder eine Rechnung erstellt noch eine Zahlung geleistet. 8 - 6 - [X.] Die getroffenen Feststellungen tragen die Verurteilung der Angeklagten nicht. 9 1. Fall I[X.] 2 (1) der [X.] ([X.]) 10 Nach den Urteilsfeststellungen hat [X.] - und damit auch der Angeklagte [X.]- objektiv einen Vorteil erlangt, indem sie das Fahrzeug zu einem Preis erhalten hat, der sowohl unter dem [X.] als auch unter dem von dem früheren Mitangeklagten B. an das Autohaus gezahlten Kaufpreis lag. Im Rahmen seiner rechtlichen Würdigung geht das [X.] konkret davon aus, dass "der Vorteil der um 5.000 DM günstigere Kaufpreis" für das von [X.]

erworbene "Familienfahrzeug" sei ([X.]). 11 a) Nicht belegt ist aber, dass der Angeklagte [X.], der dies bestreitet, Kenntnis von dieser Preisdifferenz hatte. Das [X.] hat seine diesbezüg-liche Überzeugung auf eine nicht ausreichend gesicherte Beweisgrundlage ge-stützt (vgl. BGHR StPO § 261 Überzeugungsbildung 26, 34). Es begründet das Wissen des Angeklagten [X.]um den von dem früheren Mitangeklagten

B. entrichteten Einkaufspreis damit, dass bei der mündlichen Festle-gung des von [X.] zu zahlenden Kaufpreises im September 1998 noch nicht bekannt gewesen sei, welchen Betrag B. für den Erwerb des Fahrzeugs von dem Autohaus aufwenden müsse; es sei nicht [X.], dass später nicht darüber gesprochen worden sei, da man gerade unter [X.] nicht wolle, dass der Freund bei Geschäften "draufzahle"; [X.] habe sich der Angeklagte [X.]spätestens bei Übergabe des [X.]nach dem Einkaufspreis erkundigt ([X.]). Diese Annahme entbehrt einer festen Tatsachengrundlage; sie stellt somit nur eine Vermutung dar, auf die ein Schuldspruch nicht gestützt werden kann. Soweit die [X.] als Vorteil auch die Weitergabe des wegen des zunächst beabsichtigten "[X.]" zu erzielenden Rabatts bei der mündli-chen Kaufpreisvereinbarung angesehen hat ([X.], 31), legt sie dies ihrer rechtlichen Beurteilung nicht zu Grunde. Dasselbe gilt für die Erwägung, der Angeklagte [X.]habe als weiteren Vorteil billigend in Kauf genommen, dass der Pkw erst mehrere Wochen nach der Übergabe bezahlt worden sei ([X.]). Hinzu kommt, dass bei den letztgenannten Vorteilen die [X.] näherer Erörterung bedurft hätte. 13 b) Die Verurteilung des Angeklagten [X.]wird von den getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht getragen. 14 Die [X.] belegen nicht, dass dem für [X.] vorteilhaf-ten Kauf eine zwischen den Angeklagten [X.]und [X.] getroffene [X.] zu Grunde lag. Die [X.] hat sich nicht davon zu überzeu-gen vermocht, dass B. bei dem Verkauf des Kraftfahrzeugs an Ale-xandra [X.]zu einem besonders günstigen Preis auf Veranlassung des Ange-klagten [X.] gehandelt hat ([X.]); vielmehr hat sie die Einlassung [X.] s, er habe erst im Januar 1999 von dem Geschäft erfahren, für glaubhaft gehalten ([X.]). 15 - 8 - Auch die Annahme (sukzessiver) Mittäterschaft kommt auf der [X.] nicht in Betracht. Die [X.] ist - der Einlassung des Angeklagten [X.] folgend - davon ausgegangen, dieser habe an einen "Kalkulationsirrtum" des früheren Mitangeklagten B. geglaubt ([X.]). Zum einen würde eine solche "versehentliche [X.]" durch B. den Tatbestand des § 333 StGB nicht erfüllen, so dass eine (sukzessive) Mittäterschaft (vgl. zum Begriff [X.]/Fischer StGB 53. Aufl. § 25 Rdn. 21 m.w.N.) nicht in Betracht kommt; zum anderen wollte der Angeklagte [X.]durch die Überweisung B. aus [X.] helfen ([X.]) und sich nicht einer frem-den Tat anschließen. 16 Inwieweit der Angeklagte [X.] , wie das [X.] meint, durch die Überweisung des Differenzbetrages zugleich eine Nachforderung B. s gegenüber dem Angeklagten [X.] verhindert haben soll ([X.]), erschließt sich dem [X.] nicht. Abgesehen davon, dass eine Rechtsgrundlage für eine solche Nachforderung nicht ersichtlich ist, spricht auch die Tatsache, dass

B. in Kenntnis der Preisdifferenz einen schriftlichen Kaufvertrag über 20.000 DM mit [X.] geschlossen hat, gegen die Absicht, eine solche Forderung geltend machen zu wollen. 17 2. Fall I[X.] 2 (2) der [X.] (Computer) 18 Auch zu dem Verschaffen des Computers sind die [X.] wider-sprüchlich. 19 - 9 - Als Ergebnis der Beweisaufnahme stellt die [X.] fest, der Ange-klagte [X.] habe dem Angeklagten [X.] den Vorteil eines kostenlosen Computers zukommen lassen; der Vorteil sei mit mindestens 1.000 DM zu [X.] ([X.]). Nach den Sachverhaltsfeststellungen dagegen nahm der An-geklagte [X.]mindestens billigend in Kauf, "dass der Vorteil wenigstens darin liegt, dass er den Computer bereits seit Dezember 1999 nutzen, aber erst im Januar/Februar 2000 und dann auch noch zu einem weit geringeren [X.] muss als im Dezember, oder aber auch darin, dass die Geltendmachung des Kaufpreises bewusst unterblieb" ([X.]). Auf die erstgenannte Möglichkeit geht die [X.] weder bei den rechtlichen Erwägungen noch bei der Strafzumessung ein. Der [X.] vermag daher letztlich nicht auszuschließen, dass vom [X.] bei der Begründung der [X.] mit der Erwägung, das Gewährte gehe über das unter [X.] Übliche weit hinaus ([X.]), nur der gewichtigere Vorteil bedacht worden ist. Hierauf kann das Ur-teil insoweit beruhen. 20 Die Sache bedarf daher insgesamt neuer Verhandlung und Entschei-dung. 21 - 10 - I[X.] Der [X.] macht von der Möglichkeit Gebrauch, die Sache an ein ande-res [X.] zurückzuverweisen (§ 354 Abs. 2 StPO). 22 Tepperwien Maatz Kuckein [X.] Sost-Scheible

Meta

4 StR 278/05

12.01.2006

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 12.01.2006, Az. 4 StR 278/05 (REWIS RS 2006, 5678)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2006, 5678

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