Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.10.2014, Az. 9 B 32/14

9. Senat | REWIS RS 2014, 1807

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Gegenstand

Vorläufige Besitzeinweisung im Flurbereinigungsverfahren als Dauerverwaltungsakt


Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] beim [X.] vom 30. Januar 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 5 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die allein auf den [X.] der grundsätzlichen [X.]edeutung (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) gestützte [X.]eschwerde hat keinen Erfolg.

2

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne von § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache nur dann, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, konkreten, jedoch in ihrer [X.]edeutung über den der [X.]eschwerde zugrunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der [X.]eschwerdebegründung muss nach § 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO dargelegt, d.h. näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des [X.]undesrechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr; so bereits [X.]eschluss vom 2. Oktober 1961 - [X.]VerwG 8 [X.] 78.61 - [X.]VerwGE 13, 90 <91>; siehe auch [X.]eschluss vom 24. Juli 2008 - [X.]VerwG 9 [X.] 41.07 - [X.] 310 § 108 Abs. 1 VwGO Nr. 58 Rn. 3 m.w.N.). Der bloße Hinweis, die Rechtsfrage sei bisher noch nicht höchstrichterlich entschieden, reicht für den Vortrag der Klärungsbedürftigkeit allein nicht aus ([X.]eschluss vom 9. März 1993 - [X.]VerwG 3 [X.] 105.92 - [X.] 310 § 133 VwGO Nr. 11).

3

Diesen Anforderungen an die Darlegung der grundsätzlichen [X.]edeutung wird die [X.]eschwerdebegründung hinsichtlich der von ihr aufgeworfenen Frage, ob es sich bei der vorläufigen Anordnung der [X.]esitzeinweisung im Rahmen der Unternehmensflurbereinigung (§§ 87 ff. [X.]) um einen rechtsgestaltenden [X.] oder um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handelt, nicht gerecht. Denn in dieser Allgemeinheit lässt sich die Frage schon auf der Grundlage der bisherigen Rechtsprechung ohne Weiteres beantworten, ohne dass es dafür der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Ein [X.] ist nach seinem Sinn und Zweck und dem einschlägigen materiellen Recht in seinen Wirkungen wesensgemäß auf Dauer angelegt. Er ist allgemein dadurch gekennzeichnet, dass er sich nicht in einem einmaligen Ge- oder Verbot oder in einer einmaligen Gestaltung der Rechtslage erschöpft, sondern ein auf Dauer berechnetes oder in seinem [X.]estand vom Verwaltungsakt abhängiges Rechtsverhältnis begründet oder inhaltlich verändert. Die [X.]ehörde hat den [X.] auf fortbestehende Rechtmäßigkeit zu überwachen; für seine rechtliche [X.]eurteilung ist grundsätzlich die jeweils aktuelle Sach-und Rechtslage maßgeblich (vgl. Urteile vom 28. Februar 1997 - [X.]VerwG 1 C 29.95 - [X.]VerwGE 104, 115 <120> und vom 20. Juni 2013 - [X.]VerwG 8 C 46.12 - [X.]VerwGE 147, 81 Rn. 33; [X.], in: [X.]/[X.]onk/Sachs, [X.], 8. Aufl. 2014, § 35 Rn. 223 ff.). Eine derartige - zeitlich begrenzte - Dauerwirkung kommt der vorläufigen Anordnung nach § 36 [X.] ohne Weiteres zu; dass die Flurbereinigungsbehörde sie auch nach ihrem Erlass unter Kontrolle zu halten hat, bringt das Gesetz insbesondere dadurch zum Ausdruck, dass es die [X.]ehörde nicht nur ermächtigt, vorläufige Anordnungen zu erlassen, sondern auch, bereits erlassene Anordnungen aufzuheben oder zu ändern. Dies trägt dem Umstand Rechnung, dass dem Eigentümer mit der vorläufigen Anordnung nach § 36 Abs. 1 [X.] der [X.]esitz und die Nutzung des Grundstücks nicht endgültig entzogen und dem [X.]egünstigten übertragen werden ([X.]eschluss vom 6. März 1961 - [X.]VerwG 1 [X.] 141.60 - [X.] 424.01 § 36 [X.] von 1953 Nr. 2 S. 4). Es soll nicht schon der mit dem Flurbereinigungsverfahren erstrebte tatsächliche Zustand vorzeitig herbeigeführt, sondern es sollen lediglich für einen begrenzten Zeitraum der Übergang in den neuen Zustand vorbereitet und gesichert sowie die Aufstellung des Plans und die Durchführung des Verfahrens erleichtert und beschleunigt werden ([X.]eschluss vom 7. Juni 1963 - [X.]VerwG 1 [X.] 80.63 - [X.] zu § 36 Abs. 1 [X.]). Demgemäß ist die Anordnung nach § 36 Abs. 1 [X.] nicht nur einmalig für den Zeitpunkt der erstmaligen [X.]esitzübertragung, sondern für deren gesamte Dauer konstitutiv und folglich nur rechtmäßig, wenn und solange die Anordnung erforderlich sowie darüber hinaus dringend ist (vgl. [X.]eschluss vom 25. Januar 2007 - [X.]VerwG 10 [X.] 42.06 - [X.] 424.01 § 36 [X.] Nr. 9 Rn. 4).

4

Die konkreten Schlussfolgerungen, die das Flurbereinigungsgericht aus diesem Rechtscharakter der vorläufigen Anordnung im vorliegenden Fall gezogen hat, sind nicht grundsätzlich bedeutsam. Der Streitfall zeichnet sich durch eine ganze Reihe außergewöhnlicher Umstände aus (fehlerhafte öffentliche [X.]ekanntmachung, erhebliche zeitliche Verzögerung der geplanten [X.]esitzeinweisung, Neubekanntmachung mit unklarem Inhalt, faktische Vollziehung), die ihn vom Regelfall einer vorläufigen Anordnung unterscheiden. Ob die Annahme des [X.] zutrifft, die hier angefochtene Anordnung sei unter [X.]erücksichtigung dieser [X.]esonderheiten ab dem Zeitpunkt ihrer individuellen [X.]ekanntgabe dem Kläger gegenüber rechtmäßig geworden, betrifft nur den Einzelfall und hat keine darüber hinausgehende [X.]edeutung.

5

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG.

Meta

9 B 32/14

29.10.2014

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Beschluss

Sachgebiet: B

vorgehend Hessischer Verwaltungsgerichtshof, 30. Januar 2014, Az: 23 C 2254/12, Urteil

§ 36 Abs 1 FlurbG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 29.10.2014, Az. 9 B 32/14 (REWIS RS 2014, 1807)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 1807

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Referenzen
Wird zitiert von

W 3 K 17.62

M 18 K 17.3701

3 ZB 16.921

Au 3 K 14.766

12 CS 20.1750

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