Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2013, Az. III ZB 59/13

3. Zivilsenat | REWIS RS 2013, 760

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Gegenstand

Rechtswegeröffnung: Verweigerung der Einsicht in BAFin-Akten und des Informationszugangs nach dem Informationsfreiheitsgesetz; rechtswegüberschreitende Entscheidungskompetenz


Leitsatz

1. Macht ein Beschwerdeführer geltend, er könne in seiner Eigenschaft als Beteiligter an einem Verfahren nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz von der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Akteneinsicht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG verlangen, so ist gegen die ablehnende Verfügung der Bundesanstalt gemäß § 48 Abs. 4 WpÜG der ordentliche Rechtsweg eröffnet.

2. Bei einem auf das Informationsfreiheitsgesetz gestützten Anspruch auf Informationszugang (§ 1 Abs. 1 Satz 1 IFG) und einem auf der Grundlage der §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG geltend gemachten Akteneinsichtsrecht handelt es sich um verschiedene prozessuale Ansprüche. Eine rechtswegüberschreitende Entscheidungskompetenz gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 GVG des für den Anspruch nach § 1 Abs. 1 Satz 1 IFG zuständigen Gerichts auch für das Akteneinsichtsrecht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG besteht daher nicht.

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des Beschwerdeführers gegen den Beschluss des Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenats des [X.] vom 18. Februar 2013 - WpÜG 3 und 4/11 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des [X.] trägt der Beschwerdeführer.

Der Streitwert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 2.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Parteien streiten über den Rechtsweg für einen vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG.

2

Der Beschwerdeführer war im Jahr 2010 Aktionär der [X.]. Mit Schreiben vom 1. Oktober 2010 beantragte er nach Maßgabe des [X.] bei der Beschwerdegegnerin, der [X.], die Gewährung von Akteneinsicht in die Unterlagen, welche die Beschwerdegegnerin über die P.     -Übernahme durch die [X.] habe. Die Beschwerdegegnerin gab diesem Antrag mit Bescheid vom 3. Dezember 2010 teilweise bezüglich näher bezeichneter Unterlagen statt und lehnte das Begehren im Übrigen ab.

3

Der Beschwerdeführer hatte zwischenzeitlich mit Schreiben vom 19. November 2010 Widerspruch gegen die Gestattung des freiwilligen öffentlichen Übernahmeangebots der [X.] durch die Beschwerdegegnerin eingelegt. In dem Schreiben beantragte er nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG Einsicht in die Unterlagen, welche die Beschwerdegegnerin über die P.     -Übernahme durch die [X.] habe. Diesen Antrag lehnte die Beschwerdegegnerin mit Bescheid vom 25. November 2010 ab.

4

Die gegen die Bescheide vom 25. November 2010 und 3. Dezember 2010 gerichteten Widersprüche des Beschwerdeführers wies die Beschwerdegegnerin mit einheitlichem Widerspruchsbescheid vom 20. Januar 2011 zurück. In der beigefügten Rechtsbehelfsbelehrung wurde auf die Möglichkeit der Einlegung der Beschwerde bei dem [X.] verwiesen. Der Beschwerdeführer erhob daraufhin zunächst mit am selben Tag eingegangenem Schreiben vom 21. Februar 2011 Klage bei dem [X.], mit der er sein Akteneinsichtsgesuch nach dem [X.] weiterverfolgte. Ebenfalls mit am selben Tag, jedoch zeitlich nach der Klage bei dem Verwaltungsgericht eingegangenem Schreiben vom 21. Februar 2011 legte er Beschwerde bei dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmesenat des [X.] ein, mit der er seine Akteneinsichtsbegehren nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG und dem [X.] weiterverfolgte.

5

Das [X.] erklärte mit Beschluss vom 24. August 2011 den Verwaltungsrechtsweg für zulässig. Die hiergegen gerichtete Beschwerde der Beschwerdegegnerin wies der [X.] mit Beschluss vom 15. Dezember 2011 zurück. Die weitere Beschwerde der Beschwerdegegnerin wurde vom [X.] mit Beschluss vom 20. September 2012 (NVwZ 2012, 1563 = [X.], 2319) zurückgewiesen. Der Beschwerdeführer hat daraufhin mit Schreiben vom 30. Oktober 2012 bei dem [X.] die Verweisung des Rechtsstreits an das [X.] beantragt. Das [X.] hat mit dem angefochtenen Beschluss den ordentlichen Rechtsweg wegen des Anspruchs auf Akteneinsicht nach §§ 13, 29 VwVfG für zulässig erklärt. Mit der vom [X.] zugelassenen Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer seinen Verweisungsantrag vom 30. Oktober 2012 weiter.

II.

6

1. Die Beschwerde ist gemäß § 17a Abs. 4 Satz 4 bis 6 [X.] statthaft und auch im Übrigen zulässig. Sie ist eine Rechtsbeschwerde im Sinne der §§ 574 ff ZPO oder jedenfalls als solche zu behandeln (Senat, Beschluss vom 29. Juli 2004 - [X.], NJW-RR 2005, 142; [X.], Beschluss vom 16. Oktober 2002 - [X.], [X.]Z 152, 213, 214 f; [X.], ZPO, 22. Aufl., § 17a [X.] Rn. 29). Dies gilt auch in den Fällen, in denen das [X.] erstmals eine Vorabentscheidung nach § 17a Abs. 2 bis 4 [X.] getroffen hat (vgl. [X.], Beschluss vom 12. November 2002 - [X.], NJW 2003, 433, 434; [X.] aaO § 17a [X.] Rn. 28; MüKoZPO/[X.], 4. Aufl., § 17a [X.] Rn. 33).

7

2. Die Beschwerde hat jedoch in der Sache keinen Erfolg.

8

a) Das [X.] hat in Bezug auf die Klage auf Gewährung des [X.] nach dem [X.] ([X.]) vom 5. September 2005 ([X.] I S. 2722) eine Bindungswirkung des rechtskräftigen, den Verwaltungsrechtsweg für zulässig erklärenden Beschlusses des [X.] vom 24. August 2011 angenommen. Ein gerichtliches Verfahren, in dem ein Aktionär einen Anspruch auf Akteneinsicht in die behördlichen Akten eines Verwaltungsverfahrens zur Erteilung einer Befreiung an einen Bieter nach §§ 35, 37 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes ([X.]) vom 20. Dezember 2001 ([X.] I S. 3822) als Drittbetroffener auf § 29 VwVfG stütze, werde jedoch von der [X.], den ordentlichen Rechtsweg eröffnenden Sonderzuweisung nach § 48 Abs. 4 [X.] i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO umfasst.

9

Hieran ändere die im Verwaltungsrechtsweg rechtskräftig getroffene Entscheidung über die bestehende dortige Zuständigkeit hinsichtlich der Prüfung eines [X.]s nach dem [X.] nichts. Der Anwendungsbereich des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] sei nicht eröffnet, da es sich bei dem Anspruch auf Informationszugang nach dem [X.] und dem Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG um unterschiedliche Streitgegenstände handele. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Beschluss des [X.]s vom 20. September 2012, in dem eine Identität des Streitgegenstands offen gelassen worden sei.

Auch eine (teilweise) Verweisung des Verfahrens hinsichtlich des auf das [X.] gestützten Verpflichtungsbegehrens komme nicht in Betracht, weil dieser Anspruch vor dem Verwaltungsgericht bereits rechtshängig sei.

b) Dies hält der rechtlichen Nachprüfung stand.

aa) Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das [X.] angenommen, dass für den vom Beschwerdeführer geltend gemachten Anspruch auf Akteneinsicht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG grundsätzlich der ordentliche Rechtsweg gemäß § 48 Abs. 4 [X.] eröffnet ist. Die Bestimmung des § 48 Abs. 4 [X.] ist eine abdrängende Sonderzuweisung im Sinne des § 40 Abs. 1 Satz 1 Halbsatz 2 VwGO (Santelmann in [X.]meyer, [X.], 3. Aufl., § 48 Rn. 2; [X.]/[X.]/[X.], 3. Aufl., § 48 [X.] Rn. 2; Döhmel in [X.]/[X.]/[X.], [X.], 2. Aufl., § 48 Rn. 3). Der Gesetzgeber hat in § 48 Abs. 4 [X.] die Gerichtszuständigkeit bei dem [X.] am Sitz der Beschwerdegegnerin konzentriert, um divergierende Entscheidungen und Gesetzesauslegungen verschiedener Rechtswege zu vermeiden und der [X.] zum Verfahren der Fusionskontrolle Rechnung zu tragen (vgl. Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Regelung von öffentlichen Angeboten zum Erwerb von Wertpapieren und von Unternehmensübernahmen, BT-Drucks. 14/7034 S. 64 f). Um dieser Intention gerecht zu werden, ist die Sonderzuweisung in § 48 Abs. 4 [X.] weit auszulegen (Döhmel aaO § 48 Rn. 52; [X.] in [X.]/Süßmann, [X.], 2. Aufl., § 48 Rn. 3). Sie umfasst sämtliche Rechtsstreitigkeiten, die Verfügungen oder sonstige hoheitliche Handlungen der Beschwerdegegnerin im Rahmen der ihr nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zugewiesenen Aufgaben betreffen einschließlich hiermit in Zusammenhang stehender Nebenverfahren (vgl. [X.] aaO; KK-[X.]/[X.], 2. Aufl., § 48 Rn. 21). Nach dieser Maßgabe unterfällt auch der auf eine Verfahrensbeteiligung und damit auf §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG gestützte [X.] der Sonderzuweisung des § 48 Abs. 4 [X.]. Das Akteneinsichtsrecht eines Beteiligten an dem Verfahren nach dem Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz steht in einem engen Zusammenhang mit dem betreffenden Verfahren selbst. Es dient der Verwirklichung der Rechte des Beteiligten und ist im Verhältnis zu diesen Rechten nur ein Annex. Nebenansprüche, die nur einen Annex zu dem Hauptrecht des Beteiligten darstellen, folgen indes in der [X.] denselben Regeln wie das Hauptrecht. Eine für letzteres geltende Rechtswegzuweisung ist daher auch auf die Geltendmachung des [X.] zu erstrecken (vgl. zu einem Auskunftsanspruch, der als Hilfs- oder Nebenanspruch zum Amtshaftungsanspruch geltend gemacht wird, Senat, Urteil vom 25. September 1980 - [X.], [X.]Z 78, 274, 276 ff).

bb) Die Entscheidung über das Akteneinsichtsrecht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG fällt vorliegend auch nicht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] in die Entscheidungskompetenz des [X.]. Nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] entscheidet das Gericht des zulässigen Rechtswegs den Rechtsstreit unter allen in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkten. Ihm fällt damit eine rechtswegüberschreitende Sach- und Entscheidungskompetenz zu.

(1) Diese setzt indes voraus, dass Gegenstand des Verfahrens ein einheitlicher Streitgegenstand im Sinne eines einheitlichen prozessualen Anspruchs ist. Liegt hingegen eine Mehrheit prozessualer Ansprüche vor, ist für jeden dieser Ansprüche die [X.] gesondert zu prüfen (Senat, Urteil vom 28. Februar 1991 - [X.], [X.]Z 114, 1, 2; [X.]/[X.], [X.], 7. Aufl., § 17 Rn. 55; [X.], 5. Aufl., § 17 [X.] Rn. 7; [X.]/[X.]/[X.], ZPO, 34. Aufl., § 17 [X.] Rn. 5; [X.] aaO § 17 [X.] Rn. 16). Ziel der Änderung des § 17 Abs. 2 [X.] war es, in Fällen, in denen der [X.] auf mehrere, verschiedenen Rechtswegen zugeordnete Grundlagen gestützt ist, das angerufene Gericht zur Entscheidung über sämtliche [X.] zu verpflichten, sofern nur der Rechtsweg für einen von ihnen gegeben ist. Würde diese Erweiterung der Entscheidungskompetenz hingegen auch bei einer Mehrheit prozessualer Ansprüche die Zulässigkeit des Rechtswegs für sämtliche prozessuale Ansprüche begründen, wäre der Rechtswegmanipulation durch beliebige Klagehäufungen Tür und [X.] geöffnet. Dass der Gesetzgeber dies in Kauf nehmen wollte, ist nicht ersichtlich (Senat, Urteil vom 28. Februar 1991 aaO).

(2) Bei dem auf das [X.] gestützten Anspruch auf Informationszugang und dem auf der Grundlage der §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG geltend gemachten Akteneinsichtsrecht handelt es sich - wie das [X.] zutreffend erkannt hat - um verschiedene Streitgegenstände mit der Folge, dass eine rechtswegüberschreitende Sach- und Entscheidungskompetenz des [X.] gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch hinsichtlich des [X.] nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG nicht gegeben ist (verschiedene Streitgegenstände annehmend auch [X.], Beschluss vom 15. Dezember 2011 - 6 B 1926/11, juris Rn. 30 ff; ablehnend [X.]/[X.], EWiR 2013, 283, 284 sowie - für das [X.] NRW - [X.], [X.] 2012, 489, 490; für das Verhältnis von § 25 [X.] zu § 1 [X.] ebenfalls bejahend [X.], [X.] 15/2012 [X.]. 6; a.A. insoweit - jedoch ohne Begründung - [X.], Beschluss vom 26. April 2010 - L 16 [X.]/09 SV, juris Rn. 13).

(a) Streitgegenstand eines Rechtsstreits ist nicht ein bestimmter materiell-rechtlicher Anspruch, sondern der als Rechtsschutzbegehren oder Rechtsfolgenbehauptung verstandene eigenständige prozessuale Anspruch. Dieser wird bestimmt durch den Klageantrag (Rechtsfolge) und den Lebenssachverhalt (Klagegrund), aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet (sogenannter zweigliedriger [X.], vgl. Senat, Urteil vom 29. Juni 2006 - [X.], NJW-RR 2006, 1502 Rn. 8; [X.], Urteile vom 13. Januar 2009 - [X.], NJW-RR 2009, 790 Rn. 17 und vom 19. November 2003 - [X.], [X.]Z 157, 47, 50). Auch im Fall eines einheitlichen Klageantrags können daher mehrere Streitgegenstände vorliegen. Voraussetzung hierfür ist, dass der Antrag auf mehrere Sachverhalte und Ansprüche gestützt wird ([X.]/Vollkommer, ZPO, 30. Aufl., Einleitung Rn. 74).

(b) Vorliegend sind zwar die durch den Beschwerdeführer formulierten Anträge, mit denen ein Anspruch auf Informationszugang nach dem [X.] einerseits und ein [X.] nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG andererseits geltend gemacht werden, inhaltlich im Wesentlichen identisch. Mit beiden Anträgen begehrt der Beschwerdeführer Einsicht in die Unterlagen, die der Beschwerdegegnerin über die P.     -Übernahme durch die [X.] vorliegen. Eine Mehrheit von [X.] kann jedoch bei gleichem Antrag auch dann vorliegen, wenn die materiell-rechtliche Regelung die [X.] Ansprüche erkennbar unterschiedlich ausgestaltet (Senat, Urteile vom 27. Mai 1993 - [X.], NJW 1993, 2173 und vom 11. Juli 1996 - [X.], NJW 1996, 3151, 3152; [X.], Urteile vom 24. Januar 2013 - [X.], [X.], 397 Rn. 13 und vom 22. Oktober 2013 - [X.], juris Rn. 22, zur Veröffentlichung in [X.]Z vorgesehen). Das ist vorliegend der Fall.

Das [X.] hat zu Recht auf die grundlegenden strukturellen Unterschiede zwischen dem Informationsanspruch nach dem [X.] und dem Akteneinsichtsrecht gemäß § 29 VwVfG hingewiesen. Das [X.] begründet unabhängig von einem konkreten Verwaltungsverfahren ein allgemeines Informationszugangsrecht für jedermann, das nicht nur hinsichtlich der [X.], der Anspruchsvoraussetzungen und der Grenzen eine besondere gesetzliche Ausgestaltung erfahren hat, sondern für das auch hinsichtlich seiner Gewährung ein eigenständiges, im [X.] geregeltes Verwaltungsverfahren vorgesehen ist (§§ 7 ff [X.]; vgl. dazu [X.], [X.], 2009, § 1 Rn. 17). Dagegen besteht das Akteneinsichtsrecht gemäß der spezialgesetzlichen Regelung des § 29 VwVfG ausschließlich im Rahmen eines konkreten Verwaltungsverfahrens. Es dient den Akteneinsicht [X.] zur Geltendmachung oder Verteidigung ihrer rechtlichen Interessen als Beteiligte im Sinne von § 13 Abs. 1 VwVfG. Das Akteneinsichtsrecht nach § 29 VwVfG ist mithin - als Annex zu den Hauptrechten der Beteiligten (s.o. zu aa) - untrennbar mit dem Verwaltungsverfahren selbst verbunden, innerhalb dessen es geltend gemacht wird.

Diese bedeutenden funktionellen und strukturellen Unterschiede zwischen dem Informationszugangsrecht nach dem [X.] einerseits und dem Akteneinsichtsrecht nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG andererseits dürfen bei der Frage eines einheitlichen prozessualen Anspruchs nicht unberücksichtigt bleiben. Eine Sichtweise, die in der vorliegenden spezifischen Konstellation ausschließlich auf den Wortlaut des Klageantrags abstellt, greift zu kurz, da sie den vorgenannten Unterschieden und Besonderheiten der Ansprüche nach dem [X.] und §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG nicht hinreichend Rechnung trägt.

Zudem ist zu bedenken, dass mit der Neufassung des § 17 Abs. 2 [X.] durch das Vierte Gesetz zur Änderung der [X.]ordnung vom 17. Dezember 1990 ([X.] I S. 2809) zwar eine rechtswegüberschreitende Entscheidungskompetenz in dem Sinn begründet worden ist, dass das angerufene Gericht den Rechtsstreit grundsätzlich umfassend entscheidet, sofern der der zu ihm beschrittene Rechtsweg für einen Klagegrund zulässig ist (Regierungsentwurf eines [X.] zur Änderung der [X.]ordnung, BT-Drucks. 11/7030 S. 37). Diese für den zu entscheidenden Einzelfall sinnvolle und prozessökonomische Lösung darf indes nicht dazu führen, dass der Rechtsweg in bestimmten Konstellationen vollständig zur Disposition der Parteien steht (vgl. zu diesem für die Bestimmung der Reichweite von § 17 Abs. 2 [X.] maßgeblichen Gesichtspunkt: Senat, Urteil vom 28. Februar 1991 aaO). Insbesondere wäre es mit der spezialgesetzlichen Regelung eines - das Informationszugangsrecht nach § 1 Abs. 3 [X.] nicht verdrängenden - [X.] und der daraus oder aus einer gesetzlichen Sonderzuweisung wie § 48 Abs. 4 [X.] (vgl. auch § 63 Abs. 4 GWB, § 75 Abs. 4 [X.]) folgenden Zuständigkeit der entsprechenden Fachgerichte nicht vereinbar, wenn mittels der gleichzeitigen Geltendmachung des allgemeinen [X.] nach dem [X.] systematisch die Entscheidungskompetenz der sachnäheren Gerichtsbarkeit unterlaufen und eine übergreifende Entscheidungskompetenz für [X.] nach dem [X.] zuständigen Gerichtsbarkeit begründet werden könnte. Eine solche, zur Disposition der Parteien stehende Verlagerung der Entscheidungskompetenz droht indes bei Annahme eines einheitlichen Streitgegenstands im Fall von Ansprüchen nach § 1 [X.] und §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG, zumal hier ein Anspruch nach § 1 [X.] nicht nach § 1 Abs. 3 [X.] verdrängt und auch im Übrigen selten von vornherein offensichtlich nicht gegeben sein wird (zu diesem eine rechtswegübergreifende Entscheidungskompetenz ausschließenden Gesichtspunkt vgl. Senat, Urteil vom 5. Juli 1990 - [X.], [X.]R [X.] § 17 Teilverweisung 2 - Zivildienstverhältnis; [X.]/Vollkommer aaO § 17 [X.] Rn. 8).

Die vorgenannten funktionellen und strukturellen Unterschiede und die Gefahr einer zur Disposition der Parteien stehenden Aushöhlung der Entscheidungskompetenz der sachnäheren Gerichtsbarkeit für das spezialgesetzlich geregelte Akteneinsichtsrecht stehen nach Auffassung des Senats der Annahme eines einheitlichen prozessualen Anspruchs im Fall des [X.] gemäß § 1 [X.] einerseits und des [X.] nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG andererseits entgegen. Eine Entscheidungskompetenz des [X.] gemäß § 17 Abs. 2 [X.] auch betreffend den Anspruch nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG besteht danach nicht.

(3) Die Bestimmung des § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] ist in Bezug auf den Anspruch aus §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG vorliegend auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Bindungswirkung des § 17a Abs. 1 [X.] anwendbar. Insbesondere hat das [X.] in seinem Beschluss vom 20. September 2012 - entgegen der Auffassung der Beschwerde - nicht mit Bindungswirkung eine rechtswegübergreifende Zuständigkeit der Verwaltungsgerichte nach § 17 Abs. 2 [X.] auch für den Anspruch aus § 29, 13 Abs. 1 VwVfG festgestellt. Es hat vielmehr, worauf das [X.] zutreffend hinweist, ausdrücklich offen gelassen, ob die vom Kläger geltend gemachten Ansprüche aus § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG demselben Streitgegenstand zuzuordnen sind und damit auch über den Anspruch aus § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG im Verwaltungsrechtsweg zu entscheiden ist (BVerwG, [X.], 2319, 2320; so auch [X.], [X.], 492). Zwar hat es eine Identität des Streitgegenstands für den Fall erwogen, dass der Anspruch nach § 1 Abs. 2 Satz 1 Alt. 2 [X.] auf die Gewährung von Akteneinsicht gerichtet ist. Zugleich hat es jedoch in Betracht gezogen, dass bei einem Verpflichtungsbegehren der Streitgegenstand nicht allein durch die begehrte Rechtsfolge und den Klagegrund bestimmt, sondern auch durch die gesetzliche Anspruchsgrundlage präzisiert und umgrenzt wird. Es hat diese - aus seiner Sicht nicht entscheidungserheblichen - Fragen jedoch nicht vertieft.

Die weiteren Ausführungen des [X.]s, eine einheitliche Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand werde dadurch gewährleistet, dass das Gericht, bei dem ein Verfahren zuerst rechtshängig geworden sei, nach § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] rechtswegüberschreitend über sämtliche Anspruchsgrundlagen entscheiden könne, beruhen auf der hypothetischen Annahme eines einheitlichen Streitgegenstands. Diesen hat es indes - wie ausgeführt - in Bezug auf die Ansprüche nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 29 Abs. 1 Satz 1 VwVfG gerade nicht festgestellt.

(4) Der Verweisungsantrag des Beschwerdeführers wäre im Übrigen auch dann unbegründet, wenn - entgegen den vorstehenden Ausführungen - die Ansprüche nach § 1 Abs. 1 Satz 1 [X.] und § 29, 13 Abs. 1 VwVfG einen einheitlichen Streitgegenstand bilden würden. In diesem Fall hätte das vom Beschwerdeführer früher angerufene Verwaltungsgericht gemäß § 17 Abs. 2 Satz 1 [X.] auch über den [X.] nach § 29, 13 Abs. 1 VwVfG zu entscheiden. Damit aber wäre die Rechtshängigkeit hinsichtlich dieses Anspruchs zuerst beim Verwaltungsgericht eingetreten, so dass die beim [X.] später eingereichte Beschwerde auf Grund doppelter Rechtshängigkeit unzulässig wäre. Das in der bereits bestehenden Rechtshängigkeit des prozessualen Anspruchs begründete, von Amts wegen zu beachtende Prozesshindernis würde zur Verwerfung der Beschwerde als unzulässig und nicht zu einer Verweisung in den anderen bereits beschrittenen Rechtsweg führen ([X.]/[X.] aaO § 17 Rn. 16; MüKoZPO/[X.] aaO § 17 [X.] Rn. 8).

cc) Der Rechtsstreit ist - entgegen der Auffassung der Beschwerde - auch nicht zur Vermeidung divergierender Entscheidungen über das Akteneinsichtsbegehren durch die Gerichte der [X.]barkeit einerseits und das [X.] andererseits an das Verwaltungsgericht zu verweisen. Abweichende Entscheidungen zu verschiedenen [X.] sind jederzeit möglich und unbedenklich. Selbst bei Annahme eines einheitlichen Streitgegenstands und der daraus folgenden Zuständigkeit der [X.]barkeit wären unterschiedliche Ergebnisse bezüglich der beiden geltend gemachten, sich in ihren Voraussetzungen und insbesondere ihren Ausnahmeregelungen unterscheidenden Anspruchsgrundlagen ohne weiteres möglich.

3. Der Verweisungsantrag des Beschwerdeführers ist nach alledem unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt begründet. Es verbleibt vielmehr hinsichtlich des [X.] nach §§ 29, 13 Abs. 1 VwVfG bei der Zuständigkeit des [X.] gemäß § 48 Abs. 4 [X.].

Schlick                       [X.]

              Tombrink                       [X.]

Meta

III ZB 59/13

27.11.2013

Bundesgerichtshof 3. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend OLG Frankfurt, 18. Februar 2013, Az: WpüG 3/11, Beschluss

§ 17 Abs 2 S 1 GVG, § 1 Abs 1 S 1 IFG, § 13 Abs 1 VwVfG, § 29 VwVfG, § 48 Abs 4 WpÜG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 27.11.2013, Az. III ZB 59/13 (REWIS RS 2013, 760)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 760

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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