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Stattgebender Kammerbeschluss: Verletzung des Anspruchs auf effektiven Rechtsschutz (Art 19 Abs 4 GG) durch Zulässigerklärung einer Auslieferung ohne hinreichende gerichtliche Aufklärung der Gefahr einer politischen Verfolgung im Zielstaat (hier: Russische Föderation) - völkerrechtliche Zusicherung des Zielstaates im Auslieferungsverfahren entbindet nicht von eigener fachgerichtlicher Gefahrenprognose
Der Beschluss des [X.] vom 23. August 2019 - 1 Ausl (A) 4/19 (2/19) - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 19 Absatz 4 des Grundgesetzes, soweit er die Auslieferung des Beschwerdeführers an die [X.] für zulässig erklärt; er wird insoweit aufgehoben.
Die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen.
Damit erledigt sich der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Das [X.] hat dem Beschwerdeführer seine notwendigen Auslagen zu erstatten.
Die [X.]beschwerde betrifft die Auslieferung eines [X.] Staatsangehörigen tschetschenischer Herkunft zur Strafverfolgung nach [X.].
1. Mit Auslieferungsersuchen der [X.]schaft der [X.] vom 6. März 2019 erbaten die [X.] Behörden die Auslieferung des Beschwerdeführers zur Strafverfolgung. Dem Auslieferungsersuchen liegt ein Haftbefehl des Bezirksgerichts [X.] in [X.] vom 12. Juli 2018 zugrunde. In diesem wird dem Beschwerdeführer vorgeworfen, sich am 14. Mai 2016 an [X.] auf einem [X.]er Friedhof beteiligt zu haben. Hierbei habe es sich um Rivalitäten zwischen Tadschiken und [X.] gehandelt, von denen erstere möglicherweise illegal auf dem Friedhof gearbeitet hätten. Anlässlich einer organisierten "[X.]" seien die Beteiligten uniformiert und mit Schuss-, Stich- und Hiebwaffen bewaffnet aufeinander losgegangen. Der Beschwerdeführer stehe im Verdacht, mit einer Handfeuerwaffe Schüsse in Richtung der Gruppe der Tadschiken abgegeben zu haben. Insgesamt seien auf Seiten der Tadschiken rund ein Dutzend Personen durch Schläge und Stiche teils schwer verletzt worden. Zwei Personen seien zu Tode gekommen, eine davon durch Schussverletzungen.
2. Am 11. Februar 2019 wurde der Beschwerdeführer von der Polizei aufgegriffen und am darauffolgenden Tag dem [X.] vorgeführt. Er erklärte, er sei die gesuchte Person, machte Angaben zur Person, schwieg aber zu den Vorwürfen. Er sagte aus, ihm sei in [X.] im Jahr 2007 politisches Asyl gewährt worden. Das gerichtliche Protokoll weist aus, dass er während der Anhörung eine "[X.] Aufenthaltskarte" vorgelegt habe, aus der sich der "Flüchtlingsstatus" des Beschwerdeführers ergebe. Mit seiner Auslieferung nach [X.] und mit der Anwendung des vereinfachten Verfahrens erklärte er sich nicht einverstanden. Zudem verzichtete er nicht auf den Schutz des [X.]es.
3. Der dem Beschwerdeführer beigeordnete Verteidiger beantragte am 13. Februar 2019 die Ermittlung der konkret zu erwartenden Haftbedingungen.
4. Auf Antrag des [X.]s des [X.] ordnete das [X.] am 15. Februar 2019 die vorläufige Auslieferungshaft gegen den Beschwerdeführer an. Die Auslieferung erscheine nicht von vornherein unzulässig. Ein Haftgrund liege vor, da der Beschwerdeführer unter verschiedenen Identitäten auftrete, nach den bisherigen Erkenntnissen bereits einmal aus der [X.] abgeschoben worden sei und auch die Behörden [X.] gegen ihn zu ermitteln schienen. Mit milderen Mitteln als der Auslieferungshaft könne das Verfahren nicht gesichert werden.
5. [X.] wurden unter dem 11. März 2019 übersandt. Bereits in diesen sicherten die [X.] Behörden zu, dass den Beschwerdeführer keine unmenschliche Behandlung erwarte, er im Strafverfahren sämtliche Verteidigungsmöglichkeiten nebst Zugang zu Anwälten erhalte und nicht politisch verfolgt werde. Der [X.] werde eingehalten und der Beschwerdeführer werde in einer Haftanstalt untergebracht, die den Europäischen Strafvollzugsgrundsätzen und der [X.] genüge.
6. Am 13. März 2019 ordnete das [X.] die förmliche Auslieferungshaft an. Die sich aus den nun übersandten Auslieferungsunterlagen ergebende Anlasstat sei in [X.] jedenfalls als gefährliche Körperverletzung beziehungsweise Landfriedensbruch oder versuchter Totschlag strafbar.
7. Auf Ersuchen des [X.]s des [X.] wurde der Beschwerdeführer vor dem [X.] am 29. März 2019 zu konkreten Fragen angehört. Dabei wurde er unter anderem zur Person und allgemein dazu befragt, welche Einwendungen er gegen die Auslieferung erhebe. Der [X.] hatte dem Amtsgericht zuvor einen Fragenkatalog übersandt. Die kurzfristig anberaumte Anhörung fand ohne den Prozessbevollmächtigten des Beschwerdeführers statt, der terminlich verhindert war. Der Beschwerdeführer führte ausweislich des Protokolls aus, er sei tschetschenischer "Staatsangehöriger", verheiratet und habe eine Tochter. Eigentlich lebe er in [X.]. Er erklärte, er wolle ausdrücklich festhalten, dass er in [X.] als Flüchtling anerkannt worden sei. Man habe ihm politisches Asyl gewährt, weil [X.] davon ausgegangen sei, dass er in [X.] politisch verfolgt werde. Daher habe er in [X.] einen "blauen Reisepass" bekommen, mit dem er reisen könne. Zu Einwendungen gegen die Auslieferung befragt, gab er an, er wolle "unter keinen Umständen nach [X.]". Dort müsse er um sein Leben fürchten. Ausweislich des Protokolls befragte das Amtsgericht den Beschwerdeführer nicht zu den Hintergründen der politischen Verfolgung; das [X.] enthielt auch keinen dahingehenden Auftrag.
8. Unter dem 2. April 2019 beantragte der [X.] des [X.], die Auslieferung für zulässig zu erklären. Die Tat, zu der der Beschwerdeführer sich nicht geäußert habe, sei auslieferungsfähig. In der ersten Vernehmung habe er noch angegeben, er habe die [X.] Staatsangehörigkeit. Ernstliche Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung seien nicht ersichtlich. Zwar habe der Beschwerdeführer vorgetragen, er sei in [X.] als Flüchtling anerkannt, nähere Angaben zu seiner politischen Verfolgung habe er aber nicht gemacht. Jedenfalls bestünden mit Blick auf die Zusicherungen der [X.] keine Bedenken.
9. Der Beschwerdeführer beantragte am 17. April 2019 durch seinen Prozessbevollmächtigten, die Auslieferung als unzulässig abzulehnen. Die Haftbedingungen in [X.] seien für Bürger "tschetschenischen Ursprungs" nicht mit den Vorgaben der [X.] in Einklang zu bringen. Mit der Anerkennung des Beschwerdeführers als Flüchtling in einem Mitgliedstaat der [X.] ([X.]) liege zudem ein Auslieferungshindernis vor. Insoweit sei der Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt. Im Übrigen sei die Auslieferungshaft aufzuheben.
Mit Bezug zu den Haftbedingungen in [X.] führte der Beschwerdeführer unter Vorlage von Berichten aus, dass diese häufig durch den [X.] ([X.]) und Menschenrechtsorganisationen gerügt worden und deshalb jedenfalls konkrete Angaben dazu erforderlich seien, was den Beschwerdeführer in [X.] erwarte. Der [X.] habe festgestellt, dass innerstaatliche Rechtsbehelfe im Kontext des [X.] Strafvollzugs nicht verlässlich seien. Gerade für tschetschenische Volkszugehörige muslimischen Glaubens wie den Beschwerdeführer bestehe zudem ein gesteigertes Risiko der Misshandlung. Eine Zusicherung sei nicht geeignet, hinreichende Haftbedingungen sicherzustellen. Die Aussagekraft der [X.] Zusicherungen tendiere ohnedies gegen Null, weil schon nicht erkennbar sei, dass diese in der Vergangenheit überhaupt überprüft worden seien. Es werde angeregt, beim [X.] um Mitteilung zu ersuchen, wie viele Personen in den letzten fünf Jahren nach [X.] ausgeliefert, wie oft Besuche durchgeführt und welche Befunde erhoben worden seien.
Zudem sei aktenkundig, dass der Beschwerdeführer über einen [X.]n Aufenthaltstitel mit Gültigkeit vom 29. März 2017 bis zum 29. März 2020 verfüge. Der vorgelegte [X.] Ausweis weise ihn als "Flüchtling" aus. [X.] sei dieser Status zuletzt verlängert worden. Der Ausweis spreche explizit von "Flüchtlingsstatus" ("Status Uchodzcy"). Daher stehe § 6 Abs. 2 [X.] der Auslieferung entgegen. Hilfsweise werde die Beiziehung der [X.]n Akten beantragt. Das [X.] habe entschieden, dass die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus in einem Vertragsstaat der Genfer Flüchtlingskonvention eine "erhebliche prozessuale Relevanz" im Auslieferungsverfahren habe und ein "gewichtiges Indiz" für eine gegenüber dem Betroffenen bestehende politische Verfolgung darstelle (unter Verweis auf [X.] 52, 391). Die [X.]schaft habe die Flüchtlingsanerkennung unzureichend gewürdigt. Auch die [X.]e entnähmen der Flüchtlingsanerkennung eines anderen [X.]-Mitgliedstaats jedenfalls die Vermutung einer tatsächlich bestehenden politischen Verfolgung, die entkräftet werden müsse, um zur Zulässigkeit der Auslieferung zu gelangen.
Überdies müsse innerhalb der [X.] gelten, dass die Zuerkennung des Flüchtlingsstatus durch einen [X.]-Mitgliedstaat Bindungswirkung für ein Auslieferungsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat habe. Art. 78 des Vertrags über die Arbeitsweise der [X.] (A[X.]V) ziele auf die Einführung eines "in der ganzen [X.] gültigen einheitlichen Asylstatus für Drittstaatsangehörige". Auch aus Art. 19 Abs. 2 der Grundrechtecharta der [X.] ([X.]) folge, dass Abschiebungen, Ausweisungen und Auslieferungen gleich zu behandeln seien und es auf das Ergebnis, nämlich die [X.] in einen Staat, in welchem dem Betroffenen unmenschliche Behandlung drohe, ankomme. Im unionsrechtlichen Sekundärrecht werde Art. 78 A[X.]V mit Leben gefüllt. Die Richtlinie 2003/109/[X.] in der Fassung der Richtlinie 2011/51/[X.] ziele darauf ab, dass die Bedingungen für den Aufenthalt von Drittstaatsangehörigen, die die Rechtsstellung eines langfristig [X.] besitzen, in dem zuständigen Mitgliedstaat festgelegt werden. Art. 12 der Richtlinie bestimme, dass eine Ausweisung allein in denjenigen Mitgliedstaat möglich sei, der dem Betroffenen derzeit Schutz gewähre. Er verbriefe damit die primäre Zuständigkeit desjenigen Mitgliedstaats, der die Anerkennung des internationalen Schutzes vorgenommen habe. Dies sei übertragbar auf alle Personen, die unter internationalem Schutz stünden.
Ein solcher Ausweisungsschutz sei auch im Auslieferungsverfahren beachtlich. Es sei anerkannt, dass für § 6 Abs. 2 [X.] dieselben materiellen Maßstäbe Anwendung fänden, die bei der Prüfung des Flüchtlingsstatus maßgeblich seien. § 6 Satz 2 Asylgesetz bezwecke lediglich, dass [X.]e in Auslieferungsverfahren nicht auf eine negative Asylentscheidung verweisen dürften, sondern die Frage der politischen Verfolgung selbst prüfen müssten. Ein zuerkannter Ausweisungsschutz führe indes stets zur Unzulässigkeit der Auslieferung. Auch im nationalen Recht sei es dem [X.] nur erlaubt, die Frage der politischen Verfolgung, soweit eine solche Gefahr im asylrechtlichen Verfahren bejaht worden sei, unter Einbeziehung der Besonderheiten des Auslieferungsrechts eigenständig zu prüfen. Ohne dass solche Besonderheiten gegenüber dem asylrechtlichen Kontext bestünden, zum Beispiel individualisierte Zusicherungen vorlägen, dürfe ein [X.] die positive Entscheidung aus dem asylrechtlichen Verfahren nicht unterlaufen. Dies sei im vorliegenden Fall zudem europarechtlich verwehrt, weil kompetenzrechtlich für die Frage des internationalen Schutzes ein anderer Mitgliedstaat - hier [X.] - zuständig sei.
Sollte das [X.] die Auslieferung dennoch für zulässig halten, müsse es die aufgeworfene Frage dem [X.] vorlegen. Hilfsweise werde beantragt, die Akten des [X.]n Asylverfahrens beizuziehen.
10. Mit weiterem Schriftsatz vom 18. April 2019 bestritt der Beschwerdeführer die Tatbegehung und trug vor, es handele sich um einen Fall der Identitätstäuschung. Er habe seine Heimat seit mehreren Jahren nicht aufgesucht.
11. Mit Beschluss vom 10. Mai 2019 erklärte das [X.] die Auslieferung für zulässig und ordnete die Fortdauer der Auslieferungshaft an. Es bestehe eine völkervertragliche Pflicht zur Auslieferung. [X.] lägen nicht vor. Der Beschwerdeführer habe bei seiner ersten Vorführung angegeben, er sei die gesuchte Person. Für einen Missbrauch des [X.] durch den [X.] bestünden keine Anhaltspunkte. Erst im Laufe des Verfahrens habe der Beschwerdeführer behauptet, er sei nicht [X.], sondern moslemischer [X.].Dieser Behauptung glaube der [X.] nicht, weil er sich zuvor selbst als [X.] bezeichnet habe und die Tat auf der Seite der russischstämmigen Täter gegen die Tadschiken verübt haben soll. Wäre er [X.], so sei dies unplausibel, weil [X.]n und Tadschiken vergleichbar seien.
Asylrechtliche Gesichtspunkte, die gegen eine Auslieferung sprächen, lägen nicht vor. Der Beschwerdeführer habe in [X.] keinen Asylantrag gestellt. Soweit er eine [X.] Aufenthaltserlaubnis habe und diese ihn als Flüchtling ausweise, sage dies nichts darüber aus, dass er in [X.] als "politischer" Flüchtling Asyl erhalten habe oder dies wegen der Gefahr politischer Verfolgung erfolgt sei. Die Verhältnisse im [X.], die der Prozessbevollmächtigte angesprochen habe, seien irrelevant, weil nicht um Auslieferung dorthin ersucht worden sei.
Die geäußerten Zweifel hinsichtlich der Haftbedingungen teile der [X.] nicht. Zwar möge der Justizvollzug in [X.] systemische Unzulänglichkeiten aufweisen, es gebe vorliegend aber Zusicherungen, an deren Ernsthaftigkeit kein Zweifel bestehe. Der [X.] stehe stets im Kontakt mit dem [X.]. Diese vertrauten den [X.] Zusicherungen uneingeschränkt, zumal jene durch Konsularbeamte überprüfbar seien. Eine solche Überprüfung finde auch statt. Dem [X.] lägen aus mehreren [X.] und außer[X.] Ländern aktuelle Berichte [X.] Botschaften vor, in denen die Ergebnisse der jeweiligen Überprüfungen festgehalten worden seien.
12. Unter dem 15. Mai 2019 erhob der Beschwerdeführer Anhörungsrüge und Gegenvorstellung beziehungsweise beantragte gemäß § 33 [X.] eine erneute Zulässigkeitsentscheidung.
Der Beschwerdeführer habe seit seiner Festnahme kohärent dargelegt, dass er in [X.] als Flüchtling anerkannt sei. Der Begriff Flüchtling sei, anders als der [X.] meine, europaweit einheitlich definiert als drittstaatsangehörige Person, die sich aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen der Rasse, Religion, Nationalität, politischen Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten [X.] Gruppe außerhalb des [X.] der Staatszugehörigkeit befinde und den Schutz des [X.] seiner Staatszugehörigkeit nicht in Anspruch nehmen könne oder dies aus Furcht nicht wolle. Es sei unvertretbar, davon auszugehen, dass mit der Bezeichnung "Flüchtling" auf dem [X.]n Ausweis etwas Anderes gemeint sein könne. Im Übrigen sei der [X.] der Verteidigung übergangen worden. Ihr habe die Verfahrensakte nicht vorgelegen.
Soweit das [X.] ausführe, dass [X.] stattfänden, und sich insoweit auf Berichte der diplomatischen und konsularischen Vertretungen der [X.] beziehe, die dem [X.] vorlägen, entzögen sich diese der Kenntnis des Beschwerdeführers. In diese werde ebenfalls - notfalls geschwärzt - Einsicht beantragt. Im Übrigen werde angemerkt, dass sich der [X.] mit den Einwänden des Beschwerdeführers nicht hinreichend befasst habe.
13. Auf die gegen den Beschluss vom 10. Mai 2019 gerichtete [X.]beschwerde nebst Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung des Beschwerdeführers hin untersagte die [X.] des Zweiten [X.]s des [X.]s mit Beschluss vom 24. Juni 2019 auf Grundlage einer Folgenabwägung die Auslieferung des Beschwerdeführers einstweilen bis zur Entscheidung über die [X.]beschwerde, längstens für die Dauer von sechs Monaten, und beauftragte den [X.] des [X.] mit der Durchführung der einstweiligen Anordnung.
14. Im Rahmen einer Korrespondenz aus dem Juli 2019 zwischen der Behörde des [X.]s und [X.] stellte ein Mitarbeiter [X.]s klar, dass der Beschwerdeführer Flüchtlingsstatus genieße, der auch in [X.] gewährt werde, wenn Personen aus berechtigter Angst vor Verfolgung in ihrem Herkunftsland aufgrund von Rasse, Religion, Nationalität, politischer Überzeugung oder Zugehörigkeit zu einer bestimmten [X.] Gruppe den Schutz dieses [X.] nicht in Anspruch nehmen könnten. Ein anerkannter Flüchtling habe das Recht, die [X.] Staatsgrenze mehrmals ohne Visum zu überschreiten. Es sei voraussichtlich "kein Problem", in dieser Sache die [X.]n "Dateien" zu übermitteln. Hierfür könne man sich an die Staatsanwaltschaft in [X.] wenden.
Unter dem 8. August 2019 teilte die Verbindungsperson des [X.] beim [X.] für Ausländer in einer E-Mail, die der Behörde des [X.]s des [X.] weitergeleitet wurde, mit, dass der Mutter des Beschwerdeführers mit Bescheid vom 9. Januar 2006 in [X.] die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen worden sei. Der Bescheid habe die zu dieser Zeit minderjährigen Kinder, darunter den Beschwerdeführer, mit umfasst. Das [X.] Amt prüfe derzeit ein Widerrufsverfahren. Es bestehe ein gesetzliches Verbot, den Behörden des Herkunftslandes eines unter Flüchtlingsschutz stehenden Ausländers dessen Angaben mittelbar oder unmittelbar zur Verfügung zu stellen.
15. Mit angegriffenem Beschluss vom 23. August 2019 hob das [X.] seinen Beschluss vom 10. Mai 2019 hinsichtlich der Zulässigkeitsentscheidung auf und ersetzte ihn durch eine erneute, im Tenor gleichlautende Entscheidung über die Zulässigkeit. Der Beschwerdeführer habe [X.]beschwerde eingelegt und das [X.] habe eine einstweilige Anordnung erlassen. Diese Umstände nehme der [X.] zum Anlass, seinen Beschluss aufzuheben und aufgrund neuer Umstände nochmals über die Zulässigkeit zu entscheiden.
Die Auslieferung sei weiterhin zulässig. Der [X.] gehe ohne Einschränkungen davon aus, dass der Beschwerdeführer die gesuchte Person sei. Ihm sei in [X.] kein politisches Asyl gewährt worden. Einen entsprechenden Antrag habe er nicht gestellt. Er sei freiwillig aus [X.] nach [X.] eingereist, so dass er sich nicht auf Art. 16a Abs. 1 GG berufen könne. Der [X.] gehe davon aus, dass der Beschwerdeführer zu Recht im Besitz des Dokuments sei, welches ihm den Flüchtlingsstatus zuerkenne. Ohne dass eine Vorlage an den [X.] erforderlich sei, werde zugunsten des Beschwerdeführers davon ausgegangen, dass die Anerkennung als Flüchtling im [X.]-Mitgliedstaat [X.] "auf Grundlage auch für die [X.] verbindlicher unions- und völkerrechtlicher Vorgaben erfolgt und grundsätzlich von Bedeutung" sei. Eine Auslieferung werde dadurch aber nicht unzulässig (unter Verweis auf [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 21. März 2018 - 2 BvR 108/18 -). Vielmehr stelle dies nur ein gewichtiges Indiz für deren Unzulässigkeit dar. Dieses sei aber aus mehreren Gründen widerlegt. Der Beschwerdeführer untermauere die behauptete Gefahr politischer Verfolgung nicht mit Tatsachen und schildere nicht die Vorgänge und Gründe für seinen behaupteten Konflikt mit staatlichen Organisationen. Eine oppositionelle Einstellung lasse er nicht erkennen. Er behaupte auch nicht, dass die Vorwürfe im Auslieferungsersuchen konstruiert seien. Er schildere lediglich frühere Auseinandersetzungen seines [X.] mit einer Gruppe anderer "Privatleute", anscheinend im Rahmen einer Familienfehde. Dies stelle keine staatliche Repression dar. Aus der ergänzenden Auskunft der [X.]n Ausländerbehörde ergebe sich, dass der Mutter des Beschwerdeführers die Flüchtlingseigenschaft zugesprochen worden sei. Der Beschwerdeführer sei davon "nur" aufgrund seiner Verwandtschaftsstellung mit erfasst. Dies sei im Januar 2006 geschehen. Dabei habe der Beschwerdeführer ausgeführt, die Ereignisse, aufgrund derer die Gefahr politischer Verfolgung bestünden, die Straftat seines [X.] und dessen Ermordung, hätten "vor zehn Jahren" stattgefunden. Dies sei allein von der chronologischen Abfolge her nicht möglich. Die "Unvereinbarkeit der Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft mit den vom Verfolgten geschilderten Vorgängen" sei zudem durch dessen beigebrachte Unterlagen widerlegt. So habe eine [X.] Psychotherapeutin ausgeführt, der Beschwerdeführer leide an psychischen Beschwerden infolge der tragischen Ereignisse des Todes seines [X.] im Gefängnis im Jahr 2017. Dies decke sich mit der Sterbeurkunde des [X.], die auf den 19. April 2017 laute. Damit stehe der Todeszeitpunkt des [X.] fest. Dieser liege elf Jahre nach der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus. Zudem prüfe das [X.] Amt für Ausländer derzeit ein Widerrufsverfahren im Fall des Beschwerdeführers. Überdies sei der Beschwerdeführer bei seiner Verhaftung im Besitz [X.]r Dokumente gewesen, die belegten, dass er im [X.] freiwillig und ungehindert nach [X.] ein- und ausgereist und dort mit amtlichen Stellen in Kontakt gewesen sei.
Schließlich genügten die Zusicherungen hinsichtlich der Haftbedingungen trotz der in Zweifel geratenen Belastbarkeit von [X.] Zusicherungen in Fällen, in denen eine Auslieferung nach [X.] zur Prüfung stehe. Denn ein solcher Fall liege nicht vor. Auch darüber hinaus sei hinreichend ausgeschlossen, dass der Beschwerdeführer im [X.] Strafvollzug besonderen Repressalien oder Misshandlungen ausgesetzt sei.
1. Mit seiner fristgemäßen [X.]beschwerde vom 9. September 2019, die er mit einem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung verbindet, richtet sich der Beschwerdeführer gegen die zuletzt ergangene Zulässigkeitsentscheidung des [X.]s und rügt unter Bezugnahme auf seine zu der vorherigen Zulässigkeitsentscheidung eingelegte [X.]beschwerde eine Verletzung seiner Rechte aus Art. 19 Abs. 4 GG, Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG, Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG und Art. 103 Abs. 1 GG auch durch die neue Zulässigkeitsentscheidung.
Dabei hebt er insbesondere hervor, es sei nunmehr unstreitig, dass er in [X.] als Flüchtling anerkannt sei. Ob die [X.]n Behörden einen Widerruf prüften, habe darauf derzeit keine Auswirkungen. Eine dennoch erfolgende Auslieferung verstoße gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 GG. Zudem sei dezidiert dazu vorgetragen worden, dass der Ausweisungsschutz europarechtlich determiniert und vereinheitlicht sei. Hieraus ergäben sich kompetenzrechtliche Schranken, die dazu führten, dass die Prüfung der politischen Verfolgung nur einem Mitgliedstaat, hier [X.], zugewiesen sei. Das [X.] habe es unter Verletzung des Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG unterlassen, dem [X.] die Frage vorzulegen, ob die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in einem [X.]-Mitgliedstaat ein Auslieferungshindernis in einem Verfahren begründe, welches in einem anderen [X.]-Mitgliedstaat geführt werde. Mit seiner Vorlagepflicht habe das [X.] sich inhaltlich nicht befasst. Soweit das [X.] als Ersatz einer inhaltlichen Begründung auf die Entscheidung des [X.]s vom 21. März 2018 in der Sache 2 BvR 108/18 verweise, gehe dies fehl, da es in jenem Fall nicht um eine Zuerkennung des Flüchtlingsstatus, sondern um dessen Ablehnung bei gleichzeitiger Einräumung subsidiären Schutzes gegangen sei. Der von dem Beschwerdeführer behaupteten Verbindlichkeit der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus durch einen [X.]-Mitgliedstaat stehe die Entscheidung erkennbar nicht entgegen.
Auch habe das [X.] Art. 19 Abs. 4 GG verletzt, indem es davon ausgegangen sei, dem Beschwerdeführer drohe in [X.] keine staatliche Repression. Soweit ersichtlich stütze sich das [X.] hierfür auf ein in [X.] Sprache verfasstes handschriftliches Schreiben, welches nicht von dem - der [X.] nicht mächtigen - Beschwerdeführer stamme. Selbst in diesem werde die vom [X.] zugrunde gelegte Annahme, die behauptete Bedrohung gehe von Privatleuten aus, aber nicht aufgestellt. An dieser Behauptung bestünden schon deshalb Zweifel, weil die [X.]n Behörden explizit eine politische Verfolgung, also eine Verfolgung durch staatliche Institutionen, festgestellt hätten, indem sie ihn als Flüchtling eingestuft hätten. Soweit das [X.] den Tod des [X.] des Beschwerdeführers und die angebliche Familienfehde aufgrund der zeitlichen Abläufe als unbeachtlich eingestuft habe, fehle es an der Ermittlung und Auseinandersetzung mit den tatsächlichen Hintergründen der Flüchtlingsanerkennung durch die [X.]n Behörden. Denn es habe entgegen der wiederholten Rüge des Beschwerdeführers und der verfassungsrechtlichen Rechtsprechung die Akten der [X.]n Behörden oder auch nur die Entscheidungsgründe der Anerkennungsentscheidung nicht angefordert. Das offenbar zunächst geplante, hierauf bezogene Rechtshilfeersuchen sei nicht betrieben worden. Dies sei mit den Anforderungen an eine gewissenhafte Prüfung der Auslieferungsvoraussetzungen im Lichte der bestehenden Flüchtlingsanerkennung nicht in Einklang zu bringen.
2. Das [X.], [X.], Verbraucherschutz und Gleichstellung des [X.] hat unter dem 10. Oktober 2019 von einer Stellungnahme abgesehen.
3. [X.] hat dem [X.] vorgelegen.
Die Kammer nimmt die [X.]beschwerde zur Entscheidung an. Dies ist jedenfalls zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 19 Abs. 4 GG angezeigt (vgl. § 93a Abs. 2 Buchstabe b [X.]G). Die für die Beurteilung der [X.]beschwerde insoweit maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen sind durch das [X.] bereits entschieden. Demnach ist die [X.]beschwerde zulässig und offensichtlich begründet (vgl. § 93c Abs. 1 Satz 1 [X.]G).
1. Die [X.]beschwerde ist zulässig. Sie genügt den aus § 23 Abs. 1 Satz 2 1. Halbsatz und § 92 [X.]G folgenden Begründungsanforderungen jedenfalls, soweit der Beschwerdeführer mit ihr rügt, dass das [X.] dem [X.] die Frage einer etwaigen Verbindlichkeit einer Flüchtlingszuerkennung durch einen [X.]-Mitgliedstaat für ein Auslieferungsverfahren in einem anderen Mitgliedstaat entgegen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG nicht vorgelegt habe. Auch macht er hinreichend geltend, dass das [X.] die Gefahr politischer Verfolgung im [X.] entgegen Art. 19 Abs. 4 GG nicht genügend aufgeklärt habe, weil es nicht den Versuch unternommen habe, die Verfahrensakten aus [X.] beizuziehen. Insoweit setzt sich der Beschwerdeführer eingehend und unter Bezugnahme auf die verfassungsgerichtliche Rechtsprechung mit der angegriffenen Entscheidung auseinander und legt die Möglichkeit von Grundrechtsverletzungen hinreichend substantiiert dar.
2. Die [X.]beschwerde ist, soweit sie zulässig ist, auch offensichtlich begründet. Die angegriffene Entscheidung verstößt gegen Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, weil das Schleswig-Holsteinische [X.] die Gefahr des Beschwerdeführers, im [X.] politisch verfolgt zu werden, nicht genügend aufgeklärt und nicht eigenständig geprüft hat.
a) aa) Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG enthält ein Grundrecht auf effektiven und möglichst lückenlosen richterlichen Rechtsschutz gegen Akte der öffentlichen Gewalt (vgl. [X.] 67, 43 <58>; [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten [X.]s vom 30. Juni 2015 - 2 BvR 1206/13 -, Rn. 19, und vom 30. November 2016 - 2 BvR 1519/14 -, Rn. 33). Dabei gewährleistet Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG nicht nur das formelle Recht und die theoretische Möglichkeit, die Gerichte anzurufen, sondern verleiht dem Einzelnen, der behauptet, durch einen Akt öffentlicher Gewalt verletzt zu sein, oder im Auslieferungsverfahren im Vorgriff einer belastenden hoheitlichen Maßnahme geltend macht, diese würde in unzulässiger Weise in seine Rechte eingreifen, einen substantiellen Anspruch auf eine wirksame gerichtliche Kontrolle (vgl. [X.] 101, 106 <122 f.>; 103, 142 <156>; 113, 273 <310>; 129, 1 <20>).
Die fachgerichtliche Überprüfung grundrechtseingreifender Maßnahmen kann die Beachtung des geltenden Rechts und den effektiven Schutz der berührten Interessen nur gewährleisten, wenn sie auf zureichender Aufklärung des jeweiligen Sachverhalts beruht (vgl. [X.] 101, 275 <294 f.>; [X.]K 9, 390 <395>; 9, 460 <463>; 13, 472 <476>; 13, 487 <493>; 17, 429 <430 f.>; 19, 157 <164>; 20, 107 <112>). Um dem Gebot effektiven Rechtsschutzes zu genügen, darf ein Gericht auf die Ausschöpfung aller Erkenntnismöglichkeiten daher nur verzichten, wenn Beweismittel unzulässig, schlechterdings untauglich, unerreichbar oder für die Entscheidung unerheblich sind. Dagegen darf es von einer Beweisaufnahme nicht schon dann absehen, wenn die Aufklärung besonders arbeits- oder zeitaufwendig erscheint (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 23. Januar 2017 - 2 BvR 2584/12 -, Rn. 18; [X.], in: [X.]/[X.], GG, Art. 19 Abs. 4 Rn. 224
bb) Auch im Rahmen des gerichtlichen Zulässigkeitsverfahrens im Vorgriff auf eine Auslieferung sind die zuständigen Gerichte verpflichtet, den entscheidungserheblichen Sachverhalt aufzuklären und etwaige [X.] in hinreichender Weise, also in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht, vollständig zu prüfen. Dies gilt auch für die Frage, ob der Auszuliefernde Gefahr läuft, im [X.] Opfer politischer Verfolgung zu werden (vgl. zum Begriff der politischen Verfolgung [X.] 80, 315 <333>; 94, 49 <103>). Zweck der gerichtlichen Zulässigkeitsprüfung im förmlichen Auslieferungsverfahren ist der präventive Rechtsschutz des Verfolgten (vgl. [X.] 113, 273 <312>) im Vorgriff auf das behördliche Bewilligungsverfahren. Das gerichtliche Zulässigkeitsverfahren im Allgemeinen und die Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung im [X.] im Besonderen dienen der Abwehr staatlicher Eingriffe in grundrechtlich geschützte Interessen des [X.]. Wird eine Auslieferung vollzogen, obwohl die Gefahr besteht, dass der Betroffene im [X.] politisch verfolgt wird, so verstößt sie jedenfalls gegen Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG. Auslegung und Anwendung des § 6 Abs. 2 [X.] oder entsprechender auslieferungsvertraglicher Regelungen (z.B. Art. 3 Nr. 2 [X.]) durch die [X.]e haben dem Rechnung zu tragen und eine wirksame gerichtliche Kontrolle sicherzustellen. Auch wenn im konkreten Fall aus Art. 16a Abs. 1 GG kein Asylanspruch folgt, muss der Grundgedanke dieser Norm, Schutz vor politischer Verfolgung im [X.] zu bieten, dabei berücksichtigt werden ([X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 28).
Soweit Anhaltspunkte für eine politische Verfolgung im [X.] bestehen, sind die zuständigen Stellen in Auslieferungssachen verpflichtet, im Rahmen von § 6 Abs. 2 [X.] oder einer entsprechenden auslieferungsvertraglichen Regelung (z.B. Art. 3 Nr. 2 [X.]) eigenständig zu prüfen, ob dem Betroffenen im Fall seiner Auslieferung politische Verfolgung droht (vgl. [X.], Beschlüsse der [X.] des Zweiten [X.]s vom 29. Mai 1996 - 2 BvR 66/96 -, Rn. 17, vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, Rn. 12, und vom 9. März 2016 - 2 BvR 348/16 -, Rn. 12; Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 27). Dabei obliegt dem Betroffenen im Auslieferungsverfahren keine Beweislast hinsichtlich seiner politischen Verfolgung (vgl. [X.] 8, 81 <84>; 15, 249 <253>; 52, 391 <406>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 15. Dezember 1996 - 2 BvR 2407/96 -, Rn. 6), wenn er auch gehalten ist, bei der Sachverhaltsaufklärung nach seinen Möglichkeiten mitzuwirken.
Um Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gerecht zu werden, müssen die für die Zulässigkeitsentscheidung zuständigen Gerichte bei Anhaltspunkten einer Gefahr politischer Verfolgung im [X.] die ihnen möglichen Ermittlungen zur Aufklärung der behaupteten Gefahr veranlassen und den Sachverhalt eigenständig würdigen. Dies folgt auch aus Art. 16a Abs. 1 GG, dem insoweit im Auslieferungsverfahren auch verfahrensrechtliche Bedeutung zukommt (vgl. [X.] 52, 391 <407>; 63, 215 <225>; 64, 46 <59>). Sie müssen sich ernsthaft bemühen, gegebenenfalls die Akten eines ausländischen Asylverfahrens beizuziehen, es sei denn, es steht - zum Beispiel aufgrund des Vortrags des Betroffenen - fest, dass sich daraus keine neuen Erkenntnisse ergeben (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, Rn. 14). Dadurch kann sichergestellt werden, dass der Vortrag des Betroffenen und alle bereits erfolgten Sachverhaltsermittlungen zu einer Gefahr politischer Verfolgung durch den [X.] berücksichtigt sowie gegebenenfalls Widersprüche aufgeklärt und Vorhalte gemacht werden können (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 9. April 2015 - 2 BvR 221/15 -, Rn. 17). Soweit die Verfahrensakten nicht erreichbar sind, muss das Gericht dies in der Zulässigkeitsentscheidung darlegen. Seiner Pflicht zur eigenständigen Prüfung der Gefahr politischer Verfolgung muss es in einem solchen Fall durch anderweitige Aufklärungsschritte, in der Regel durch die persönliche Anhörung des Betroffenen, genügen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 30).
Soweit ernstliche Gründe für die Annahme einer politischen Verfolgung im [X.] sprechen, hat das Gericht die beantragte Auslieferung für unzulässig zu erklären. Ob die Voraussetzungen dieses [X.]s vorliegen, muss es eigenständig und unabhängig von Entscheidungen im Asylverfahren prüfen. Dies folgt verfassungsrechtlich aus Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG, den in Art. 2 Abs. 2 Satz 1 und 2 GG geschützten materiellen Rechtspositionen, die insoweit dem Grundgedanken des Art. 16a Abs. 1 GG entsprechen, sowie einfachrechtlich aus § 6 Abs. 2 [X.] beziehungsweise den jeweiligen auslieferungsvertraglichen Vorschriften (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 29).
b) Diesen Anforderungen wird der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen [X.]s vom 23. August 2019 nicht gerecht. Seiner Verpflichtung, die Gefahr des Beschwerdeführers, im [X.] politischer Verfolgung ausgesetzt zu sein, aufzuklären und eigenständig zu prüfen, ist das [X.] nicht nachgekommen.
aa) Es hat den durch Vorlage der entsprechenden amtlichen Dokumente gestützten Vortrag des Beschwerdeführers, er sei in [X.] als Flüchtling anerkannt worden, was seiner Auslieferung entgegenstehe, nicht aufgeklärt, sondern sich zum einen auf die nicht tragfähige Erwägung zurückgezogen, dass der Beschwerdeführer jedenfalls in [X.] kein Asyl beantragt und erhalten habe. Zum anderen hat es das aus der Zuerkennung des Flüchtlingsstatus durch [X.] folgende gewichtige Indiz für eine politische Verfolgung im [X.] ohne hinreichende Sachverhaltsaufklärung als widerlegt angesehen. Damit verkennt das Gericht, dass es gerade in seinen Aufgabenbereich fällt zu prüfen, welcher Sachverhalt der [X.]n Entscheidung zugrunde lag.
Dabei kann dahinstehen, ob die [X.] Asylentscheidung, wie durch den Beschwerdeführer vorgetragen, für das Auslieferungsverfahren verbindlich ist. Nach der Rechtsprechung des [X.]s ist es verfassungsrechtlich unbedenklich, dass asylrechtliche Entscheidungen gemäß § 6 Satz 2 [X.] für das Auslieferungsverfahren grundsätzlich nicht verbindlich sind (vgl. [X.] 60, 348 <358>; 64, 46 <65>). Denn für die Überprüfung des [X.] steht mit dem [X.] eine unabhängige richterliche Instanz zur Verfügung, die in justizförmigem Verfahren die Einwände des [X.] prüfen kann und hierzu auch unter Aufklärung der behaupteten Gefahr politischer Verfolgung verpflichtet ist (vgl. [X.] 52, 391 <407>). Ob die rechtskräftige Anerkennung als Asylberechtigter in [X.] abweichend von diesem Grundsatz von [X.] wegen für das Auslieferungsverfahren verbindlich ist, ist in der bisherigen Rechtsprechung des [X.]s offen gelassen worden (vgl. [X.] 60, 348 <358>; 64, 46 <65>; anders noch [X.] 52, 391 <403 ff.>). Ebenso offen ist, ob sich dies auf die Anerkennung als Flüchtling in einem anderen Mitgliedstaat übertragen lässt. Jedenfalls stellt eine solche Anerkennung ein gewichtiges Indiz dafür dar, dass es sich bei dem Betroffenen um einen politisch Verfolgten handelt (vgl. [X.] 52, 391 <405 f.>).
Die verfassungsrechtliche Pflicht, dieses gewichtige Indiz zu berücksichtigen und den Sachverhalt aufzuklären beziehungsweise das Verfahren so zu gestalten, dass die auf dem Spiel stehenden materiellen Grundrechte des Beschwerdeführers bestmöglich geschützt werden (vgl. [X.] 52, 391 <408>), hätte das Schleswig-Holsteinische [X.] im vorliegenden Fall zu einer weiteren Sachverhaltsaufklärung veranlassen müssen, die es unterlassen hat. Ihm lagen weder die [X.] Asylentscheidung noch die der [X.]n Entscheidung zugrundeliegenden Verfahrensakten vor, und das [X.] hat im Auslieferungsverfahren auch keinen ernsthaften Versuch unternommen, diese beizuziehen. Es konnte nicht von vornherein ausgeschlossen werden, dass auf diese Weise sachdienliche Informationen zu erhalten gewesen wären, die die bisherigen Schilderungen des Beschwerdeführers, in denen das [X.] Widersprüche erkannt hat, hätten stützen oder in Zweifel ziehen können. Der Beschwerdeführer hat im Auslieferungsverfahren zwar keine konkreten Angaben zu den Hintergründen der politischen Verfolgung gemacht. Dies lag jedoch, soweit ersichtlich, zum einen daran, dass er von der - nicht fernliegenden - Bindungswirkung der [X.]n Asylentscheidung ausging, zu der sich das [X.] bis zuletzt nicht äußerte. Zum anderen hat das [X.] aber auch keine Maßnahmen ergriffen, um Näheres vom Beschwerdeführer in Erfahrung zu bringen. Soweit er am 29. März 2019 in Abwesenheit seines Prozessbevollmächtigten vor dem [X.] auf Antrag des [X.]s des [X.] pauschal zu den "Einwendungen", die er "gegen seine Auslieferung oder seine Inhaftnahme erhebt", angehört wurde, wurde in der Vernehmung ausweislich des Protokolls kein Versuch unternommen, Erkenntnisse über die von ihm behauptete politische Verfolgung zu erlangen. Das an das Amtsgericht gerichtete [X.] enthielt keinen dahingehenden Auftrag. [X.] wäre in der vorliegenden Konstellation eine unmittelbare Befragung des Beschwerdeführers gemäß § 30 Abs. 2 Satz 1 [X.] durch das [X.] erfolgsversprechender gewesen, um etwaigen Widersprüchen in dessen Vortrag nachzugehen. In solchen Zweifelsfällen kann es erforderlich sein, dass das [X.] von der ihm gegebenen Aufklärungsmöglichkeit selbst Gebrauch macht (vgl. [X.] 52, 391 <409>).
bb) Das [X.] war des Erfordernisses, die Voraussetzungen des [X.]s der politischen Verfolgung unter vorheriger Aufklärung des Sachverhalts eigenständig und unter Einbeziehung der gewichtigen Indizwirkung der [X.]n Zuerkennungsentscheidung zu prüfen, schließlich nicht dadurch enthoben, dass die [X.] zugesichert hat, ihre Behörden würden den Grundsatz der Spezialität beachten und der Beschwerdeführer werde nicht politisch verfolgt.
Zwar sind nach ständiger Rechtsprechung des [X.]s vom ersuchenden Staat im Auslieferungsverkehr gegebene völkerrechtlich verbindliche Zusicherungen geeignet, etwaige Bedenken hinsichtlich der Zulässigkeit der Auslieferung auszuräumen, sofern nicht im Einzelfall zu erwarten ist, dass die Zusicherung nicht eingehalten wird (vgl. [X.] 63, 215 <224>; 109, 38 <62>; [X.]K 2, 165 <172 f.>; 3, 159 <165>; 6, 13 <19>; 6, 334 <343>; 13, 128 <136>; 13, 557 <561>; 14, 372 <377 f.>; [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 17. Mai 2017 - 2 BvR 893/17 -, Rn. 30). Eine Zusicherung entbindet das über die Zulässigkeit einer Auslieferung befindende Gericht jedoch nicht von der Pflicht, zunächst eine eigene Gefahrenprognose anzustellen, um die Situation im [X.] und so die Belastbarkeit einer Zusicherung einschätzen zu können (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 -, Rn. 13; und vom 16. Juli 2019 - 2 BvR 1258/19 -, Rn. 8). Eine solche Prüfungsobliegenheit der Belastbarkeit einer Zusicherung im Einzelfall ergibt sich auch aus der Rechtsprechung des [X.] (vgl. etwa [X.], [X.] ([X.]) v. [X.], Urteil vom 17. Januar 2012, Nr. 8139/09, §§ 187 ff.). Stellt sich im Rahmen dieser Prüfung etwa heraus, dass die tatsächlichen Gegebenheiten im [X.] erheblich von dem zugesicherten Verhalten abweichen, ist dies geeignet, die Frage aufzuwerfen, ob das zugesicherte Verhalten überhaupt geleistet werden kann und die abgegebene Zusicherung belastbar ist (vgl. Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 18. Juni 2019 - 2 BvR 1092/19 -, Rn. 13). Dies gilt auch, wenn unter Zugrundelegung des zuvor aufgeklärten Sachverhalts Anhaltspunkte für die Gefahr politischer Verfolgung im [X.] bestehen (vgl. [X.], Beschluss der [X.] des Zweiten [X.]s vom 13. November 2017 - 2 BvR 1381/17 -, Rn. 35). Vorliegend fehlt es schon an einer hinreichenden, Art. 19 Abs. 4 GG genügenden Aufklärung des Sachverhalts, welche die Grundlage für eine Prüfung der Belastbarkeit der abgegebenen Zusicherungen ist.
3. Da die angegriffene Entscheidung bereits aufgrund der unzureichenden Sachaufklärung hinsichtlich der Gefahr politischer Verfolgung im [X.] aufzuheben ist, kann dahinstehen, ob auch Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG verletzt ist, weil das [X.] es trotz Kenntnis seiner möglicherweise bestehenden Vorlagepflicht, auf die bereits die einstweilige Anordnung der [X.] des Zweiten [X.]s des [X.]s vom 24. Juni 2019 hingewiesen hatte, ohne nachvollziehbare Begründung unterließ, dem [X.] die Frage vorzulegen, ob die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft in dem hierfür unionsrechtlich zuständigen Mitgliedstaat ein Auslieferungshindernis in einem Verfahren mit dem Ziel der Auslieferung an den Herkunftsstaat begründet, welches in einem anderen Mitgliedstaat geführt wird.
Der Beschluss des Schleswig-Holsteinischen [X.]s vom 23. August 2019 - 1 Ausl (A) 4/19 (2/19) - wird, soweit er die Zulässigkeit der Auslieferung betrifft, aufgehoben; die Sache wird an das [X.] zurückverwiesen (§ 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2, § 90 Abs. 2 Satz 1 [X.]G).
Mit der Entscheidung in der Hauptsache erledigt sich der auf die Untersagung der Auslieferung für die Dauer des [X.]beschwerdeverfahrens gerichtete Antrag des Beschwerdeführers auf Erlass einer einstweiligen Anordnung.
Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen des Beschwerdeführers beruht auf § 34a Abs. 2 [X.]G.
Meta
22.10.2019
Bundesverfassungsgericht 2. Senat 2. Kammer
Stattgebender Kammerbeschluss
Sachgebiet: BvR
vorgehend Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, 23. August 2019, Az: 1 Ausl (A) 4/19 (2/19), Beschluss
Art 2 Abs 2 S 1 GG, Art 2 Abs 2 S 2 GG, Art 19 Abs 4 GG, § 93c Abs 1 S 1 BVerfGG, § 6 Abs 2 IRG, § 32 IRG
Zitiervorschlag: Bundesverfassungsgericht, Stattgebender Kammerbeschluss vom 22.10.2019, Az. 2 BvR 1661/19 (REWIS RS 2019, 2376)
Papierfundstellen: REWIS RS 2019, 2376
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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