Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2016, Az. IX ZB 92/15

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2016, 10250

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[X.]:[X.]:[X.]:2016:090616BIXZB92.15.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
IX [X.]/15

vom

9. Juni
2016

in dem Verbraucherinsolvenzverfahren

Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 574 Abs. 3 Satz 2, § 321a
Lässt das Beschwerdegericht die Rechtsbeschwerde ausdrücklich nicht zu, entfaltet
eine nachträgliche, auf eine Anhörungsrüge oder Gegenvorstellung ergangene statt-gebende Zulassungsentscheidung für das Rechtsbeschwerdegericht keine Bin-dungswirkung, wenn die ursprüngliche Entscheidung nicht auf Verstößen gegen Ver-fahrensgrundrechte beruht.
[X.], Beschluss vom 9. Juni 2016 -
IX [X.]/15 -
LG Frankenthal

AG [X.] am Rhein

-
2
-
Der IX.
Zivilsenat des [X.] hat durch [X.] Dr.
Kayser,
[X.] Dr. Gehrlein, [X.], [X.] und Dr.
Schopp-meyer

am
9. Juni
2016
beschlossen:

Die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] ([X.]) vom 26. August 2015 in der Fassung vom 14. Oktober 2015
wird auf Kosten des weiteren [X.] als unzulässig verworfen.

Der
Gegenstandswert
wird auf 3.081,33

Gründe:

I.

Der weitere Beteiligte ist Verwalter in dem [X.] über das Vermögen des

F.

. Das Amtsgericht hat die Vergütung des weiteren Beteiligten anstelle
des beantragten Betrages von 8.246,87

lediglich 5.165,54

i-ge Beschwerde hat das Landgericht -
Einzelrichter
-
durch Beschluss vom 26.
August 2015 zurückgewiesen und die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen. Die von dem weiteren Beteiligten erhobene [X.] hat das Landgericht -
Einzelrichter
-
durch Beschluss vom 30.
September 2015 zurückgewiesen. Auf 1
-

3

-
die nunmehr geltend gemachte
Gegenvorstellung des weiteren Beteiligten hat das Landgericht -
Einzelrichter
-
durch Beschluss vom 14.
Oktober 2015 die Rechtsbeschwerde ohne weitere Begründung zugelassen. Mit diesem [X.] verfolgt der weitere Beteiligte seinen abgewiesenen [X.] weiter.

II.

Die Rechtsbeschwerde ist nicht
statthaft und daher als unzulässig zu verwerfen (§
4 [X.], §
577 Abs.
1 Satz
2 ZPO). Eine das [X.] nach §
574 Abs.
3 Satz
2 ZPO bindende Zulassung liegt
ungeachtet der fehlenden Zulassungsbefugnis des Einzelrichters ([X.], Beschluss vom 13.
März 2003 -
IX [X.], [X.]Z 154, 200, 202; vom 16.
Mai 2012 -
I
ZB 65/11, WM
2012, 1734 Rn. 4; vom 16.
April 2015 -
IX [X.], NZI
2015, 563 Rn.
4; vom 7.
Januar 2016 -
I
ZB 110/14,
WM
2016, 360
Rn. 10)
-
nicht vor.

1. Enthält der angefochtene Beschluss keinen Ausspruch der Zulassung, so heißt das, dass die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wird, und zwar auch dann, wenn das Beschwerdegericht die Möglichkeit der Zulassung gar nicht bedacht hat ([X.], Beschluss vom 12.
März 2009 -
IX [X.],
WM
2009, 1058 Rn.
7
ff; Urteil vom 16.
September 2014 -
VI [X.], NJW-RR
2014, 1470 Rn.
7
betreffend Revision). Im Streitfall hat das Beschwerdegericht in sei-nem Beschluss vom 26.
August 2015 zur Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht geschwiegen, sondern ausdrücklich eine Zulassung abgelehnt,
weil
die Voraussetzungen des §
574 Abs.
2 ZPO nicht erfüllt seien. Bei dieser Sachlage steht fest, dass die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen wurde.

2
3
-

4

-

2. Unwirksam ist
eine prozessual nicht vorgesehene nachträgliche Zu-lassungsentscheidung, weil sie die Bindung des Gerichts an seine eigene Ent-scheidung (§
318 ZPO) außer [X.] setzen würde ([X.], Beschluss vom 12.
März 2009, [X.]O; Urteil vom 4.
März 2011 -
V [X.], NJW 2011, 1516 Rn.
4; vom 1.
Dezember 2011
-
IX ZR 70/10, [X.], 325
Rn.
7; vom 16.
September 2014, [X.]O). Dies gilt auch, wenn das Beschwerdegericht -
wie hier
-
seine bewusste Entscheidung, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, verfahrensfehlerhaft aufgrund einer Anhörungsrüge (§
321a ZPO) oder einer Gegenvorstellung ändert ([X.], Urteil vom 4.
März 2011, [X.]O; vom 16.
September 2014, [X.]O; vom 14.
April 2016 -
IX
ZR 197/15, [X.] Rn. 8
ff).

a) Die Voraussetzungen des §
321a ZPO lagen -
wie das Beschwerde-gericht selbst
zutreffend
festgestellt hat
-
nicht vor. Mithin konnte
die Zulassung der Rechtsbeschwerde nicht auf der Grundlage einer Anhörungsrüge nachträg-lich ausgesprochen werden (vgl. [X.], Urteil vom 1.
Dezember 2011, [X.]O; vom 16.
September 2014, [X.]O
Rn.
8
f; vom 14.
April 2016, [X.]O).

Die Anhörungsrüge räumt dem Gericht keine umfassende Abhilfemög-lichkeit ein, sondern dient allein der Behebung von Verstößen gegen die grund-gesetzliche Garantie des rechtlichen Gehörs ([X.], Urteil vom 1.
Dezember 2011, [X.]O
Rn.
8; vom 16.
September 2014, [X.]O Rn.
9; vom 14. April 2016 [X.]O Rn. 22).
Dem auf die Anhörungsrüge hin ergangenen Beschluss lässt sich nicht entnehmen, dass das Berufungsgericht den erforderlichen spezifischen Verstoß gegen den Anspruch festgestellt hat, der allein die Bindung an seine bereits getroffene Entscheidung gemäß §
318 ZPO aufheben könnte. Vielmehr hat das Beschwerdegericht auf die Anhörungsrüge des weiteren Beteiligten durch [X.] vom 30.
September 2015 abermals eine Zulassung verweigert, weil der weitere Beteiligte im Beschwerdeverfahren zum Erfordernis der Zulassung der 4
5
6
-

5

-
Rechtsbeschwerde nicht vorgetragen habe und daher eine Gehörsverletzung nicht ersichtlich sei.

b)
Die Rechtsbeschwerde konnte auch nicht auf die
fristgerechte Gegen-vorstellung des Beschwerdeführers zugelassen werden.

[X.]) Allerdings hat der [X.] in mehreren Entscheidungen die auf eine Gegenvorstellung hin ausgesprochene Zulassung der Rechtsbe-schwerde in analoger Anwendung von §
321a ZPO unter der Voraussetzung gebilligt, dass die Zulassung zuvor willkürlich unterblieben ist, und hat dies aus dem Anspruch des Beschwerdeführers auf [X.] gemäß Art.
101 Abs.
1 Satz 2 GG hergeleitet
([X.], Urteil vom 4.
März 2011, [X.]O Rn.
9; vom 1.
Dezember 2011 -
IX ZR 70/10, [X.], 325 Rn.
11; vom
16.
September 2014
-
VI [X.], NJW-RR 2014, 1470
Rn.
12; jeweils mwN).
Ob die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde als Verstoß gegen andere Ver-fahrensgrundrechte in analoger Anwendung von §
321a ZPO gerügt werden kann, bedarf hier keiner Entscheidung.

bb) Ein solcher außerordentlicher Rechtsbehelf kann nämlich allenfalls Erfolg haben, wenn das Beschwerdegericht seiner Entscheidung die strengen Voraussetzungen einer solchen Rüge zugrunde gelegt hat. Sowohl das Gebot des gesetzlichen Richters als auch das Recht auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes schützt nicht vor jeder fehlerhaften Anwendung der Prozess-ordnung, sondern setzen eine willkürlich unterlassene Zulassung oder eine
un-zumutbare, sachlich nicht mehr zu rechtfertigende Verkürzung des [X.] voraus ([X.], Urteil vom 4.
März 2011, [X.]O Rn.
10; vom 1.
Dezember 2011, [X.]O Rn.
12).

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8
9
-

6

-

cc) Der Beschluss vom 14.
Oktober 2015 über die nachträgliche Zulas-sung der Rechtsbeschwerde
lässt mangels jeglicher Begründung nicht erken-nen, dass das Beschwerdegericht diese Voraussetzungen geprüft und ange-nommen hat
(vgl. [X.], Urteil vom 4.
März 2011, [X.]O).
Erst recht hat es nicht festgestellt, dass seine ursprüngliche Entscheidung
vom 26.
August 2015, die Rechtsbeschwerde nicht zuzulassen, objektiv willkürlich gewesen wäre oder den Instanzenzug unzumutbar und in sachlich nicht zu rechtfertigender Weise verkürzt hätte
(vgl. [X.], Urteil vom 4.
März 2011, [X.]O; vom 1.
Dezember 2011, [X.]O Rn.
13).

Kayser
Gehrlein
[X.]

[X.]
Schoppmeyer

Vorinstanzen:
AG [X.] am Rhein, Entscheidung vom 06.07.2015 -
3b IK 349/14 LU -

LG Frankenthal, Entscheidung vom 26.08.2015 -
1 [X.]/15 -

10

Meta

IX ZB 92/15

09.06.2016

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 09.06.2016, Az. IX ZB 92/15 (REWIS RS 2016, 10250)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 10250

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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IX ZB 92/15

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VI ZR 55/14

V ZR 123/10

IX ZR 70/10

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