Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.10.2016, Az. 25 W (pat) 560/14

25. Senat | REWIS RS 2016, 3626

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – "GrandFoods (IR-Marke, Wort-Bild-Marke)" – keine Unterscheidungskraft


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die [X.] 1 109 331

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 20. Oktober 2016 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.], der Richterin [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Die Beschwerde der Markeninhaberin wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Die am 16. November 2011 international registrierte Marke 1 109 331

Abbildung

2

sucht für folgende Waren und Dienstleistungen um Schutz in der [X.] nach:

3

[X.]. 29: [X.], fish, poultry and game; meat extracts; preserved, frozen, dried and cooked fruits and vegetables; [X.], [X.], compotes; eggs, milk and milk products; edible oils and fats.

4

[X.]. 30: Coffee, tea, cocoa, [X.], [X.], [X.], sago, artificial coffee; flour and preparations made from cereals, [X.], pastry and confectionery, [X.]; honey, treacle; [X.], [X.]; salt, mustard; vinegar, [X.] ([X.]); sp[X.]; ice.

5

[X.]. 32: [X.]; mineral and aerated waters and other non-alcoholic drinks; fruit drinks and fruit ju[X.]; syrups and other preparations for making beverages.

6

[X.]. 35: [X.]; business management; business administration; office functions.

7

[X.]. 43: Serv[X.] for providing food and drink; temporary accommodation.

8

Die Markenstelle für [X.]asse 30 Internationale Markenregistrierung des [X.] hat der Marke mit Beschluss vom 26. Oktober 2014 den Schutz teilweise verweigert und zwar für folgende Waren und Dienstleistungen:

9

[X.]. 29: [X.], fish, poultry and game; meat extracts; preserved, frozen, dried and cooked fruits and vegetables; [X.], [X.], compotes; eggs, milk and milk products; edible oils and fats.

[X.]. 30: Coffee, tea, cocoa, [X.], [X.], [X.], sago, artificial coffee; flour and preparations made from cereals, [X.], pastry and confectionery, [X.]; honey, treacle; [X.], [X.]; salt, mustard; vinegar, [X.] ([X.]); sp[X.]; ice.

[X.]. 32: [X.]; mineral and aerated waters and other non-alcoholic drinks; fruit drinks and fruit ju[X.]; syrups and other preparations for making beverages.

[X.]. 43: Serv[X.] for providing food and drink.

Zur Begründung ist ausgeführt, dass dem Zeichen im Hinblick auf die zurückgewiesenen Waren und Dienstleistungen die Unterscheidungskraft fehle. Das Zeichen sei erkennbar aus den beiden Wörtern der [X.] „Grand“ und „Foods“ gebildet. Das Adjektiv „grand“ bedeute u. a. „großartig“, „groß“, „grandios“. Es existiere mit der gleichen Bedeutung auch in der [X.]. Das Wort „Foods“ sei der Plural von „food“ mit der Bedeutung „Essen“, „Lebensmittel“, „Nahrung“. Durch die Wortstellung seien die Begriffe in naheliegender und grammatikalisch richtiger Weise aufeinander bezogen. Danach handle es sich bei den beanspruchten Waren und Dienstleistungen um „großartige Lebensmittel“. Im Umfang der Schutzverweigerung sei somit der Wortbestandteil der international registrierten Marke geeignet, die Beschaffenheit der Produkte im Sinne einer Werbeaussage zu beschreiben. Auch im Hinblick auf Verpflegungsdienstleistungen sei das Zeichen eine werbende Anpreisung mit dem Aussagegehalt, dass hochwertige Nahrungsmittel verarbeitet würden.

Es könne sein, dass „Grand“ neben den oben genannten Bedeutungen noch andere habe. Die Wortbedeutung des Zeichens müsse aber stets im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren und Dienstleistungen gesehen werden. Zudem reiche eine von mehreren in Betracht kommenden Aussagen mit beschreibendem Charakter aus, um ein Schutzhindernis zu begründen. Auch die graphische Gestaltung des Zeichens könne das Schutzhindernis der fehlenden Unterscheidungskraft nicht überwinden. Das Zeichen verfüge mit einer weißen Schrift vor rotem Hintergrund nur über einfache Gestaltungselemente. Auch die Binnengroßschreibung sei ein einfaches Gestaltungselement, an das der Verkehr gewöhnt sei.

Die Inhaberin der Schutz suchenden Marke vertritt mit ihrer Beschwerde gegen den vorgenannten Beschluss die Auffassung, dass die vom [X.] angenommene Übersetzung „großartige Lebensmittel“ nur eine von vielen Interpretationsmöglichkeiten sei. Das Wort „grand“ könne auch die Bedeutung von „erhaben“, „gewaltig“, „glanzvoll“, „prächtig“, „glanzvoll“ haben. Zudem könne das Wort auch als Substantiv im Sinne von “Riese“ verwendet werden. Wegen der Großschreibung werde der Verkehr den Bestandteil „Grand“ auch im substantivischen Sinne verstehen. Damit sei es höchst unwahrscheinlich, dass der Durchschnittsverbraucher das Zeichen als bloße Beschreibung der Waren und Dienstleistungen sehe. So habe das [X.] für das Zeichen „Food for friends“ die Unterscheidungskraft bejaht (26 W (pat) 82/99). Dabei enthalte dieses Zeichen, anders als „[X.]“ noch nicht einmal eine Mehrdeutigkeit. Für die Ware Spiele sei die Wortkombination „[X.]“ für unterscheidungskräftig angesehen worden (32 W (pat) 289/02). Dem Verkehr seien weiterhin verschiedene Wortkombinationen mit dem Begriff „Grand“ bekannt, wie etwa „[X.]“, „[X.]“ oder „Grand Slam“. Vor diesem Hintergrund sei das Zeichen „[X.]“ besonders ungewöhnlich und einprägsam. Dass der Verkehr die Marke mit den genannten Begriffen in Verbindung bringe, verleihe ihm einen besonders individualisierenden Charakter. Auch die graphische Ausgestaltung der Marke begründe die Unterscheidungskraft. Der vom [X.] für unterscheidungskräftig gehaltenen Marke „[X.]!“ (29 W (pat) 76/11) sei die Schutz suchende Marke „[X.]“ zumindest nicht unähnlich. Im Übrigen würde auch Schutz für Getränke beansprucht, die der Verkehr nicht unter den Begriff „food“ subsumieren werde. Dem Verkehr seien Begriffe wie „[X.]“, „Fastfood“ oder „Convenience food“ bekannt, wobei er unter diesen Begriffen nur „Essen“ und nicht „Trinken“ verstehe.

Die Markeninhaberin beantragt,

der Marke [X.] 1 109 331 auch für die beanspruchten Waren der [X.]assen 29, 30 und 32 sowie für die Dienstleistung „Serv[X.] for providing food and drink“ der [X.]asse 43 in der [X.] Schutz zu gewähren.

Die Inhaberin der Schutz suchenden Marke hat den [X.] Antrag auf mündliche Verhandlung mit Schriftsatz vom 10. Oktober 2016 zurückgenommen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle, die Schriftsätze der Markeninhaberin und den übrigen Akteninhalt verwiesen.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, aber nicht begründet. Der [X.] Marke 1 109 331 fehlt in Bezug auf die noch streitgegenständlichen Waren und Dienstleistungen der [X.]assen 29, 30, 32 und 43 die erforderliche Unterscheidungskraft, § 8 Abs. 2 Nr. 1 [X.], so dass die Markenstelle den Antrag auf Schutzrechterstreckung zu Recht insoweit verweigert hat (§ 119 Abs. 1 i. V. m. §§ 107 Abs. 1, 113 Abs. 2 i. V. m. § 37 Abs. 1 und Abs. 5 [X.]).

Unterscheidungskraft ist die einer Marke innewohnende (konkrete) Eignung, vom Verkehr als betrieblicher Herkunftshinweis aufgefasst zu werden. Denn die Hauptfunktion einer Marke liegt darin, die Ursprungsidentität der gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen zu gewährleisten (vgl. u. a. [X.] GRUR 2004, 428 Rn. 30, 31 - [X.]; [X.], 850 Rn. 17 - [X.]). Keine Unterscheidungskraft besitzen insbesondere Bezeichnungen, denen der Verkehr im Zusammenhang mit den beanspruchten Waren lediglich einen im Vordergrund stehenden beschreibenden Begriffsinhalt zuordnet (vgl. [X.], 850 Rn. 19 - [X.]; [X.] GRUR 2004, 674 Rn. 86 - Postkantoor). Darüber hinaus fehlt die Unterscheidungskraft u.a. aber auch solchen Angaben, die sich auf Umstände beziehen, welche die beanspruchten Produkte zwar nicht unmittelbar betreffen, mit denen aber ein enger beschreibender Bezug zu dem betreffenden Produkt hergestellt wird ([X.] - [X.] a. a. O.).

1. Die angemeldete Bezeichnung besteht aus den zum [X.] Grundwortschatz gehörenden Wörtern „Grand“ mit der Bedeutung „prächtig“, „großartig“ und „Foods“ mit der Bedeutung „Essen“, „Nahrung“, „Lebensmittel“ (Plural). Die beiden Wortbestandteile sind bereits aufgrund der Binnengroßschreibung als Einzelbestandteile erkennbar. Die beiden sinnvoll aufeinander bezogenen Wörter ergeben - worauf die Markenstelle bereits zutreffend hingewiesen hat - in der Kombination die Bedeutung von „großartige/prächtige Lebensmittel“ bzw. „großartiges/prächtiges Essen“ bzw. „großartige/prächtige Nahrungsmittel“. Soweit der Begriff „Grand“ bei abstrakter Betrachtungsweise (ohne Produktbezug) eine Mehrdeutigkeit aufweist, rechtfertigt dies keine andere Beurteilung. Abgesehen davon, dass die Frage des beschreibenden Verständnisses immer im Zusammenhang mit den konkret beanspruchten Waren und Dienstleistungen und auch im konkreten Begriffszusammenhang (hier mit dem weiteren Begriff „Foods“) zu beurteilen ist, führt die Mehrdeutigkeit eines Begriffs im Rahmen der Beurteilung der Unterscheidungskraft regelmäßig nicht zur Schutzfähigkeit, wenn zumindest eine der Bedeutungen (erst recht, wenn mehrere) für die beanspruchten Waren oder Dienstleistungen beschreibenden bzw. werblichen Charakter hat (vgl. [X.] GRUR 2004, 146, Rn. 32 - [X.]; [X.] [X.], 900, Rn. 15 - [X.]). Dies ist - wie bereits ausgeführt - ohne weiteres zu bejahen, zumal sich schon im konkreten Wortzusammenhang die Bedeutung des Begriffes „Grand“ im Sinne von „prächtig“, „großartig“ geradezu aufdrängt. Die Auffassung der Inhaberin der Schutz suchenden Marke, dass der Verkehr unter dem [X.] Begriff „food“ nur feste Nahrung, nicht aber Getränke verstehe, trifft in der Sache nicht zu. Zum einen versteht der Verkehr unter „[X.]“ oder „Fastfood“ auch Getränke, insbesondere zuckerhaltige Limonaden. Zum anderen umfasst der Begriff „Lebensmittel“, mit dem sich wie oben dargelegt der Begriff „food“ übersetzen lässt, auch Getränke.

2. Die Zusammenschreibung der beiden Wortbestandteile mit Binnengroßschreibung ist kein Element, das schutzbegründend wirken könnte. Entsprechende Angaben sind werbeüblich und erschweren das Verständnis nicht, da der Verkehr daran gewöhnt ist.

3. Schließlich wirkt auch die weitere grafische Ausgestaltung der angemeldeten Marke mit weißer Schrift auf rotem, rechteckigen Hintergrund nicht schutzbegründend. Zwar können schutzunfähige Wortbestandteile durch eine besondere bildliche Ausgestaltung einen schutzbegründenden „Überschuss“ erhalten. Jedoch sind dabei an den bildlichen „Überschuss“ umso höhere Anforderungen zu stellen, je deutlicher der beschreibend-werbliche Charakter der fraglichen Angabe selbst hervortritt. Die grafische Ausgestaltung muss eine den schutzunfähigen Charakter der übrigen Markenteile aufhebende, kennzeichnungskräftige Verfremdung des Gesamteindrucks der Marke bewirken (vgl. [X.] GRUR 1998, 394, 396 - Motorrad Active Line; [X.], 634 - [X.]; [X.], 1153 – antiKALK). Die in der [X.] eingesetzten Gestaltungsmerkmale sind keineswegs ungewöhnlich, sondern halten sich im Rahmen des [X.] und werden daher vom Verkehr, der an entsprechende Gestaltungen gewöhnt ist, als rein dekorative Elemente wahrgenommen.

4. Soweit die Inhaberin der Schutz suchenden Marke auf die in Bezug auf die grafische Gestaltung vergleichbare Sachlage verweist, die der Entscheidung des 29. Senats vom 13. Juni 2012 im Verfahren 29 W(pat) 76/11 – [X.]! - zu Grunde liegt, ist anzumerken, dass diese Entscheidung vereinzelt geblieben ist, wobei der 29. Senat diese Rechtsprechung inzwischen aufgegeben hat (vgl. die Entscheidung vom 25. März 2014 im Verfahren 29 W(pat) 34/12 – [X.]! Ein Land in Bewegung; die Entscheidung ist über die Homepage des [X.] öffentlich zugänglich). Im Übrigen ist zu den von der Inhaberin der Schutz suchenden Marke angeführten [X.] auf die dazu ergangene umfangreiche und gefestigte Rechtsprechung des [X.] (vgl. [X.], 667 - Bild.[X.] u. [X.] unter Hinweis u. a. auf die Entscheidungen [X.] [X.], 229 Rn. 47-51 - BioID; GRUR 2004, 674 Rn. 42-44 - Postkantoor), des [X.] (vgl. [X.], 1093 Rn. 18 - [X.]) und des [X.] (vgl. z. B. [X.], 1175 - [X.]; [X.] 2010, 139 - [X.] und die Senatsentscheidung [X.] 2010, 145 - Linuxwerkstatt) zu verweisen, wonach bei [X.], aber auch bei abweichenden Entscheidungen weder eine Bindungs- noch eine Indizwirkung gegeben ist (vgl. auch [X.]/[X.], [X.], 11. Aufl., § 8 Rn. 58 und Rn. 59 mit zahlreichen weiteren Rechtsprechungsnachweisen). Die Entscheidung über die Schutzfähigkeit ist keine Ermessensentscheidung, sondern eine (an das Gesetz) gebundene Entscheidung.

Die Beschwerde der Markeninhaberin war nach alledem zurückzuweisen.

Meta

25 W (pat) 560/14

20.10.2016

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 20.10.2016, Az. 25 W (pat) 560/14 (REWIS RS 2016, 3626)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2016, 3626

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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