Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 21/18

7. Senat | REWIS RS 2019, 4283

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Gegenstand

Befristung - wissenschaftliches Personal - Kinderbetreuung


Leitsatz

Nach § 2 Abs. 1 Satz 3 WissZeitVG aF verlängert sich bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 WissZeitVG insgesamt zulässige Befristungsdauer um zwei Jahre je Kind. Auch wenn die Kinderbetreuung ausschließlich nach der Promotion erfolgt, verlängert sich nicht allein die zulässige Befristungsdauer in der sog. Postdoc-Phase nach § 2 Abs. 1 Satz 2 WissZeitVG, sondern die Höchstdauer der gesamten aus der Promotions- und Postdoc-Phase bestehenden Qualifizierungsphase.

Tenor

Die Revision der Beklagten gegen das Urteil des [X.] vom 7. November 2017 - 1 Sa 31/17 - wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten der Revision zu tragen.

Tatbestand

1

Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund einer Befristung am 31. März 2016 geendet hat.

2

Der Kläger ist Diplom-Ingenieur. Er wurde im Jahr 2006 promoviert. Die Promotionsurkunde wurde ihm am 6. September 2006 ausgehändigt. Der Kläger war vom 1. Mai 1999 bis zum 31. Dezember 1999 an der [X.], in der [X.] vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2007 am [X.] ([X.]) sowie am [X.] ([X.]) und vom 4. April 2007 bis zum 31. März 2016 wieder an der [X.] auf der Grundlage von insgesamt 37 Arbeitsverträgen als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Vollzeit beschäftigt. Bei den Instituten handelt es sich um Forschungseinrichtungen im Sinne des [X.] bzw. Wiss[X.]VG. In der sog. [X.] betreute der Kläger seine beiden minderjährigen Kinder.

3

Der letzte zwischen den Parteien unter dem 17. September 2015 abgeschlossene Arbeitsvertrag war vom 1. Oktober 2015 bis zum 31. März 2016 befristet. Dessen § 2 lautet wie folgt:

        

„Es handelt sich um ein befristetes Beschäftigungsverhältnis gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 und 2 Wissenschaftszeitvertragsgesetz (Wiss[X.]VG) vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) in der jeweils geltenden Fassung in Verbindung mit § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG (Betreuung von L, geboren 2009) zur Wahrnehmung von Aufgaben eines wissenschaftlichen Mitarbeiters gem. § 23 [X.] vom 9. Mai 2007 in der jeweils geltenden Fassung.“

4

Mit seiner am 20. April 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 17. Mai 2016 zugestellten Klage hat der Kläger die Unwirksamkeit der im Arbeitsvertrag vom 17. September 2015 vereinbarten Befristung zum 31. März 2016 geltend gemacht. Er hat die Auffassung vertreten, die insgesamt zulässige [X.], die aufgrund der Betreuung seiner Kinder insgesamt 16 Jahre betragen habe (jeweils sechs Jahre vor und nach der Promotion [X.] vier Jahre für die Betreuung seiner beiden Kinder), sei überschritten. Die Kinderbetreuung habe zur Verlängerung der zulässigen Gesamtbefristungsdauer von zwölf Jahren vor und nach der Promotion und nicht zur Verlängerung der sechsjährigen Höchstdauer der [X.] geführt. Die danach zulässige [X.] von 16 Jahren werde durch den letzten befristeten Arbeitsvertrag überschritten.

5

Der Kläger hat zuletzt beantragt,

        

1.    

festzustellen, dass das zwischen den Parteien durch Vertrag vom 17. September 2015 begründete Arbeitsverhältnis nicht aufgrund der Befristung mit dem 31. März 2016 beendet ist;

        

2.    

die Beklagte zu verurteilen, ihn zu den bisherigen Arbeitsbedingungen als wissenschaftlichen Mitarbeiter bis zum rechtskräftigen Abschluss des Rechtsstreits weiter zu beschäftigen.

6

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Auffassung vertreten, die Kinderbetreuung habe zur Verlängerung der sechsjährigen [X.] in der [X.] auf insgesamt zehn Jahre geführt. Diese Höchstdauer sei eingehalten, da der Kläger in der [X.] neun Jahre und drei Monate beschäftigt gewesen sei. Das Wiss[X.]VG sehe keine [X.] für beide [X.] insgesamt vor. Soweit § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG bestimme, dass sich im Falle der Kinderbetreuung die „insgesamt zulässige Befristungsdauer“ um zwei Jahre je Kind verlängere, bedeute dies lediglich, dass die Verlängerung pro Kind nur einmal eintrete.

7

Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Das [X.] hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Beklagte weiterhin die Abweisung der Klage. Der Kläger beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

8

Die Revision der [X.] ist unbegründet. Das [X.] hat die Berufung der [X.] gegen das klagestattgebende Urteil des Arbeitsgerichts zu Recht zurückgewiesen.

9

I. Der Befristungskontrollantrag (Klageantrag zu 1.) ist begründet. Das zwischen den [X.]en bestehende Arbeitsverhältnis hat nicht aufgrund der [X.] im Arbeitsvertrag vom 17. September 2015 mit Ablauf des 31. März 2016 geendet. Die Befristung des Arbeitsvertrags ist unwirksam.

1. Die Befristung zum 31. März 2016 gilt nicht nach § 1 Abs. 1 Satz 5 Wiss[X.]VG iVm. § 17 Satz 2 [X.], § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam. Mit seiner am 20. April 2016 beim Arbeitsgericht eingegangenen Klage hat der Kläger die Frist des § 17 Satz 1 [X.] für die Geltendmachung der Unwirksamkeit der Befristung gewahrt. Die Zustellung der Klage bei der [X.] erfolgte am 17. Mai 2016 und damit „demnächst“ iSv. §§ 167, 253 Abs. 1 ZPO. Mit diesem Begriff ist eine zeitliche Grenze bezeichnet, bei deren Überschreitung der beklagten [X.] die Verzögerung der Zustellung nicht mehr zugemutet werden kann ([X.] 15. Februar 2012 - 10 [X.] - Rn. 46). Die Beurteilung hängt nicht von einer rein zeitlichen Betrachtung, sondern insbesondere davon ab, ob die klagende [X.] die Verspätung durch Unterlassung zumutbarer Handlungen verschuldet hat. Es ist nicht erkennbar, dass die Klage der [X.] aufgrund eines Verschuldens des [X.] erst vier Wochen nach dem Eingang bei Gericht zugestellt wurde.

2. Das [X.] hat zutreffend erkannt, dass die Befristung des Arbeitsvertrags entgegen der Ansicht der [X.] nicht nach § 2 Abs. 1 des Wissenschaftszeitvertragsgesetzes in der aufgrund des Vertragsschlusses am 17. September 2015 maßgeblichen (vgl. [X.] 1. Juni 2011 - 7 [X.] 827/09 - Rn. 17, [X.]E 138, 91) bis zum 16. März 2016 geltenden Fassung (Wiss[X.]VG) zulässig ist.

a) Nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG ist die Befristung von Arbeitsverträgen mit wissenschaftlichem Personal an staatlichen Hochschulen, das nicht promoviert ist, bis zu einer Dauer von sechs Jahren zulässig. Nach abgeschlossener Promotion ist nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss[X.]VG eine Befristung bis zu einer Dauer von sechs Jahren, im Bereich der Medizin bis zu einer Dauer von neun Jahren zulässig (sog. [X.]); die zulässige [X.] in der [X.] verlängert sich in dem Umfang, in dem [X.]en einer befristeten Beschäftigung nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG und Promotionszeiten ohne Beschäftigung nach Satz 1 zusammen weniger als sechs Jahre betragen haben. Die nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige [X.] verlängert sich nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG bei Betreuung eines oder mehrerer Kinder unter 18 Jahren um zwei Jahre je Kind. Auf die nach § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässige [X.] sind nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG alle befristeten Arbeitsverhältnisse mit mehr als einem Viertel der regelmäßigen Arbeitszeit, die mit einer [X.] Hochschule oder einer Forschungseinrichtung iSv. § 5 Wiss[X.]VG abgeschlossen wurden, anzurechnen.

b) Danach wird durch den zuletzt abgeschlossenen befristeten Arbeitsvertrag vom 17. September 2015 die zulässige [X.] überschritten. Der Kläger war bei Abschluss des [X.] länger als sechs Jahre seit seiner Promotion im September 2006 befristet bei der [X.] beschäftigt. Eine Verlängerung der [X.] nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 Wiss[X.]VG ist nicht eingetreten, da die Promotionsphase des [X.] länger als sechs Jahre gedauert hatte. Darüber besteht zwischen den [X.]en kein Streit. Zwar betreute der Kläger nach Abschluss seiner Promotion zwei Kinder unter 18 Jahren. Entgegen der Ansicht der [X.] führte dies jedoch nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG nicht zu einer Verlängerung der [X.] von sechs auf zehn Jahre, sondern zu einer Verlängerung der nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss[X.]VG insgesamt zulässigen [X.] von zwölf auf 16 Jahre, die durch den zuletzt geschlossenen Vertrag überschritten wird. Das ergibt die Auslegung der Vorschrift.

aa) Für die Auslegung von Gesetzen ist der in der Norm zum Ausdruck kommende objektivierte Wille des Gesetzgebers maßgebend, wie er sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und dem Sinnzusammenhang ergibt, in den sie hineingestellt ist. Der Erfassung des objektiven Willens des Gesetzgebers dienen die anerkannten Methoden der Gesetzesauslegung aus dem Wortlaut der Norm, der Systematik, ihrem Sinn und Zweck sowie aus den Gesetzesmaterialien und der Entstehungsgeschichte, die einander nicht ausschließen, sondern sich gegenseitig ergänzen. Der Wortlaut gibt nicht immer hinreichende Hinweise auf den Willen des Gesetzgebers. Unter Umständen wird erst im Zusammenhang mit Sinn und Zweck des Gesetzes oder anderen Auslegungsgesichtspunkten die im Wortlaut ausgedrückte, vom Gesetzgeber verfolgte [X.] deutlich. Für die Beantwortung der Frage, welche [X.] dem Gesetz zugrunde liegt, kommt den Gesetzesmaterialien und der Systematik des Gesetzes eine Indizwirkung zu (vgl. [X.] 19. März 2013 - 2 [X.] ua. - Rn. 66, [X.]E 133, 168; [X.] 21. Dezember 2016 - 5 [X.] 374/16 - Rn. 20 [X.], [X.]E 157, 356).

bb) Danach betrifft die in § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG geregelte Verlängerung nicht entweder die in Satz 1 normierte [X.] vor der Promotion oder die in Satz 2 bestimmte [X.] nach der Promotion, sondern die Gesamtdauer beider [X.]räume.

(1) Dafür spricht bereits der Wortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG. Danach verlängert sich die „nach den Sätzen 1 und 2 insgesamt zulässige [X.]“. Aus dem Wort „insgesamt“ ergibt sich, dass im Rahmen des Satzes 3 - anders als bei Satz 1 und Satz 2 - die Promotionsphase und die [X.] nicht getrennt zu betrachten sind, sondern dass eine Gesamtbetrachtung der beiden [X.]räume vorzunehmen ist. Dies lässt sich auch einem gesetzessystematischen Textvergleich mit § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG entnehmen. Dort ist die Anrechnung befristeter Arbeitsverträge „auf die … geregelte zulässige [X.]“ bestimmt, während in § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG für die Verlängerung der Höchstdauer der Befristung die Formulierung „insgesamt zulässige [X.]“ gebraucht wird. Im Gesetz ist mithin unterschieden zwischen „zulässiger [X.]“ und „insgesamt zulässiger [X.]“ ([X.] 24. August 2011 - 7 [X.] 228/10 - Rn. 27, [X.]E 139, 109).

(2) Auch aus den Gesetzesmaterialien ergibt sich, dass die Betreuung eines Kindes unter 18 Jahren nach dem Willen des Gesetzgebers nicht zu einer Verlängerung der Promotions- oder der [X.], sondern zu einer Verlängerung der gesamten aus Promotions- und [X.] bestehenden Qualifizierungsphase führen soll (vgl. zur Bedeutung der Gesetzesmaterialien bei Ermittlung der gesetzlichen [X.] [X.] 6. Juni 2018 - 1 [X.] ua. - Rn. 74, [X.]E 149, 126). Das [X.] hat zu Recht auf die Ausführungen in der Begründung zum Regierungsentwurf eines Gesetzes zur Änderung arbeitsrechtlicher Vorschriften in der Wissenschaft ([X.]. 16/3438 S. 13) hingewiesen:

        

„Mit dem Abstellen auf die ‚insgesamt zulässige [X.]‘ wird zum Ausdruck gebracht, dass sich nicht der jeweilige Befristungsrahmen vor der Promotion und nach der Promotion verlängert, sondern der in der Summe verfügbare Befristungsrahmen. Für ein vor und nach der Promotion erzogenes Kind verlängert sich der Gesamtbefristungsrahmen deshalb nur einmal um zwei Jahre.

        

Die Verlängerung der Gesamtdauer der nach den Sätzen 1 und 2 zulässigen [X.] nach dem neuen Satz 3 gilt unabhängig von den in Absatz 5 … vorgesehenen Verlängerungstatbeständen. …“

Damit hat der Gesetzgeber seine [X.] klar formuliert. Der mit der Regelung bezweckte Ausgleich für die Dreifachbelastung (Dienstleistung im Arbeitsverhältnis zur Hochschule, Arbeit an einer Promotion oder einer weiteren wissenschaftlichen Qualifikation und Kinderbetreuung, vgl. [X.]. 16/3438 S. 9) des wissenschaftlichen Personals - sog. familienfreundliche Komponente - wird nicht dadurch geschaffen, dass eine der beiden [X.] verlängert wird, sondern dadurch, dass sich die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss[X.]VG insgesamt zulässige [X.] verlängert.

Zwar ließe sich das vom Gesetzgeber mit der [X.] verfolgte Ziel, dass sich für ein vor und nach der Promotion betreutes Kind der Befristungsrahmen nur einmal um zwei Jahre verlängert, auch dadurch erreichen, dass sich entweder nur die [X.] der Promotionsphase oder die [X.] der [X.] verlängert (in diesem Sinne wohl Preis/[X.] Wiss[X.]VG 2. Aufl. § 2 Rn. 69). Der Gesetzgeber hat sich aber ausweislich der Gesetzesbegründung für eine andere, ebenso geeignete [X.] entschieden.

(3) Sinn und Zweck der Vorschrift gebieten kein anderes Auslegungsergebnis. Dabei kann offenbleiben, ob im Hinblick auf den klaren im Gesetzeswortlaut zum Ausdruck gebrachten Willen des Gesetzgebers überhaupt eine diesem widersprechende teleologische Auslegung in Betracht käme. Mit der sog. familienfreundlichen Komponente soll der deutlich höheren Kinderlosigkeit des wissenschaftlichen Nachwuchses gegenüber der Vergleichsgruppe der Gesamtheit der akademisch gebildeten weiblichen Bevölkerung entgegengewirkt werden ([X.]. 16/3438 S. 8). Dieses Ziel wird durch die Verlängerung der Gesamtdauer der nach Satz 1 und Satz 2 des § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG zulässigen [X.] gefördert. Zwar kann es nach dieser [X.] in Einzelfällen dazu kommen, dass bei einer Überschreitung der sechsjährigen [X.] in der Promotionsphase die Gesamtdauer der Befristung mehr als zwölf Jahre beträgt, so dass sich die familienfreundliche Komponente nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG kaum oder gar nicht verlängernd auswirkt. Dies ist aber im Hinblick auf den Zweck des Wiss[X.]VG, eine zügige Qualifizierung zu fördern und eine Fluktuation im Wissenschafts- und Forschungsbereich sicherzustellen (vgl. APS/[X.] 5. Aufl. [X.] § 1 Rn. 5; KR/[X.] 12. Aufl. § 1 Wiss[X.]VG Rn. 12), rechtlich nicht zu beanstanden.

Die wortlautorientierte Auslegung des § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG führt auch nicht zu einer Schlechterstellung von wissenschaftlichem Personal, das Kinder betreut, gegenüber wissenschaftlichem Personal ohne Kinder. Bei wissenschaftlichem Personal, das keine minderjährigen Kinder betreut, richtet sich die Höchstdauer der Befristung ausschließlich nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss[X.]VG. Danach steht die sechsjährige (im Bereich der Medizin: neunjährige) [X.] in der [X.] auch dann zur Verfügung, wenn die sechsjährige [X.] in der Promotionsphase überschritten war (vgl. [X.] 24. August 2011 - 7 [X.] 228/10 - Rn. 23, [X.]E 139, 109). Dies gilt für wissenschaftliches Personal, das ausschließlich in der [X.] minderjährige Kinder betreut, gleichermaßen. § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG kann entgegen der Auffassung der [X.] nicht zu einer Verkürzung der nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss[X.]VG vorgesehenen [X.] in der [X.] führen. § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG sieht bei der Betreuung minderjähriger Kinder nur eine Verlängerung, nicht aber eine Verkürzung der [X.] vor. Die [X.] in der [X.] vermindert sich daher nicht um die [X.], um welche die sechsjährige Höchstdauer in der Promotionsphase überschritten war. Die Überschreitung der [X.] in der Promotionsphase hat in einem solchen Fall lediglich zur Folge, dass die nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG vorgesehene Verlängerung der [X.] um zwei Jahre pro Kind nicht oder nicht in vollem Umfang eintritt. Damit steht wissenschaftliches Personal, das in der [X.] Kinder betreut, nicht schlechter als wissenschaftliches Personal ohne Kinder.

(4) Das Abstellen auf die gesamte aus Promotionsphase und [X.] bestehende Qualifizierungsphase führt entgegen der Auffassung der [X.] auch nicht zu einem Widerspruch dazu, dass nur die zuletzt vereinbarte Befristung der gerichtlichen Kontrolle nach § 17 Satz 1 und Satz 2 [X.] unterliegt. Gegenstand der gerichtlichen Überprüfung bleibt allein die letzte Befristungsvereinbarung (zu diesem Grundsatz vgl. [X.] 24. Februar 2016 - 7 [X.] 182/14 - Rn. 14 ff. [X.]). [X.] mit dem Arbeitnehmer während der [X.] über den nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Wiss[X.]VG zulässigen [X.]raum hinaus befristete Arbeitsverträge abgeschlossen und hat der Arbeitnehmer die Rechtsunwirksamkeit der Befristung nicht fristgemäß gerichtlich geltend gemacht, so kann diese nach dem Abschluss weiterer befristeter Arbeitsverträge in der [X.] nicht mehr festgestellt werden. Gleichwohl ist bei einer Befristungskontrollklage, die sich gegen eine spätere, in der [X.] vereinbarte Befristung richtet, zu prüfen, ob die Voraussetzungen von § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG vorliegen. Dazu gehört die Prüfung, ob die insgesamt zulässige [X.] überschritten wurde. Gegenstand der Befristungskontrollklage bleibt gleichwohl die zuletzt vereinbarte Befristung.

(5) Soweit der Senat in der Vergangenheit formuliert hat, die gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss[X.]VG zulässige [X.] von sechs Jahren habe sich nach § 2 Abs. 1 Satz 3 Wiss[X.]VG verlängert (vgl. [X.] 8. Juni 2016 - 7 [X.] 568/14 - Rn. 24) und dies dahingehend verstanden werden konnte, dass sich die Verlängerung auf die Höchstdauer der [X.] und nicht auf die zulässige Gesamtdauer nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss[X.]VG bezog, hält der Senat daran nicht fest.

cc) Danach hat sich vorliegend die nach § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss[X.]VG zulässige [X.] von zwölf Jahren wegen der Betreuung der beiden Kinder durch den Kläger auf insgesamt 16 Jahre verlängert. Diese Höchstdauer wurde durch den letzten Vertrag überschritten. Die [X.]en schlossen den ersten befristeten Arbeitsvertrag mit Wirkung zum 1. Mai 1999, wonach der Kläger bis zum 31. Dezember 1999 in einem befristeten Vollzeitarbeitsverhältnis zur [X.] stand. In der [X.] vom 1. Januar 2000 bis zum 31. März 2007 war der Kläger bei dem [X.] und [X.] befristet beschäftigt. Bei diesen Instituten handelt es sich um Forschungseinrichtungen iSv. § 5 Wiss[X.]VG. Vom 4. April 2007 bis zum 31. März 2016 war der Kläger wieder bei der [X.] beschäftigt. Mithin stand der Kläger insgesamt 16 Jahre und knapp elf Monate in nach § 2 Abs. 3 Satz 1 Wiss[X.]VG auf die [X.] anzurechnenden Arbeitsverhältnissen. Damit kann die streitgegenständliche Befristung nicht auf § 2 Abs. 1 Wiss[X.]VG gestützt werden.

II. [X.] (Klageantrag zu 2.) fällt dem Senat nicht zur Entscheidung an. Er ist für die [X.] bis zum rechtskräftigen Abschluss dieses Rechtsstreits gestellt. Mit der Verkündung des Urteils durch den Senat wird der Rechtsstreit rechtskräftig abgeschlossen.

III. Die Beklagte hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten ihrer erfolglosen Revision zu tragen.

        

    Gräfl    

        

    M. Rennpferdt    

        

    Klose    

        

        

        

    Meißner    

        

    [X.]    

                 

Meta

7 AZR 21/18

21.08.2019

Bundesarbeitsgericht 7. Senat

Urteil

Sachgebiet: AZR

vorgehend Arbeitsgericht Bremen-Bremerhaven, 12. Januar 2017, Az: 9 Ca 9119/16, Urteil

§ 2 Abs 1 WissZeitVG vom 16.03.2016, § 2 Abs 3 WissZeitVG vom 16.03.2016, § 17 S 2 TzBfG, § 7 Halbs 1 KSchG, § 167 ZPO, § 253 Abs 1 ZPO

Zitier­vorschlag: Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21.08.2019, Az. 7 AZR 21/18 (REWIS RS 2019, 4283)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 228-229 REWIS RS 2019, 4283

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