Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2005, Az. II ZR 222/03

II. Zivilsenat | REWIS RS 2005, 3147

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[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL II ZR 222/03 Verkündet am: 13. Juni 2005 [X.] Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit

- 2 - [X.] [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 13. Juni 2005 durch [X.], [X.], [X.] und [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Kläger wird das Urteil des 9. Zivilsenats des [X.] vom 17. Juni 2003 aufge-hoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsge-richt zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand: Die Parteien streiten über Ansprüche aus einem Darlehen, das die Beklagte den Klägern 1989 zur Finanzierung ihres Beitritts zur [X.], einem geschlossenen Immobilienfonds, gewährte. Zweck der [X.] war der Erwerb sowie die wirtschaftliche Aus- nutzung und Verwaltung von Grundbesitz in [X.], [X.] Die Ein- lage der Kläger betrug 23.720,00 DM und wurde in vollem Umfang durch einen - u.a. mit einer Tilgungslebensversicherung besicherten - Festkredit der Beklag-- 3 - ten finanziert. Die Fondsbeteiligung und deren Finanzierung waren den Klägern von dem Versicherungskaufmann [X.] vermittelt worden. Die Beklagte zahlte die Darlehensvaluta, wie nach dem Darlehensvertrag vorgesehen, an den Treuhänder des Fonds. Die Kläger entrichteten bis März 2002 an die Beklagte Zinsen in Höhe von insgesamt 23.826,79 DM (= 12.182,44 •). Mit Anwaltsschreiben vom 21. Januar 2002 ließen sie ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten Willenserklärungen nach dem [X.] widerrufen. Mit ihrer Klage haben die Kläger die Beklagte auf Rückzahlung der gelei-steten Zinsen in Anspruch genommen und ihre Klage in zweiter Instanz um den Antrag erweitert festzustellen, daß der [X.] aus dem Darlehensvertrag vom 10. Februar 1989 keine Ansprüche zustehen. Die Klage blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Mit ihrer vom [X.]at zugelassenen Revision verfolgen die Kläger sowohl den Zahlungs- als auch den Feststellungsantrag weiter. Entscheidungsgründe: Die Revision ist begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht. [X.] Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung wie folgt begründet: Den Klägern stehe zwar, weil der Darlehensvertrag unstreitig in einer Haustürsitua-tion zustande gekommen sei, ein Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] zu, dessen Ausübung nach § 3 [X.] einen Anspruch auf Rückgewähr der Zinsen zur Folge habe. Dieser Anspruch komme jedoch nicht zum Tragen, weil ihm ein Anspruch der [X.] auf Nutzungsentschädigung durch marktübliche Verzinsung des Darlehens für die [X.] ab Überlassung der - 4 - Valuta bis zum Widerruf, § 3 Abs. 3 [X.], entgegenstehe. Der [X.] der Kläger scheitere, weil diese sich dem [X.] der [X.] gegenüber nicht auf einen Einwendungsdurchgriff be-rufen könnten. Hierfür wäre Voraussetzung, daß Darlehensvertrag und [X.] ein verbundenes Geschäft bildeten, was nach der Rechtsprechung des [X.] beim finanzierten Immobilienerwerb jedoch nicht der Fall sei. I[X.] Diese Ausführungen halten revisionsrechtlicher Prüfung nicht stand. 1. Das Berufungsgericht geht allerdings noch zutreffend davon aus, daß den Klägern ein Widerrufsrecht nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] (in seiner bis zum 30. September 2000 geltenden Fassung) zustand. a) Der Darlehensvertrag unterfällt dem [X.], dessen Vorschriften durch die Vorrangregelung des § 5 Abs. 2 [X.] hier nicht ausgeschlossen sind. § 5 Abs. 2 [X.] ist richtlinienkonform dahin auszulegen, daß das nach dieser Bestimmung bestehende Widerrufsrecht trotz des entgegenstehen-den Wortlauts auch dann besteht, wenn die entsprechende Befugnis nach § 7 Abs. 2 VerbrKrG nicht oder nicht mehr gegeben ist (vgl. [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1403 m.w.Nachw., z.[X.]. in [X.], 280 ff.). Das [X.] ist zwar auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, weil der Darlehensvertrag bereits im Jahr 1989 abgeschlossen worden ist; auch das nach Art. 9 Abs. 1 des Gesetzes über Verbraucherkredite, zur Änderung der Zivilprozeßordnung und anderer Gesetze weiterhin anwend-bare Abzahlungsgesetz entfaltet aber keine Sperrwirkung gegenüber der An-wendbarkeit des [X.]es. § 5 Abs. 2 [X.] ist nach der - 5 - Rechtsprechung des [X.] (Urt. v. 13. Dezember 2001 - Rs. [X.]/99, [X.], 31, 35) und des [X.] (vgl. [X.], 248, 257) stets, also auch bei Sachverhalten aus der [X.] vor Erlaß der genannten Entscheidung des [X.], in richtlinienkonformer Auslegung anzuwenden, ohne daß dem Vertragspartner des Kunden Vertrauensschutz gewährt werden kann (st.Rspr. seit [X.], 248, 257). b) Die Voraussetzungen des § 1 Abs. 1 Nr. 1 [X.] sind zwischen den Parteien unstreitig. c) Das Widerrufsrecht der Kläger ist nicht durch Fristablauf erloschen. Die einwöchige Widerrufsfrist des § 1 Abs. 1 [X.] hat mangels jeglicher Belehrung der Kläger nach § 2 Abs. 1 Satz 2 und 3 [X.] nicht zu laufen begonnen. Die Voraussetzungen des § 2 Abs. 1 Satz 4 [X.] liegen nicht vor. 2. Rechtsfehlerhaft hat das Berufungsgericht jedoch angenommen, die Kläger hätten ihre auf den Abschluß des Darlehensvertrages gerichteten [X.]en wirksam mit der Folge widerrufen, daß die Parteien nach § 3 Abs. 1 [X.] einander die empfangenen Leistungen zurückzugewähren haben. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig - nicht berücksichtigt, daß der Widerruf gegenüber der [X.] nur wirksam ist, wenn die - hier unstreitige - Haustürsituation der [X.], wie die Kläger gel-tend machen und was der revisionsrechtlichen Prüfung zugrunde zu legen ist, zuzurechnen ist (vgl. [X.], Urt. v. 12. November 2002 - [X.], [X.], 24 f.). Eine eigene Entscheidung ist dem [X.]at verwehrt. Damit das Berufungs-gericht die erforderlichen Feststellungen treffen kann, ist die Sache an die [X.] zurückzuverweisen. - 6 - II[X.] Für das wiedereröffnete Berufungsverfahren weist der [X.]at auf fol-gendes hin: 1. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Haustürsituation dem Erklärungsempfänger zuzurechnen ist, beurteilt sich nach gefestigter Recht-sprechung des [X.] entsprechend den für die Zurechnung [X.] nach § 123 Abs. 2 BGB entwickelten Grundsätzen (vgl. [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1404 m.w.Nachw.). Ist danach der Verhandlungsführer - wie hier - als Dritter anzuse-hen, so ist sein Handeln dem Erklärungsempfänger zuzurechnen, wenn dieser es kannte oder kennen mußte. Für eine fahrlässige Unkenntnis in diesem Sinne genügt es, daß die Umstände des Falles den Erklärungsempfänger veranlassen mußten, sich zu erkundigen, auf welchen Umständen die ihm übermittelte [X.] beruht ([X.], Urt. v. 9. April 1992 - [X.], [X.], 755, 756). Dabei kommt es allein auf die tatsächlichen Umstände an, unter denen die Willenserklärung abgegeben wurde, nicht auf eine Kenntnis oder fahrlässige Unkenntnis der Rechtslage. Die Notwendigkeit der richtlinienkonformen Ausle-gung des § 5 Abs. 2 [X.] steht auf Grund der Entscheidung des [X.] der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 (aaO) fest. § 5 Abs. 2 [X.] ist - wie bereits erwähnt (I[X.] 1. a) - nach der Recht-sprechung des [X.] und des [X.] auch bei Sachverhalten vor Erlaß der Entscheidung des [X.] der Europäischen Gemeinschaften vom 13. Dezember 2001 in [X.] Auslegung anzuwenden; für das vor der Veröffentlichung dieser Entscheidung in Literatur und Rechtsprechung überwiegend vertretene [X.] von § 5 Abs. 2 [X.], das [X.] als das spe-ziellere Gesetz verdränge das [X.], wenn der [X.] - bereich des [X.]es eröffnet ist, wird kein Vertrauensschutz gewährt ([X.], 248, 257). 2. Von [X.] beeinflußt sind ferner die Ausführungen des [X.], was die Rechtsfolgen eines wirksamen Widerrufs anbelangt. Sollte sich in dem weiteren Verfahren die Wirksamkeit des Widerrufs der Vertragserklärungen erweisen, hätten die Kläger entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts Anspruch auf Rückzahlung der von ihnen aus ihrem eigenen Vermögen geleisteten Zinsen von unstreitig 12.182,44 • sowie auf Rücküber-tragung aller der [X.] gestellten Sicherheiten und brauchten ihr das [X.] nicht zurückzuzahlen, sondern ihr nur die ihr - gegen Freistellung von allen Ansprüchen der [X.] - bereits mit Anwaltsschreiben vom 21. Januar 2002 angebotene Fondsbeteiligung abzutreten. Die von dem Darlehensnehmer empfangene Leistung ist - wie der [X.]at nach Erlaß des Berufungsurteils entschieden hat - im Falle der Auszahlung der Darlehensvaluta an einen Dritten bei einem Verbundgeschäft i.[X.] von § 9 VerbrKrG der finanzierte Gesellschaftsanteil (vgl. [X.].Urt. v. 14. Juni 2004 - [X.], [X.], 1402, 1404 f.). Das gilt entsprechend auch für den vorliegenden, noch dem Abzahlungsgesetz unterfallenden Fall. Nach der Rechtsprechung des [X.] zum Abzahlungsgesetz (vgl. [X.]Z 133, 254, 259 f.; Urt. v. 17. September 1996 - [X.], [X.], 1943, 1944 f.) fordert der Schutzzweck der Widerrufsregelung des [X.] bei zwei rechtlich selbständigen, aber eine wirtschaftliche Einheit bildenden Verträgen eine Auslegung, nach der dem Darlehensgeber nach dem Widerruf kein Zahlungsanspruch gegen den Darlehensnehmer in Höhe des [X.] zusteht. - 8 - Ob die Voraussetzungen des [X.] bzw. der wirtschaftlichen Einheit von [X.] und Darlehensvertrag vorliegen, wird das Berufungs-gericht danach zu prüfen haben. [X.] [X.]
Strohn [X.]

Meta

II ZR 222/03

13.06.2005

Bundesgerichtshof II. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 13.06.2005, Az. II ZR 222/03 (REWIS RS 2005, 3147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2005, 3147

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