Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2012, Az. V ZR 245/11

V. Zivilsenat | REWIS RS 2012, 844

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BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

URTEIL

V [X.]
Verkündet am:
30. November 2012
Langendörfer-Kunz
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
ZPO § 528
Wird ein das Gebot der Widerspruchsfreiheit von Teil-
und Schlussurteil verletzendes Teilurteil nur teilweise angefochten, steht einer auf diesen Verfahrensfehler gestütz-ten Aufhebung des gesamten [X.] das Verbot der reformatio in peius entgegen.

[X.], Urteil vom
30. November 2012 -
V [X.] -
OLG [X.]

LG [X.] I

-
2
-
Der V. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 30. November
2012 durch die Vorsitzende
Richterin Dr.
Stresemann,
[X.]
Czub, die Richterinnen Dr.
Brückner
und
Weinland
und
[X.]
Kazele

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des 21. Zivilsenats des [X.]s [X.] vom 10. Oktober 2011 insoweit aufgehoben, als darin das Teilurteil der 25. Zivilkammer des [X.]s [X.] I vom 3. Februar 2011 auch hinsichtlich des Tenors zu 1 (Verurteilung zur Zustimmung zur Löschung des [X.]) und zu 3 (Abweisung der Widerklage) auf-gehoben und die Sache auch in diesem Umfang an das [X.] zurückverwiesen worden ist.
Im Übrigen verbleibt es bei der Zurückverweisung der Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.].
Die Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Beklagte zu 3.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

Mit notariellem Vertrag vom 28. November 1989 kauften die Beklagten zu 1 und 2 von dem Rechtsvorgänger des [X.] ein Waldgrundstück zum 1
-
3
-
Preis von 1.466.560 DM. Die Finanzierung des Kaufpreises erfolgte durch die Rechtsvorgängerin der Beklagten zu 3. Als Sicherheit traten die Beklagten zu
1 und 2, zu deren Gunsten eine Auflassungsvormerkung in das
Grundbuch einge-tragen wurde, dieser u.a. alle Rechte aus dem Kaufvertrag ab. Hinsichtlich der Auflassungsvormerkung wurde ein Pfandrechtsvermerk zugunsten der Rechts-vorgängerin der Beklagten zu 3 in das Grundbuch eingetragen.

Nachdem die Beklagten zu 1 und 2 den Kaufpreis nicht vollständig [X.] hatten und eine gesetzte
Nachfrist mit Ablehnungsandrohung erfolglos geblieben war, lehnte der Rechtsvorgänger des [X.] die Vertragserfüllung ab und verlangte Schadensersatz wegen Nichterfüllung.

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zustimmung zur Löschung der [X.] Anspruch;
die Beklagten zu
1 und
2 zusätzlich auf [X.] von Schadensersatz wegen Nichterfüllung. Von
der
Beklagten zu 3 be-gehrt er ferner die Zustimmung zur Löschung des [X.] und die Zahlung von Schadensersatz
wegen
verzögerter Zustimmung zu der Löschung.
Die Beklagte zu 3 hat im Wege der Widerklage die Rückzahlung des auf den Kaufpreis geleis

verlangt.

Ein Insolvenzverfahren über das Vermögen der Beklagten zu 2, die mit dem Beklagten zu 1 im Güterstand der Gütergemeinschaft lebt, ist nach Vollzug der Schlussverteilung 2009 aufgehoben
worden.
Gleichwohl
hat das [X.]
im September 2010 die Unterbrechung des Verfahrens gegenüber der [X.] zu 1 und 2
ausgesprochen.

Das [X.] hat
die Beklagte zu 3
mit Teilurteil vom 3. Februar 2011
verurteilt, der Löschung des [X.]
zuzustimmen,
und die gegen die Beklagte zu 3 gerichtete Klage im Übrigen sowie deren Widerklage abge-2
3
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4
-
wiesen.
Die Beklagte zu
3 hat dieses Urteil nicht angegriffen. Auf die
von dem Kläger wegen der Abweisung seines Antrags auf Zustimmung zur Löschung der Auflassungsvormerkung und seines
Zahlungsantrags eingelegte Berufung hat das [X.] das gesamte Teilurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückverwiesen.

Mit der von dem Senat zugelassenen Revision begehrt der Kläger die Aufhebung des Berufungsurteils,
soweit es das Teilurteil des [X.]s
auch hinsichtlich der Verurteilung der Beklagten zu 3 zur Zustimmung zur Löschung des [X.] und der Abweisung der Widerklage aufgehoben hat. Die Beklagte zu 3 beantragt, die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe:

I.

Das Berufungsgericht sieht das Teilurteil als unzulässig an. Die gegen die Beklagten gerichteten Löschungs-
und Schadensersatzansprüche hingen von derselben Vorfrage ab, nämlich ob der primäre Erfüllungsanspruch auf [X.] erloschen sei.
Zwar könne aus Gründen der Justizgewährung bei der Insolvenz eines einfachen Streitgenossen vom grundsätzlichen Verbot eines [X.] bei der Gefahr widersprüchlicher Entscheidungen abgewichen
wer-den.
Diese Ausnahme greife aber nicht ein, da das Insolvenzverfahren
zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung des [X.]s bereits längere Zeit beendet gewesen sei.
Eine umfassende, auch die vom Kläger nicht angefoch-tenen Streitgegenstände erfassende Zurückverweisung des gesamten Rechts-streits sei
angesichts der Komplexität und Konnexität der Streitgegenstände
dringend geboten, um den Prozess "in die richtige Lage
zu bringen".
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-
5
-

II.

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand.

1. Ohne Rechtsfehler und von der Revision unbeanstandet geht das Be-rufungsgericht davon aus, dass das erstinstanzliche Urteil das Gebot der Wi-derspruchsfreiheit von Teil-
und Schlussurteil verletzt.
Nach ständiger höchst-richterlicher Rechtsprechung
darf auch bei der grundsätzlichen Teilbarkeit des Streitgegenstandes ein Teilurteil (§ 301 ZPO) nur ergehen, wenn die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen -
auch infolge abweichender Beur-teilung durch das Rechtsmittelgericht -
ausgeschlossen ist. Eine Gefahr sich widersprechender Entscheidungen ist namentlich dann gegeben, wenn in ei-nem Teilurteil eine Frage entschieden wird, die sich dem Gericht im weiteren Verfahren über andere Ansprüche oder Anspruchsteile noch einmal stellt oder stellen kann. Das gilt auch insoweit, als es um die Möglichkeit einer unter-schiedlichen Beurteilung von bloßen [X.] geht, die weder in Rechtskraft erwachsen noch das Gericht nach § 318
ZPO für das weitere Ver-fahren binden (st. Rspr.; vgl. [X.], Urteil vom 11.
Mai 2011

[X.], [X.]Z 189, 356 Rn. 13 mwN).
Eine solche Gefahr besteht bei einer Mehrheit selbständiger prozessualer Ansprüche, wenn zwischen den prozessual selb-ständigen Ansprüchen eine materiell-rechtliche Verzahnung besteht oder die Ansprüche prozessual in ein Abhängigkeitsverhältnis gestellt sind ([X.], Urteil vom 11.
Mai 2011

[X.], [X.]Z
189, 356 Rn.
14; Senat, Urteil vom 28.
November 2003

[X.], [X.]Z 157, 133, 142
f.). Dies ist hier der Fall. Bei einer späteren Aufnahme des noch beim [X.] anhängigen Teils des Rechtsstreits wird erneut über die Frage zu befinden sein, ob der [X.] zu 1 und 2 noch besteht. Insoweit besteht die Gefahr, dass das Gericht bei einem späteren Urteil -
sei es auf Grund neuen 8
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-
Vortrags, sei es auf Grund geänderter Rechtsauffassung (vgl. Senat, Urteil vom 28. Januar 2000

[X.], [X.], 1405, 1406
unter II 1 b; [X.], Urteil vom 25.
November 2003

[X.], [X.], 1452)
hierzu abweichend entscheidet.
Der Erlass eines unzulässigen [X.] stellt einen wesentlichen Verfahrensmangel dar, der von Amts wegen zu berücksichtigen ist ([X.], Urteil vom 11.
Mai 2011

[X.], [X.]Z 189, 356 Rn.
19
ff.).

2. Das Berufungsgericht verkennt
jedoch, dass es durch das in § 528 ZPO enthaltene Verschlechterungsverbot daran gehindert war, das Teilurteil auch insoweit aufzuheben, als es durch den Kläger nicht angegriffen worden
ist.
Allerdings ist umstritten, ob und inwieweit das Verschlechterungsverbot in [X.], in denen ein
von Amts wegen zu beachtender
Verfahrensmangel vorliegt, der
Aufhebung des gesamten Urteils bei einer Teilanfechtung entgegensteht.

a) In der Rechtsprechung des [X.] wird zwischen [X.] und unheilbaren Verfahrensfehlern differenziert. Bei einem behebbaren Verfahrensfehler wird es als zulässig erachtet, auf eine Teilanfechtung das ganze von dem Mangel betroffene Urteil aufzuheben und die Sache zurückzu-verweisen, um den Prozess in die richtige Lage zu bringen und den Mangel im Ganzen
zu beheben. Dabei steht es außer Frage, dass die von neuem zu tref-fende sachliche Entscheidung nicht zu Ungunsten des [X.] von der aufgehobenen Entscheidung abweichen darf. Die Frage des Vorrangs zwi-schen dem Verschlechterungsverbot und dem Gebot der Berücksichtigung zwingenden Verfahrensrechts stellt
sich daher bei einer
möglichen Behebung des Mangels durch die untere Instanz
letztlich nicht ([X.], Beschluss vom 24. Mai 1989

IV
b ZB 28/88, NJW-RR 1989, 1404; Urteil vom 18. Dezember 1985

IV
b ZB 677/81, NJW 1986, 1494, 1495 jeweils mwN).

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Dagegen entscheidet
bei unheilbaren,
von Amts wegen zu berücksichti-genden Verfahrensmängeln
über den Vorrang eine Abwägung zwischen der verletzten Verfahrensnorm und dem Verschlechterungsverbot. Maßgebend ist danach, ob
der verletzten Verfahrensnorm ein größeres Gewicht zukommt
als dem Verschlechterungsverbot
([X.], Urteil vom 18. Dezember 1985

IV b ZB 677/81, NJW 1986, 1494, 1496; Beschluss vom 11.
September 2007

[X.], [X.], 153, 156; für eine Abwägung auch Zöller-Heßler, ZPO, 29.
Aufl., § 528 Rn. 33; [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., §
528 Rn. 6; [X.] in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], ZPO, 70.
Aufl., § 528 Rn. 17; PG/Oberheim, ZPO, 4. Aufl. § 528 Rn. 15; für einen Vorrang des Ver-fahrensrechts ohne Abwägung hingegen: [X.], ZZP 65 (1952), 464, 468). Das Verschlechterungsverbot tritt danach beispielsweise zurück, wenn Verfah-rensvorschriften verletzt wurden,
die
eine Wiederaufnahme begründeten
([X.], Urteil vom 19. Oktober 1988

IV b ZR 10/88, [X.]Z 105, 270, 276; Urteil vom 18. Dezember 1985

IV
b ZB 677/81, NJW 1986, 1494, 1496).

b) Dagegen kommt nach einer verbreiteten Ansicht dem Verbot der re-formatio in peius grundsätzlich der Vorrang zu. Nur wenn die angefochtene Entscheidung wegen schwerster Mängel unwirksam sei, stehe das [X.] einer Abänderung zu Lasten des [X.] nicht ent-gegen. Ob dies auch bei Vorliegen eines [X.] zu gelten habe, erscheine fraglich, da es Sache der [X.] sei, diesen geltend
zu machen ([X.], ZPO, 21. Aufl., § 536 Rn. 7; [X.], ZPO, 3. Aufl., § 529 Rn. 58; [X.], ZPO, 9. Aufl., § 528 Rn. 17; [X.] in: [X.], 1987, § 536 Rn. 5;
Wieczorek-Jänich, ZPO, 3.
Aufl., § 572 Rn. 69; [X.], Zivilprozessrecht, 30. Aufl., § 72 VIII. Rn. 40; [X.], Zivilprozessrecht, 2. Aufl., § 99 II.; [X.], [X.] im Zivilprozess, 2010, S.
166
f.; so wohl auch
Wieczorek-Gerken, ZPO, 13
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8
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3. Aufl., § 528 Rn. 42; [X.] in: [X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 17.
Aufl., § 139 Rn.
11).

c) In der Rechtsprechung des [X.] ist bislang nicht ent-schieden worden, ob es mit dem Verbot der reformatio in peius vereinbar ist, ein wegen der Verletzung des Gebots der Widerspruchsfreiheit unzulässiges Teilurteil in einem gegenüber seiner Anfechtung weitergehenden Umfang auf-zuheben.

aa)
Eine Gleichstellung mit den Fällen eines behebbaren [X.] kommt nicht in Betracht. Zwar kann
durch die Aufhebung und Zurückver-weisung der Sache an das Ausgangsgericht die Gefahr von widersprüchlichen Entscheidungen beseitigt
werden. Das Grundanliegen dieser Fallgestaltung, dem Kläger jedenfalls das ihm günstige Ergebnis des nicht angefochtenen Teils zu erhalten, kann sich hier aber nicht verwirklichen, da die Gefahr der [X.] bei der Annahme einer inhaltlichen Bindung
fortbestünde. Dem Rechtsmittelführer würde daher mit der Aufhebung der ihn günstigen [X.] des [X.] eine materielle Rechtsposition genommen und diese erneut zur Überprüfung durch das Ausgangsgericht gestellt. Ob vor diesem Hinter-grund die Differenzierung zwischen behebbaren und unheilbaren [X.] überhaupt beizubehalten oder stattdessen
danach zu fragen ist, ob eine Durchbrechung der Rechtskraft mit
dem Sinn und Zweck des Verbots der re-formatio in peius vereinbar ist (vgl. [X.], [X.], 1976, S.
124
ff.), kann offenbleiben. Im Ergebnis besteht nämlich Übereinstim-mung
darin, dass ein Zurücktreten des Verbots der reformatio in peius nur bei besonders schweren Verfahrensfehlern in Betracht kommt. In diesen Fällen wird bei einer im Umfang über die Anfechtung hinausgehenden Aufhebung eine formale Rechtsposition beseitigt, die dem Rechtsmittelführer nur scheinbar ei-14
15
-
9
-
nen Besitzstand vermittelt ([X.], [X.], 1976, S.
125).

bb) Richtigerweise rechtfertigt die Verletzung des Gebots der Wider-spruchsfreiheit zwischen Teil-
und Schlussurteil keine Ausnahme von dem in §
528 ZPO verankerten Verschlechterungsverbot, da dem Rechtsmittelführer anderenfalls eine materielle Rechtsposition
genommen würde.

Nach Satz 1 des § 528 ZPO unterliegen der Prüfung und Entscheidung nur die [X.]; nach dessen Satz 2 darf das Urteil nur insoweit [X.] werden, als eine Abänderung beantragt ist. Daraus folgt, dass das Gericht das angefochtene Urteil zum Nachteil des Berufungsklägers nur auf eine Anschlussberufung hin ändern kann. Was das angefochtene Urteil rechts-kräftig zuerkannt hat, darf das Berufungsgericht auf die Berufung des [X.] nicht aberkennen ([X.], ZPO, 3. Aufl., § 528 Rn. 26, 28; Musielak/Ball, ZPO, 9. Aufl., § 528 Rn. 14; [X.], ZPO, 21.
Aufl., § 536 Rn. 4; [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 528 Rn.
4; P/G-Oberheim, ZPO, 4. Aufl., § 528 Rn. 12; [X.] in: [X.]/[X.], Zivilprozessrecht, 17. Aufl., § 139 Rn. 5).

Soweit in diesem Zusammenhang zur Rechtfertigung der Aufhebung ei-nes Urteils über den Umfang seiner Anfechtung hinaus angeführt wird, dass sich die Bindung des Rechtsmittelgerichts an die Anträge der [X.]en nur auf die Entscheidung zur Sache selbst bezieht (vgl. [X.], Urteil vom 19. Oktober 1988

IV
b ZR 10/88, [X.]Z 105, 270, 276;
Urteil vom 22. Dezember 1965

I
b
ZR 143/64, MDR
1966, 400), vermag dies allein eine weitergehende [X.] nicht zu legitimieren.
Zwar sind bestimmte Fragen des Ver-fahrens der Disposition der [X.]en entzogen. Gleichwohl führt dies noch nicht dazu, dass der Verfahrensmangel unabhängig von dem Streitgegenstand be-16
17
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-
10
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trachtet werden kann. Hat
der Rechtsmittelführer ein
Teilurteil nur bezüglich eines abgrenzbaren Streitgegenstands
angegriffen und begehrt die gegnerische [X.] nur die Zurückweisung des gegnerischen Rechtsmittels,
so begrenzt dies zunächst die Sachentscheidungskompetenz. Die [X.]en haben gerade den Streitgegenstand durch das Rechtsmittel und den Verzicht auf ein Anschluss-rechtsmittel festgelegt. Der Umstand, dass ein Verfahrensfehler weiter als der Streitgegenstand
im Rechtsmittelverfahren
reicht, liefert allein noch keine Rechtfertigung für eine über den Streitgegenstand hinausgehende Sachent-scheidungskompetenz, die einen Eingriff in die Rechtskraft eines [X.] und damit in den Besitzstand des [X.] darstellt.

Eine solche Rechtfertigung lässt sich auch nicht aus der Bedeutung des Gebots der Widerspruchsfreiheit von Teil-
und Schlussurteil ableiten. Die Ge-fahr von widersprüchlichen Entscheidungen wird von der Rechtsordnung durchaus hingenommen. Sie besteht etwa
dann, wenn präjudizielle Fragen in verschiedenen Verfahren entscheidungserheblich sind
und dort jeweils anders beantwortet werden. Da zwischen den Beklagten zu 1 und 2 auf der einen Seite und der Beklagten
zu 3
auf der anderen Seite keine notwendige
Streitgenos-senschaft vorliegt, hätte es dem Kläger freigestanden, die
Beklagte zu 3
in
ei-nem
gesonderten Verfahren in Anspruch zu nehmen. Hinzu tritt, dass in der höchstrichterlichen Rechtsprechung in Fällen der Unterbrechung des Verfah-rens durch Insolvenz oder Tod eines einfachen Streitgenossen ([X.], Urteil vom 11. Mai 2011

[X.], [X.]Z 189, 356 Rn. 17 mwN) die Gefahr ei-nes Widerspruchs zwischen Teil-
und Schlussurteil hingenommen wird. Über-dies erwächst
ein unzulässiges Teilurteil, wenn es von den [X.]en nicht ange-griffen
wird, in Rechtskraft. Hieraus wird deutlich, dass allein die Verletzung des Gebots der Widerspruchsfreiheit noch keine hinreichende
Begründung für eine Durchbrechung der eingetretenen Teilrechtskraft liefert.
Insbesondere führt sie 19
-
11
-
weder zur Nichtigkeit des [X.] noch vermag sie Wiederaufnahmegründe zu tragen.

Nach alledem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben,
soweit es das landgerichtliche Urteil auch hinsichtlich
des Tenors zu
1 (Verurteilung der Beklagten zu
3 zur Zustimmung
der Löschung des [X.]) und zu
3 (Abweisung der Widerklage der Beklagten zu 3)
aufgehoben und die Sa-che auch bezüglich dieser Teile des Streitgegenstands
gemäß § 538 Abs. 2 Satz
1 Nr.
7 ZPO an das [X.] zurückverwiesen hat. Es war daher in
die-sem Umfang
aufzuheben, so dass es insoweit bei der [X.] verbleibt.

III.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens folgt aus §
91 ZPO.
Die von der [X.] angeregte Nichterhebung von [X.] kam nicht in Betracht, da keine unrichtige Sachbehandlung im Sin-ne des § 21 Abs. 1 Satz 1 GKG vorliegt.
Eine solche liegt nur vor, wenn das Berufungsgericht gegen eine klare gesetzliche Regelung verstoßen, insbeson-dere einen schweren Verfahrensfehler begangen hat, der offen zu Tage tritt ([X.], Urteil vom 8. Oktober 1986

[X.], [X.]Z 98, 318, 320; [X.] vom 10. März 2003

IV ZR 306/00, NJW-RR 2003, 1294). Ein solcher Fehler liegt hier nicht vor. Das Berufungsgericht hat eine höchstrichterlich bis-lang nicht geklärte Frage beantwortet und sich dabei auf eine Literaturstelle und auf Rechtsprechungsnachweise gestützt.

Bei der Festsetzung des Wertes des Streitgegenstandes auf 524.934,64

wurde neben dem Wert der bezifferten Widerklage der Anspruch auf Zustimmung zur Löschung des [X.] mit 1/20 des Grund-20
21
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-
12
-


3 ZPO).

Stresemann

Czub

Brückner

Weinland

Kazele

Vorinstanzen:
LG [X.] I, Entscheidung vom 03.02.2011 -
25 [X.]/05 -

OLG [X.], Entscheidung vom 10.10.2011 -
21 U 1140/11 -

Meta

V ZR 245/11

30.11.2012

Bundesgerichtshof V. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2012, Az. V ZR 245/11 (REWIS RS 2012, 844)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2012, 844

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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V ZR 245/11

VIII ZR 42/10

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