26. Senat | REWIS RS 2013, 782
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Markenbeschwerdeverfahren – "Zanetti/BARNETTI" – unterstellte Warenidentität und durchschnittliche Kennzeichnungskraft – keine unmittelbare Verwechslungsgefahr
In der Beschwerdesache
…
betreffend die Marke 30 2010 032 240
hat der 26. Senat ([X.]) des [X.] auf die mündliche Verhandlung vom 27. November 2013 unter Mitwirkung des Vorsitzenden [X.] [X.] sowie [X.] und Hermann
beschlossen:
Auf die Beschwerde der Markeninhaberin wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 12. Dezember 2012 aufgehoben und der Widerspruch zurückgewiesen.
I
Gegen die Eintragung der Wortmarke 30 2010 032 240
[X.]
für die Waren
Klasse 33: Liköre, insbesondere Amaro- und Limoncello-Liköre
ist Widerspruch erhoben worden aus der für die Waren
Klasse 33: Alkoholische Getränke (ausgenommen [X.]iere)
eingetragenen prioritätsälteren Wortmarke 397 25 823
[X.].
Die Markenstelle für Klasse 33 des [X.] hat mit [X.]eschluss vom 12. Dezember 2012 eine Verwechslungsgefahr im Sinne von § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.] zwischen den Vergleichsmarken bejaht und auf Grund des Widerspruchs die Löschung der angegriffenen Marke angeordnet.
[X.]ur [X.]egründung hat die Markenstelle ausgeführt, dass zwar die [X.]enutzung der prioritätsälteren Marke „[X.]“ glaubhaft nachgewiesen sei, der auf Grund von Warenidentität bzw. hochgradiger [X.] nötige große Markenabstand zum Ausschluss von Verwechselungen sei hier allerdings nicht eingehalten.
So ergäben sich in schriftbildlicher Hinsicht im Vergleich Übereinstimmungen im längsten Wortteil. Auch bei der Gegenüberstellung des Klangbildes der beiden Marken seien die Übereinstimmungen überwiegend, zwei von drei Silben würden völlig identisch klingen. [X.]edenke man, dass gerade im [X.] mündliche [X.]estellungen oftmals bei [X.] Hintergrund erfolgten, sei davon auszugehen, dass die geringen Abweichungen „[X.]„ gegenüber „[X.]-„ (auch durch das eingeschobene klangschwache „R“) leicht überhört würden. Nachdem begrifflich beide Marken jeweils nur Phantasiewörter darstellten, seien bei zu [X.] normaler Kennzeichnungskraft der Marken Verwechselungen in hoher [X.]ahl zu erwarten, so dass nach § 43 Abs. 2 S. 1 [X.] die angegriffene Marke zu löschen sei.
Dagegen wendet sich die Markeninhaberin mit der [X.]eschwerde. Sie meint, die rechtserhaltene [X.]enutzung sei nicht ausreichend glaubhaft gemacht worden. Im Hinblick auf eine [X.]eichenähnlichkeit vertritt die [X.]eschwerdeführerin die Auffassung, dass weder eine schriftbildliche noch eine klangliche oder begriffliche Ähnlichkeit der sich gegenüber stehenden [X.]eichen [X.] und [X.] bestünde. Dem [X.] angesprochenen Verkehrskreis sei die [X.] Verkleinerungsform „etti“ bekannt und diese daher kennzeichnungsschwach. Eine Übereinstimmung in lediglich diesem [X.]estandteil begründe keine markenrechtlich relevante Ähnlichkeit. [X.]ei der Endung „etti“ handele es sich um eine gängige [X.] Wendung. Gerade im [X.]ereich der Lebensmittel sei dem [X.] Verkehrskreis die Endung „etti“ als beschreibende Angabe [X.] für eine schmalere Form der Nudel, wie [X.] bei Spaghetti etc., geläufig. Die [X.] Verkehrskreise sähen die Endbuchstabenfolge „etti“ sowohl bei der Widerspruchsmarke als auch bei der angegriffenen Marke als beschreibend und äußerst kennzeichnungsschwach an, aufgrund der hohen [X.]edeutung von [X.], [X.] als beliebtem Urlaubsland selbst und der zahlreichen [X.]n Gaststätten. Auch bei alkoholischen Getränken sei der Verkehr an die Verwendung des [X.]estandteils „etti“ gewöhnt. Demzufolge stünden sich maßgeblich die Wortanfänge „[X.]“ (3 [X.]uchstaben) und „[X.]“ (4 [X.]uchstaben) gegenüber, die klangliche und schriftbildliche Unterschiede aufwiesen. [X.]eide Marken seien in Form eines [X.]n Namens gebildet. Demzufolge sei eine Verwechslungsgefahr zu verneinen.
Die Markeninhaberin beantragt,
den angefochtenen [X.]eschluss der Markenstelle für Klasse 33 des [X.] vom 12. Dezember 2012 aufzuheben und den Widerspruch zurückzuweisen.
Die Widersprechende beantragt,
die [X.]eschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die in den angegriffenen [X.]eschlüssen vertretene Rechtsauffassung, dass die rechtserhaltende [X.]enutzung der Widerspruchsmarke ausreichend glaubhaft gemacht sei und zwischen den beiderseitigen Marken Verwechslungsgefahr bestehe, für zutreffend. Die klanglichen Unterschiede der Marken seien nicht ausreichend, da diese im Gesamteindruck nicht hinreichend in Erscheinung träten.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Akteninhalt [X.]ezug genommen.
II
Die zulässige [X.]eschwerde der Markeninhaberin ist begründet. [X.]wischen der angegriffenen Marke und der Widerspruchsmarke besteht nicht die Gefahr von Verwechslungen [X.] § 9 Abs. 1 Nr. 2 [X.].
Die Frage der Verwechslungsgefahr im Sinne dieser [X.]estimmung ist unter [X.]erücksichtigung aller Umstände, insbesondere der zueinander in Wechselbeziehung stehenden Faktoren der Ähnlichkeit der Marken, der Ähnlichkeit der damit gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen und der Kennzeichnungskraft der prioritätsälteren Marke zu beurteilen, wobei ein geringerer Grad der Ähnlichkeit der Marken durch einen höheren Grad der Ähnlichkeit der Waren und Dienstleistungen oder durch eine erhöhte Kennzeichnungskraft der älteren Marke ausgeglichen werden kann und umgekehrt ([X.] GRUR 1998, 387, 389 - Sabèl/[X.]; [X.], 235 – [X.]/[X.]). [X.]udem ist die Art der Waren und Dienstleistungen, für die die Marken eingetragen sind, sowie die Aufmerksamkeit des angesprochenen Verkehrskreises beim Erwerb der fraglichen Waren und Dienstleistungen zu berücksichtigen ([X.] GRUR Int. 1999, 734, 736 - [X.]). [X.]illige Produkte des täglichen Gebrauchs werden häufig erworben, ohne dass der Abnehmer den jeweiligen Kennzeichnungen besondere Aufmerksamkeit zuwendet. Demgegenüber gehen dem Kauf hochwertiger Gegenstände oder der Inanspruchnahme aufwendiger Leistungen meist eingehende Überlegungen und Prüfungen der Marktlage voraus, die auch die dort vorkommenden Marken mit einbeziehen, deren Unterschiede somit eher ins [X.]ewusstsein gelangen ([X.] GRUR 2006, 237, 238 - PICASSO).
Ausgehend von diesen maßgeblichen Grundsätzen ist eine markenrechtlich erhebliche Verwechslungsgefahr zwischen den Widerspruchsmarken, bei unterstellter durchschnittlicher, ungeschmälerter Kennzeichnungskraft und unabhängig von [X.] unterstellter Identität der beiderseitigen Waren nicht gegeben. Dies erfordert zwar, wie die Markenstelle insoweit zutreffend festgestellt hat, einen großen, deutlich wahrnehmbaren Abstand der Marken. Dieser ist jedoch in jeder Richtung, also auch in klanglicher Hinsicht, gewahrt.
[X.]ei [X.]etrachtung der Ähnlichkeit stimmen beide [X.]eichen in den 5 [X.]uchstaben „[X.]“ überein. Der [X.]eginn der [X.]eichen unterscheidet sich jeweils, wobei die Widerspruchsmarke die [X.]uchstabenfolge „[X.]“ und die angegriffene Marke „[X.]“ aufweist, wie bereits die Markenstelle zutreffend herausgestellt hat.
Mit der Markeninhaberin ist anzunehmen, dass die [X.]uchstabenfolge „-etti“ dem [X.] angesprochenen Verbraucher durchaus durch den Gebrauch [X.]r Wörter bzw. Namen im [X.] bekannt ist, selbst wenn der [X.] Verbraucher im Durchschnitt der [X.]uchstabenfolge „etti“ keine [X.]edeutung im Sinne einer Verniedlichung oder eines maskulinen Plurals wird zuordnen können. Insoweit kann auf die überzeugenden Ausführungen in der [X.]eschwerdebegründung vom 22. April 2013 und die zugehörigen Nachweise verwiesen werden. Daher ist von einem in den Hintergrundtreten der gewöhnlichen [X.]uchstabenfolge „etti“ auszugehen, die sich damit als kennzeichnungsschwach erweist. [X.]udem nimmt der Verbraucher regelmäßig den Anfang eines Wortes aufmerksamer wahr als sein Ende.
Der [X.] hat sich daher bei schriftbildlichem Vergleich auf die Silben „[X.]“ und „[X.]“ (nicht aber [X.] und [X.], da dies nicht einer korrekten Silbentrennung entspricht) zu konzentrieren. Hier weist das „[X.]“ der angegriffenen Marke eine durch den schräg links verlaufenden Strich zwischen Ober- und [X.] eine andere Gestaltung auf, als die nach rechts verlaufende Rundungen des [X.]uchstaben „[X.]“ der [X.]. [X.]udem weist die Widerspruchsmarke einen weiteren [X.]uchstaben in der ersten Silbe auf, nämlich ein „R“. Die erste Silbe der Widerspruchsmarke ist folglich merklich länger als die der angegriffenen Marke. Daher ist entgegen der Auffassung im angefochtenen [X.]eschluss eine schriftbildliche Ähnlichkeit in der ersten Silbe der [X.]eichen zu verneinen, allenfalls als gering anzusehen.
Klanglich wäre für den des [X.]ischen mächtigen Teil des Verkehrs zunächst von einer richtigen [X.]n Aussprache auszugehen. Die Widerspruchsmarke wird dann [X.] als „[X.]-NET-TI“ mit rollendem „r“ ausgesprochen, während die angegriffene Marke als „SA-NET-TI“ ausgesprochen wird, da das „[X.]“ im [X.]ischen als weiches „S“ ausgesprochen wird. Das [X.] und das [X.] werden beide weich ausgesprochen, so dass je nach äußeren akustischen Umständen beide [X.]uchstaben ähnlich klingen könnten. [X.]ei korrekter [X.]r Aussprache wird jedoch der angesprochene Verbraucher das gerollte R in der ersten Silbe der Widerspruchsmarke wahrnehmen und das Fehlen desselben in der angegriffenen Marke. Spätestens an dieser Stelle nimmt der angesprochene Verbraucher einen klanglichen Unterschied wahr.
Geht man dagegen von den Verkehrskreisen aus, die die Ausspracheregeln der [X.]n Sprache nicht beherrschen und beide [X.]egriffe eher „[X.]“ aussprechen, so stehen sich klanglich „[X.]-NET-TI“ und „[X.]NET-TI“ gegenüber. Die Silbe „[X.]“ wird der [X.] Verbraucher mit scharfen „s“ aussprechen ([X.] klingt dann etwa wie „tsa“), während er „[X.]“ mit einem weichen „[X.]“ aussprechen wird. [X.]ei der [X.]etonung des „R“ wird ein Süd[X.]r (z. [X.]) das „r“ betonter aussprechen als jemand aus nördlicheren [X.]undesländern. Abhängig von dem lokalen Dialekt, wird das „r“ in „[X.]“ entweder ausgesprochen oder verschluckt. Spätestens aber beim klanglichen Vergleich zwischen dem scharf ausgesprochenen „[X.]“ und dem weich ausgesprochenen „[X.]“ im [X.] wird der Verbraucher direkt am Anfang beider Marken einen klanglichen Unterschied feststellen. Der Klang der kennzeichnungsschwachen, gebräuchlichen Endung „[X.]“ vermag den klanglichen Unterschied am Anfang der Marken nicht untergehen zu lassen.
Eine klangliche Ähnlichkeit ist daher entgegen der Auffassung im angefochtenen [X.]eschluss in der Gesamtheit zu verneinen.
Hinzu kommt, dass, anders als von der Markenstelle ausgeführt, jedenfalls das Anmeldezeichen eine [X.]edeutung aufweist. Für die angegriffene Marke „[X.]“ kann man [X.] der Internetseite www.significato.eu entnehmen, dass der „Familienname [X.] in ganz [X.] verbreitet“ sei, was sich auch dem inländischen Verbraucher, der an [X.] Namen als Kennzeichen gewöhnt ist (vgl. nur [X.], [X.]arilla, [X.]), aufdrängt. Den [X.]egriff [X.] wird der Verbraucher daher ebenfalls (auch) als Familiennamen aufnehmen, insbesondere durch die auch in [X.]land bekannte Kaffeemarke Segafredo [X.]. Auch das Modelabel [X.] (siehe www.za[X.].com) mag durchaus [X.]ekanntheit in [X.]land erlangt haben.
Im Gesamteindruck ist eine unmittelbare Verwechslungsgefahr der [X.]eichen daher nicht gegeben.
Daher war der mit der [X.]eschwerde angegriffene [X.]eschluss der Markenstelle aufzuheben und der Widerspruch zurückzuweisen.
Meta
27.11.2013
Beschluss
Sachgebiet: W (pat)
Zitiervorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 27.11.2013, Az. 26 W (pat) 510/13 (REWIS RS 2013, 782)
Papierfundstellen: REWIS RS 2013, 782
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
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