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Härteausgleich für entgangene Bewährung: Anwendung des Vollstreckungsmodells
Zum Härteausgleich für entgangene Bewährung durch Anwendung des Vollstreckungsmodells .
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18. Mai 2009 gemäß § 349 Abs. 4 StPO dahin ergänzt, dass als Härteausgleich für entgangene anderweitige Gesamtstrafbildung vier Monate der verhängten Gesamtfreiheitsstrafe als vollstreckt gelten.
Die weitergehende Revision wird nach § 349 Abs. 2 StPO als unbegründet verworfen.
Der Angeklagte hat die Kosten der Revision zu tragen, jedoch wird die Gebühr um ein Viertel ermäßigt. Je ein Viertel der in der Revisionsinstanz entstandenen gerichtlichen Auslagen und notwendigen Auslagen des Angeklagten fallen der Staatskasse zur Last.
Das [X.] hat den Angeklagten wegen räuberischer Erpressung (Einzelfreiheitsstrafe sieben Monate), wegen Freiheitsberaubung in zwei Fällen ([X.] je zwei Monate), wegen unerlaubten Überlassens von Betäubungsmitteln zum unmittelbaren Verbrauch in zwei Fällen ([X.] zwei Monate und ein Monat) und wegen Beleidigung (Einzelfreiheitsstrafe ein Monat) unter Einbeziehung der vom [X.] Bremen in dessen Urteil vom 9. Oktober 2008 verhängten und zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe von zwei Jahren zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und sieben Monaten verurteilt und von weiteren Vorwürfen freigesprochen. Die Revision des Angeklagten ist hinsichtlich des Schuld- und Strafausspruchs unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. Indes bedarf das Urteil der Ergänzung um einen Härteausgleich wegen entgangener anderweitiger Gesamtstrafbildung.
1. Die im angefochtenen Urteil ausgeurteilten Taten waren zwischen Ende Februar und dem 26. März 2007 begangen worden. Nachdem eine Gesamtstrafenbildung mit der zunächst eine Zäsur begründenden Nachverurteilung durch Strafbefehl des [X.] vom 2. August 2007 zu einer Geldstrafe von 40 Tagessätzen zu je zehn Euro wegen vollständiger Vollstreckung der Ersatzfreiheitsstrafe zehn Tage vor der hier erfolgten Verurteilung nicht mehr möglich gewesen ist, hat das [X.] folgerichtig, in der Sache zutreffend und unvermeidbar mit der nächsten noch nicht erledigten Strafe – der wegen eines am 14. Februar 2008 begangenen schweren Raubes in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung durch Urteil des [X.]s Bremen vom 9. Oktober 2008 verhängten zweijährigen, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe – die erkannte Gesamtfreiheitsstrafe gebildet. Zu deren Begründung hat das [X.] ausgeführt: „Andererseits war nicht zu übersehen, dass die Aussetzung der Vollstreckung der zweijährigen Freiheitsstrafe zur Bewährung zwar somit keinen Bestand mehr haben konnte, die jetzt erforderliche Gesamtstrafenbildung dem Angeklagten wiederum aber insoweit zugute kommt, als bei Einbeziehung allein der Geldstrafe aus dem Strafbefehl vom [X.] die dann bestehend bleibende zweijährige Einzelstrafe sowie die im Übrigen zu bildende Gesamtstrafe der Summe nach zu einer höheren Gesamtsanktion geführt hätte“ ([X.]).
2. Die hier erfolgte Gesamtstrafenbildung ist nur aufgrund vollständiger Ersatzfreiheitsstrafenvollsteckung notwendig geworden, die den Wegfall einer den Angeklagten begünstigenden Zäsur zur Folge hatte. Die zitierte Erwägung des [X.]s lässt diese Besonderheit des Verlusts der gewährten Strafaussetzung zur Bewährung hinsichtlich der zweijährigen Freiheitsstrafe aus dem Urteil vom 9. Oktober 2008 – die Widerrufsvoraussetzungen des § 56f Abs. 1 StGB lagen nicht vor – unberücksichtigt. Der Angeklagte hat die ausgeurteilten Taten nicht nach der Aussetzungsentscheidung, sondern weit über ein Jahr zuvor begangen. Ohne die vollständige Ersatzfreiheitsstrafenvollstreckung wäre die Strafaussetzung infolge anderweitiger Gesamtstrafenbildung bestehen geblieben.
Damit wirkt sich die Bildung der Gesamtfreiheitsstrafe unter Heranziehung einer erheblichen, zur Bewährung ausgesetzten Freiheitsstrafe als Einsatzstrafe für den Angeklagten überaus nachteilig aus (vgl. [X.], Beschluss vom 2. März 1994 – 2 StR 740/93); dies erfordert die Gewährung eines besonders nachhaltigen Härteausgleichs (vgl. [X.]R StGB § 46 Abs. 1 Schuldausgleich 15 m.w.[X.]). Diesen nimmt der Senat zur Vermeidung weiterer Verfahrensverzögerung in entsprechender Anwendung des § 354 Abs. 1 StPO selbst vor.
3. Dabei hält er auch für den in dieser Fallkonstellation vorzunehmenden Härteausgleich nunmehr die Anwendung des [X.] für vorzugswürdig (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2009 – 5 [X.]/09 [X.]. 10 m.w.[X.], zur Aufnahme in [X.]St bestimmt, für den Fall nicht mehr möglicher Gesamtstrafenbildung von Geldstrafe mit lebenslanger Freiheitsstrafe). Die Überlegenheit dieser Vorgehensweise gegenüber der herkömmlich vorgenommenen Herabsetzung der (Gesamt-)Strafe hat der [X.] in [X.]St 52, 124, 136 der Sache nach anhand von Fällen notwendigerweise systemwidriger Eingriffe in die Strafzumessung zur Verwirklichung des Härteausgleichs ([X.]St 31, 102 – Unterschreiten der Untergrenze des § 54 Abs. 1 StGB; [X.]St 36, 270 – Milderung von Einzelstrafen) anerkannt.
Seine Anwendung ist aber darüber hinaus auch sonst sachlich geboten. Die Verwirklichung des Härteausgleichs knüpft nicht an der maßgeblichen Grundlage der Strafhöhe, der [X.] (§ 46 Abs. 1 StGB) an, sondern erstrebt die Festsetzung eines gerechten Ausgleichs dafür, dass aufgrund verfahrensrechtlicher Zufälligkeiten eine den Angeklagten beschwerende getrennte bzw. – hier – zusammengefasste Strafbemessung stattgefunden hat (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO). Die Anwendung des [X.] erleichtert die Straffestsetzung ferner, weil bisher zu berücksichtigende, getrennt zu bewertende Umstände nicht mehr berührt werden. Dies erleichtert zudem maßgeblich die in Fällen dieser Art besonders sachgerechte abschließende Entscheidung durch das Revisionsgericht. Zudem wird die Transparenz hinsichtlich des gewährten Härteausgleichs, aber auch bezüglich der Straffestsetzung erhöht (vgl. [X.], Beschluss vom 8. Dezember 2009 aaO m.w.[X.]).
4. Eine Anrechnung von vier Monaten als verbüßt trägt dem hier gebotenen Härteausgleich ausreichend Rechnung. Hierauf erkennt der Senat bei gleichzeitiger Entscheidung über die Kosten gemäß § 473 Abs. 4 StPO.
[X.]Schaal
Schneider [X.]
Meta
26.01.2010
Bundesgerichtshof 5. Strafsenat
Beschluss
Sachgebiet: StR
vorgehend LG Bremen, 18. Mai 2009, Az: 4 KLs 320 Js 59500/08, Urteil
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 26.01.2010, Az. 5 StR 478/09 (REWIS RS 2010, 10050)
Papierfundstellen: REWIS RS 2010, 10050
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
5 StR 478/09 (Bundesgerichtshof)
4 StR 441/10 (Bundesgerichtshof)
Entgangene nachträgliche Gesamtstrafenbildung infolge Strafvollstreckung: Härteausgleich bei der Verhängung zeitiger Freiheitsstrafen
4 StR 441/10 (Bundesgerichtshof)
5 StR 432/09 (Bundesgerichtshof)
Strafzumessung: Berücksichtigung einer nach innerstaatlichen Maßstäben gesamtstrafenfähigen ausländischen Vorverurteilung
5 StR 432/09 (Bundesgerichtshof)
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