Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 12.04.2013, Az. 2 BvR 759/13

2. Senat 3. Kammer | REWIS RS 2013, 6674

Foto: © Bundesverfassungsgericht │ foto USW. Uwe Stohrer, Freiburg

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Gegenstand

Ablehnung des Erlasses einer eA: Fesselung eines wegen Mordes zu lebenslanger Haft verurteilten Strafgefangenen während Besuchsüberstellung


Gründe

1

1. Der strafgefangene Beschwerdeführer beantragt den Erlass einer einstweiligen Anordnung dahingehend, dass der zuständigen Justizvollzugsanstalt im Rahmen einer Besuchsüberstellung die Fesselung des Beschwerdeführers untersagt werde.

2

a) Gemäß § 32 Abs. 1 BVerfGG kann das [X.]im Streitfall einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist. Dabei haben die Gründe, die für die Verfassungswidrigkeit des angegriffenen Hoheitsakts vorgetragen werden, grundsätzlich außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die Verfassungsbeschwerde erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Muss der Ausgang des [X.]als offen angesehen werden, sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die einstweilige Anordnung nicht erginge, die Verfassungsbeschwerde später aber Erfolg hätte, gegen die Nachteile abzuwägen, die entstünden, wenn die begehrte einstweilige Anordnung erlassen würde, der Verfassungsbeschwerde der Erfolg aber zu versagen wäre (vgl. [X.]91, 70 <74 f.>; 105, 365 <370 f.>; stRspr). Eine einstweilige Anordnung kann nur ergehen, wenn diese Abwägung ein deutliches Überwiegen der Gründe ergibt, die für den Erlass der Anordnung sprechen (vgl. BVerfG, Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 15. November 2006 - 2 BvQ 63/06 -, juris; Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 30. Juli 2009 - 2 BvR 1422/09 -, juris; Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris; Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 10. Februar 2012 - 2 BvR 228/12 -. juris).

3

b) Danach ist eine einstweilige Anordnung hier nicht zu erlassen. Zwar ist die Verfassungsbeschwerde nicht offensichtlich unbegründet. Die gebotene Abwägung führt jedoch zu dem Ergebnis, dass die begehrte einstweilige Anordnung nicht ergehen kann, weil die für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Belange nicht in der erforderlichen Weise deutlich überwiegen.

4

Ergeht die einstweilige Anordnung nicht, erweist sich die Verfassungsbeschwerde aber später als begründet, muss der Beschwerdeführer einen Grundrechtseingriff in Form einer verdeckten Fesselung (sog. Hamburger Fessel) während des Rücktransports von Berlin nach [X.]hinnehmen. Nach den Annahmen, von denen im vorliegenden Verfahren die Justizvollzugsanstalt und die Strafvollstreckungskammer ausgegangen sind und die beim gegenwärtigen Verfahrensstand nach den hier maßgeblichen Abwägungsgrundsätzen hypothetisch als zutreffend zu unterstellen sind (vgl. BVerfG, Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris; Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 10. Februar 2012 - 2 BvR 228/12 -. juris), ist die Fesselung jedoch erforderlich, um ein Entweichen des wegen Mordes zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilten Beschwerdeführers zu verhindern.

5

Unter diesen Umständen kann das erforderliche deutliche Überwiegen der für den Erlass einer einstweiligen Anordnung sprechenden Gründe nicht festgestellt werden (vgl. BVerfG, Beschluss der [X.]des Zweiten Senats vom 3. Februar 2011 - 2 BvR 132/11 -, juris).

6

2. Diese Entscheidung ist unanfechtbar.

Meta

2 BvR 759/13

12.04.2013

Bundesverfassungsgericht 2. Senat 3. Kammer

Ablehnung einstweilige Anordnung

Sachgebiet: BvR

vorgehend LG Gießen, 5. April 2013, Az: 2 StVK-Vollz. 118/13, Beschluss

§ 32 Abs 1 BVerfGG, § 8 Abs 2 StVollzG, § 90 S 1 StVollzG

Zitier­vorschlag: Bundesverfassungsgericht, Ablehnung einstweilige Anordnung vom 12.04.2013, Az. 2 BvR 759/13 (REWIS RS 2013, 6674)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2013, 6674

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