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PDF anzeigen[X.]/99vom18. August 2000in der Strafsachegegenwegen Verunglimpfung des Staates;hier: [X.] des [X.] vom 25. August 1999 - I - 60/99 - 2 Ss 61/99- 2 -Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] am 18. August 2000 gemäß § 121 Abs. 2 [X.] beschlossen:Die Sache wird an das [X.] Ham-burg zurückgegeben.Gründe:[X.] Angeklagte ist durch Urteil des [X.] wegen Ver-unglimpfung des Staates (§ 90 a Abs. 1 StGB) in zwei Fällen zu einer Ge-samtgeldstrafe verurteilt worden. Ihr wird vorgeworfen, als verantwortliche Re-dakteurin im Januar 1996 zwei Druckschriften veröffentlicht zu haben, die sichmit dem Polizeieinsatz zur Festnahme von der Mitgliedschaft in der [X.] in [X.] im [X.] 1993 und insbesondere mit den [X.] von [X.] befaßten und in denen die [X.] beschimpft worden sein soll. Ihre Berufung führte zu einerÄnderung im Strafausspruch. Das [X.] Hamburgmöchte auf die Revision der Angeklagten hin das angefochtene Urteil aufhe-ben, weil die Bestrafung ohne Rücksicht auf die Wahrheit oder Unwahrheit derfestgestellten Äußerungen der Angeklagten erfolgt ist. Es sieht sich an einersolchen Entscheidung gehindert durch das (zu dem inhaltsgleichen, [X.] § 96 Abs. 1 Nr. 1 StGB ergangenen) Urteil des [X.] vom [X.] - 3 StR 21/61 (NJW 1961, 1932 f.), in dem ausgeführt ist, daß es auf dieUnwahrhaftigkeit der Äußerung nicht ankomme. Es hat deshalb die Sache ge-- 3 -mäß § 121 Abs. 2 [X.] dem [X.] zur Entscheidung der Rechts-frage vorgelegt:Kommt es für die Anwendung des § 90 a Abs. 1 Nr. 11. Alternative StGB auf die Wahrheit oder Unwahrheit [X.] an?Der [X.] hat beantragt zu beschließen:"Bei Tatsachenbehauptungen kommt es für die Anwendungdes § 90a Abs. 1 Nr. 1 1. Alternative StGB auf die Wahrheitder Äußerung an, sofern die angebliche Tatsache nicht aus-schließlich das Mittel für böswillige Schmähungen darstellt." II.Der [X.] ist zur Entscheidung über die Vorlage zuständig. Zu den [X.] des 3. Strafsenats begründenden Katalogtaten des § 74 a[X.] zählt zwar ausdrücklich nur die Gefährdung des [X.] in den Fällen des § 90 a Abs. 3 StGB. Aus dem Geschäftsverteilungs-plan des [X.] ergibt sich auch nicht unmittelbar eine [X.] für Fälle des § 90 a Abs. 1 StGB. Der [X.] hat deshalb eine Entschei-dung des Präsidiums eingeholt. Danach fällt die Sache in die Zuständigkeit [X.], da das dem 3. Strafsenat durch Abschnitt II des Geschäftsver-teilungsplans zugewiesene Rechtsgebiet des [X.] auch die Zuständigkeit für die Auslegung des Tatbe-- 4 -standes des § 90 a Abs. 1 StGB jedenfalls dann erfaßt, wenn es um die [X.] von einer Entscheidung geht, die der 3. Strafsenat kraft seiner Staats-schutzzuständigkeit zu § 90 a Abs. 3 StGB (bzw. § 90 Abs. 1 Nr. 1 StGB a.F.)getroffen hat.II[X.] Vorlegungsvoraussetzungen des § 121 Abs. 2 [X.] liegen nicht vor.Das [X.] Hamburg hat nicht dargelegt, daß [X.] erfüllt sind, unter denen die [X.] für den abge-urteilten Fall entscheidungserheblich ist. Es hat weder dargetan, daß die Vor-aussetzungen des § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB vorliegen, noch hat es näher [X.], ob die prozessualen Voraussetzungen für die Erhebung eines Wahr-heitsbeweises gegeben wären. Auch kann der [X.]sentscheidung [X.] nicht entnommen werden, daß der [X.] den [X.] im Rahmen des § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGBnicht zuläßt.1. Die [X.] kann erst dann eine entscheidungserheblicheRechtsfrage betreffen, wenn die übrigen Strafbarkeitsvoraussetzungen des§ 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB erfüllt sind, die Strafbarkeit der Angeklagten mithinvon der Entscheidung der vorgelegten Frage abhinge.Der [X.] enthält keine nachvollziehbare Prüfung des Tatbe-standes des § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB. Zwar führt das [X.] aus,daß die [X.] die Tatbestandsvoraussetzungen ohne Rechtsfehler be-- 5 -jaht hat, und insbesondere dem Gesamtzusammenhang der beiden Veröffentli-chungen ein täterschaftliches Beschimpfen der Angeklagten entnommen wer-den könne. Dem Beschluß läßt sich aber nicht entnehmen, aus welchen Grün-den das [X.] die Merkmale der Strafvorschrift für gegeben er-achtet, denn auch das landgerichtliche Urteil, auf das sich das Oberlandesge-richt weitgehend bezieht, enthält keine, einer revisionsrechtlichen Nachprüfungstandhaltende umfassende rechtliche Würdigung des abgeurteilten Sachver-halts.a) Da das Amtsgericht zwei Fälle des Verunglimpfens des Staates an-genommen hat, hätten [X.] und [X.] für jeden Artikel ge-trennt die Strafbarkeit der Angeklagten beurteilen müssen. Daran fehlt es imlandgerichtlichen Urteil, wenn nach einer Aufzählung aus dem Zusammenhanggerissener Sätze und Satzteile die Schlußfolgerung gezogen wird, daß [X.] behauptet werde, das typisch für einen totalen Staat sei, ohne daßdeutlich gemacht wird, aus welchem Artikel welche Behauptung stammt und obdie in jedem der beiden Artikel aufgestellten einzelnen Behauptungen oder [X.] in jedem Artikel die Voraussetzungen des § 90 aAbs. 1 Nr. 1 StGB erfüllen.Die in dem [X.] verwendete Formulierung, daß das Ober-landesgericht "insbesondere dem Zusammenhang der beiden in 'Wir-Form'geschriebenen Veröffentlichungen ein täterschaftliches Beschimpfen" [X.], läßt besorgen, daß auch das vorlegende Gericht nicht beide Fälle ge-trennt voneinander rechtlich bewertet [X.] -b) § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB setzt voraus, daß "die [X.], eines ihrer Länder oder ihre verfassungsmäßige Ordnung" be-schimpft oder böswillig verächtlich gemacht wird. [X.] und [X.] halten - ohne nähere Begründung - die Tatbestandsalternative des [X.]s der [X.] für gegeben. Das versteht sichindes angesichts des Wortlauts und des Inhalts der beiden inkriminierten [X.] nicht von selbst. Denn Schutzgut der Vorschrift (vgl. hierzu [X.] 47,198, 231; [X.]/[X.], StGB 49. Aufl. § 90 a Rdn. 2 m.w.Nachw.) ist dasAnsehen der [X.], nicht aber das von Staatsorganen,der Bürokratie oder einzelner Beamter (vgl. [X.]St 11, 11 f.; 7, 110 f.; 6, 324f.); ob es betroffen ist, ist Tatfrage (vgl. [X.]St 11, 11). Da beide Artikel über-wiegend Behauptungen enthalten, die sich gegen einzelne Bundesminister,den [X.], gegen den [X.] und die [X.] undeinzelne Beamte richten, kam es auf diese Prüfung auch an; diese betrifft [X.] eine Tat- und keine [X.]) Ebenfalls ohne nähere Begründung bejahen [X.] und Ober-landesgericht von den beiden möglichen Tathandlungen das Beschimpfen. [X.] ist eine nach Form oder Inhalt besonders verletzende Mißachtungs-kundgebung, wobei das besonders Verletzende entweder äußerlich in der [X.] oder inhaltlich im Vorwurf eines schimpflichen Verhaltensliegen kann ([X.]St 7, 110). Dabei kann - was ebenfalls offen bleibt - das [X.] in einzelnen Formulierungen, aber auch im Gesamtzusammenhangliegen, wobei harte politische Kritik ([X.] 69, 257, 271), sei sie auch [X.] unberechtigt, unsachlich oder uneinsichtig ([X.]St 19, 317), noch [X.] darstellt ([X.]/[X.] aaO Rdn. 3 m.w.Nachw.). Mit dieserAbgrenzung, auf die es aber für die Bedeutung des Grundrechts auf Mei-- 7 -nungsfreiheit entscheidend ankommt (vgl. auch [X.] 47, 198, 231; 69, 257,269; [X.]R StGB § 90 a Kunstfreiheit 1), haben sich [X.] und Oberlan-desgericht nicht auseinandergesetzt, obwohl erhebliche Anhaltspunkte dafürvorliegen, daß jedenfalls einige der beanstandeten Äußerungen der Ange-klagten nur harte politische Kritik darstellen. Für diese hätte dann weiter ge-prüft werden müssen, ob sie nicht deshalb den Tatbestand des Beschimpfenserfüllen, weil sie sich ausschließlich als Mittel für eine böswillige Schmähungdarstellen.2. Auch für den Fall, daß das Vorlagegericht alle übrigen Strafbarkeits-voraussetzungen des § 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB rechtlich nachvollziehbar bejahthätte, wären die Voraussetzungen für eine Vorlage nicht erfüllt. Denn als [X.] hätte das [X.] darlegen müssen,daß es im vorliegenden Fall auch nach verfahrensrechtlichen Grundsätzen aufdie Erhebung des [X.] ankam. Dazu genügt es nicht, daß [X.] und wohl auch das [X.] mehrere näheraufgeführte Verfahrensrügen, darunter auch Aufklärungsrügen, für unzulässighält (§ 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). Das [X.] hätte darstellen müs-sen, welche Anträge gestellt worden sind, welche davon zulässig und welcheunter dem Gesichtspunkt des [X.] möglicherweise [X.] Entgegen der Auffassung des vorlegenden [X.]s undeines Teils der Literatur (Stree in [X.]/[X.] StGB 25. Aufl. § 90 aRdn. 5 i.V.m. § 90 Rdn. 2; [X.]/[X.] StGB 49. Aufl. § 90 a Rdn. 3; Lauf-hütte in [X.]. § 90 a Rdn. 9 m.w.Nachw.) kann der Entscheidungdes [X.] in NJW 1961, 1932 f. auch nicht entnommen [X.] -daß er den Wahrheitsbeweis bei Tatsachenbehauptungen im Rahmen des§ 90 a Abs. 1 Nr. 1 StGB nicht zuläßt. Denn der vom [X.] ange-führte Satz aus jener Entscheidung "Entgegen der Auffassung der [X.] es weder auf eine Formalbeleidigung noch auf eine Unwahrhaftigkeitder Äußerung an ([X.], 308)" bezieht sich nicht auf eine konkrete, mit [X.] des Beweisrechts überprüfbare Tatsachenbehauptung, sondern auf wer-tende Aussagen, die den Vorwurf eines schimpflichen Verhaltens und Zustan-des enthalten und die in ihrer Verallgemeinerung dem Wahrheitsbeweis garnicht zugänglich sind. Ersichtlich deshalb hat der [X.] ausge-sprochen, daß es auf die Unwahrhaftigkeit der Äußerung nicht ankomme. Auchder in diesem Zusammenhang zitierten Reichsgerichtsentscheidung [X.],308 kann nichts anderes entnommen werden, denn auch dieser liegt lediglichein Werturteil und keine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbe-hauptung des damaligen Angeklagten zugrunde.Soweit das vorlegende [X.] auf den von ihm abgelehntenBeschluß des [X.]n Obersten Landesgerichts (NStZ-RR 1996, 135 [X.], bemerkt der [X.], daß sich auch dieser Entscheidung nicht entneh-men läßt, das [X.] Oberste Landesgericht lasse den [X.] im Zusammenhang des § 90 a Abs. 1 Nr. 1 [X.] 9 -grundsätzlich nicht zu. Denn es hat lediglich im Rahmen des [X.] ausgeführt, daß die Unwahrheit der beanstandeten Äußerung ([X.] hat 19 Personen, darunter das [X.] [X.]"ermordet") evident sei.[X.] von [X.]
Meta
18.08.2000
Bundesgerichtshof 3. Strafsenat
Sachgebiet: StR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 18.08.2000, Az. 3 StR 433/99 (REWIS RS 2000, 1389)
Papierfundstellen: REWIS RS 2000, 1389
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