Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.10.2014, Az. 9 C 5/13

9. Senat | REWIS RS 2014, 2176

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Gegenstand

Besteuerung einer leerstehenden Zweitwohnung, die der Kapitalanlage dient


Leitsatz

Die Gemeinde darf grundsätzlich an das Vorhalten einer Zweitwohnung, auch wenn diese nicht tatsächlich genutzt wird, zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung für die persönliche Lebensführung vorgehalten wird. Diese Vermutung wird aber erschüttert, wenn der Inhaber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, durch objektive Umstände erhärten kann. Als einer dieser Umstände kann auch ein nachgewiesener Leerstand in Betracht kommen, insbesondere, wenn er schon über Jahre hinweg andauert.

Tatbestand

1

Der Kläger wendet sich gegen seine Heranziehung zur Zweitwohnungsteuer. Er ist Miteigentümer einer etwa 50 m² großen Wohnung im [X.]gebiet der Beklagten und bewohnt zusammen mit seiner Ehefrau ein etwa 300 m entfernt gelegenes Einfamilienhaus.

2

Die Beklagte erhebt Zweitwohnungsteuer aufgrund ihrer am 1. Januar 2011 in [X.] getretenen „Satzung über die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer in der [X.] [X.]“ vom 20. Juli 2010 ([X.]), die unter anderem bestimmt:

㤠2 Steuergegenstand

Zweitwohnung ist jede Wohnung in der [X.] [X.], die eine Person, die in einem anderen Gebäude ihre Hauptwohnung hat, zu ihrer persönlichen Lebensführung oder der ihrer Familienangehörigen innehat. Die vorübergehende Nutzung zu anderen Zwecken, insbesondere zur Überlassung an Dritte, steht der [X.] nicht entgegen. ...

§ 3 Steuerpflicht

(1) Steuerpflichtig ist, wer im [X.]gebiet eine Zweitwohnung im Sinne des § 2 innehat.

.....

§ 7 Festsetzung und Fälligkeit der Steuer

(1) Die [X.] [X.] setzt die Steuer für ein Kalenderjahr oder - wenn die Steuerpflicht erst während des Kalenderjahres entsteht - für den Rest des Kalenderjahres durch Bescheid fest. In dem Bescheid kann bestimmt werden, dass er auch für künftige Zeitabschnitte gilt, solange sich die Bemessungsgrundlagen und der Steuerbetrag nicht ändern.

(2) Die Steuer wird erstmalig einen Monat nach der Bekanntgabe des Steuerbescheids fällig. Bis zur Bekanntgabe eines neuen Steuerbescheides ist die Steuer jeweils zur Hälfte ihres Jahresbeitrages am 1. April und am 1. Oktober eines jeden Jahres fällig und ohne Aufforderung weiter zu entrichten.

.....

§ 9 Steuererklärung

(1) Der Inhaber einer Zweitwohnung ist zur Abgabe einer Steuererklärung verpflichtet. Zur Abgabe einer Steuererklärung ist auch verpflichtet, wer hierzu von der [X.] [X.] aufgefordert wird.

....

(5) Es sind die Bestimmungen der Abgabenordnung in ihrer jeweils geltenden Fassung heranzuziehen, soweit das Kommunalabgabengesetz in seiner jeweils geltenden Fassung auf diese verweist.“

3

Die Beklagte setzte mit Bescheid vom 17. Februar 2011 gegenüber dem Kläger eine Zweitwohnungsteuer für das [X.] sowie für die Folgejahre in Höhe von jährlich 646,79 € fest. Der hiergegen gerichtete Widerspruch des [X.] sowie dessen Klage blieben erfolglos. Der [X.]hof hat auf die von ihm zugelassene Berufung das Urteil des [X.] vom 19. April 2012 sowie den Bescheid der Beklagten vom 17. Februar 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 17. August 2011 aufgehoben.

4

Im Wesentlichen hat er dazu ausgeführt: Nur der konsumtive Aufwand für den persönlichen Lebensbedarf dürfe Gegenstand der Besteuerung nach Art. 105 Abs. 2a [X.] sein. Deshalb schieden solche Zweitwohnungen als Gegenstand einer örtlichen Aufwandsteuer aus, die von ihrem Inhaber als reine Geld- oder Vermögensanlage in der Form des [X.] gehalten würden. Die bloße objektive Möglichkeit der Eigennutzung durch den Inhaber der Zweitwohnung schließe dabei die Annahme einer zweitwohnungsteuerfreien Kapitalanlage nicht aus. Allerdings dürfe die steuererhebende [X.] zunächst grundsätzlich davon ausgehen, dass eine Zweitwohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten werde, solange der [X.] keine Umstände vortrage, die diese Vermutung erschütterten. Die bloße Behauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch nicht nutzen zu wollen, reiche als Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung zu widerlegen. Im vorliegenden Fall habe der Kläger aber seinen subjektiven Entschluss, die Wohnung ausschließlich zur Kapitalanlage zu nutzen, durch weitere objektive Umstände erhärten können. Hierfür spreche nach den Gesamtumständen vor allem, dass - unwidersprochen - die streitgegenständliche Wohnung bereits seit 2004 von niemandem mehr benutzt worden sei und jahrelang kein Strom und Wasser verbraucht worden seien. Die belegte objektive Tatsache, dass eine Wohnung über mehrere Jahre hinweg vom Verfügungsberechtigten weder für sich noch für seine Familienangehörigen tatsächlich zu Wohnzwecken genutzt worden sei, lasse darauf schließen, dass diese nicht zur persönlichen Wohnnutzung und damit zur persönlichen Lebensführung im Sinne der gemeindlichen Zweitwohnungsteuersatzung vorgehalten werde. Die Wohnung bleibe auch ohne gleichzeitige Vermietung und Verpachtung eine besonders sichere Vermögensanlage, bei der der Inhaber aufgrund der Wertsteigerung im Falle eines späteren Verkaufs sogar noch auf Rendite hoffen könne.

5

Zur Begründung der vom [X.]hof zugelassenen Revision führt die Beklagte aus:

6

Das Berufungsgericht verletze Art. 105 Abs. 2a und Art. 28 Abs. 2 [X.]. Eine Zweitwohnung dürfe besteuert werden, wenn sie auch für den eigenen Lebensbedarf oder den von Angehörigen vorgehalten und damit die Möglichkeit der Eigennutzung offen gehalten werde. Das sei der Fall, wenn eine rechtlich gesicherte und tatsächliche Verfügungsbefugnis des Steuerpflichtigen über die Zweitwohnung bestehe. Auf die tatsächliche Nutzung komme es nicht an. Solle die Zweitwohnung der Kapitalanlage dienen, müsse die Absicht des [X.]s als innere Tatsache auf der Grundlage von objektiven, nach außen in Erscheinung tretenden, verfestigten und von [X.] nachprüfbaren Umständen beurteilt werden. Hierfür genüge ein, wenn auch jahrelanger, Leerstand nicht. Im Übrigen sei es für die Beklagte aus Praktikabilitätsgründen nicht zumutbar, vor Erlass eines Steuerbescheids den Verbrauch von Wasser und Strom zu kontrollieren. Schließlich werde der [X.] ein zulässiges Lenkungsinstrument genommen, wenn bei Leerstand und Nachweis des fehlenden Wasser- und Stromverbrauchs die Zweitwohnungsteuer entfallen müsste. Denn mit der Zweitwohnungsteuer dürfe so genannten „[X.]“ entgegengewirkt werden.

7

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Bayerischen [X.]hofs vom 27. Juni 2013 zu ändern und die Berufung des [X.] gegen das Urteil des [X.] München vom 19. April 2012 zurückzuweisen.

8

Der Kläger beantragt,

die Revision zurückzuweisen.

9

Er verteidigt die angegriffene Entscheidung.

Entscheidungsgründe

Die Revision der [X.]eklagten ist zulässig, aber nicht begründet. Das angefochtene Urteil verstößt nicht gegen [X.]undesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Das [X.]erufungsgericht hat zu Recht angenommen, dass die Voraussetzungen für die Erhebung einer Zweitwohnungsteuer als Aufwandsteuer im Sinne von Art. 105 Abs. 2a [X.] nicht vorliegen.

Der Verwaltungsgerichtshof meint, nach § 2 [X.] bedeute ein Innehaben der Wohnung zur persönlichen Lebensführung ein [X.]ewohnen oder jedenfalls eine entsprechende Absicht, die allerdings nicht auch tatsächlich verwirklicht werden müsse. Die Wohnung müsse aber immerhin dafür vorgehalten werden. Der Leerstand einer Wohnung ohne aktuellen Nutzungszweck sei gerade kein Innehaben zu Wohnzwecken. An diese Auslegung ist das Revisionsgericht gebunden. Die Anwendung und Auslegung einer gemeindlichen Satzung ist zunächst eine Frage des grundsätzlich nicht revisiblen Landesrechts. Die Entscheidung des Verwaltungsgerichtshofs ist der revisionsgerichtlichen Kontrolle jedoch insoweit unterworfen, als sie bei der Auslegung und Anwendung der Steuersatzung den mit Art. 105 Abs. 2a [X.] bundesrechtlich vorgegebenen Aufwandsbegriff nicht verletzen darf (stRspr, vgl. nur Urteil vom 27. Oktober 2004 - [X.] 10 [X.] 2.04 - [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 21 S. 28). Das ist hier nicht der Fall.

[X.]ei der Auslegung der Satzung der [X.]eklagten geht der Verwaltungsgerichtshof zutreffend von dem in der Rechtsprechung entwickelten [X.]egriff der Aufwandsteuer aus. Die Zweitwohnungsteuer ist danach eine Steuer auf die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, die in der Verwendung des Einkommens für den persönlichen Lebensbedarf zum Ausdruck kommt ([X.], [X.]eschluss vom 6. Dezember 1983 - 2 [X.]vR 1275/79 - [X.]E 65, 325 <346>; [X.], Urteil vom 13. Mai 2009 - [X.] 9 [X.] 8.08 - [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 27 Rn. 23). Das Innehaben einer weiteren Wohnung für den persönlichen Lebensbedarf (Zweitwohnung) neben der Hauptwohnung ist ein besonderer Aufwand, der gewöhnlich die Verwendung von finanziellen Mitteln erfordert und in der Regel wirtschaftliche Leistungsfähigkeit zum Ausdruck bringt. Das nach dem Aufwandsbegriff im Sinne des Art. 105 Abs. 2a [X.] gebotene Innehaben einer weiteren Wohnung für die persönliche Lebensführung setzt eine dahingehende [X.]estimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung voraus (Urteile vom 10. Oktober 1995 - [X.] 8 [X.] 40.93 - [X.]E 99, 303 <305> = [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 6 und vom 13. Mai 2009 a.a.[X.]). Demzufolge liegt eine steuerbare Zweitwohnung dann nicht vor, wenn sie nach dem subjektiven Verwendungszweck nicht der persönlichen Lebensführung dient, sondern der reinen Geld- oder Vermögensanlage in der Form des Immobiliarbesitzes (Urteile vom 26. Juli 1979 - [X.] 7 [X.] 12.77 - [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 2 S. 16 und vom 10. Oktober 1995 a.a.[X.]). Das [X.]erufungsgericht nimmt weiter zutreffend an, dass für die im Ausgangspunkt subjektive [X.]estimmung des Verwendungszwecks der Zweitwohnung nicht die - unüberprüfbare - innere Absicht des [X.] maßgeblich ist, sondern dass diese innere Tatsache nur auf der Grundlage objektiver, nach außen in Erscheinung tretender, verfestigter und von [X.] nachprüfbarer Umstände im jeweiligen Einzelfall zu beurteilen ist (Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.[X.]).

Die Gemeinde darf an das Innehaben einer Zweitwohnung bei bestehendem Nutzungsrecht und der offen gehaltenen Nutzungsmöglichkeit grundsätzlich zunächst die Vermutung knüpfen, dass die Wohnung zumindest auch für Zwecke der persönlichen Lebensführung vorgehalten wird. Es ist gerade der Leerstand der Zweitwohnung trotz rechtlich bestehender Nutzungsmöglichkeit, der in der Regel auf die der [X.]esteuerung zugrunde liegende Leistungsfähigkeit des [X.] schließen lässt (Urteil vom 27. Oktober 2004 a.a.[X.] S. 29; [X.]eschluss vom 17. August 2000 - [X.] 11 [X.] 43.00 - NVwZ-RR 2001, 682 <683>). Dies gilt, solange der [X.] keine objektiven Umstände vorträgt, die diese Vermutung erschüttern. Hierfür genügt einerseits nicht die bloße [X.]ehauptung, die Zweitwohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen. Andererseits steht der fehlende vertragliche Ausschluss einer objektiven Eigennutzungsmöglichkeit allein der Annahme einer reinen Kapitalanlage nicht entgegen (Urteil vom 26. September 2001 - [X.] 9 [X.] 1.01 - [X.]E 115, 165 <169> = [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 19 S. 17). Auch in einem solchen Fall muss dem Wohnungsinhaber der Nachweis gestattet sein, dass seine Wohnung entgegen einer möglicherweise zunächst begründeten Vermutung nicht der persönlichen Lebensführung dient ([X.], [X.] vom 29. Juni 1995 - 1 [X.]vR 1800/94, 1 [X.]vR 2480/94 - NVwZ 1996, 57 <58>; [X.], Urteil vom 10. Oktober 1995 - [X.] 8 [X.] 40.93 - [X.]E 99, 303 <307> = [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 9 S. 7). Dieser Nachweis kann nicht nur dadurch geführt werden, dass die Wohnung mehr oder weniger regelmäßig vermietet wird. Die Kapitalanlageabsicht kann sich auch aus anderen Umständen ergeben. Es kommt deshalb auf eine umfassende Würdigung aller objektiven Umstände des Einzelfalles an (Urteile vom 10. Oktober 1995 a.a.[X.], vom 26. September 2001 a.a.[X.] und vom 27. Oktober 2004 a.a.[X.] S. 30). Das gilt unbeschadet der Fälle von [X.], in denen die Zweitwohnung sowohl für die eigene Lebensführung als auch zur Kapitalanlage vorgehalten wird. In diesen Fällen, in denen die Nutzung zumindest auch zur persönlichen Lebensführung feststeht, bedarf es der einzelfallbezogenen Abgrenzung zur „reinen Kapitalanlage“ nicht (mehr). Für diese Fälle ist in der Rechtsprechung des [X.] geklärt, dass [X.]undesrecht lediglich aus Gründen der Verhältnismäßigkeit die [X.]estimmung der eigenen Nutzungszeiten im Veranlagungsjahr fordert, um eine, gemessen an der Eigennutzungsmöglichkeit, unverhältnismäßige Steuerbelastung auszuschließen (Urteile vom 30. Juni 1999 - [X.] 8 [X.] 6.98 - [X.]E 109, 188 <191> = [X.] 401.61 Zweitwohnungssteuer Nr. 16 S. 3, vom 26. September 2001 a.a.[X.] und vom 27. Oktober 2004 a.a.[X.]).

Die von einem [X.] vorgetragene Absicht, die Wohnung nur aus Kapitalanlagegründen vorzuhalten, erfordert einerseits eine in die Zukunft gerichtete [X.]eurteilung. Andererseits können aber die Verhältnisse vergangener Veranlagungszeiträume wichtige Anhaltspunkte bieten und die behaupteten Tatsachen plausibilisieren ([X.], Urteil vom 10. Oktober 1995 a.a.[X.]; zum Einkommensteuerrecht vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 1989 - [X.]/87 - [X.]E 159, 128 <132>). Dabei dürfen die Anforderungen an die Darlegung der Kapitalanlageabsicht nicht überspannt werden, denn die Erhebung einer Aufwandsteuer stellt keine Sanktion für fehlende Vermietung oder eine unwirtschaftliche Kapitalanlage dar, sondern eine [X.]esteuerung eines bestimmten, persönlichen Wohnzwecken dienenden Aufwandes (so zutreffend [X.], [X.]eschluss vom 8. Juni 2000 - 14 [X.] 2135/99 - NVwZ-RR 2001, 54 <55>).

Diesen rechtlichen Ansatz hat das [X.]erufungsgericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt. Es hat angenommen, die bloße [X.]ehauptung des [X.], die Wohnung nicht zu nutzen und auch künftig nicht zum Wohnen nutzen zu wollen, reiche als bloße Äußerung einer subjektiven Vorstellung grundsätzlich nicht aus, die Vermutung des Vorhaltens für die persönliche Lebensführung zu erschüttern. Es hat weiter berücksichtigt, dass der Kläger das bisherige Fehlen von tatsächlichen Verkaufsbemühungen bei einer generellen Verkaufsabsicht plausibel damit habe erklären können, dass der Verkauf der Wohnung wegen eines nicht abgeschlossenen [X.]aumängelprozesses bislang unterblieben sei. Ein Zuwarten mit dem Verkauf sei unabhängig von der Tatsache, dass auch nach Einschätzung der [X.]eklagten die Grundstücks- und Wohnungspreise in ihrem Gebiet in den vergangenen Jahren stetig und erheblich gestiegen seien, nachvollziehbar. Jedoch schließe das für sich genommen ein Vorhalten der Wohnung zur persönlichen Lebensführung nicht zwingend aus.

Das [X.]erufungsgericht hat darüber hinaus als weiteren erheblichen Grund für die Annahme, die Wohnung werde nicht für die persönliche Lebensführung des [X.] vorgehalten, dessen unwidersprochenen und unwiderlegten Vortrag angesehen, dass die streitgegenständliche Wohnung bereits seit 2004 von niemandem mehr benutzt worden sei. Für die [X.] ab 2009 und damit zwei Jahre vor Einsetzen der [X.] seien auch objektive Nachweise zu den Verbrauchsdaten der Wohnung vorgelegt worden. Der Kläger habe in Zusammenschau mit den weiteren genannten Umständen und den durch fehlenden Strom- und Wasserverbrauch nachgewiesenen langjährigen Leerstand die Kapitalanlageabsicht belegt und damit die Vermutung, die Wohnung diene der persönlichen Lebensführung, erschüttert. Diese tatrichterliche Würdigung ist von [X.]undesrechts wegen nicht zu beanstanden. Ein derart langer Leerstand in der Vergangenheit kann einen wichtigen Anhaltspunkt für das Verhalten in der Zukunft bieten (vgl. [X.], Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.[X.]), weil aus ihm ersichtlich ist, ob die hier allein in der Wertsteigerung des Grundstücks liegende Kapitalanlageabsicht plausibel ist.

Der Einwand der [X.]eklagten, die Erhebung der Zweitwohnungsteuer sei unter diesen Umständen mit einem für die Gemeinde nicht mehr zumutbaren Verwaltungsaufwand verbunden, greift nicht durch. Unbeschadet der bereits beschriebenen, die Gemeinde regelmäßig entlastenden tatsächlichen Vermutung, eine Zweitwohnung werde (auch) für die persönliche Lebensführung vorgehalten, kann die Gemeinde, soweit im Einzelfall dennoch ungewiss ist, ob die Voraussetzungen für die Entstehung der Steuer eingetreten sind, gegebenenfalls auf die Möglichkeit der vorläufigen Steuerfestsetzung zurückgreifen (Art. 13 Abs. 1 Nr. 4 [X.]uchst. b) aa) [X.]. § 165 Abs. 1 [X.]). Die subjektive [X.]estimmung des Verwendungszwecks einer Zweitwohnung ist eine innere Tatsache, die je nach den Umständen des Falles in einer die Vorläufigkeit nach § 165 Abs. 1 [X.] rechtfertigenden Weise ungewiss sein kann (vgl. auch [X.], Urteil vom 25. Oktober 1989 a.a.[X.]; [X.]öster, in: [X.]/Koenig, Abgabenordnung, 2. Aufl. 2009, § 165 Rn. 12).

Der mit einem solchen Vorgehen verbundene Verwaltungsaufwand ist im Interesse verfassungskonformen Vorgehens unvermeidbar, aber auch zumutbar. Verwaltungsaufwand mit der Kontrolle von Steuererklärungen hat die [X.]eklagte schließlich auch etwa in Fällen der Mischnutzung und in solchen Fällen, in denen sie aufgrund von Vermietungsverträgen oder ähnlichem von einer Kapitalanlageabsicht ausgeht.

Der weitere Einwand der [X.]eklagten, sie dürfe mit der Zweitwohnungsteuer zulässigerweise den Zweck verfolgen, so genannte „[X.]“ zu unterbinden, weil sich diese auf die Auslastung der kommunalen Infrastruktur auswirkten und zur Verödung des Ortes beitragen könnten, bleibt ebenfalls ohne Erfolg. Zwar darf die [X.]eklagte grundsätzlich mit der Steuererhebung auch [X.] verfolgen ([X.], Urteil vom 7. Mai 1998 - 2 [X.]vR 1991/95 u.a. - [X.]E 98,106 <117 f.>; [X.]eschluss vom 15. Januar 2014 - 1 [X.]vR 1656/09 - NVwZ 2014, 1084 Rn. 81; [X.], [X.]eschluss vom 27. Oktober 2003 - [X.] 9 [X.] 102.03 - juris Rn. 4 f.). Sie darf aber nicht die durch Art. 105 Abs. 2a [X.] vorgegebenen Anforderungen der Aufwandsteuer unter Hinweis auf den [X.] überspielen. Ebenso wenig kann eine Verletzung der der [X.]eklagten im Rahmen des gemeindlichen Selbstverwaltungsrechts (Art. 28 Abs. 2 Satz 3 [X.]) gewährleisteten Finanzhoheit darin liegen, dass ihr die Erhebung einer gegen Art. 105 Abs. 2a [X.] verstoßenden Steuer verwehrt wird.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

Meta

9 C 5/13

15.10.2014

Bundesverwaltungsgericht 9. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 27. Juni 2013, Az: 4 B 13.592, Urteil

Art 105 Abs 2a GG, Art 28 Abs 2 GG, § 165 Abs 1 AO, KAG BY

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 15.10.2014, Az. 9 C 5/13 (REWIS RS 2014, 2176)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 2176

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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