Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2017, Az. VIII ZR 279/16

VIII. Zivilsenat | REWIS RS 2017, 5058

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:200917UVIIIZR279.16.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM NAMEN [X.]S VOLKES

URTEIL
VIII ZR 279/16
Verkündet am:

20. September 2017

Ermel,

Justizangestellte

als Urkundsbeamtin

der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk:
ja
[X.]Z:
nein
[X.]R:
ja
[X.] § 535
Zur Abgrenzung eines Mietvertrags von anderen Gebrauchsüberlassungsverhält-nissen bei Wohnräumen (Fortführung des [X.] vom 4. Mai 1970
-
[X.], WM
1970, 853; sogenannte Gefälligkeitsmiete).

[X.], Urteil vom 20. September 2017 -
VIII ZR 279/16 -
O[X.]

[X.]

-
2
-
Der VIII.
Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 20.
September
2017
durch die Vorsitzende Richterin Dr.
Milger, die Richterinnen Dr.
Hessel und Dr.
Fetzer sowie [X.]
[X.] und Hoffmann

für Recht erkannt:
Auf die Revision des [X.] wird das Urteil des [X.] -
8.
Zivilsenat
-
vom 14.
April 2016 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses
vom 18.
Mai 2016 aufgehoben.
Bezüglich der Entscheidung über den Anspruch auf Herausgabe des Reihenhauses und über die ab September 2014 begehrte n-sen) wird die Berufung der [X.] gegen das Urteil der 16.
Zivilkammer des [X.] vom 9. September 2015 zurückgewiesen.
Im Übrigen wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entschei-dung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Be-rufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

-
3
-
Tatbestand:
Der Kläger, der
mit Beschluss des Amtsgerichts vom 22.
November 2013 zum Zwangsverwalter für das im Wohnungseigentum stehende Reihenhaus bestellt worden ist,
nimmt die Beklagte auf dessen Herausgabe sowie auf [X.] einer
Nutzungsentschädigung in Anspruch.
Das Haus wird seit seiner Errichtung Ende der 1990er Jahre von der [X.] bewohnt -
zunächst zusammen mit ihrem Ehemann, dem [X.]

, seit der Scheidung (2005) allein.
Ein schriftlicher Vertrag über die Nutzung [X.] nicht.
Eigentümer des zwangsverwalteten Reihenhauses ist der Zeuge
Al.

, ein persischer Geschäftsmann, der sich seit Jahren im Ausland aufhält. Der Ehemann der [X.] war mit diesem zum Zeitpunkt der [X.] teils geschäftlich und teils privat -
beide sind Landsleute -
ver-bunden.
Die Beklagte macht geltend, zwischen ihr beziehungsweise
zwischen ih-rem früheren Ehemann und dem Wohnungseigentümer bestehe ein Mietver-hältnis. Die Anschaffungskosten für das Reihenhaus in Höhe von etwa 594.284,04
DM

seien seinerzeit wirtschaftlich von ihrem frühe-ren Ehemann getragen worden, indem ihm entsprechende Provisionszahlungen "abgezogen"
worden seien. Im Gegenzug habe er auf Lebenszeit unentgeltlich in dem Haus leben dürfen. Hieraus leite sich auch das lebenslange Wohnrecht für sie selbst ab. Darüber hinaus ergebe sich das Bestehen eines Mietverhält-nisses bereits daraus, dass die Beklagte und ihr damaliger Ehemann seit [X.] im Jahr
1998 "sämtliche Neben-
und Reparaturkosten"
für das Haus bezahlt hätten.
Insoweit habe es keiner ausdrücklichen Vereinbarung be-1
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durft, es habe die konkludente Vereinbarung durch die Übernahme der Kosten genügt.
Der Kläger nimmt die
Beklagte
auf Herausgabe des Reihenhauses, [X.] einer Nutzungsentschädigung
für die Vergangenheit
in Höhe von nebst Zinsen, Zahlung künftiger Nutzungsentschädigung in Höhe von 2.087

monatlich sowie auf [X.]stellung der Verpflichtung zur Freistellung von [X.] in Anspruch.
Das [X.] hat die Beklagte (bis auf einen geringen Teil des Zins-anspruchs)
antragsgemäß verurteilt. Auf die Berufung der [X.] hat das [X.] das
erstinstanzliche
Urteil abgeändert
und die Klage [X.]. Mit der vom Senat zugelassenen Revision erstrebt der Kläger die [X.] des landgerichtlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:
Die Revision hat Erfolg.
I.
Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung
im We-sentlichen
ausgeführt:
Der Kläger habe gegen die Beklagte keinen Anspruch aus §
985 [X.] auf Herausgabe der Wohnungseigentumseinheit. Der [X.] stehe nach §
986 [X.] ein Recht zum Besitz zu. Dabei könne offenbleiben, ob zwischen dem früheren Ehemann und dem Eigentümer ein lebenslanges unentgeltliches Wohnrecht vereinbart worden sei. Denn zumindest sei zwischen letzterem und der [X.] ein Mietvertrag konkludent geschlossen worden.
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Dies folge aus den Umständen des Falles beziehungsweise
der prakti-schen Handhabung. Der frühere Ehemann der [X.] habe in dem Haus
mit seiner Familie seit 1998
gewohnt. Er und die Beklagte
hätten seit 1998 sämtli-che Neben-
und Reparaturkosten gezahlt. Der Eigentümer habe ihn dafür zu-sammen mit der [X.] in dem Haus wohnen lassen und keine (weitere)
Miete und keine Herausgabe verlangt.
Dass der frühere Ehemann und die Beklagte seit 1998 sämtliche Neben-
und Reparaturkosten gezahlt hätten, sei in erster Instanz unstreitig gewesen.
Nach der Rechtsprechung sei ein Mietverhältnis auch dann anzuneh-men, wenn der Mieter lediglich die Betriebskosten oder sonstige Lasten zu tra-gen habe. So liege ein Mietvertrag bereits dann vor, wenn überhaupt eine
-
nicht notwendig kostendeckende
-
Gegenleistung erfolge. Hier habe die [X.] mit ihrem früheren Ehemann noch zusätzlich die Reparaturkosten über-nommen. Diese gehörten zur Erhaltung der Mietsache in
vertragsgemäßen Zu-stand, die grundsätzlich dem Vermieter obliege

535 Abs.
1 Satz
2 [X.]). Damit hätten die Beklagte und ihr früherer Ehemann eine Pflicht des Vermieters übernommen, sich insoweit an den notwendigen Ausgaben beteiligt und somit ein Entgelt für die Gewährung des Gebrauchs übernommen. Das genüge, da ein Mietvertrag
auch dann anzunehmen
sei, wenn das Entgelt für die Überlas-sung einer Wohnung sehr niedrig sei und es sich um eine
sogenannte Gefällig-keitsmiete
handele.
II.
Diese Beurteilung hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts steht dem Kläger gegen die Beklagte ein Anspruch auf Herausgabe des Grundstücks gemäß §
985 [X.]
zu. Ebenso ist die Beklagte verpflichtet, ihm seit Rechtshängigkeit gemäß § 987 [X.] eine
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der Höhe nach unstreitige -
Nutzungsentschädigung in Höhe von monatlich Den Abschluss eines Mietvertrags gemäß § 535 [X.], den die Beklagte hier allein dem Kläger als Zwangsverwalter gemäß § 152 Abs. 2 [X.] entgegenhalten könnte, hat
diese bereits nicht schlüssig dargelegt. [X.] der geforderten Nutzungsentschädigung
für die [X.], der
Zinsen sowie
des hinreichenden [X.]stellungsbegehrens
kann das Be-stehen von
Ansprüchen
des [X.]
nicht mit der vom Berufungsgericht gege-benen Begründung verneint werden
(§§ 988, 990, 987 [X.]).
1. Das Berufungsgericht hat -
zu Recht
-
offengelassen, ob ein [X.] lebenslanges Wohnungsrecht, das auch das Wohnungsrecht der
[X.] miteinschloss, zwischen ihrem geschiedenen Ehemann
und dem Eigentümer
vereinbart war.
Nach den vom Berufungsgericht getroffenen [X.]stellungen ist im Grundbuch ein dingliches
Wohnungsrecht gemäß §
1093 [X.], welches allein ein
die Anordnung eines unbeschränkten Zwangsverwaltungsverfahrens hin-derndes Recht darstellen würde
([X.], Urteil vom 18.
Dezember 2015 -
V
ZR
191/14, NJW
2016, 1242 Rn.
17),
nicht eingetragen. Ob der frühere Ehemann der [X.] mit dem Eigentümer ein schuldrechtliches,
unentgeltliches,
le-benslanges Wohnungsrecht vereinbart hatte, ist unerheblich. Selbst wenn dies
zuträfe, wäre der Zwangsverwalter aus einem solchen schuldrechtlichen [X.] nicht verpflichtet, da gemäß §
152 Abs.
2 [X.] nur ein Miet-
oder Pachtver-trag über ein vor der Beschlagnahme einem Mieter oder Pächter überlassenes Grundstück dem Zwangsverwalter gegenüber wirksam i[X.] Ein ledig-lich
schuldrechtlich
vereinbartes lebenslanges Wohnungsrecht könnte die [X.] mithin allenfalls dem Eigentümer
entgegenhalten, nicht jedoch dem Klä-ger als Zwangsverwalter.
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2. Soweit das Berufungsgericht allerdings angenommen hat, die [X.] könne den Räumungs-
und Zahlungsansprüchen des [X.] den Bestand eines wirksam vereinbarten Mietverhältnisses gemäß §
535 [X.] ent-gegenhalten, ist diese Auffassung rechtsirrig. Sie lässt sich auch nicht unter Heranziehung des [X.] vom 4.
Mai 1970 (VIII
ZR 179/68, WM
1970, 853) begründen.
a) Zwar kann sich ein Vertrag, durch den sich jemand verpflichtet, den Gebrauch einer Sache gegen Entrichtung eines Entgelts zu gewähren, rechtlich als Mietvertrag im Sinne des § 535 [X.] darstellen. Dies gilt auch dann, wenn das vereinbarte Entgelt sehr niedrig ist, denn die Miete braucht dem Mietwert der Sache nicht zu entsprechen. Vielmehr stellt auch ein weit unter der [X.] liegendes Entgelt für den Gebrauch einer Sache eine Miete dar (soge-nannte Gefälligkeitsmiete;
vgl. Senatsurteil vom 4. Mai 1970 -
[X.], aaO unter [X.] am Ende).
Den Abschluss eines solchen Mietvertrags gemäß §
535 [X.] hat die Beklagte jedoch bereits nicht schlüssig dargelegt. Den vagen und in sich teils widersprüchlichen Ausführungen der [X.], die vorgerichtlich den [X.] eines Mietvertrags sogar in Abrede gestellt und stattdessen ein unent-geltliches
lebenslanges Wohnungsrecht für
sich in Anspruch genommen hatte, welches ihr aufgrund der behaupteten wirtschaftlichen Aufwendungen ihres früheren Ehemannes für den Erwerb des Wohnungseigentums zustünde, lässt sich eine auf einen Mietvertrag gerichtete Einigung des Eigentümers
mit dem früheren Ehemann der [X.] nicht entnehmen.
[X.] steht insoweit lediglich, dass die Beklagte seinerzeit nach Errichtung des Reihenhauses dieses anfänglich zusammen mit ihrem Ehemann bezog und dort seither ohne Zahlung eines über die -
in genauem Umfang streitigen
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ben-
und gelegentliche Reparaturkosten an dem (seinerzeit neu errichteten)
Haus hinausgehenden Geldbetrags wohnt.
b) Ob hierin eine entgeltliche Gewährung des Gebrauchs des [X.]es und damit ein Mietvertrag gemäß §
535 [X.] oder eine unentgeltliche Gestattung des Gebrauchs und damit eine Leihe gemäß §
598 [X.], eine sons-tige schuldrechtliche Nutzungsvereinbarung (§ 241 [X.])
oder
gar
ein bloßes [X.]
-
ohne Rechtsbindungswillen
-
zu sehen ist, ist zwar grundsätzlich der tatrichterlichen Auslegung vorbehalten (§§
133, 157 [X.]).
Ob eine Erklärung oder ein bestimmtes Verhalten als (rechtsverbindliche) Willens-erklärung zu werten ist, beurteilt sich dabei nach den für die Auslegung von Wil-lenserklärungen geltenden Maßstäben (Senatsurteil vom 29. Juni 2016 -
VIII ZR 191/15, NJW 2016, 3015 Rn. 28 mwN).
Diese
durch den Tatrichter vorzunehmende Auslegung ist vom [X.] jedoch beschränkt darauf zu überprüfen, ob gesetzliche oder allge-mein anerkannte Auslegungsregeln, Denkgesetze oder Erfahrungssätze ver-letzt sind, wesentlicher Auslegungsstoff außer [X.] gelassen worden ist oder die Auslegung auf mit der Revision gerügten Verfahrensfehlern beruht ([X.]
Rspr.;
vgl. Senatsurteil vom 27.
April 2016 -
VIII
ZR 61/15, NJW-RR
2016, 910 Rn.
26 mwN). Dies ist hier der Fall. Das Berufungsgericht hat allgemein anerkannte Auslegungsgrundsätze missachtet und zugleich wesentlichen Aus-legungsstoff unberücksichtigt gelassen. Da weitere tatsächliche [X.]stellungen nicht zu erwarten sind, kann der erkennende Senat die Auslegung selbst vor-nehmen (vgl. Senatsurteil vom 27.
April 2016 -
VIII
ZR 61/15, aaO).
c) Die Auslegung führt zu dem Ergebnis, dass die damaligen Parteien [X.] keinen dem Kläger als Zwangsverwalter allein entgegenzuhaltenden Mietvertrag (§ 152 Abs. 2 [X.]) vereinbart haben.
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aa) Bei einer (nahezu) unentgeltlichen Überlassung von Wohnraum zu Wohnzwecken mag die Differenzierung, ob die Parteien einen Mietvertrag (§
535 [X.]), einen Leihvertrag (§
598 [X.]) oder ein schuldrechtliches Nut-zungsverhältnis sui generis (§ 241 [X.]) abschließen oder nur ein bloßes [X.] vornehmen wollten, im Einzelfall schwierig sein. Zur Abgren-zung der verschiedenen rechtlichen Möglichkeiten ist nach Anlass und Zweck der Gebrauchsüberlassung
und gegebenenfalls sonstigen
erkennbar zutage getretenen
Interessen der Parteien zu unterscheiden (Senatsurteil
vom 27.
April 2016 -
VIII
ZR 61/15, aaO Rn.
27). Dabei kann auch das nachträgliche Verhal-ten der Vertragsparteien zu berücksichtigen sein. Dieses kann zwar den objek-tiven Vertragsinhalt nicht mehr beeinflussen, aber Bedeutung für die Ermittlung des tatsächlichen Willens und das tatsächliche Verständnis der [X.] haben ([X.]
Rspr.;
vgl. Senatsurteil
vom 27.
April 2016 -
VIII
ZR 61/15, aaO Rn.
28).
bb) Die Abgrenzung, ob den Erklärungen der Parteien ein Wille zur recht-lichen Bindung zu entnehmen ist oder die Parteien nur aufgrund einer außer-rechtlichen Gefälligkeit handeln, ist unter Würdigung der Umstände des [X.] Einzelfalls zu bewerten.
Ob ein Rechtsbindungswille vorhanden ist, ist an-hand objektiver Kriterien aufgrund der Erklärungen und des Verhaltens der [X.] zu ermitteln, wobei vor allem die wirtschaftliche und die rechtliche Bedeu-tung der Angelegenheit heranzuziehen sind ([X.], Urteil vom 18. Dezember 2008 -
IX ZR 12/05, [X.], 1141 unter [X.] mwN; vgl. auch [X.], Urteil vom 23. Juli 2015 -
III ZR 346/14, [X.]Z 206, 254, 256; [X.]/[X.], [X.], 76.
Aufl., Einl. v. § 241 Rn. 7).
Bei Anlegung dieser Maßstäbe liegt hier ein blo-ßes [X.] nicht vor.
Nach den unangegriffenen [X.]stellungen des Berufungsgerichts ließ
der Eigentümer seine Landsleute, die Beklagte und ihre Familie, aufgrund der ge-23
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-
schäftlichen und persönlichen Beziehungen zwischen ihnen
seinerzeit
in sein neu errichtetes
Reihenhaus einziehen und sodann über mehr als ein Jahrzehnt wohnen.
Auch falls
diese Überlassung ohne ein -
wie auch immer geartetes
-
Entgelt erfolgte, sprechen hier die objektiven Umstände, insbesondere die wirt-schaftliche Bedeutung der Überlassung von Wohnräumen ohne eine Befristung und die rechtliche Bedeutung
für die Beklagte und ihre Familie hinsichtlich des Hauses als ihres Lebensmittelpunkts bereits gegen die Annahme eines bloßen [X.]ses.

cc) Damit liegt zwar eine vertragliche Bindung vor. Den Abschluss eines Mietvertrags gemäß § 535 [X.] hat die Beklagte jedoch nicht hinreichend konk-ret dargelegt.
Der Abschluss eines [X.] setzt voraus, dass sich ei-nerseits der Vermieter verpflichtet, Wohnräume dauerhaft und -
im Rahmen des [X.] Mietrechts -
unter Einschränkung seiner Kündigungsmöglichkeit dem Mieter gegen Zahlung eines Entgelts zu überlassen und dass sich der Mieter im Gegenzug verpflichtet, hierfür Miete zu entrichten. An letzterem fehlt es, wenn erst nach der Überlassung Kostentragungspflichten entstehen ([X.]/
[X.], aaO, Einl. v. § 598 Rn. 1
[zur Leihe]).

(1) Aufgrund der Angaben der [X.] ist hier weder eine solche Ver-pflichtung des Eigentümers zur Überlassung des Reihenhauses noch eine im Gegenseitigkeitsverhältnis dazu stehende Verpflichtung der [X.]
zur Ent-richtung eines Entgelts
feststellbar. Unstreitig existiert keine Mietvertragsurkun-de, aus der sich die gegenseitigen Verpflichtungen der Parteien ergeben. [X.] als bei
der Fallgestaltung, wie sie dem Senatsurteil vom 4. Mai 1970
([X.], aaO)
zugrunde lag, gibt es auch keine sonstigen mündlichen 26
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-
Absprachen, aus denen sich eine solche gegenseitige Verpflichtung der dama-ligen Parteien entnehmen läs[X.]
Die vagen Angaben der [X.] zur behaupteten Anschaffung des Reihenhauses mittels
"abgezogener"
Provisionen ihres geschiedenen Eheman-nes sind
ebenfalls
nicht geeignet, den Abschluss eines Mietvertrags gemäß §
535 [X.] zu belegen. Sie lassen bereits offen, ob, falls überhaupt Provisions-zahlungen für die Anschaffungskosten
verwendet wurden, das Geld als Darle-hen oder aus sonstigen Gründen an den Eigentümer
geleistet worden wäre. Auch wären -
worauf schon das [X.] in der mündlichen Verhandlung vom 10. Dezember 2014 hingewiesen hat -
hieraus
allein noch
keine Rück-schlüsse auf den Inhalt und die Dauer eines möglicherweise zustande gekom-menen Mietvertrags möglich.

(2) Es bleibt damit nur der von der [X.] vorgetragene Umstand, "sämtliche"
Neben-
und Reparaturkosten
von Anfang an gezahlt zu haben. [X.] handelt es sich allerdings um einen ambivalent zu beurteilenden
Gesichts-punkt, aus dem
sich der Abschluss eines Mietvertrags entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts nicht zweifelsfrei entnehmen läs[X.] Aus
der
Übernahme der -
im Umfang hier darüber hinaus streitigen
-
Neben-
und Reparaturkosten kann ohne nähere Absprachen hierzu nicht auf eine Gegenleistung im Sinne des §
535 Abs.
1 [X.] zur Gewährung des (Miet-)Gebrauchs an dem [X.] geschlossen werden.
Die Übernahme gelegentlicher Reparaturkosten spricht -
entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts -
nicht für eine mietvertragliche Vereinba-rung. Denn auch bei der Leihe hat der Entleiher gemäß §§ 598, 601 Abs. 1 [X.] regelmäßig die der Erhaltung der Sache dienenden Kosten, die den [X.] erst ermöglichen, zu tragen. Die Kosten sind nach dem Leit-29
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bild des [X.] gerade von demjenigen zu tragen, dem der Gebrauch der Sache zusteht. Dies wäre
hier die Beklagte. Die Tragung der Reparaturkosten kann daher genauso gut für die Vereinbarung einer Leihe sprechen.
Hinsichtlich der Tragung der Betriebskosten hat auch bei der Vereinba-rung eines unentgeltliches Wohnungsrechts, wovon die Beklagte hier
offen-sichtlich ausgeht, der [X.] jedenfalls die verbrauchsabhängi-gen Kosten wie Strom, Wasser und Heizung zu tragen, ebenso aber auch die anteiligen verbrauchsunabhängigen Kosten der Unterhaltung der Anlagen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Oktober 2011 -
V [X.], [X.]Z
191, 213 Rn.
5, 7
ff.).
Selbst wenn die Beklagte darüber hinaus -
was sich ihrem Vorbringen [X.] nicht ganz klar entnehmen lässt -
verbrauchsunabhängige Betriebskos-ten (etwa Grundsteuer, Versicherung o.ä.) getragen haben sollte, ließe dies mangels konkreter Abreden den Rückschluss auf den stillschweigenden [X.] eines Mietvertrages
ebenfalls
nicht zu. Diese Kosten stellen allenfalls einen geringen Bruchteil des üblicherweise für die mietweise Überlassung eines Reihenhauses zu zahlenden Entgelts dar. Angesichts der Interessenlage der Beteiligten können allein aus dieser tatsächlichen Handhabung der Kosten [X.] des Eigentümers und des früheren Ehemanns der [X.] dahin entnommen werden, dass damit eine dauerhafte Gebrauchsüber-lassungsverpflichtung gegen Übernahme dieser (geringfügigen) Kosten [X.] werden sollte.
(3) Besondere Umstände, die gleichwohl für eine solche Würdigung sprächen, sind vom Berufungsgericht nicht festgestellt und auch nicht erkenn-bar. Sie liegen insbesondere weder allein in dem Umstand, dass es sich bei den Beteiligten um Landsleute handelt noch in der langjährigen Überlassung des Reihenhauses an die Beklagte und ihre Familie. Es ist schon nicht ersicht-32
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lich, dass diese langjährige Überlassung bereits im Zeitpunkt der Überlassung des Reihenhauses an die Beklagte und ihren früheren Ehemann absehbar war. Vielmehr spricht vieles dafür, dass die Vertragsverhandlungen der Parteien sei-nerzeit nicht zu Ende geführt worden, sondern
letztlich "steckengeblieben"
sind. Auch diesem Umstand kann daher kein entscheidendes Gewicht bei der Beur-teilung der Frage, ob die Überlassung des Reihenhauses seinerzeit mietweise erfolgte, beigemessen werden.
dd) Somit scheidet ein Mietvertrag gemäß
§ 535 [X.] aus. Da jedoch weder die Leihe gemäß §
598 [X.] -
die zudem, wenn keine bestimmte Zeit-dauer vereinbart ist, jederzeit gemäß § 604 Abs. 3 [X.] beendet werden kann -
noch ein sonstiges vereinbartes Nutzungsverhältnis sui generis (§ 241 [X.]) dem Kläger als Zwangsverwalter gegenüber bestandskräftig sind (§
152 Abs.
2 [X.]), bedarf es keiner Entscheidung darüber, welches andere Rechtsinstitut hier vorliegt.
3. Mangels Abschlusses
eines Mietvertrags nach § 535 [X.] steht der [X.] folglich kein Recht zum Besitz gemäß §
986 [X.] zu, das sie dem Zwangsverwalter gemäß §
152 Abs.
2 [X.] entgegen halten könnte. Der Kläger ist daher aufgrund seiner Bestellung zum Zwangsverwalter durch das [X.] (§
150 Abs.
1 [X.]) berechtigt, von ihr die Herausgabe des [X.] und die Zahlung einer -
der Höhe nach unstreitigen -
monatlichen [X.]), dem 7. August 2014, zu verlangen.

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III.
Nach alldem kann das Berufungsurteil keinen Bestand haben; es ist [X.] aufzuheben (§
562 Abs.
1 ZPO). Der Rechtsstreit ist hinsichtlich des [X.] und des Zahlungsanspruchs ab Rechtshängigkeit zur End-entscheidung reif, weil der [X.] gegenüber dem Herausgabeanspruch des [X.] nach §
985 [X.] kein Recht zum Besitz gemäß §
986 [X.] in Verbin-dung mit
§
152 Abs. 2 [X.] zusteht. Sie hat daher das im Wohnungseigentum stehende Reihenhaus an den Kläger herauszugeben und für die gezogenen

Im Übrigen (bezüglich der darüber hinaus verlangten [X.], der Zinsen und des [X.]stellungsantrags) ist der Rechtsstreit nicht zur Endentscheidung reif, weil insoweit weitere [X.]stellungen zu treffen sind. [X.] weist der Senat darauf hin, dass es für die vor Rechtshängigkeit geltend ge-machten Zahlungsansprüche darauf ankommt, ob der [X.] Bösgläubigkeit im Sinne von §
990 [X.] nachzuweisen i[X.] Bezüglich des [X.]stellungsantra-ges sind angesichts des Umstandes, dass die Beklagte vorgetragen hat, stets sämtliche Betriebskosten getragen zu haben, nähere [X.]stellungen zum [X.]-stellungsinteresse erforderlich. Zudem bedarf es hinsichtlich der für die [X.] begehrten Zinsen konkreter [X.]stellungen zum Verzugs-

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eintritt. Die Sache ist insoweit an das Berufungsgericht
zur neuen Verhandlung und Entscheidung zurückzuverweisen (§
563 Abs.
1 Satz
1 ZPO).
Dr. Milger
Dr. Hessel
Dr. Fetzer

Dr. [X.]
Hoffmann
Vorinstanzen:
[X.], Entscheidung vom [X.] -
316 [X.]/14 -

O[X.], Entscheidung vom 14.04.2016 -
8 [X.] -

Meta

VIII ZR 279/16

20.09.2017

Bundesgerichtshof VIII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 20.09.2017, Az. VIII ZR 279/16 (REWIS RS 2017, 5058)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 5058

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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