Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2011, Az. 3 StR 230/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2011, 7372

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Gegenstand

Zusammenschluss zu einer kriminellen Vereinigung: Zurechnung von Einzeltaten im Rahmen des Betriebs eines Internet-Radiosenders einer rechten Gruppierung; Konkurrenzverhältnis der Einzeltaten


Tenor

Auf die Revisionen der Angeklagten gegen das Urteil des [X.]vom 30. November 2009 werden

I. die Schuldsprüche - auch soweit es die Mitangeklagten F.  , B.  und Br.  betrifft - wie folgt abgeändert und klarstellend neu gefasst:

1. Der Angeklagte W.  ist schuldig der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,

- Volksverhetzung in neun Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in fünf Fällen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zehn Fällen und

- Gewaltdarstellung in zwei Fällen

sowie des Besitzes von zwei nach dem Waffengesetz verbotenen Gegenständen in Tateinheit mit Besitz einer Schusswaffe und Munition;

2. der Angeklagte P.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,

- Volksverhetzung in vier Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen und

- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und zur Gewaltdarstellung;

3. der Angeklagte M.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Volksverhetzung in zwei Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in zwei Fällen und

- Gewaltdarstellung;

4. der Angeklagte R.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Volksverhetzung,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und

- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen und zur Gewaltdarstellung in zwei Fällen;

5. die Mitangeklagte F.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,

- Volksverhetzung in fünf Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in sechs Fällen und

- Beihilfe zur Volksverhetzung, zum Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und zum Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen;

6. der Mitangeklagte B.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,

- Volksverhetzung in zwei Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen und

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen;

7. die Mitangeklagte Br.  der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung in Tateinheit mit

- Beihilfe zur Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 WaffG genannten Gegenständen,

- Volksverhetzung in 14 Fällen,

- Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in drei Fällen,

- Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in sechs Fällen und

- Gewaltdarstellung;

II. das vorgenannte Urteil mit den zugehörigen Feststellungen aufgehoben,

1. soweit es den Angeklagten W.  betrifft im Ausspruch über die Einziehung,

2. soweit es den Angeklagten R.  betrifft im Ausspruch über die Einziehung der Webcam.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten der Rechtsmittel, an eine andere Strafkammer des Landgerichts zurückverwiesen

III. Die weitergehenden Revisionen werden verworfen.

[X.]Die Angeklagten P.  und M.  haben die Kosten ihrer Rechtsmittel zu tragen.

Gründe

1

Das [X.]hat die Angeklagten W.  , P.  , M.  un[X.]R.  sowie die nicht revidierenden Mitangeklagten F.  , B.  un[X.]Br.  jeweils wegen "Bildung einer kriminellen [X.]in Tateinheit mit Volksverhetzung in Tateinheit mit Gewaltdarstellung in Tateinheit mit Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen in Tateinheit mit Anleitung zur Herstellung von in § 40 Abs. 1 Waffengesetz genannten Gegen-ständen", den Angeklagten W.  zudem tatmehrheitlich wegen des "vorsätzlichen Besitzes zweier verbotener Gegenstände […] in Tateinheit mit vorsätzlichem Besitz einer erlaubnispflichtigen Schusswaffe un[X.]Munition" schuldig gesprochen. Für den Angeklagten W.  hat es eine Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren un[X.]neun Monaten, für den Angeklagten P.  eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren un[X.]fünf Monaten, für den Angeklagten M.  eine Freiheitsstrafe von einem Jahr un[X.]vier Monaten un[X.]für den Angeklagten R.  eine Freiheitsstrafe von einem Jahr verhängt. Die Vollstreckung der beiden letztgenannten Freiheitsstrafen hat es jeweils zur Bewährung ausgesetzt; zudem hat es eine Vielzahl von Gegenständen der Angeklagten W.  , P.  un[X.]R.  eingezogen.

2

Hiergegen richten sich die Revisionen der Angeklagten, die sowohl mehrere Verfahrensrügen erheben als auch mit Einzelbeanstandungen die Verletzung sachlichen Rechts gelten[X.]machen. Die Revisionen der Angeklagten führen zu den aus der [X.]ersichtlichen Änderungen der Schuldsprüche sowie zur teilweisen Aufhebung der Entscheidungen über die Einziehung; im Übrigen sin[X.]sie unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

3

I. Das [X.]hat folgende Feststellungen getroffen un[X.]Wertungen vorgenommen:

4

1. Die Angeklagten W.  , P.  , M.  un[X.]R.  bildeten im Juni 2008 einen auf Dauer angelegten, organisatorisch fest gefügten Verband, um gemeinsam über [X.]vornehmlich volksverhetzende oder sonst strafbare Lieder zu verbreiten. Bei der Einrichtung un[X.]dem Betrieb von Internetseite un[X.]Radio gingen sie wie folgt arbeitsteilig vor:

5

Der Angeklagte W.  , der im Lauf des Sommers 2007 zum Organisator un[X.]führenden Kopf der Gruppierung aufgestiegen war, mietete einen Server an un[X.]richtete die verfahrensgegenständliche Internetseite "European Brotherhoo[X.]Radio" ein. Über diese lief der Radiostream, darüber hinaus waren über die Unterseite "Sprengmeister" im [X.]Bauanleitungen für die Herstellung von Sprengstoffen sowie Spreng- un[X.]Brandvorrichtungen abrufbar. Für den technischen Ablauf der Radiosendungen stattete der Angeklagte W.  zunächst die Angeklagten P.  un[X.]M.  sowie später die nicht revidierenden Mitangeklagten B.  , Br.  un[X.]F.  mit einem Programm aus, über das die Angeklagten W.  , P.  un[X.]M.  dem jeweiligen Moderator der Radiosendung den Stream entziehen un[X.]die Sendung damit unterbrechen konnten. Die Angeklagten W.  un[X.]P.  moderierten zudem selbst Radiosendungen, im Rahmen derer sie teils alleine, teils gemeinsam eine Vielzahl von rechtsextremen Liedern mit volksverhetzendem oder sonst strafbarem Inhalt abspielten. Darüber hinaus rekrutierten sie weitere Personen, die [X.]übernahmen - darunter die Mitangeklagten B.  , Br.  un[X.]F.  - un[X.]warben u.a. mit Aufklebern un[X.]Bannern sowie einem - von der Mitangeklagten Br.  hergestellten - Werbejingle für das Radio un[X.]die "Sprengmeisterseite". Des Weiteren organisierten sie am 21. Februar 2009 eine Werbeveranstaltung für das Radio.

6

Der Angeklagte M.  mietete den Radiostream an, über den die Radiosendungen im [X.]an eine Hörerschaft von etwa 20 bis 50 Personen ausgestrahlt wurden, un[X.]moderierte vom 24. bis 26. Februar 2009 eine Dauersendung, in der er ebenfalls rechtsextreme Lieder mit volksverhetzendem oder sonst strafbarem Inhalt abspielte. Der Angeklagte R.  beteiligte sich finanziell an der Miete des Radiostreams mit Zahlungen von 6 € im August 2008 un[X.]24 € im November 2008 sowie mit einem am 15. Februar 2009 entrichteten Betrag von 20 € an der Fertigung eines Banners für das Radio; zudem betreute er im gesamten Tatzeitraum den [X.]der Internetseite.

7

Darüber hinaus verwahrten alle vier Angeklagten sowie die Mitangeklagten F.  , B.  un[X.]Br.  jeweils mehrere tausen[X.]Dateien mit rechtsextremen, zumindest teilweise die Tatbestände der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln sowie des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen erfüllenden Liedern, um sie den Hörern des gemeinsam betriebenen Radios zugänglich zu machen.

8

Unabhängig vom gemeinsamen Betrieb des Radios war der Angeklagte W.  im März 2009 im Besitz eines Butterflymessers, eines Schlagrings sowie einer Schreckschuss-, Reizstoff- un[X.]Signalpistole ohne PTB-Zulassungszeichen mit Magazin un[X.]Manöverkartusche, ohne über eine entsprechende waffenrechtliche Erlaubnis zu verfügen.

9

2. Das [X.]hat den Zusammenschluss der Angeklagten als mitgliedschaftliche Beteiligung an einer kriminellen [X.]bewertet (§ 129 Abs. 1 StGB). Die von den Angeklagten im einzelnen im Rahmen der vom [X.]getragenen [X.]begangenen Äußerungs- un[X.]Propagandadelikte des Verbreitens von Propagandamitteln un[X.]des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen (§ 86 Abs. 1 Nr. 2 un[X.]4, § 86a Abs. 1 Nr. 1 un[X.]2 StGB), der Volksverhetzung (§ 130 Abs. 1 Nr. 1 un[X.]2, Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b) un[X.]d), Abs. 3, 4 un[X.]5 StGB), der Gewaltdarstellung (§ 131 Abs. 1 Nr. 2 un[X.]4 StGB) sowie die vom Angeklagten W.  durch die "Sprengmeisterseite" begangene Anleitung zur Herstellung von nach § 40 [X.]verbotenen Gegenständen (§ 52 Abs. 1 Nr. 4, § 40 Abs. 1 i.V.m. Anlage 2 Abschnitt 1 Nr. 1.3.4 WaffG) hat es den jeweils anderen Mitgliedern als mittäterschaftlich begangene Taten zugerechnet (§ 25 Abs. 2 StGB). Dabei hat es alle Äußerungs- un[X.]Propagandadelikte jeweils als eine einheitliche Tat im Rechtssinne angesehen.

II. Die von den Angeklagten W.  , P.  un[X.]R.  erhobenen Verfahrensrügen zeigen aus den Gründen der Antragsschriften des [X.]keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten auf.

III. Der sachlich-rechtlichen Nachprüfung hält das Urteil nur teilweise stand.

1. Zutreffen[X.]hat das [X.]allerdings den Zusammenschluss der Angeklagten als kriminelle [X.](§ 129 Abs. 1 StGB) un[X.]das Abspielen der Lieder - abhängig vom jeweiligen Liedtext - als Volksverhetzung, Verbreiten von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen, Verwenden von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen oder Gewaltdarstellung gewürdigt.

Ebenfalls zutreffen[X.]hat das [X.]den Betrieb der "Sprengmeisterseite" - auch wenn diese vom Angeklagten W.  durch Rückgriff auf fremde, im [X.]verfügbare Anleitungen zusammengestellt wurde - als Anleitung zur Herstellung von nach § 40 [X.]verbotenen Gegenständen bewertet, weil sich der Angeklagte W.  die Inhalte der verbotenen Beschreibungen zu eigen machte (vgl. BayObLG, Beschluss vom 11. November 1997 - 4 [X.]232/ 97, NJW 1998, 1087).

2. Nicht frei von [X.]erweisen sich indes die vom [X.]vorgenommene mittäterschaftliche Zurechnung der von den Vereinigungsmitgliedern im Einzelnen begangenen Taten zu Lasten aller Angeklagten sowie die konkurrenzrechtliche Bewertung der einzelnen Taten. Hierzu im Einzelnen:

a) Schließen sich mehrere Täter zu einer kriminellen [X.]zusammen, hat dies - entsprechen[X.]den bei einem Zusammenschluss als Bande geltenden Grundsätzen - nicht zur Folge, dass jede von einem Vereinigungsmitglie[X.]begangene Tat den anderen Mitgliedern ohne weiteres als gemeinschaftlich begangene Straftat im Sinne des § 25 Abs. 2 StGB zugerechnet werden kann. Vielmehr ist für jede einzelne Tat nach den allgemeinen Kriterien festzustellen, ob sich die anderen Mitglieder hieran als Mittäter, Anstifter oder Gehilfen beteiligt oder ob sie gegebenenfalls überhaupt keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet haben (vgl. BGH, Beschlüsse vom 24. Juli 2008 - 3 StR 243/08, StV 2008, 575; vom 13. Mai 2003 - 3 StR 128/03, StV 2004, 21, 22; Fischer, StGB, 58. Aufl., § 25 Rn. 12).

b) Haben bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie einzelne Angeklagte einen Tatbeitrag zum Aufbau oder zur Aufrechterhaltung einer auf die Begehung von Straftaten ausgerichteten Infrastruktur erbracht, sin[X.]die Einzeltaten der Mittäter zu einem uneigentlichen Organisationsdelikt zusammenzufassen, durch welches mehrere [X.]rechtlich verbunden un[X.]hiermit die auf Grundlage dieser Infrastruktur begangenen Straftaten in der Person der im Hintergrun[X.]Tätigen zu einer einheitlichen Tat oder gegebenenfalls zu wenigen einheitlichen Taten im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB zusammengeführt werden (BGH, Urteil vom 17. Juni 2004 - 3 StR 344/03, BGHSt 49, 177, 184; Beschluss vom 21. Dezember 1995 - 5 StR 392/95, NStZ 1996, 296 f.; Beschluss vom 26. August 2003 - 5 StR 145/03, BGHSt 48, 331, 342 f.).

c) Die im Rahmen einer kriminellen [X.]begangenen Taten stehen zueinander im Verhältnis der Tateinheit, da die mitgliedschaftliche Beteiligung in einer solchen [X.]zu deren Verklammerung führt. Voraussetzung für eine solche Klammerwirkung ist, dass die Ausführungshandlungen zweier oder mehrerer an sich selbstständiger Delikte zwar nicht miteinander, wohl aber mit der Ausführungshandlung eines dritten Tatbestandes (teil-)identisch sin[X.]un[X.]dass zwischen wenigstens einem der beiden an sich selbstständigen Delikte un[X.]dem sie verbindenden, sich über einen gewissen Zeitraum hinziehenden ([X.]zumindest annähernde Wertgleichheit besteht (BGH, Beschluss vom 2. Dezember 2008 - 3 StR 203/08, NStZ 2009, 692, 693; [X.]in LK, 12. Aufl., § 52 Rn. 27, 29 jeweils mwN). Als Maßstab hierfür dient die Abstufung der einzelnen Delikte nach ihrem Unrechtsgehalt unter Orientierung an den Strafrahmen, wobei der [X.]nicht nach einer abstrakt-generalisierenden Betrachtungsweise, sondern anhan[X.]der konkreten Gewichtung der Taten vorzunehmen ist (BGH, Urteil vom 18. Juli 1984 - 2 StR 322/84, BGHSt 33, 4, 6 f.; vgl. auch Stree/[X.]in Schönke/Schröder, StGB, 28. Aufl., § 52 Rn. 16).

3. Danach haben sich die Angeklagten im Einzelnen wie folgt schuldig gemacht:

a) Alle Angeklagten haben sich [X.]an der kriminellen [X.]beteiligt (§ 129 Abs. 1 StGB). Ein Schuldspruch auch wegen hierzu in Tateinheit stehender Gründung der [X.]kommt nicht in Betracht. Zwar steht das Gründen einer kriminellen [X.]nach § 129 Abs. 1 StGB zu der weiteren Tatbestandsalternative der mitgliedschaftlichen Beteiligung an der [X.]jedenfalls dann im Verhältnis der Tateinheit, wenn sich die Beteiligung als Mitglie[X.]wie hier unmittelbar an das Gründen der [X.]anschließt (vgl. BGH, Urteil vom 3. Dezember 2009 - 3 StR 277/09, BGHSt 54, 216 unter Aufgabe von BGH, Beschluss vom 28. Oktober 2003 - 3 StR 43/03, NStZ 2004, 385). Indes kann nicht ausgeschlossen werden, dass das [X.]die Gründung der [X.]nicht schon vor dem Juni 2008 für möglich angesehen hat ([X.]54). Taten in diesem Zeitraum hat das [X.]nach § 154 Abs. 2, § 154a Abs. 2 StPO von der Verfolgung ausgenommen ([X.]50).

b) Der Angeklagte W.  hat täterschaftlich zum Herstellen von nach § 40 [X.]verbotenen Gegenständen angeleitet, indem er die "Sprengmeisterseite" eigenhändig zusammenstellte un[X.]im [X.]zum Abruf bereitstellte. Demgegenüber ist der Angeklagte P.  nur der Beihilfe zum Anleiten schuldig, indem er durch Abspielen von [X.]im Rahmen der von ihm moderierten Sendungen auf die Seite aufmerksam machte. Die Angeklagten M.  un[X.]R.  haben zur "Sprengmeisterseite" keinen strafbaren Tatbeitrag geleistet.

c) Hinsichtlich der Radiosendungen haben sich die Angeklagten W.  , P.  un[X.]M.  der in der [X.]genannten Äußerungs- un[X.]Propagandadelikte jeweils durch eigenhändiges Moderieren von Sendungen sowie dem Abspielen der im einzelnen vom [X.]festgestellten Lieder schuldig gemacht, un[X.]zwar der Angeklagte W.  durch die Sendungen am 16. Januar, 3., 5., 10., 12., 13., 27. un[X.]28. Februar sowie 11. März 2009, der Angeklagte P.  durch die Sendungen am 16. Januar, 7. un[X.]12. Februar sowie 11. bis 12. März 2009 un[X.]der Angeklagte M.  durch die unmoderierte Dauersendung vom 24. bis 26. Februar 2009. Der Angeklagte R.  hat keine Sendung eigenhändig moderiert, so dass er die Delikte der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln un[X.]des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen jeweils nur in der Tatalternative des Vorrätighaltens zum Zwecke deren Verbreitung begangen hat (§ 86 Abs. 1 Nr. 4 3. Alt., § 86a Abs. 1 Nr. 2 2. Alt., § 130 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. d) 4. Alt., Abs. 5 StGB).

d) Darüber hinaus können den Angeklagten W.  un[X.]M.  , die durch Zur-Verfügung-Stellung von Internetseite un[X.]Radiostream einen wesentlichen Beitrag zur tatnotwendigen Infrastruktur geleistet haben, die von anderen Moderatoren abgespielten Lieder als jeweils ein einheitliches Äußerungs- oder Propagandadelikt im Sinne eines uneigentlichen Organisationsdeliktes zugerechnet werden. Den Angeklagten P.  un[X.]R.  sin[X.]die von anderen Beteiligten durchgeführten Moderationen nach den allgemeinen Kriterien nur als eine einheitliche Beihilfe zu deren Äußerungs- oder Propagandadelikten zuzurechnen, un[X.]zwar weil der Angeklagte R.  die Infrastruktur finanziell unterstützte un[X.]der Angeklagte P.  am 21. Februar 2009 eine Werbeveranstaltung für das Radio mitorganisierte.

e) Die solchermaßen von den Angeklagten verwirklichten Delikte der Volksverhetzung, des Verbreitens von Propagandamitteln un[X.]des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen sowie der Gewaltdarstellung bzw. der Beihilfe hierzu werden durch die Mitgliedschaft in der kriminellen Vereinigung, deren Tätigkeit auf die Begehung dieser Straftaten gerichtet war, jeweils miteinander zur Tateinheit verklammert. Das Vergehen gemäß § 129 Abs. 1 StGB ist hier auch geeignet, sämtliche Propagandadelikte einschließlich der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB zu verklammern, weil auch insoweit die erforderliche Wertgleichheit gegeben ist. Dass die Untergrenze des Strafrahmens der Volksverhetzung nach § 130 Abs. 1 StGB (drei Monate Freiheitsstrafe) geringfügig höher ist als diejenige der Mitgliedschaft in einer kriminellen [X.](Geldstrafe), steht einer Verklammerung der Taten mit Blick auf die konkreten Umstände nicht entgegen.

f) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Bewertung der Taten führen. Er ändert deshalb die Schuldsprüche (§ 354 Abs. 1 StPO). § 265 Abs. 1 StPO steht dem nicht entgegen, weil sich die Angeklagten gegen die geänderten [X.]nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.

4. Die Änderungen der Schuldsprüche führen nicht zur Aufhebung der Strafaussprüche, da der Senat ausschließen kann, dass das [X.]jeweils auf eine mildere Strafe erkannt hätte.

IV. [X.]ist entsprechen[X.]§ 357 StPO auf die nicht revidierenden Mitangeklagten F.  , Br.  un[X.]B.  zu erstrecken. Auch ihnen wurden die durch andere [X.]verwirklichten Taten, d.h. die Anleitung zur Herstellung von in § 40 WaffG genannten Gegen-ständen sowie die im Rahmen einzelner Moderationen begangenen Äußerungs- un[X.]Propagandadelikte, rechtsfehlerhaft als in Mittäterschaft begangen zugerechnet. Nach den obigen Ausführungen sin[X.]die drei Mitangeklagten indes nur der Beihilfe an dem Waffendelikt des Angeklagten W.  schuldig, indem sie ein Werbejingle für die Seite produzierten (Br.  ) bzw. dieses in den von ihnen moderierten Sendungen abspielten (F.  un[X.]B.  ). Darüber hinaus sin[X.]sie nur derjenigen, aus der [X.]ersichtlichen Äußerungs- un[X.]Propagandadelikte schuldig, die sie eigenhändig im Rahmen der von ihnen selbst gestalteten Radiosendungen begangen haben, d.h. für die Mitangeklagte F.  in den Sendungen am 29. September 2008, 22., 27. un[X.]30. Januar sowie 1., 9. un[X.]18./19. Februar 2009, für den Mitangeklagten B.  in den Sendungen am 16. Januar un[X.]3. Februar 2009 sowie für die Mitangeklagte Br.  in den Sendungen am 5., 8., 11., un[X.]12. Oktober, 25. un[X.]27. November, 11., 14., 19. un[X.]20. Dezember 2008, 10., 11., 15. un[X.]29./30. Januar sowie 16. un[X.]26. Februar 2009. Ferner ist die Mitangeklagte F.  wegen der Mitorganisation einer Werbeveranstaltung für das Radio am 21. Februar 2009 der Beihilfe an den darauf folgen[X.]von anderen Beteiligten begangenen Äußerungs- un[X.]Propagandadelikten schuldig.

Dass die Berichtigung des Schuldspruchs auch im Fall der Mitangeklagten F.  , Br.  un[X.]B.  keine Auswirkungen auf den Strafausspruch hat, weil der Senat auch insoweit die Verhängung einer milderen Strafe ausschließen kann, steht der Erstreckung der Revision nach § 357 StPO nicht entgegen (BGH, Beschluss vom 31. Juli 1996 - 3 StR 269/96, bei [X.]NStZ 1997, 376; Beschluss vom 14. Mai 1996 - 1 StR 245/96, NStZ 1996, 507). § 265 StPO steht ebenfalls nicht entgegen, da sich die Betroffenen nicht anders als geschehen hätten verteidigen können.

V. Die Entscheidungen über die Einziehung von "1078 CDs, DVDs, MCs un[X.]LPs" beim Angeklagten W.  sowie beim Angeklagten R.  über die Einziehung einer Webcam sin[X.]rechtsfehlerhaft, da die Begründungen so unspezifisch sind, dass eine revisionsrechtliche Nachprüfung nicht möglich ist (BGH, Beschluss vom 22. Januar 1993 - 3 StR 536/92, StV 1993, 245 dort nur red. Leitsatz). Beim Angeklagten R.  war nicht ersichtlich, in welcher Weise die Webcam zur Vorbereitung oder Begehung der von ihm verwirklichten Delikte gebraucht worden oder bestimmt gewesen ist; beim Angeklagten W.  kam eine pauschale Einziehung von 1078 CDs, DVDs, MCs un[X.][X.]unterschiedlichen Inhalts als Sachgesamtheit nicht in Betracht, da es sich schon nicht um eine wirtschaftliche Einheit un[X.]damit nicht um eine Sammlung handelte (vgl. [X.]in: jurisPK-BGB, 5. Aufl., § 90 Rn. 22 mwN).

Über die Einziehung muss deshalb erneut verhandelt un[X.]entschieden werden.

Becker                                     Pfister                                   von Lienen

                       Hubert                                   Schäfer

Meta

3 StR 230/10

19.04.2011

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Beschluss

Sachgebiet: StR

vorgehend LG Berlin, 30. November 2009, Az: (502) 81 Js 250/09 (29/09), Urteil

§ 25 Abs 1 StGB, § 25 Abs 2 StGB, § 26 StGB, § 27 StGB, § 52 Abs 1 StGB, § 129 Abs 1 StGB, § 130 StGB, § 131 StGB, § 40 Abs 1 WaffG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 19.04.2011, Az. 3 StR 230/10 (REWIS RS 2011, 7372)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2011, 7372

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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