Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. IX ZR 203/02

IX. Zivilsenat | REWIS RS 2003, 2902

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[X.] DES VOLKESURTEIL[X.]/02Verkündet am:27. Mai 2003PreußJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z:nein ZPO § 545 Abs. 2Die Revision kann auch nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zur [X.] vom 27. Juli 2001 ([X.] I 1887) darauf gestützt werden,daß das Gericht des ersten [X.] seine internationale Zuständigkeitzu Unrecht verneint habe (im Anschluß an [X.], [X.]. v. 28. November 2002- [X.], [X.], 685, 686 f).ZPO § 19a; [X.]InsO Art. 102; EuInsVO Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2§ 19a ZPO begründet weder eine örtliche noch eine [X.] internationaleZuständigkeit für Klagen des Insolvenzverwalters am Sitz des [X.].[X.], [X.]eil vom 27. Mai 2003 - [X.]/02 -OLG [X.] LG [X.]- 2 -Der IX. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] 27. Mai 2003 durch [X.] erkannt:Die Revision gegen das [X.]eil des 11. Zivilsenats des Oberlan-desgerichts [X.] vom 11. Juli 2002 wird auf Kosten des [X.] zurückgewiesen.Von Rechts [X.]:Der Kläger ist Verwalter in dem am 1. Juni 1999 vom [X.] eröffneten Insolvenzverfahren über das Vermögen des [X.]und nimmt die in [X.] wohnende Beklagte aufgrund folgenden [X.] in Anspruch: Der Insolvenzschuldner - ihr Schwager - habe ihr am7. April 1999 zwei ihm gehörende, bebaute Grundstücke in [X.] mit einemWert von 2,5 bis 3 Mio. DM veräußert. Der vereinbarte Kaufpreis von [X.] sei nicht gezahlt, sondern gegen eine angebliche Darlehensforde-rung der Beklagten verrechnet worden. Die Übertragung sei gemäß §§ 129 [X.] anfechtbar.Die auf Rückübereignung der Grundstücke gerichtete Klage blieb in bei-den Vorinstanzen ohne Erfolg. Dagegen richtet sich die vom Berufungsgerichtzugelassene Revision des [X.] 3 -Entscheidungsgründe:Das Rechtsmittel ist nach dem eigenen Vorbringen des [X.] nichtbegründet und deshalb entsprechend § 539 Abs. 2 Satz 2 ZPO zurückzuwei-sen, obwohl die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem [X.] nicht vertreten war.[X.] Berufungsgericht hat ausgeführt: [X.] Gerichte seien nicht zu-ständig. Ein zwischenstaatlicher Vertrag zwischen der [X.] und dem Königreich [X.] oder ein internationales Abkommen,das die internationale Zuständigkeit vorrangig regele, bestehe nicht. Die [X.] ([X.]) Nr. 1346/2000 des [X.] über Insol-venzverfahren vom 29. Mai 2000 sei erst am 31. Mai 2002 in [X.] getreten undfinde nach Art. 43 nur auf solche Insolvenzverfahren Anwendung, die nach ih-rem Inkrafttreten eröffnet wurden.Die internationale Zuständigkeit eines [X.]n Gerichts folge auchnicht aus den innerstaatlichen Vorschriften über die örtliche Zuständigkeit. [X.] erstrecke sich § 19a ZPO - demzufolge der allgemeine Gerichts-stand eines Insolvenzverwalters für Klagen, die sich auf die Insolvenzmassebeziehen, durch den Sitz des [X.] bestimmt wird - ausschließlichauf massebezogene Passivprozesse des Insolvenzverwalters, während es [X.] bei den allgemeinen Vorschriften verbleibe. Schon [X.] nach kennzeichne der "allgemeine Gerichtsstand" einer Person nachder Systematik der Zivilprozeßordnung das Gericht, das für alle gegen sie ge-- 4 -richteten Klagen zuständig ist (§ 12 ZPO). Der Regierungsentwurf zum Einfüh-rungsgesetz zur Insolvenzordnung habe die Einführung eines § 31a ZPO mitfolgendem Wortlaut vorgesehen: "Für Klagen gegen den Insolvenzverwalter, diesich auf die Insolvenzmasse beziehen, ist das Gericht zuständig, in dessen Be-zirk das Insolvenzgericht seinen Sitz hat" (BT-Drucks. 12/3803, [X.]). Nachder Begründung habe die neue Norm nur klarstellen sollen, daß sich der [X.] für derartige Klagen nicht nach dem Wohnsitz des [X.] (aaO S. 67). Auf den ergänzenden Vorschlag des Bundesrates, die-ses Ziel durch einen ausdrücklichen Ausschluß des § 13 ZPO klarzustellen(aaO S. 122), sei § 19a ZPO in der später Gesetz gewordenen Fassung ent-worfen worden (aaO [X.]). Der Rechtsausschuß des [X.] habe die-sem Vorschlag zugestimmt, weil er dem Anliegen Rechnung trage, den [X.] Gerichtsstand am Wohnsitz des Insolvenzverwalters für Klagen [X.], die sich auf die Insolvenzmasse beziehen (BT-Drucks. 12/7303,S. 108).Diese Entscheidung des Gesetzgebers könne nicht durch die vom Klägerangeführten Belange des Insolvenzverwalters und der Insolvenzgläubiger, dieauf eine Erleichterung der Rechtsverfolgung zielen, entkräftet werden, zumalihnen ebenso schutzwürdige Belange des in Anspruch [X.] entge-genstünden.[X.] rügt die Revision: Der Wortlaut des § 19a ZPO lasse eszu, die Vorschrift auch auf [X.] zu beziehen. Das sei mindestens fürdie internationale Zuständigkeit geboten, weil sonst keine Zuständigkeit in dem- 5 -Staat zu begründen sei, in dem das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Die In-teressenlagen bei der internationalen Zuständigkeit sei wesentlich vielschichti-ger als diejenige bei der örtlichen. Das ausländische Verfahrensrecht könneerhebliche Erschwerungen für die Prozeßführung mit sich bringen. Zudem ent-scheide die internationale Zuständigkeit mittelbar über das anzuwendende Kol-lisionsrecht und über das anzuwendende materielle Recht. Ferner führten gera-de Auslandsprozesse des Insolvenzverwalters nicht nur zu einer erheblichenZeitverzögerung, sondern auch zu erhöhten Kosten, so daß die Interessen [X.] hierdurch nicht hinreichend gewahrt werden könnten.[X.] Erwägungen vermag der [X.] nicht zu folgen.1. Er ist allerdings nicht durch § 545 Abs. 2 ZPO n.F. gehindert, die deut-sche internationale Zuständigkeit zu überprüfen (ebenso [X.], [X.]. v. 28. No-vember 2002 - [X.], [X.], 685, 686 f m.w.N.; [X.] NJW 2003,407, 408 f; a.M. [X.] EWiR 2003, 495, 496). Der uneingeschränkte Wortlautder Vorschrift allein ergibt nicht hinreichend, daß nicht nur die örtliche undsachliche (nationale), sondern auch die internationale Zuständigkeit nicht mehrrevisibel sein soll. Denn auf diese trifft die nur auf eine Vereinfachung abstel-lende Begründung des Gesetzgebers nicht zu, die eine Gleichwertigkeit derangerufenen erstinstanzlichen Gerichte voraussetzt. Gerichte aller [X.] können nicht ohne weiteres in diesem Sinne als gleichwertig angese-hen werden. Insbesondere ist gegenüber der beantragten Anerkennung einesausländischen [X.]eils die Rüge der fehlenden Zuständigkeit (§ 328 Abs. 1 Nr. 1ZPO) oft die einzige wirksame Verteidigungsmöglichkeit. Wäre sie nicht mehr- 6 -revisibel, so wären [X.] Beklagte in wesentlich höherem Maße als bishergehalten, sich auf Klagen im Ausland vor an sich international unzuständigenGerichten einzulassen und auch die daraus folgenden prozessualen und sach-lich-rechtlichen Nachteile hinzunehmen.2. Mit dem Berufungsgericht geht der [X.] davon aus, daß § 19a [X.] örtliche Zuständigkeit des ([X.]n) Gerichts am Sitz des [X.] - als Anknüpfungspunkt für eine internationale Zuständigkeit - nur für [X.] gegen einen Insolvenzverwalter bestimmt. Die Begründung des Berufungs-gerichts hierfür trifft zu; der [X.] macht sie sich zu eigen. Die mögliche Ar-beitserleichterung für den Insolvenzverwalter, die mit der gegenteiligen Ausle-gung verbunden wäre, hat der Gesetzgeber zum Schutz der möglichen [X.] gerade nicht ausreichen lassen (vgl. auch [X.], in Festschrift [X.], 1996, [X.], 614).3. Für die [X.] internationale Zuständigkeit gilt nichts anderes. [X.] der Revision vorgebrachten Zweckmäßigkeitserwägungen vermögen keineweitergehende Zuständigkeit für Klagen eines Insolvenzverwalters am Sitz des[X.] zu begründen. Sie berücksichtigen nicht, daß eine einseitigeZuständigkeitserweiterung im internationalen Rechtsverkehr zu Spannungenführen und die Anerkennungsfähigkeit [X.]r [X.]eile im Ausland gefährdenkann.a) Zwar kennen einige ausländische [X.] eine Allzuständigkeit des[X.] für sämtliche mit einem Insolvenzverfahren zusammenhän-genden Streitigkeiten ([X.], [X.]/Stürner, Zwangsvoll-streckungs-, Konkurs- und [X.]. Rn. 39.46 für [X.],Rn. 39.67 für [X.]). International anerkannt ist aber weder diese noch- 7 -allgemein eine Zuständigkeit anderer Gerichte des Eröffnungsstaats für alle auseinem Insolvenzverfahren hervorgehenden Prozesse. Bedenken gegen die An-knüpfung einer umfassenden Zuständigkeit an den Sitz des [X.]bestehen in besonderem Maße, wenn - wie hier - dingliche Rechte an einem [X.] belegenen Grundstück übertragen werden sollen (vgl. § 24 ZPO,Art. 16 Nr. 1 Buchst. a EuGVÜ, Art. 22 Nr. 1 EuGVVO). Auch [X.] kennt- nach den dem [X.] verfügbaren Unterlagen ([X.], Gerichtsverfassung [X.] in [X.], 1960, S. 22 f) - eine vorrangige Zuständigkeit des [X.] belegenen Sache für Klagen betreffend unbewegliches oder bewegli-ches Eigentum oder Rechte, die sich auf Eigentum beziehen.b) In [X.] käme allerdings in Insolvenzverfahren, die nach [X.] Mai 2002 in [X.] eröffnet werden (vgl. Art. 43, 47 EuInsVO), [X.] eines [X.]n Anfechtungsurteils auf der Grundlage desArt. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 EuInsVO in Betracht. Danach werden auch Ent-scheidungen anerkannt, die unmittelbar aufgrund eines anzuerkennenden In-solvenzverfahrens ergehen und in engem Zusammenhang damit stehen, [X.] diese Entscheidungen von einem anderen Gericht als dem Insolvenzge-richt getroffen werden. Ob diese Vorschrift auch [X.] erfaßt (so[X.]/[X.], Art. 25 EuInsVO Rn. 5; [X.], in[X.]/Duursma/[X.], EuInsVO Art. 25 Rn. 54, 56 m.w.N.;Haubold [X.] 2002, 157, 160; vgl. auch [X.] ZIP 2001, 1609, 1614),braucht hier nicht entschieden zu werden. Denn Art. 25 Abs. 1 Unterabs. 2 Eu-InsVO zieht nur Folgerungen für denjenigen Fall, daß ein Mitgliedstaat eine [X.] für solche Verfahren für sich in Anspruch nimmt. Die europarechtli-che Norm begründet aber nicht selbst eine entsprechende internationale [X.] der Einzelstaaten (vgl. [X.]/[X.] KTS 2000, 533, 566Fn. 230; ferner [X.]/[X.], Art. 25 EuInsVO Rn. 6; [X.] ZZP- 8 -111 [1998] [X.], 291 ff und Diskussionsbeitrag S. 354 f; [X.] in Festschrift [X.] [1999], [X.], 481 f; [X.], [X.] vom 23. November 1995[2000], S. 228 ff).Eine solche Zuständigkeit hat der [X.] Gesetzgeber sogar mit demdurch Gesetz vom 14. März 2003 ([X.] I 345) neu gefaßten Art. 102 [X.]InsOnicht in Anspruch genommen, der nunmehr zur Durchführung der [X.] dienen soll; Art. 102 § 1 [X.]InsO regelt nur die [X.] der Insolvenzgerichte, nicht aber von [X.]. Im Gegenteil bestä-tigt die Amtliche Begründung zu § 343 InsO n.F. (BT-Drucks. 15/16, [X.]) [X.] von internationaler und örtlicher Zuständigkeit der Insolvenzge-richte im [X.]n Recht. Eine internationale Zuständigkeit ohne [X.] örtliche Zuständigkeit wäre nutzlos. [X.] Regeln über diemögliche Anerkennung einer internationalen Zuständigkeit können allein nichtals Maßstab für die Auslegung der örtlichen Zuständigkeit in den [X.] 9 -Es kommt deshalb nicht mehr entscheidend darauf an, daß die erst [X.] in [X.] getretene Regelung des Art. 25 EuInsVO nicht rückwirkend [X.] des älteren § 19a ZPO bestimmen kann.[X.] [X.] am [X.]. [X.] ist wegen [X.], seine Unterschrift [X.]

Meta

IX ZR 203/02

27.05.2003

Bundesgerichtshof IX. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 27.05.2003, Az. IX ZR 203/02 (REWIS RS 2003, 2902)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2003, 2902

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