Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.
Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"
Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.
PDF anzeigen BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL III ZR 89/06 Verkündet am: 6. März 2008 F r ei t a g Justizamtsinspektor als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit - 2 - Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 6. März 2008 durch den Vorsitzenden Richter Schlick, die Richter Dr. Wurm, Dörr, Wöstmann und die Richterin Harsdorf-Gebhardt für Recht erkannt: Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 19. Zivilsenats des Oberlandesgerichts München vom 12. Januar 2006 im Kos-tenpunkt - mit Ausnahme der Entscheidung über die außergericht-lichen Kosten der Beklagten zu 2 - und insoweit aufgehoben, als die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abgewiesen worden ist. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsrechts-zugs, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen Tatbestand Der Kläger zeichnete am 8. November 2000 eine Kommanditeinlage über 100.000 DM zuzüglich 5 v.H. Agio an dem Filmfonds V.
Dritte KG. Die Fondsgesellschaft geriet im Jahr 2002 im Zusammenhang mit der Insolvenz der Produktionsdienstleisterin in ei-ne wirtschaftliche Schieflage. Es stellte sich heraus, dass an die Produk-1 - 3 - tionsdienstleisterin überwiesene Gelder nicht zurückzuerlangen waren und Er-lösausfallversicherungen für aufgenommene Produktionen nicht abgeschlossen waren. Wegen behaupteter Mängel des Prospekts begehrt der Kläger Zug um Zug gegen Abtretung aller Ansprüche aus der Beteiligung Rückzahlung des eingezahlten Betrags von - unter Berücksichtigung des vergleichsweise erledig-ten Betrags - noch 26.842,82 • nebst Zinsen. Der Kläger hält die Beklagte zu 1 - Tochtergesellschaft einer international tätigen Großbank - als (Mit-)Initiatorin und Hintermann für prospektverantwortlich. Diese war von der Fondsgesell-schaft mit der Beratung bei der Auswahl und Heranziehung potentieller Ver-tragspartner und der Optimierung des gesamten Vertragswerks sowie der ge-samten Koordination des Eigenkapitalvertriebs und von der Herausgeberin des Prospekts mit der Erstellung eines Prospektentwurfs beauftragt worden und nahm als Einzahlungstreuhänderin für die Fondsgesellschaft die Gelder der An-leger entgegen. Die Beklagte zu 2, eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft, hat der Kläger wegen behaupteter Fehler bei der ihr von der Beklagten zu 1 aufge-tragenen Prüfung des Prospekts und die Beklagte zu 3, eine deutsche Groß-bank, wegen fehlerhafter Vermittlung der Beteiligung in Anspruch genommen. 2 Das Landgericht hat die gegen die Beklagte zu 1 gerichtete Klage abge-wiesen und ihr in Richtung auf die Beklagten zu 2 und 3 entsprochen. Im Beru-fungsverfahren haben der Kläger und die Beklagte zu 3 einen Vergleich ge-schlossen. Im Übrigen hat das Berufungsgericht die Klage insgesamt abgewie-sen. Mit der vom Senat nur in Bezug auf die Beklagte zu 1 zugelassenen Revi-sion verfolgt der Kläger seinen Klageantrag gegen diese weiter. 3 - 4 - Entscheidungsgründe Die Revision führt zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zu-rückverweisung der Sache an das Berufungsgericht, soweit es die gegen die Beklagte zu 1 (im Folgenden: Beklagte) gerichtete Klage betrifft. 4 I. Das Berufungsgericht geht davon aus, dass die Beklagte als "Vorder- und Hintermann" im Sinne der höchstrichterlichen Rechtsprechung zur Pros-pekthaftung zu den Prospektverantwortlichen zähle. Sie habe eine Garanten-stellung eingenommen, indem sie auf Seite 18 des Prospekts als mit "der Opti-mierung des gesamten Vertragswerks" beauftragter Berater sowie als "Koordi-nator des Eigenkapitalvertriebs" und Einzahlungstreuhänder aufgetreten sei Dadurch habe sie ihr Mitwirken am Emissionsprospekt als Teil des Vertrags-werks deutlich gemacht und einen Vertrauenstatbestand geschaffen. Die von ihr in Anspruch genommene Fachkunde ergebe sich aus dem Umfang des Auf-trags, mit dem gewöhnlich nur Wirtschaftsprüfungsgesellschaften betraut wür-den, und nicht zuletzt auch daraus, dass die Firma der Beklagten deutlich auf ihr Tochterverhältnis zu einer internationalen Großbank hinweise. 5 Das Berufungsgericht verneint gleichwohl Schadensersatzansprüche des Klägers, weil der Prospekt nicht unrichtig oder unvollständig sei. Aus dem Pros-pekt werde hinreichend deutlich, dass Erlösausfallversicherungen erst für ein-zelne, konkrete Filmprojekte abzuschließen seien und dass sie Teil eines Absi-cherungskonzepts seien, das von der Geschäftsführung der Fondsgesellschaft erst noch umzusetzen gewesen sei. Hiervon ausgehend treffe auch die auf Sei-6 - 5 - te 38 des Prospekts dargestellte "Restrisiko-Betrachtung" zu, da sie unter der Voraussetzung stehe, dass das Absicherungskonzept von der Ge-schäftsführung umgesetzt werde. Das Gesamtrisiko der Beteiligung werde nicht unzulässig verharmlost. Soweit in den "Leitgedanken" zu Beginn des Prospekts davon gesprochen werde, dass das Verlustrisiko durch ein Sicherheitsnetz be-grenzt werde, werde im selben Zusammenhang klargestellt, dass es sich hier-bei (nur) um ein "Konzept" handele. Im Übrigen werde aber in den "Vorbemer-kungen" darauf hingewiesen, dass die Investoren "in vollem Umfang unterneh-merische Risiken tragen". Auf Seite 7 des Prospekts finde sich schließlich der Hinweis, dass im Extremfall das eingesetzte Kapital vollständig verloren gehen könne. Der Prospekt betone ausdrücklich, dass die Mittelverwendungskontrolle erst nachträglich durch einen Wirtschaftsprüfer stattfinden solle. Dass es sich dabei um ein von vornherein ungeeignetes Absicherungskonzept handele, das nicht hätte prospektiert werden dürfen, sei nicht ersichtlich. II. Diese Beurteilung hält der rechtlichen Überprüfung nicht in jeder Hinsicht stand. Der Senat teilt nicht die Auffassung des Berufungsgerichts, dass der Prospekt nicht zu beanstanden sei. Auch die Prospektverantwortlichkeit der Beklagten bedarf einer näheren Überprüfung. 7 1. Nach den von der Rechtsprechung entwickelten Prospekthaftungsgrund-sätzen hat der Prospekt über ein Beteiligungsangebot, der für einen Beitritts-interessenten im Allgemeinen die einzige Unterrichtungsmöglichkeit darstellt, den Anleger über alle Umstände, die für seine Entschließung von wesentlicher Bedeutung sind oder sein können, sachlich richtig und vollständig zu unterrich-8 - 6 - ten (vgl. BGHZ 79, 337, 344; 116, 7, 12; 123, 106, 109 f; BGH, Urteile vom 29. Mai 2000 - II ZR 280/98 - NJW 2000, 3346; vom 6. Februar 2006 - II ZR 329/04 - NJW 2006, 2042, 2043 Rn. 7). Dazu gehört eine Aufklärung über Umstände, die den Vertragszweck vereiteln oder den vom Anleger verfolgten Zweck gefährden können (vgl. BGHZ 79, 337, 344; Urteil vom 26. September 1991 - VII ZR 376/89 - NJW 1992, 228, 230
GmbH schloss sie einen undatierten Ver-trag, nach welchem sie gegen eine Vergütung von 0,35 v.H des eingeworbenen Kommanditkapitals einen Prospektentwurf zur Einwerbung von Eigenkapital erstellen sollte. Sie erteilte auch der Beklagten zu 2 den von dieser mit Schrei-ben vom 2. Juni 2000 bestätigten Auftrag, den von ihr erarbeiteten Prospekt zu prüfen, obwohl der zwischen der Fondsgesellschaft und der V. M.
GmbH geschlossene Vertrag vorsah, dass die Fondsgesellschaft eine entsprechende Prospektprüfung in Auftrag geben sollte. Gegenüber Vertriebs-partnern wie der C. Bank, der Beklagten zu 3, und der B. Bank über-nahm die Beklagte neben der Fondsgesellschaft die Haftung für die Richtigkeit und Vollständigkeit der von ihr zur Verfügung gestellten Unterlagen, Daten und Fakten, insbesondere für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Fondspros-pekts, und verpflichtete sich zu deren Freistellung von Haftungsansprüchen für den Fall der Unrichtigkeit, Unvollständigkeit oder irreführender Wirkungen des Prospekts. Gegenüber den Anlegern trat sie als Einzahlungstreuhänderin in 15 - 11 - Erscheinung, die für die Abbuchung der geschuldeten Kommanditeinlagen Sor-ge trug. d) Wenn auch jedes einzelne der genannten Elemente für sich gesehen nicht ausreicht, um den für die Verantwortlichkeit des Hintermanns erforderli-chen bestimmenden Einfluss auf die Initiierung des Projekts zu belegen - der Bundesgerichtshof hat die bloße Mitwirkung an der Herausgabe des Prospekts (vgl. BGHZ 79, 337, 348 f) oder an dessen Gestaltung (Urteil vom 8. Dezember 2005 - VII ZR 372/03 - NJW-RR 2006, 610 f Rn. 14) für ebenso wenig ausrei-chend erachtet wie die nur in Teilbereichen ausgeübte Einflussnahme (Urteil vom 31. März 1992 - XI ZR 70/91 - NJW-RR 1992, 879, 883 f) -, liegt hier doch eine Verbindung mehrerer wesentlicher Tätigkeiten vor, die zunächst einmal auf eine erhebliche Einwirkung in tatsächlicher Hinsicht hinweist. Es treten - wie der Kläger geltend gemacht hat - Umstände hinzu, die indiziell dafür sprechen, dass die Beklagte in Bezug auf die Erstellung des Prospekts nicht darauf beschränkt war, Vorarbeiten für die V. M.
GmbH zu leisten. Hierzu fällt insbesondere auf, dass der Vertrag zwischen der Fondsgesellschaft und der V. M. GmbH erst am 9./10. Oktober 2000 und damit zu einem Zeitpunkt unterzeichnet worden ist, als der Prospekt längst erstellt und durch die Beklagte zu 2 überprüft war. Auf den Umstand, dass die Beklagte zu 2 den Prüfauftrag durch die Beklagte erhielt und nicht - wie im Vertrag vom 9./10. Oktober 2000 vorgesehen - durch die Fondsgesellschaft, ist bereits hin-gewiesen worden. Gegen eine normale geschäftsmäßige Behandlung spricht auch der undatierte Vertrag zwischen der V. M. GmbH und der Beklagten über die Erstellung eines Prospektentwurfs, der nur eine Seite um-fasst und neben der Vergütungsregelung (0,35 v.H. des Kommanditkapitals) den geschuldeten Leistungsinhalt nur in der Art eines Schlagworts enthält. 16 - 12 - e) Auch wenn aufgrund der genannten Umstände und Indizien die An-nahme einer Prospektverantwortlichkeit der Beklagten nahe liegen mag, kann der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht beigetreten werden, dass sich al-lein aus der Schilderung der Einbindung der Beklagten in das Projekt eine ent-sprechende Garantenstellung ergebe. Eine Haftung als Garant wird in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs für Personen angenommen, die mit Rücksicht auf ihre allgemein anerkannte und hervorgehobene berufliche und wirtschaftliche Stellung oder ihre Eigenschaft als berufsmäßige Sachkenner durch ihr nach außen in Erscheinung tretendes Mitwirken am Emissionspros-pekt einen besonderen - zusätzlichen - Vertrauenstatbestand schaffen und Er-klärungen abgeben, wobei ihre Einstandspflicht auf die ihnen selbst zuzurech-nenden Prospektaussagen beschränkt ist (vgl. BGHZ 77, 172, 176 ff; Urteil vom 21. November 1983 - II ZR 27/83 - NJW 1984, 865, 866; Senatsurteil vom 1. Dezember 1994 - III ZR 93/93 - NJW 1995, 1025; BGHZ 145, 187, 196; Urteil vom 27. Januar 2004 - XI ZR 37/03 - NJW 2004, 1376, 1379; Senatsurteile BGHZ 158, 110, 115; vom 15. Dezember 2005 - III ZR 424/04 - NJW-RR 2006, 611, 613 Rn. 15, 19; vom 14. Juni 2007 - III ZR 185/05 - NJW-RR 2007, 1479, 1480 Rn. 15 und III ZR 125/06 - WM 2007, 1503, 1506 Rn. 26). 17 Dass die Beklagte insoweit im Prospekt mit eigenen Erklärungen hervor-getreten wäre, ist nicht erkennbar. Aus dem Prospekt ergibt sich zwar, dass die Beklagte mit der "Optimierung des gesamten Vertragswerks" betraut war. Was das im Einzelnen zu bedeuten hat, ist aber nicht näher dargestellt; vor allem wird aus dem Prospekt nicht deutlich, dass die Beklagte mit der textlichen Re-daktion, graphischen Gestaltung und Herstellung des Beteiligungsprospekts be-auftragt war, so dass nicht zu erkennen ist, in welcher typisierten Weise ein An-leger darauf hätte vertrauen können, dass die Beklagte für den Prospektinhalt einstehen wollte. Die Wiedergabe der Leistungsverträge und der Partner im 18 - 13 - Prospekt (S. 18-21) dient vor allem der Unterrichtung der Anleger, um gegebe-nenfalls Verflechtungen erkennen und die Aufmerksamkeit hierauf richten zu können. Natürlich wird auch eine (verkaufsfördernde) Wirkung dadurch erzielt werden können, dass der Anleger über die Mitwirkung eines als seriös angese-henen Unternehmens bei der Vorbereitung eines geschäftlichen Vorhabens in-formiert wird. Daraus folgt jedoch nicht, dass dieses Unternehmen eine Garan-tenstellung für die von ihm bearbeiteten Bereiche einnimmt. Der Umstand, dass die Konzeption von Beteiligungsangeboten zum Gegenstand des Unterneh-mens gehört, bedeutet für sich gesehen kein Maß allgemein anerkannter beruf-licher Sachkunde, um allein hieraus eine Garantenstellung zu entwickeln, wie sie etwa für Rechtsanwälte, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Gutachter und Sachverständige für ihren jeweiligen beruflichen Bereich anerkannt ist. Fehlen daher - wie hier - eigene Erklärungen der Beklagten, kommt ihre Prospektver-antwortlichkeit nur in Betracht, wenn sie in eigener Verantwortlichkeit wichtige Schlüsselfunktionen bei der Gestaltung des konkreten Projekts wahrgenommen hat. Dies kann tatrichterlich nicht festgestellt werden, ohne dass der Beweisan-tritt der Beklagten zur Gestaltung des Prospekts und zur Aufgabenverteilung zwischen der Prospektherausgeberin und ihr berücksichtigt wird. Darüber hin-aus hat der Kläger für eine Prospektverantwortlichkeit der Beklagten weiter an-geführt und unter Beweis gestellt, die V. M. GmbH sei eigens zu dem Zweck aus einem GmbH-Mantel entwickelt worden, um anstelle der Beklagten für die Herausgabe des Prospekts verantwortlich zu zeichnen. Hier-über muss im gegebenen Fall ebenfalls Beweis erhoben werden. - 14 - 5. Die Sache ist an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, damit die notwendigen Feststellungen getroffen werden können. 19 Schlick Wurm Dörr Wöstmann Harsdorf-Gebhardt Vorinstanzen: LG München I, Entscheidung vom 02.12.2004 - 22 O 12186/04 - OLG München, Entscheidung vom 12.01.2006 - 19 U 1667/05 -
Meta
06.03.2008
Bundesgerichtshof III. Zivilsenat
Sachgebiet: ZR
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 06.03.2008, Az. III ZR 89/06 (REWIS RS 2008, 5119)
Papierfundstellen: REWIS RS 2008, 5119
Auf Mobilgerät öffnen.
Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.