Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2001, Az. VI ZR 206/00

VI. Zivilsenat | REWIS RS 2001, 1983

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[X.] DES [X.]/00Verkündet am:10. Juli 2001Holmes,[X.] Geschäftsstellein dem [X.]:ja[X.]Z: nein[X.] §§ 249 A, 823 Abs. 2 Be; StGB § 266Führt eine Bank einen unwirksamen Überweisungsauftrag aus, steht dem Kontoin-haber gegen den Anweisenden ein auf Zahlung an sich gerichteter Schadensersatz-anspruch wegen der unberechtigten Kontobelastung als solcher nicht zu.[X.], Urteil vom 10. Juli 2001 - [X.]/00 - OLGSchleswigLGKiel- 2 -Der VI. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche [X.] durch die Vorsitzende Richterin [X.], die [X.]. Dressler, [X.], die Richterin [X.] und den Richter [X.] Recht erkannt:Auf die Revision des Beklagten wird das Urteil des [X.] [X.] in [X.] 27. April 2000 aufgehoben.Die Sache wird zur anderweiten Verhandlung und Entscheidung,auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.Von Rechts [X.]:Der Beklagte war einer der beiden Geschäftsführer der Hoch- und Tief-bau R.-D. Beteiligungsgesellschaft mbH (im folgenden: GmbH). Diese ist Kom-plementärin der Hoch- und Tiefbau R.-D. GmbH & Co [X.] (im folgenden: [X.] deren Vermögen im Laufe dieses Rechtsstreits das [X.] wurde. Der Kläger ist Insolvenzverwalter. Ausweislich des Handelsre-gisters wurde die GmbH von zwei Geschäftsführern gemeinsam oder von ei-nem Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristen vertreten. [X.] März 1997 überwies der Beklagte 115.191,10 DM von dem [X.] -konto der [X.] bei der [X.] auf sein Privatkonto bei der [X.]. Als Ver-wendungszweck hatte er angegeben: fiDarlehn+Zinsen 95 = DM 5.191,1096 = 8.000,- 97 = 2.000,-fl. Der Überweisungsauftrag trägt den Stempel der [X.]und ist allein vom Beklagten unterschrieben. Die [X.] hat den Beklagten [X.] in Anspruch genommen. Dieser hat geltend gemacht, die [X.] sei zur Rückführung von zwei Darlehen über insgesamt 100.000 [X.], die er der [X.] mit Vertrag vom 15. März 1995 gewährt habe. Die Klagehatte in beiden Tatsacheninstanzen Erfolg. Mit seiner Revision erstrebt [X.] die Klageabweisung.Entscheidungsgründe:[X.] Berufungsgericht bejaht einen Schadensersatzanspruch des [X.] aus §§ 823 Abs. 2 [X.], 266 StGB. Es meint, der Beklagte habe mit [X.] auf sein Privatkonto eine Untreue begangen; er habe die Vermö-gensinteressen der [X.] verletzt und der Gesellschaft dadurch einen Nachteilzugefügt. Die Überweisung sei unrechtmäßig erfolgt. Der Beklagte sei im [X.] nicht alleinvertretungsberechtigt gewesen. Die Überweisung seiauch weder mit Einwilligung des [X.] oder einer der beidenProkuristinnen erfolgt, noch genehmigt worden. Das Berufungsgericht unter-stellt zugunsten des Beklagten, daß er der [X.] zwei Darlehen gewährt habe,die fiauf [X.] zurückzuführen gewesen seien. Es sieht in dieser [X.] eine Fälligkeitsvereinbarung im Sinne von § 609 [X.]. Die danach geltende- 4 -Kündigungsfrist von drei Monaten sei nicht gewahrt gewesen. Wenn der [X.] sich wegen einer bestrittenen Forderung aus dem Vermögen der [X.] selbständig befriedigt habe, so laufe das im Ergebnis auf ein Selbsthilfe-recht hinaus. Es könne aber keinem Zweifel unterliegen, daß demjenigen, dem- wie dem Beklagten - eine Vermögensbetreuungspflicht obliege und der [X.] Anspruchs gegenüber dem Geschäftsherrn/Treugeber berühme, keinRecht erwachse, sich eigenmächtig und ohne Vorlage überprüfbarer [X.] aus dem Vermögen des [X.] zu bedienen und diesem dadurchNachteile zuzufügen. Der [X.] sei ein Schaden entstanden, weil die von [X.] vorgenommene Überweisung im Verhältnis zur Bank wirksam sei,wie sich aus § 37 GmbHG ergebe. Den Gegenanspruch auf Rückzahlung [X.] könne der Beklagte dem Kläger nach Treu und Glauben sowie [X.] auf das [X.] gemäß § 393 [X.] nicht entgegenhalten.[X.] Erwägungen halten revisionsrechtlicher Überprüfung nicht stand.Gegen die Bejahung des geltend gemachten Vermögensschadens durch [X.] bestehen durchgreifende Bedenken.1. Entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts ist der [X.] dadurch,daß die Bank ihr Konto belastet und um den Überweisungsbetrag gemindertweitergeführt hat, kein Schaden entstanden, dessen Ersatz der Kläger von [X.] - wie hier mit der Klage geltend gemacht - durch Zahlung an sichselbst verlangen [X.] 5 -a) Ob und inwieweit ein nach §§ 249 ff. [X.] zu ersetzender Vermö-gensschaden vorliegt, beurteilt sich grundsätzlich nach einem Vergleich derinfolge des [X.] eingetretenen Vermögenslagemit derjenigen, die ohne jenes Ereignis eingetreten wäre ([X.]Z 86, 128, 130;99, 182, 196). Das bedeutet, daß der [X.] ein Schaden nur dann entstanden ist,wenn die Kontobelastung zu einer Verminderung ihres Guthabens (bzw. zueiner Erhöhung eines etwaigen [X.]s) geführt hat. Diese Voraussetzungist nur dann erfüllt, wenn der Überweisungsauftrag wirksam war. Ist das nichtder Fall, stellt sich die Höhe der - gegenseitigen - Forderungen aus dem [X.] nach der Abbuchung des Überweisungsbetrages nicht anders dar alszuvor. Fehlt es an einer wirksamen Anweisung des Kontoinhabers an die Bank,ist diese zur Ausführung des Überweisungsauftrags nicht berechtigt mit [X.], daß ihr ein Aufwendungsersatzanspruch aus §§ 675, 670 [X.] gegenden Kontoinhaber nicht zusteht. Ist das Konto der [X.] also zu Unrecht in [X.] belastet worden, hat diese Buchung keine materi-ellrechtliche Veränderung des [X.] im Rahmen des bankver-traglichen Verhältnisses zwischen der [X.] und der Bank bewirkt (vgl. Senats-urteile vom 31. Mai 1994 - [X.] - [X.], 1077, 1079; vom 19. [X.] - [X.]/00 - zur [X.] bestimmt). Wie der [X.] hat, ist in einem solchen Fall ein etwaiges Guthaben aus dem [X.] nach in unveränderter Höhe bestehen geblieben. Auch wenndie Belastungsbuchung formal zu einem negativen Kontostand geführt odereinen etwaigen [X.] vergrößert hat, ist dadurch nicht etwa konstitutiveine Verpflichtung des Kontoinhabers gegenüber der Bank begründet worden(vgl. [X.], Urteil vom 13. Dezember 1967 - [X.] - NJW 1968, 591).Vielmehr hat dieser gegen die Bank einen Anspruch auf Wiedergutschrift er-langt, der seinem Inhalt nach jedoch lediglich auf Berichtigung des fehlerhaft- 6 -ausgewiesenen Kontostandes gerichtet ist. Dieser Anspruch besteht fort, [X.] die Buchung noch nicht rückgängig gemacht worden ist. Hat die [X.] so-mit den Überweisungsbetrag von insgesamt 115.191,10 DM als Bestandteilihres Vermögens nicht verloren, hat sie auch keinen auf Zahlung dieses Betra-ges an sich gerichteten Schadensersatzanspruch gegen den [X.]) Auf der Grundlage der vom Berufungsgericht getroffenen Feststellun-gen war die der Bank seitens des Beklagten erteilte Anweisung schwebendunwirksam. Sie ist der [X.] nicht zuzurechnen, weil der Beklagte keine Allein-vertretungsmacht hatte, sondern Gesamtvertretung galt. Nach der im [X.]svertrag getroffenen und im Handelsregister verlautbarten Regelung,welche die Bank gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 HGB gegen sich gelten lassenmuß, wurde die Gesellschaft nämlich entweder durch beide Geschäftsführergemeinsam (echte Gesamtvertretung) oder durch einen Geschäftsführer ge-meinsam mit einem Prokuristen (unechte Gesamtvertretung) vertreten. Ge-samtvertretung verlangt die Mitwirkung der dafür bestimmten Gesamtvertreterin der erforderlichen Zahl ([X.]/[X.]/[X.], GmbHG, 17. Aufl., § [X.]. 63). Grundform gemeinschaftlichen Handelns ist die gemeinsame Abgabeder Willenserklärung. Anerkannt ist, daß die Erklärung nicht gleichzeitig erfol-gen muß. Die Gesamtvertreter können auch in der Weise gemeinsam handeln,daß sie die gleiche Willenserklärung getrennt abgeben ([X.], Urteil vom10. März 1959 - [X.] - NJW 1959, 1183). Daneben besteht die Mög-lichkeit, daß ein Gesamtvertreter eine Erklärung allein abgibt und der [X.] diese Erklärung nachträglich analog § 177 Abs. 1 [X.]- gegebenenfalls i.V.m. § 180 S. 2 [X.] - genehmigt ([X.], 325, 328 f.;[X.], Urteil vom 22. Juni 1965 - [X.] - [X.] 1965, 818). Nach den [X.] getroffenen Feststellungen hat der Beklagte die Überweisung ohne Mitwir-kung eines anderen Gesamtvertreters bewirkt. Weder der Mitgeschäftsführer- 7 -noch eine der beiden Prokuristinnen haben dem Überweisungsauftrag zuge-stimmt oder ihn nachträglich genehmigt.c) Die schwebende Unwirksamkeit gilt, anders als das Berufungsgerichtmeint, auch im Verhältnis zur Bank. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus§ 37 GmbHG. Diese Vorschrift behandelt in Abs. 1 - entgegen dem Wortlaut -nicht die Vertretungsbefugnis, die immer nur das Außenverhältnis betrifft, son-dern die Beschränkung des Geschäftsführerhandelns im Innenverhältnis, mit-hin ihre [X.]. § 37 Abs. 2 GmbHG statuiert - insoweitmit zutreffender Ausdrucksweise - die Unbeschränkbarkeit der [X.] gegenüber Dritten ([X.]/[X.], GmbHG, 8. Aufl., § 37 Rdn. 1;[X.]/[X.]/[X.], aaO, § 37 Rdn. 1). Hier geht es weder um eine [X.] der [X.] noch um eine Beschränkung [X.] des Beklagten. Der Umstand, daß er nicht alleinvertretungs-berechtigt war, beruht nämlich nicht auf einer durch Rechtsgeschäft (im [X.]svertrag oder in Beschlüssen der Gesellschafter) festgesetzten [X.], sondern folgt unmittelbar aus der in § 35 GmbHG getroffenen ge-setzlichen Regelung. Danach kann eine GmbH einen oder mehrere Ge-schäftsführer haben. Hat sie mehrere, so gilt für die aktive gesetzliche [X.] nach § 35 Abs. 2 S. 2 GmbHG Gesamtvertretung durchalle Geschäftsführer ([X.]/[X.], [X.], 9. Aufl., § 35 Rdn. 51).Ist in dem Gesellschaftsvertrag - wie hier - vorgesehen, daß die [X.] auch durch einen Geschäftsführer gemeinsam mit einem Prokuristenvertreten werden kann (fiunechte [X.]), wird die ohnehin beste-hende (fiechtefl) Gesamtvertretung durch eine zusätzliche Vertretungsmöglich-keit ergänzt. Deren Zulässigkeit ist zwar nicht ausdrücklich in § 35 [X.]. Sie wird aber im Anschluß an § 78 Abs. 3 [X.] und § 125 Abs. 3HGB in dem dort bestimmten Umfang allgemein anerkannt (vgl. [X.]Z 13, 61,- 8 -64; 26, 330, 332; 62, 166, 170; [X.]/[X.], aaO, Rdn. 71 m.w.N.). In [X.] handelt es sich um eine Erweiterung der gesetzlichen Ausgestaltung [X.], nicht aber um eine Beschränkung der Vertretungsbefugnisim Sinne von § 37 Abs. 2 GmbHG.2. Wegen der unberechtigten Kontobelastung als solcher steht dem Klä-ger ein auf Zahlung an sich gerichteter Schadensersatzanspruch gegen [X.] auch nicht aus anderen Gesichtspunkten zu.a) Ein ersatzfähiger Vermögensschaden kann einem Bankkunden aller-dings dadurch erwachsen, daß eine unrichtige Belastungsbuchung nicht rück-gängig gemacht wird und das Girokonto dementsprechend einen zum [X.] Inhabers falschen Saldo aufweist (Senatsurteile vom 31. Mai 1994,aaO, und vom 19. Juni 2001 - [X.]/00 - zur [X.] bestimmt). Ineinem solchen Fall ist der Bankkunde einer Beeinträchtigung von [X.] Relevanz ausgesetzt, weil die unberechtigte "Buchposition" dazuführt, daß die ihm durch den [X.] eingeräumte wirtschaftliche Dispositi-onsfreiheit faktisch eingeengt wird. Eine solche Beeinträchtigung stellt, [X.] sie sich im Rahmen der im Schadensersatzrecht grundsätzlich vorzu-nehmenden Differenzrechnung nicht als Minderung von Aktiv- oder Vermeh-rung von Passivposten ausdrückt, einen Vermögensschaden dar, denn im [X.] auf einen normativen Schadensbegriff (vgl. [X.]Z 50, 304, 306) sind [X.] die [X.] einzusetzenden Rechnungsposten wertend zu bestim-men ([X.]Z 98, 212, 217). Einen auf Ersatz dieses (auf der [X.] alssolcher beruhenden) Schadens gerichteten Anspruch, den der Beklagte durchHerbeiführung einer Kontoberichtigung, etwa mittels Zahlung des entsprechen-den Betrages an die Bank, zu erfüllen hätte, hat der Kläger bisher nicht [X.] 9 -b) Eine unberechtigte Kontobelastung kann im weiteren Verlauf auch [X.] führen, etwa dadurch, daß die Bank einen begebenen [X.] nicht einlöst, einen Wechsel zu Protest gehen läßt oder eine [X.] nicht ausführt, so daß sich der Kontoinhaber seinerseits [X.] seiner Gläubiger etc. ausgesetzt sieht (Senatsurteil vom 31. [X.], aaO). Ob hier ein derartiger Schaden entstanden ist, hat das Berufungs-gericht nicht festgestellt, jedoch hat der Kläger einen solchen Schaden auchnicht behauptet.3. Das Berufungsgericht hat - von seinem Standpunkt aus folgerichtig -nicht geprüft, ob die [X.] einen Schaden erlitten hat, weil die von dem [X.] Überweisung aus anderen Gesichtspunkten wirksam sein könnte.Der Beklagte hatte in erster Instanz vorgetragen, die Aufgaben der [X.] seien in der Weise verteilt gewesen, daß ihm der kaufmännische Teiloblegen habe; er habe sich um die finanziellen Angelegenheiten der [X.]en gekümmert; die Bankkonten der Gesellschaften seien über örtlicheGeldinstitute abgewickelt worden. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungs-gericht Gelegenheit, der Frage nachzugehen (§ 139 Abs. 1 ZPO), ob damit dieErteilung einer Bankvollmacht behauptet werden soll, deren Wirksamkeit unterdem Gesichtspunkt der Ermächtigung eines Gesamtvertreters (vgl. [X.], [X.] 25. November 1985 - [X.] - [X.], 315) - gegebenenfalls auch- 10 -unter dem Blickwinkel der Grundsätze der Duldungs- und Anscheinsvollmacht(vgl. [X.]/[X.], aaO, Rdn. 56; [X.]/[X.], aaO, § [X.]. 98) - zu prüfen wäre.[X.] Dr. Dressler [X.] [X.] Pauge

Meta

VI ZR 206/00

10.07.2001

Bundesgerichtshof VI. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.07.2001, Az. VI ZR 206/00 (REWIS RS 2001, 1983)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2001, 1983

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