Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2010, Az. 3 StR 265/10

3. Strafsenat | REWIS RS 2010, 4022

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BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS 3 StR 265/10 vom 17. August 2010 in der Strafsache gegen wegen besonders schwerer Vergewaltigung u.a. - 2 - Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des Beschwerdeführers am 17. August 2010 gemäß § 349 Abs. 4 [X.] einstimmig beschlossen: Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 23. Februar 2010 - mit Ausnahme der Ad-häsionsentscheidungen - mit den Feststellungen aufgehoben. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels und die der Nebenklägerin dadurch entstandenen notwendigen [X.], an eine andere Strafkammer des [X.]. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen besonders schwerer Ver-gewaltigung in Tateinheit mit gefährlicher Körperverletzung zur Freiheitsstrafe von sieben Jahren und sechs Monaten verurteilt sowie Entscheidungen im Ad-häsionsverfahren getroffen. Gegen seine Verurteilung wendet sich der Ange-klagte mit [X.] der Verletzung formellen und sachlichen Rechts. Das Rechtsmittel hat mit der Sachrüge Erfolg; auf die Verfahrensbeanstandung kommt es daher nicht an. 1 - 3 - 1. Der Schuldspruch wegen besonders schwerer Vergewaltigung hält der rechtlichen Überprüfung nicht stand. Die Feststellungen belegen nicht, dass der Angeklagte bei dieser Tat ein gefährliches Werkzeug im Sinne von § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB verwendet hat. 2 a) Danach zwang der Angeklagte die Nebenklägerin - nachdem er diese geschlagen, beleidigt und vom Bett heruntergeschleudert hatte - unter Vorhalt eines abgebrochenen, scharfkantigen [X.] vor ihr Gesicht dazu, sich eine Spraydose vaginal selbst einzuführen. Als die Geschädigte diesen Ge-genstand wieder aus ihrem Körper entfernt hatte, warf der Angeklagte sie er-neut auf das Bett und riss ihr den String-Tanga vom Körper. Er setzte sich auf die Geschädigte und führte diesmal eigenhändig die Spraydose für wenige Se-kunden gewaltsam in deren Vagina ein. 3 b) Diese Feststellungen tragen die Verurteilung des Angeklagten wegen besonders schwerer Vergewaltigung nicht. Durch die Nötigung der Nebenkläge-rin, sich die Spraydose selbst einzuführen, hat der Angeklagte den [X.] des § 177 Abs. 4 Nr. 1 StGB nicht verwirklicht; denn taugliche [X.] des § 177 StGB sind allein sexuelle Handlungen des [X.] oder eines [X.] an dem Opfer sowie sexuelle Handlungen des Opfers am Täter oder einer dritten Person. Sexuelle Handlungen vor dem Täter (oder ei-nem Ditten) sind hingegen von diesem Tatbestand nicht erfasst (vgl. Fischer, StGB, 57. Aufl., § 177 Rn. 48). In solchen Fällen kommt (lediglich) die Bege-hung einer Nötigung im besonders schweren Fall gemäß § 240 Abs. 4 Satz 2 Nr. 1 1. Alt. StGB in Betracht. Soweit der Angeklagte im weiteren Fortgang die Dose selbst gewaltsam eingeführt und damit eine Vergewaltigung (§ 177 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 Satz 2 Nr. 1 StGB) begangen hat, fehlt es an der Feststellung, dass er bei der Tat - also bei dieser Vergewaltigung - als Nötigungsmittel ein 4 - 4 - gefährliches Werkzeug verwendet hat. Es lässt sich auch dem Gesamtzusam-menhang der Urteilsgründe nicht entnehmen, dass der Angeklagte, als er die Geschädigte zwang, sich den Gegenstand selbst einzuführen, bereits den [X.] zu der nachfolgenden Handlung hatte und deshalb mit der Drohung mit dem abgebrochenen Sektglasstiel bereits zur Begehung der sich anschließen-den Vergewaltigung ansetzte; ebenso wenig ist zu erkennen, dass der Ange-klagte bei diesem zweiten Übergriff zumindest konkludent erneut mit dem Ein-satz des gefährlichen Werkzeugs drohte. Letztlich bleibt auch offen, ob die Ge-schädigte das Einführen der Dose durch den Angeklagten aufgrund der [X.] oder einer erneuter Drohung mit dem [X.] duldete. Dies ver-steht sich angesichts der zahlreichen Nötigungshandlungen des Angeklagten und der nach der ersten Handlung veränderten Begleitumstände auch nicht von selbst. Der Senat hält es für möglich, dass in einem neuen Verfahren unter die-sen Gesichtspunkten weitere Feststellungen getroffen werden können. Er sieht sich daher gehindert, lediglich den Schuldspruch abzuändern. Der aufgezeigte Rechtsfehler führt deshalb zur Aufhebung der Verurteilung - auch wegen der [X.] begangenen gefährlichen Körperverletzung. Die - ersichtlich nicht angefochtenen, auf der Grundlage eines Anerkenntnisses des Angeklagten - getroffenen Adhäsionsentscheidungen bleiben hiervon unberührt (vgl. [X.], 5 - 5 - Urteil vom 28. November 2007 - 2 [X.], [X.]St 52, 96; Beschluss vom 2. Februar 2006 - 4 [X.], [X.], 1890 f.; Urteil vom 8. April 2009 - 5 StR 65/09; [X.], [X.], 53. Aufl., § 406a Rn. 8). [X.] Pfister Sost-Scheible [X.]

Meta

3 StR 265/10

17.08.2010

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 17.08.2010, Az. 3 StR 265/10 (REWIS RS 2010, 4022)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 4022

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3 StR 265/10

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