Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2020, Az. EnVR 101/18

Kartellsenat | REWIS RS 2020, 670

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Gegenstand

Ausschreibungsverfahren für Windenergieanlagen: Besondere Ausschreibungsbestimmungen für Bürgerenergiegesellschaften und Zuschlagsversagung bei besonderen gesellschaftsrechtlichen Befugnissen der geschäftsführenden Komplementär-GmbH - Bürgerenergiegesellschaft


Leitsatz

Bürgerenergiegesellschaft

1. Der Bieter, der die formellen und materiellen Voraussetzungen für einen Zuschlag bei der wettbewerblichen Ermittlung der Marktprämie für Windenergieanlagen an Land im Ausschreibungsverfahren erfüllt, hat einen Anspruch auf die nachträgliche Erteilung des Zuschlags, wenn sein Gebot deshalb oberhalb der Zuschlagsgrenze liegt, weil den Anforderungen objektiv nicht entsprechende Gebote Dritter berücksichtigt wurden.

2. Die Anforderung des § 3 Nr. 15 Buchst. b EEG an eine im Ausschreibungsverfahren privilegierte Bürgerenergiegesellschaft ist nur erfüllt, wenn mit der Mehrheit der Stimmrechte für kreisansässige Gesellschafter auch eine entsprechende tatsächliche Möglichkeit der Einflussnahme auf die Gesellschaft und der Mitwirkung an Entscheidungen der Gesellschafterversammlung verbunden ist.

3. Die Anforderungen an eine Bürgerenergiegesellschaft sind nicht erfüllt, wenn der Gesellschaftsvertrag keine Mehrheitsentscheidungen vorsieht. Ebenso wenig genügt es den gesetzlichen Anforderungen, wenn der Gesellschaftsvertrag einer Kommanditgesellschaft grundlegende Geschäfte der Entscheidung der Gesellschafter entzieht und sie ausschließlich einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung als Komplementärin zuweist.

Tenor

Auf die Rechtsbeschwerde wird der Beschluss des 3. Kartellsenats des [X.] vom 5. September 2018 aufgehoben. Die Sache wird zu neuer Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens, an das Beschwerdegericht zurückverwiesen.

Der Gegenstandswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 104.169 € festgesetzt.

Gründe

1

A. Die Antragstellerin beteiligte si[X.]h als Bürgerenergiegesells[X.]haft im Sinne von § 3 Nr. 15 [X.] 2017 (im Folgenden nur: [X.]) mit einem Gebotswert von 4,44 [X.]t/kWh und einer Gebotsmenge von 7.800 KW an der zweiten Auss[X.]hreibungsrunde für Windenergieanlagen an Land zum 1. August 2017. Mit Bes[X.]heid vom 16. August 2017 teilte die [X.] der Antragstellerin mit, auf ihr Gebot könne kein Zus[X.]hlag erteilt werden, weil es oberhalb der [X.] von 4,29 [X.]t/kWh liege. Einen Zus[X.]hlag erhielten 67 Gebote mit einem Gesamtumfang von 1.013 MW. Die Antragstellerin lag auf Rang 76 bei einer kumulierten Gebotsmenge von 1.125.490 KW.

2

Zus[X.]hläge im Umfang von 660 MW entfielen auf die im [X.] aufgeführten 37 [X.], die zumindest organisatoris[X.]h einem einzigen Projektierer zuzuordnen sind ([X.]). Die [X.] haben die Re[X.]htsform einer Kommanditgesells[X.]haft. Sie wurden jeweils von der [X.]                 komplementär GmbH (UG ) als Komplementärin und einem Mitarbeiter der [X.] als Gründungskommanditisten gegründet und so im Handelsregister eingetragen. No[X.]h vor dem Auss[X.]hreibungstermin am 1. August 2017 traten den [X.] jeweils mindestens neun weitere natürli[X.]he Personen als Kommanditisten mit einer Haftsumme von jeweils 100 € bei.

3

Die Antragstellerin, die na[X.]h Einlegung der Bes[X.]hwerde in der Auss[X.]hreibungsrunde zum 1. November 2017 einen Zus[X.]hlag zu einem Wert von 3,82 [X.]t/kWh erhielt, meint, die [X.] erfüllten ni[X.]ht die gesetzli[X.]hen Anforderungen an eine Bürgerenergiegesells[X.]haft. Sie beantragt sinngemäß, den Bes[X.]hluss der [X.] vom 16. August 2017 aufzuheben und die [X.] zu verpfli[X.]hten, ihr einen Zus[X.]hlag mit einer Gebotsmenge von 7.800 KW zu einem unter Wegfall aller Gebote von [X.] der [X.] erre[X.]hneten Gebotswert, mindestens aber in Höhe von 4,44 [X.]t/kWh, zu erteilen.

4

Das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht hat die Bes[X.]hwerde zurü[X.]kgewiesen. Dagegen wendet si[X.]h die Antragstellerin mit der vom Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht zugelassenen Re[X.]htsbes[X.]hwerde, der die [X.] entgegentritt.

5

B. Das zulässige Re[X.]htsmittel hat Erfolg und führt zur Aufhebung der angefo[X.]htenen Ents[X.]heidung und zur Zurü[X.]kverweisung der Sa[X.]he an das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht.

6

I. Das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht hat seine Ents[X.]heidung ([X.], [X.], 71), soweit für das Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren von Bedeutung, im Wesentli[X.]hen wie folgt begründet:

7

Bei Auss[X.]hluss der Gebote der [X.] wäre der Antragstellerin zwar der Zus[X.]hlag zu erteilen gewesen. Gründe für einen Auss[X.]hluss dieser Gebote lägen aber ni[X.]ht vor. Allerdings stelle eine unri[X.]htige Eigenerklärung zu den besonderen Auss[X.]hreibungsbedingungen für [X.] na[X.]h § 36g [X.] einen Auss[X.]hlussgrund im Zus[X.]hlagsverfahren dar, sodass ein glei[X.]hwohl erteilter Zus[X.]hlag objektiv re[X.]htswidrig sei. Die von den [X.] abgegebenen Eigenerklärungen seien jedo[X.]h ni[X.]ht fals[X.]h, weil es si[X.]h bei ihnen um [X.] im Sinne von § 3 Nr. 15 [X.] handele.

8

Das Gesetz stelle keine konkreten Anforderungen an das Stimmre[X.]ht des einzelnen Mitglieds oder Anteilseigners. Dem als Anlage [X.] vorgelegten Gesells[X.]haftsvertrag für die [X.](na[X.]hfolgend: Gesells[X.]haftsvertrag), der na[X.]h dem unwiderspro[X.]henen Vorbringen der Antragstellerin den Gesells[X.]haftsverträgen aller [X.] entspre[X.]he, lasse si[X.]h entnehmen, dass die Kommanditisten je 100 € Kapitalanteil eine Stimme hätten und eine Übertragung von Stimmre[X.]hten ausges[X.]hlossen sei. Die ordentli[X.]he Gesells[X.]hafterversammlung bes[X.]hließe unter anderem - einstimmig - über die Feststellung des Jahresabs[X.]hlusses, die Entlastung der Komplementär-GmbH, die Gewinnverteilung und Entnahmen, die Feststellung von Wirts[X.]hafts-, Finanz- und Investitionsplänen, die Auflösung der Gesells[X.]haft sowie die Änderung des Gesells[X.]haftsvertrags. Dieses Stimmre[X.]ht laufe au[X.]h ni[X.]ht deshalb faktis[X.]h leer, weil die Komplementär-GmbH als Ges[X.]häftsführerin allein über die Höhe der in Auss[X.]hreibungsverfahren der [X.] na[X.]h dem [X.] abzugebenden Gebote zu ents[X.]heiden habe und bere[X.]htigt sei, unter näher bestimmten Voraussetzungen bis zur Errei[X.]hung des für die Realisierung des geplanten Windparks maximal benötigten Eigenkapitals namens und im Auftrag aller Gesells[X.]hafter die [X.] von beigetretenen Kommanditisten auf deren Wuns[X.]h zu erhöhen oder Kommanditisten in die Gesells[X.]haft aufzunehmen. Dabei könne offenbleiben, ob diese Regelungen dem gesetzli[X.]hen Umfang der [X.] gemäß §§ 164, 116 HGB entsprä[X.]hen. Jedenfalls stehe es den Gesells[X.]haftern frei, davon abwei[X.]hende Regelungen zu treffen. Die vom Gesetzgeber gewüns[X.]hte lokale Verankerung der [X.] sei insbesondere s[X.]hon dur[X.]h die Vorgaben zur Ortsansässigkeit eines Teils der stimmbere[X.]htigten Mitglieder und dur[X.]h die Regelungen zur Verteilung der Stimmre[X.]hte si[X.]hergestellt.

9

II. Diese Beurteilung hält den Angriffen der Re[X.]htsbes[X.]hwerde in einem ents[X.]heidenden Punkt ni[X.]ht stand. Auf der Grundlage der bisherigen Feststellungen des [X.] kann ein Re[X.]ht der Antragstellerin auf den begehrten Zus[X.]hlag ni[X.]ht verneint werden.

1. Zutreffend hat das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht angenommen, dass es für die Begründetheit der Bes[X.]hwerde auf die materielle Re[X.]htmäßigkeit der Zus[X.]hlagsents[X.]heidung und ni[X.]ht auf eine etwaige Verletzung von Prüfpfli[X.]hten der [X.] oder darauf ankommt, ob sie die Gebote der [X.] na[X.]h § 34 [X.] vom Zus[X.]hlagsverfahren hätte auss[X.]hließen können.

Mit der gemäß § 83a Abs. 1, § 85 Abs. 3 [X.] i.V.m. § 75 [X.] statthaften Verpfli[X.]htungsbes[X.]hwerde soll ein Bieter, der in der Auss[X.]hreibungsrunde keinen Zus[X.]hlag erhalten hat, die na[X.]hträgli[X.]he Erteilung eines Zus[X.]hlags errei[X.]hen können, wenn er ohne Re[X.]htsverstoß einen Zus[X.]hlag erhalten hätte (§ 83a Abs. 1 Satz 2 [X.]); die Erteilung eines Zus[X.]hlags an einen [X.] bleibt hiervon, wie das Gesetz ausdrü[X.]kli[X.]h anordnet, unberührt (§ 83a Abs. 2 [X.]). Damit wird zum einen das Zus[X.]hlagsverfahren von der Prüfung einer Vielzahl gegebenenfalls nur aufwendig zu beurteilender Zus[X.]hlagsvoraussetzungen entlastet. Zum anderen wird in der verfassungsre[X.]htli[X.]h gebotenen Weise und entspre[X.]hend der Zielsetzung einer wettbewerbli[X.]hen Ermittlung der Marktprämie (§ 22 [X.]) das subjektiv-öffentli[X.]he Re[X.]ht desjenigen Bieters gesi[X.]hert, der ein zulässiges und den materiellen Anforderungen entspre[X.]hendes Gebot abgegeben hat und dem deshalb na[X.]h § 32 Abs. 1 [X.] ein Zus[X.]hlag zu erteilen gewesen wäre, wenn Gebote Dritter unberü[X.]ksi[X.]htigt geblieben wären, die diesen Anforderungen ni[X.]ht entspre[X.]hen. Denn dem Anlagenbetreiber steht gegen den Netzbetreiber der Zahlungsanspru[X.]h gemäß § 19 Abs. 1 [X.] nur zu, solange und soweit ihm für die Anlage ein wirksamer Zus[X.]hlag in einer Auss[X.]hreibung erteilt worden ist (§ 22 Abs. 1 und 2 [X.]), die na[X.]h den allgemeinen Auss[X.]hreibungsbedingungen der §§ 28 bis 35a [X.] und - im Fall von Windenergieanlagen an Land - zusätzli[X.]h na[X.]h den Bestimmungen der §§ 36 bis 36i [X.] dur[X.]hgeführt worden ist. Erfüllt der Bieter na[X.]h diesen Bestimmungen die materiellen Voraussetzungen für einen Zus[X.]hlag auf sein Gebot und den daraus folgenden Zahlungsanspru[X.]h gegen den Netzbetreiber, hat er ein mit der Verpfli[X.]htungsbes[X.]hwerde dur[X.]hsetzbares subjektiv-öffentli[X.]hes Re[X.]ht darauf, dass ihm die [X.] den Zus[X.]hlag, der ihm zunä[X.]hst versagt geblieben ist, no[X.]h na[X.]hträgli[X.]h erteilt.

Handelt es si[X.]h bei dem Bieter um eine Bürgerenergiegesells[X.]haft im Sinne von § 3 Nr. 15 [X.], werden die materiellen Voraussetzungen für den Zus[X.]hlag maßgebli[X.]h dadur[X.]h bestimmt, dass er na[X.]h § 36g Abs. 1 [X.] Gebote für bis zu se[X.]hs Windenergieanlagen an Land mit einer zu installierenden Leistung von insgesamt ni[X.]ht mehr als 18 MW abwei[X.]hend von § 36 Abs. 1 [X.] bereits vor der Erteilung der Genehmigung na[X.]h dem [X.] abgeben kann, dass er ferner anstelle der bei Gebotsabgabe zu entri[X.]htenden Si[X.]herheit zunä[X.]hst nur eine um die Hälfte geringere Erstsi[X.]herheit entri[X.]hten muss (§ 36g Abs. 2 [X.]) und dass si[X.]h s[X.]hließli[X.]h die Frist zur Inbetriebnahme der Anlage um 24 Monate verlängert (§ 36g Abs. 3 [X.]). Ist der Bieter dagegen keine Bürgerenergiegesells[X.]haft, ist sein Gebot zwingend gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 [X.] vom Zus[X.]hlagsverfahren auszus[X.]hließen, wenn für die Windenergieanlage an Land ni[X.]ht mindestens drei Wo[X.]hen vor dem [X.] die Genehmigung na[X.]h dem [X.] erteilt und die Si[X.]herheit vollständig geleistet worden ist (§ 36 Abs. 1 Nr. 1, § 36a [X.]).

2. Die Annahme des [X.], die Antragstellerin habe zu Re[X.]ht keinen Zus[X.]hlag erhalten, hält re[X.]htli[X.]her Na[X.]hprüfung ni[X.]ht stand. Na[X.]h dem der Prüfung im Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sa[X.]hverhalt erfüllen die [X.] die gesetzli[X.]hen Anforderungen an eine Bürgerenergiegesells[X.]haft ni[X.]ht und sind deren Gebote daher bei der Ermittlung der [X.] ni[X.]ht zu berü[X.]ksi[X.]htigen.

a) Na[X.]h § 3 Nr. 15 [X.] ist Bürgerenergiegesells[X.]haft jede Gesells[X.]haft, die (a) aus mindestens zehn natürli[X.]hen Personen als stimmbere[X.]htigten Mitgliedern oder Anteilseignern besteht, bei der (b) mindestens 51% der Stimmre[X.]hte bei natürli[X.]hen Personen liegen, die seit mindestens einem Jahr vor der Gebotsabgabe mit ihrem Hauptwohnsitz in der kreisfreien Stadt oder dem [X.] gemeldet sind, in dem die Windenergieanlage erri[X.]htet werden soll, und bei der ([X.]) kein Mitglied oder Anteilseigner mehr als 10% der Stimmre[X.]hte hält.

b) Das Gesetz gibt damit für die Bürgerenergiegesells[X.]haft weder eine bestimmte Re[X.]htsform vor, no[X.]h formuliert es inhaltli[X.]he Vorgaben für das Stimmre[X.]ht der mindestens zehn natürli[X.]hen Personen, die Mitglieder oder Anteilseigner der Bürgerenergiegesells[X.]haft sein müssen. Dies bedeutet jedo[X.]h ni[X.]ht, dass jede beliebige gesells[X.]haftsvertragli[X.]he Regelung den gesetzli[X.]hen Anforderungen genügt, wenn sie nur vorsieht, dass mindestens 51% der Stimmre[X.]hte bei natürli[X.]hen Personen liegen, die die Anforderungen an ihren Wohnsitz erfüllen, und kein Gesells[X.]hafter mehr als 10% der Stimmre[X.]hte hält.

Das Gesetz will mit § 3 Nr. 15 [X.] si[X.]herstellen, dass nur lokal verankerte [X.] die Mögli[X.]hkeit erhalten, unter wesentli[X.]h günstigeren Bedingungen an der Auss[X.]hreibung für Windenergieanlagen an Land teilzunehmen. Na[X.]h der Begründung des Fraktionsentwurfs eines Gesetzes zur Einführung von Auss[X.]hreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien ([X.]) soll mit den bevorzugten Bedingungen, unter denen si[X.]h [X.] an Auss[X.]hreibungen beteiligen können, dem Umstand Re[X.]hnung getragen werden, dass der Ausbau der Windenergie an Land häufig auf das große Engagement von lokal verankerten [X.] zurü[X.]kzuführen gewesen sei, die oft wesentli[X.]h dazu beigetragen hätten, die notwendige örtli[X.]he Akzeptanz für den Ausbau der Windenergie zu gewährleisten. Ohne diese Akzeptanz seien der weitere Ausbau der Windenergie an Land und damit au[X.]h die Ausbauziele für erneuerbare Energien insgesamt gefährdet. Um negative Auswirkungen auf die Ausbauziele zu verhindern, sollen die bevorzugten Bedingungen nur für tatsä[X.]hli[X.]h s[X.]hutzbedürftige lokal verankerte [X.] gelten. Darüber hinaus sollen die Stimmre[X.]hte breit verteilt und eine Konzentration von Stimmre[X.]hten in der Hand weniger großer Akteure mögli[X.]hst verhindert werden. Mögli[X.]hkeiten zum Missbrau[X.]h oder zur Umgehung der gesetzli[X.]hen Regelungen sollen minimiert werden (vgl. Entwurf der Fraktionen der [X.] und [X.] eines Gesetzes zur Einführung von Auss[X.]hreibungen für Strom aus erneuerbaren Energien und zu weiteren Änderungen des Re[X.]hts der erneuerbaren Energien ([X.] - [X.] 2016), BT-Dru[X.]ks. 18/8860, S. 185).

Die Bea[X.]htung dieses Gesetzeszwe[X.]ks bei der Auslegung des § 3 Nr. 15 [X.] ist ni[X.]ht zuletzt deshalb von grundlegender Bedeutung, weil die bevorzugten Bedingungen für [X.] die wirts[X.]haftli[X.]hen Rahmenbedingungen erhebli[X.]h verändern, unter denen privilegierte und ni[X.]ht-privilegierte Bieter an Auss[X.]hreibungen teilnehmen können. Dies haben die ersten Auss[X.]hreibungsrunden im Jahr 2017 bestätigt, auf die der Gesetzgeber reagiert hat, indem er die Aufs[X.]hiebung der immissionss[X.]hutzre[X.]htli[X.]hen Genehmigung und die verlängerte [X.] für [X.] ausgesetzt hat (Art. 1 Nr. 32 Mieterstromgesetz vom 17. Juli 2017, [X.] I 2017, [X.], 2536, sowie Drittes Gesetz zur Änderung des [X.]es vom 21. Juni 2018, [X.] I 2018, [X.]). Die [X.] gewährten Privilegien führen daher notwendigerweise zu unerwüns[X.]hten Verzerrungen des [X.] und damit au[X.]h zu einer Gefährdung der Ausbauziele, wenn sie ni[X.]ht tatsä[X.]hli[X.]h auss[X.]hließli[X.]h denjenigen Bietern zugutekommen, die die Voraussetzungen für die vom Gesetzgeber gewollte Besserstellung erfüllen.

[X.]) Das Kriterium, mit dem der Gesetzgeber die Bea[X.]htung des die S[X.]hutzbedürftigkeit der Bürgerenergiegesells[X.]haft begründenden lokal verankerten, bürgers[X.]haftli[X.]hen Engagements in erster Linie si[X.]herstellen will, ist die Stimmre[X.]htsmehrheit von mindestens 51%, die bei natürli[X.]hen Personen liegen muss, die ihren Hauptwohnsitz in der kreisfreien Stadt oder dem [X.] haben, in dem die Windenergieanlage erri[X.]htet werden soll. Die ihm zugeda[X.]hte Funktion kann das Kriterium der Stimmre[X.]htsmehrheit nur dann erfüllen, wenn mit der Mehrheit der Stimmre[X.]hte für kreisansässige Personen eine entspre[X.]hende tatsä[X.]hli[X.]he Mögli[X.]hkeit der Einflussnahme auf die Gesells[X.]haft und der Mitwirkung an Ents[X.]heidungen der Gesells[X.]hafterversammlung verbunden ist. Mit der Stimmre[X.]htsmehrheit, die mindestens 51% betragen muss, müssen die kreisansässigen Gesells[X.]hafter den lokalen bürgers[X.]haftli[X.]hen Belangen und Bedürfnissen im Rahmen der Befugnisse der Gesells[X.]hafterversammlung Geltung vers[X.]haffen können. Damit ist eine Regelung der Willensbildung in der Gesells[X.]hafterversammlung unvereinbar, bei der der Stimmre[X.]htsmehrheit in allen wesentli[X.]hen Belangen der Gesells[X.]haft, über die die Gesells[X.]hafter befinden können, keine Bedeutung zukommt. Vielmehr muss die Gesells[X.]haftermehrheit in der Lage sein, dur[X.]h Mehrheitsents[X.]heidungen wesentli[X.]hen Einfluss auf die Gesells[X.]haft auszuüben.

Na[X.]h der dispositiven, au[X.]h für Kommanditgesells[X.]haften geltenden Vors[X.]hrift des § 119 HGB ist bei der Personenhandelsgesells[X.]haft für die von den Gesells[X.]haftern zu fassenden Bes[X.]hlüsse die Zustimmung aller zur Mitwirkung bei der Bes[X.]hlussfassung berufenen Gesells[X.]hafter erforderli[X.]h. Die Ents[X.]heidung mit einfa[X.]her oder qualifizierter Mehrheit bedarf daher einer abwei[X.]henden Regelung im Gesells[X.]haftsvertrag. Mit § 3 Nr. 15 Bu[X.]hst. b [X.] setzt der Gesetzgeber voraus, dass der Gesells[X.]haftsvertrag sol[X.]he Regelungen über Mehrheitsents[X.]heidungen enthält, wie sie weithin übli[X.]h sind. Wäre es zulässig, sämtli[X.]he Ents[X.]heidungen an die von der dispositiven gesetzli[X.]hen Regelung vorgesehene Einstimmigkeit zu knüpfen, liefe das Erfordernis der Stimmre[X.]htsmehrheit für die kreisansässigen Gesells[X.]hafter leer.

d) Auf der anderen Seite kann jedo[X.]h ni[X.]ht angenommen werden, dass der Gesetzgeber au[X.]h grundlegende Ges[X.]häfte wie die Aufnahme und den Auss[X.]hluss von Gesells[X.]haftern und die Beteiligung am Gesells[X.]haftskapital der einfa[X.]hen Mehrheitsents[X.]heidung unterwerfen und damit jeden Minderheitss[X.]hutz auss[X.]hließen wollte. Der Gesells[X.]haftsvertrag darf daher für sol[X.]he Ents[X.]heidungen grundsätzli[X.]h eine qualifizierte Mehrheitsents[X.]heidung oder gegebenenfalls au[X.]h ein Einstimmigkeitserfordernis vorsehen. Er darf sie aber ni[X.]ht der Zuständigkeit der Gesells[X.]hafterversammlung entziehen, da dies darauf hinausliefe, dass die kreisansässigen Gesells[X.]hafter ni[X.]ht nur die Mögli[X.]hkeit verlören, si[X.]h mit ihrer Stimmre[X.]htsmehrheit dur[X.]hzusetzen, sondern gerade in grundlegenden Fragen keinerlei Einfluss mehr auf die Ents[X.]heidungsfindung in der Gesells[X.]haft hätten.

e) Dana[X.]h ergibt si[X.]h im Streitfall aus dem Gesells[X.]haftsvertrag eine mit § 3 Nr. 15 Bu[X.]hst. b [X.] 2017 unvereinbare Eins[X.]hränkung der Stimmre[X.]hte der kreisansässigen Gesells[X.]hafter.

Ents[X.]heidungen, die mit der Mehrheit der Stimmen und damit au[X.]h mit der Stimmre[X.]htsmehrheit der kreisansässigen Gesells[X.]hafter getroffen werden könnten, sind ni[X.]ht vorgesehen. Hingegen sind Ents[X.]heidungen, für die der Gesells[X.]haftsvertrag zulässigerweise eine qualifizierte Mehrheit oder Einstimmigkeit voraussetzen dürfte, dem Einfluss der Kommanditisten und damit der kreisansässigen Gesells[X.]hafter vollständig entzogen.

Na[X.]h § 3 Abs. 2 des Gesells[X.]haftsvertrags hat die Komplementärin kein Stimmre[X.]ht in der Gesells[X.]hafterversammlung, sie wird jedo[X.]h dur[X.]h § 3 Abs. 10 ermä[X.]htigt und unwiderrufli[X.]h bevollmä[X.]htigt, Kommanditisten in die Gesells[X.]haft aufzunehmen und die [X.] zu erhöhen. Na[X.]h § 6 ist die Komplementärin außerdem befugt, ohne Zustimmung der Gesells[X.]hafterversammlung Verträge über die Betriebsführung abzus[X.]hließen und, falls das benötigte Eigenkapital ni[X.]ht dur[X.]h Aufnahme weiterer Kommanditisten oder Erhöhung von Kommanditanteilen bereitgestellt werden kann, Verträge über Darlehen abzus[X.]hließen oder stille Gesells[X.]hafter aufzunehmen. Na[X.]h § 8 Abs. 2 werden Gesells[X.]hafterbes[X.]hlüsse einstimmig gefasst, sofern der Gesells[X.]haftsvertrag ni[X.]hts anderes bestimmt. Sol[X.]he abwei[X.]henden Regelungen finden si[X.]h allein in § 13 Abs. 6 für den Auss[X.]hluss von Kommanditisten (75% der abgegebenen Stimmen der übrigen Gesells[X.]hafter) und in § 11 Abs. 7 für die Wahrnehmung bestimmter Steuervorteile dur[X.]h Gesells[X.]hafter (Quorum von 80%).

Die Abwei[X.]hungen vom [X.] betreffen damit ni[X.]ht die der Gesells[X.]hafterversammlung zustehenden Bes[X.]hlussgegenstände gemäß § 8 Abs. 3 Gesells[X.]haftsvertrag (die Feststellung des Jahresabs[X.]hlusses, die Entlastung der Komplementärin, die Gewinnverteilung und Entnahmen, die Feststellung von Wirts[X.]hafts-, Finanz- und Investitionsplänen, die Auflösung der Gesells[X.]haft sowie die Änderung des Gesells[X.]haftsvertrags). Insbesondere die zentralen den Gesells[X.]haftern vorbehaltenen unternehmeris[X.]hen Ents[X.]heidungen über die Gewinnverteilung und die Feststellung von Wirts[X.]hafts-, Finanz- und Investitionsplänen können also nur einstimmig getroffen werden. Soweit überhaupt vom [X.] abgewi[X.]hen wird, genügt die einfa[X.]he Mehrheit der Stimmre[X.]hte, die bei den kreisansässigen Gesells[X.]haftern liegen muss, glei[X.]hfalls ni[X.]ht. Diese Regelungen sind im Zusammenhang damit zu sehen, dass na[X.]h den Feststellungen des [X.] allen [X.] als Gründungskommanditist mit Stimmre[X.]ht eine natürli[X.]he Person angehört, die Mitarbeiter der [X.] ist (vgl. § 3 Abs. 4 und 7 Gesells[X.]haftsvertrag). In Verbindung mit dem Einstimmigkeitserfordernis des § 8 Abs. 2 Gesells[X.]haftsvertrag hat dies zur Folge, dass keine Bes[X.]hlüsse, die si[X.]h auf die Ges[X.]häftstätigkeit der Gesells[X.]haft auswirken können, gegen den Willen der [X.] gefasst werden können.

Die Ents[X.]heidungen über die Aufnahme weiterer Kommanditisten und stiller Gesells[X.]hafter sowie die Aufbringung des benötigten Eigenkapitals liegen hingegen allein bei der Komplementärin und sind damit dem Einfluss der kreisansässigen Gesells[X.]hafter vollständig entzogen.

Die Mehrheit der Stimmre[X.]hte, die für die kreisansässigen Gesells[X.]hafter bestehen muss, ist damit für die Willensbildung der Gesells[X.]haft ohne Bedeutung; an für Bestand, Zusammensetzung und Ges[X.]häftstätigkeit der Gesells[X.]haft grundlegenden Ents[X.]heidungen sind sie ni[X.]ht beteiligt. Diese "Entmündigung" der kreisansässigen Gesells[X.]hafter ist mit Sinn und Zwe[X.]k der den [X.] mit Bli[X.]k auf ihre lokale oder regionale Verankerung verliehenen gesetzli[X.]hen Privilegien unvereinbar.

3. Auf der Grundlage des der Prüfung im Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren zugrunde zu legenden Sa[X.]hverhalts erfüllen die [X.] mithin ni[X.]ht die Anforderungen des § 3 Nr. 15 [X.].

III. Der Bes[X.]hluss des [X.] ist dana[X.]h aufzuheben. Der [X.] kann in der Sa[X.]he ni[X.]ht selbst ents[X.]heiden, weil es dafür an tatri[X.]hterli[X.]hen Feststellungen fehlt. Die Sa[X.]he ist daher zu neuer Verhandlung und Ents[X.]heidung an das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht zurü[X.]kzuverweisen.

Die Antragstellerin hat vorgetragen, der Gesells[X.]haftsvertrag habe in dieser Form bei allen [X.] Verwendung gefunden. Die [X.] ist dem ni[X.]ht entgegengetreten. Eine entspre[X.]hende Feststellung hat das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht jedo[X.]h ni[X.]ht getroffen. Es hat au[X.]h ni[X.]ht festgestellt, dass die Antragstellerin selbst die Voraussetzungen für eine Bürgerenergiegesells[X.]haft na[X.]h § 3 Nr. 15 [X.] erfüllt. Diese Prüfung wird es na[X.]hzuholen haben.

IV. Die Festsetzung des [X.] folgt aus § 50 Abs. 1 Nr. 2 GKG i.V.m. § 85 Abs. 3 [X.] 2017, § 86 [X.] und § 3 ZPO.

Eine entspre[X.]hende Anwendung von § 9 ZPO kommt ni[X.]ht in Betra[X.]ht, da die wertbestimmende [X.] je na[X.]h den konkreten Umständen beim Betrieb der Windenergieanlage während der Förderdauer s[X.]hwankt und es si[X.]h deshalb ni[X.]ht um glei[X.]hbleibende wiederkehrende Leistungen handelt (vgl. [X.]/[X.], ZPO, 33. Aufl., § 9 Rn. 3).

Das Bes[X.]hwerdegeri[X.]ht hat den Gegenstandswert für das Bes[X.]hwerdeverfahren zutreffend gemäß § 40 GKG mit 692.640 € bere[X.]hnet und den der Bes[X.]hwerdeführerin erst im Verlauf des Bes[X.]hwerdeverfahrens in der nä[X.]hsten Auss[X.]hreibungsrunde erteilten Zus[X.]hlag zu einem niedrigeren Gebotswert ni[X.]ht als im Bes[X.]hwerdeverfahren wertmindernd berü[X.]ksi[X.]htigt.

Der Zus[X.]hlag zu einem Wert von 3,82 [X.]t/kWh zum 1. November 2017 ist jedo[X.]h bei der [X.] im Re[X.]htsbes[X.]hwerdeverfahren zu bea[X.]hten, weil er vor Einlegung der Re[X.]htsbes[X.]hwerde erfolgte. Der wirts[X.]haftli[X.]he Wert des Antrags der Bes[X.]hwerdeführerin hat si[X.]h von der Bes[X.]hwerde- auf die Re[X.]htsbes[X.]hwerdeinstanz auf die Differenz zwis[X.]hen dem begehrten und dem nunmehr erteilten Zus[X.]hlagswert verringert.

Für die [X.] in der Re[X.]htsbes[X.]hwerdeinstanz kann der unveränderte Wert von 4,44 [X.]t/kWh folgli[X.]h nur no[X.]h für drei Monate, also das Vierteljahr vom 1. August bis zum 31. Oktober 2017, angesetzt werden. Ab dem 1. November 2017 ist demgegenüber für die verbleibende Förderdauer von 19,75 Jahren nur der Differenzbetrag zwis[X.]hen 4,44 [X.]t/kWh und 3,82 [X.]t/kWh = 0,62 [X.]t/kWh anzusetzen.

Der Gegenstandswert für die Re[X.]htsbes[X.]hwerde beträgt somit 104.169 €.

Meier-Be[X.]k     

      

Kir[X.]hhoff     

      

S[X.]hoppmeyer

      

Pi[X.]ker     

      

Linder     

      

Meta

EnVR 101/18

11.02.2020

Bundesgerichtshof Kartellsenat

Beschluss

Sachgebiet: False

vorgehend OLG Düsseldorf, 5. September 2018, Az: VI-3 Kart 80/17 (V), Beschluss

§ 3 Nr 15 Buchst b EEG 2017, § 32 Abs 1 EEG 2017, § 36g EEG 2017, § 83a Abs 1 S 2 EEG 2017, § 83a Abs 2 EEG

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 11.02.2020, Az. EnVR 101/18 (REWIS RS 2020, 670)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 670

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