Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. 1 StR 195/17

1. Strafsenat | REWIS RS 2017, 2867

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]:[X.]:[X.]:2017:071117U1STR195.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

IM [X.] [X.]S VOLKES

URTEIL
1
StR
195/17

vom
7. November
2017
in der Strafsache
gegen

wegen
Bestimmens einer Person unter 18 Jahren durch eine Person

über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens

mit Betäubungsmitteln u.a.

-
2
-
Der 1.
Strafsenat des [X.] hat in der Sitzung vom
7. November 2017, an der teilgenommen haben:
[X.] am Bundesgerichtshof
Dr. Raum,

[X.] am Bundesgerichtshof
Prof. Dr. Jäger,
Bellay
und [X.]innen am Bundesgerichtshof
Cirener,
[X.],

Staatsanwältin

als Vertreterin
der [X.],

Rechtsanwalt

in der Verhandlung

als Verteidiger,

Justizangestellte

in der Verhandlung ,
Justizobersekretärin

bei der Verkündung

als Urkundsbeamtinnen
der Geschäftsstelle,

für Recht erkannt:

-
3
-
1.
Die Revision des Angeklagten V.

gegen das Urteil des
[X.] vom 12.
Januar 2017 wird mit fol-gender Maßgabe
als unbegründet verworfen:

Der Ausspruch über die Einziehung wird dahin neugefasst, dass die sichergestellten 307,6 g Marihuana, 224 [X.]-Tabletten mit der Motivprägung eines Teufelskopfs, 6,38 g MDMA-HCL, 5,54 g [X.], 52,55 g Marihuana, 0,9 g MDMA-HCL und drei abgepackte [X.] Marihuana mit insgesamt 9,8 g, eingezogen werden.
2.
Der Beschwerdeführer hat die Kosten des Rechtsmittels zu tragen.

Von Rechts wegen

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten V.

wegen unerlaubten Handel-
treibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
in Tateinheit mit Be-stimmen einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln zu einer Frei-heitsstrafe von fünf Jahren und drei Monaten verurteilt und die Einziehung der

Der Angeklagte V.

rügt die Verletzung materiellen Rechts. Sein
Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

1
2
-
4
-
I.

Nach den Feststellungen des [X.]s erwarb der Angeklagte V.

vor dem 13. Juni 2016
größere Mengen an Betäubungsmitteln, vor allem [X.] und [X.], um sich durch gewinnbringenden
Weiterverkauf eine dau-ernde Einnahmequelle zu verschaffen. Das [X.] war vollständig, das [X.]
. Am 13. Juni 2016 begab sich der Angeklagte
V.

in Begleitung seiner 17-jährigen Lebensgefährtin

S.

in die Innenstadt von [X.]

, um dort einen Drogenabnehmer
zu treffen. Seine Lebensgefährtin hatte auf Verlangen des Angeklagten
V.

drei abgepackte [X.] Marihuana (insgesamt 9,8 g) für den Angeklagten
V.

unauffällig in ihrer
Handtasche zum Ort der späteren Übergabe an den Abnehmer zu transportie-ren und führte die fertig abgepackten [X.].

. Dadurch wollte sie ihn bei sei-
nem Handel unterstützen.
Bei einer Personenkontrolle wurde das Marihuana in ihrer Handtasche aufgefunden. In [X.] in der Wohnung ihrer Eltern hatte der Angeklagte V.

mit ihrer Kenntnis und mit ihrem Einverständnis
weitere 52,55
g Marihuana (mit einem THC-Anteil von mindestens 7
g) und 0,9
g MDMA-HCL gelagert. In [X.] in der mütterlichen Wohnung befanden sich 307,6 g Marihuana, 224 [X.]-Tabletten, 6,38 g MDMA-HCL und 5,54 g [X.]. Insgesamt besaß der Angeklagte

V.

-
kauf bestimmt waren.

II.
Die Nachprüfung des Urteils auf die Revision des Angeklagten
V.

hat

bis auf die fehlerhafte Fassung der [X.]

keinen 3
4
-
5
-
Rechtsfehler zu seinem Nachteil ergeben. Die Verurteilung des Angeklagten V.

wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht gerin-
ger Menge
in Tateinheit mit Bestimmen einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21 Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
nach (§ 30a Abs. 2 Nr. 1
BtMG)
hält rechtlicher Nachprü-fung stand.
Der Schuldspruch wird auch hinsichtlich des tateinheitlich abgeur-teilten Bestimmens einer Person unter 18 Jahren durch eine Person über 21
Jahren zum Fördern des unerlaubten Handeltreibens mit Betäubungsmitteln
von den auf einer rechtsfehlerfreien Beweiswürdigung
beruhenden Feststellun-gen getragen.
1. Der Angeklagte V.

hat den Tatvorwurf des unerlaubten Handeltrei-
bens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge
(§ 29a Abs. 1 Nr. 1 BtMG) und den Besitz an den aufgefundenen Betäubungsmitteln
eingeräumt. Im Rahmen der Gesamtwürdigung der festgestellten Indiztatsachen hat sich die [X.] aufgrund einer umfassenden Gesamtschau aller Indizien davon überzeugt, dass der Angeklagte V.

seine minderjährige Lebensgefährtin

zum Fördern seines Handeltreibens bestimmt hat. Die [X.] hat fest-gestellt, dass sie
einverständlich die Aufgabe übernommen hatte, die verkaufs-fertig verpackten Portionen an Marihuana in ihrer Handtasche zu transportie-ren. Das Herbeiführen eines Einverständnisses zwischen den Angeklagten über die Transportmodalitäten setzt eine auf dieses Ziel gerichtete Kommunika-tion zwischen ihnen voraus.
2. Bestimmen" im Sinne des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG
ist nach den zu
§ 26 StGB entwickelten Grundsätzen die Einflussnahme auf den Willen eines anderen zu verstehen, die diesen zu dem im Gesetz beschriebenen [X.] bringt (vgl. [X.], Beschluss vom 5. August 2008

3 [X.], [X.], 393, 394; Urteile vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 5
6
-
6
-
374 und vom 8. Januar 1985

1 [X.], NJW 1985, 924). [X.]" setzt einen kommunikativen Akt voraus, der zu dem Betäubungsmittel-handel durch den Minderjährigen führt ([X.], Urteil vom 7. September 1993

1 [X.], [X.], 29, 30), wobei es unerheblich ist, in welcher Form und durch welches Mittel die Einflussnahme erfolgt ([X.], Urteile vom 20. Ja-nuar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 und vom 8. Januar 1985

1 [X.], NJW 1985, 924). Die Willensbeeinflussung muss auch nicht die alleinige Ursache für das Verhalten des anderen sein, vielmehr genügt [X.] ([X.], Urteile vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 und vom 7. September 1993

1 [X.], [X.], 29, 30).
[X.] konkret-individualisierte Tat. Welche zur [X.] tauglichen Merkmale jeweils erforderlich sind, entzieht sich dabei einer abstrakt-generellen Bestimmung und kann nur nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls ent-schieden werden (vgl. [X.], Urteil vom 21. April 1986

2 [X.], [X.]St 34, 63, 64 ff.). Ein zu einer konkreten Tat fest [X.] kann nicht mehr zu ihr bestimmt werden (sog. omnimodo facturus; st. Rspr.; vgl. [X.], [X.] vom 20. November 1987

3 StR 503/87, [X.]R StGB § 26 Besti[X.] 1 und vom 8. August 1995

1 [X.], [X.]R StGB § 26 Besti[X.]
3 sowie Urteile vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 und vom 17. August 2000

4 [X.], [X.], 41, 42).

nicht entgegen, wenn der Haupttäter bereits allgemein zu derartigen Taten be-reit war und diese Bereitschaft auch aufgezeigt hat oder sogar selbst die Initia-tive zu den Taten ergriffen hatte (vgl. [X.], Urteile vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 und vom 17. August 2000

4 [X.], 7
8
-
7
-
[X.], 41, 42); denn hier fehlt es noch an einer konkret-individualisierten Tat, zu der der Haupttäter erst noch durch Hervorrufen des Tatentschlusses veranlasst werden muss (vgl. [X.], Urteil vom 7. September 1993

1 [X.], [X.], 29, 30).
Auf der Grundlage der Feststellungen erfüllt das Verhalten des Ange-klagten
V.

im Sinne des § 30a Abs. 2
Nr. 1 BtMG. Indem der Angeklagte V.

die zur Tatzeit 17-jährige

S.

bat, die drei
abgepackten [X.] Marihuana in ihrer
Handtasche in seiner Begleitung zum Ort des verabredeten Verkaufsgesche-hens zu transportieren, hat er sie zum Fördern seines unerlaubten Handeltrei-bens mit Betäubungsmitteln bestimmt. Dem steht nicht entgegen, dass

S.

immer wieder bereit war, ihn bei seinem Handeltreiben zu unter-
stützen, sei es durch das Verwahren von Marihuana in ihrer Wohnung für den Angeklagten
V.

, das Bringen einer Waage zum Portionieren oder Telefona-
ten mit Abnehmern.
Erst durch das Ersuchen, das Rauschgift für ihn in seiner Begleitung zum Ort des verabredeten Verkaufsgeschehens zu
transportieren, ist

S.

zu der konkreten Tat des Förderns des unerlaubten Handeltreibens
mit Betäubungsmitteln veranlasst worden. Dass sie

wie ihre bisherigen Unter-stützungsleistungen zeigten

bereits allgemein zu derartigen Taten bereit war, ist demgegenüber unschädlich ([X.], Urteile vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 und vom 7. September 1993

1 [X.], NStZ
1994, 29, 30).
Im Anwendungsbereich des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG wird es sich häufig gerade so verhalten, dass der Minderjährige bereits der Drogenszene verhaftet ist und daher der Gefahr einer Beeinflussung seines Willens in Richtung auf ein 9
10
11
-
8
-
Verhalten, wie es in § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG umschrieben wird, in besonders starkem Maße ausgesetzt ist ([X.], Urteil vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374). Der Tatbestand des § 30a Abs. 2 Nr. 1 BtMG ist nach den Gesetzesmaterialien aus der Überlegung heraus eingeführt worden, dass die Benutzung Minderjähriger zur Durchführung des [X.] in besonderem Maße verabscheuungs-
und strafwürdig ist ([X.], Urteil vom 20. Januar 2000

4 [X.], [X.]St 45, 373, 374 unter [X.]. auf BT-Drucks. 12/989 S. 54/55 und 12/6853 [X.]).
Wird ein Minderjähriger erst durch die Übergabe des Rauschgifts mit der Anweisung, dieses zu bestimmten Bedingungen an einen bestimmten Ort zu transportieren, zu der konkreten Tat des unerlaubten Förderns des Handeltrei-bens veranlasst,

benutzt

der Täter in einem solchen Fall einen Minderjährigen zum Betäubungsmittelverkehr auch dann, wenn dieser hierzu von vornherein (allgemein) bereit war und die Bereitschaft dem Täter gegenüber auch aufge-zeigt hat ([X.], Urteil vom 17. August 2000

4 [X.], NStZ
2001, 41, 42).
3. Für den Schuldspruch wegen unerlaubten Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge ist es ohne Belang, dass die Eigenver-brauchsmenge nicht genau quantifiziert worden ist. Der Grenzwert zur nicht geringen Menge war in jedem Fall deutlich überschritten. Es beschwert den Angeklagten V.

nicht, dass er hinsichtlich des [X.] nicht
auch wegen Erwerbs von Betäubungsmitteln verurteilt worden ist.
4. Auch der Strafausspruch hält rechtlicher Nachprüfung stand. Bei der Strafzumessung war der Erwerb zum Zwecke des Eigenkonsums nicht von Be-deutung. Bei der Bestimmung der Strafhöhe hat die Kammer gesehen, dass nicht alle Betäubungsmittel, sondern nur der ganz überwiegende Teil zum Ge-12
13
14
-
9
-
winn bringenden Weiterverkauf bestimmt war. Insoweit wird auf die [X.] Bezug genommen.
5. Die im Urteil ausgesprochene [X.] war fehlerhaft und deshalb neu zu fassen.
Nach ständiger Rechtsprechung müssen einzuziehende Gegenstände im Tenor so genau angegeben werden, dass bei allen Beteiligten und den [X.] Klarheit über den Umfang der Einziehung besteht (vgl. [X.], Beschlüsse vom 11. Mai 2017

5 [X.]; vom 26. Januar 2017

5 StR 531/16;
vom 10. Mai 2017

2 [X.]/17
und vom 10. November 2016

1 StR 453/16, NStZ
2017, 88, 89). Dies ist vorliegend unterblieben, da worden ist.
Insoweit bedarf es jedoch keiner Zurückverweisung. Die Urteilsgründe enthalten die bei Betäubungsmitteln erforderlichen Angaben über Art und Men-ge, so dass die konkrete Bezeichnung der einzuziehenden Gegenstände in 15
16
17
-
10
-
entsprechender Anwendung von § 354 Abs. 1 StPO vom Senat nachgeholt werden kann (vgl. [X.], Beschlüsse vom 14. Mai 2014

3 [X.], [X.], 16, 17 und vom 23. November 2010

3 StR 393/10).
Raum Jäger Bellay

Cirener Fischer

Meta

1 StR 195/17

07.11.2017

Bundesgerichtshof 1. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 07.11.2017, Az. 1 StR 195/17 (REWIS RS 2017, 2867)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 2867

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Ähnliche Entscheidungen

1 StR 195/17 (Bundesgerichtshof)

Betäubungsmitteldelikt: Bestimmen eines Minderjährigen zum unerlaubten Handeltreiben


1 StR 652/16 (Bundesgerichtshof)


1 StR 652/16 (Bundesgerichtshof)

Unterbringung in einer Entziehungsanstalt wegen wiederholter Begehung von Betäubungsmitteldelikten: Vorliegen eines symptomatischen Zusammenhangs zwischen dem …


4 StR 303/19 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln: Einschränkende Auslegung im Wege einer teleologischen Reduktion; griffbereit zur Verfügung stehende …


4 StR 203/19 (Bundesgerichtshof)

Bewaffnetes Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge: Mitsichführen der Schusswaffe nur bei einem Teilakt …


Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

2 StR 117/17

1 StR 453/16

3 StR 398/13

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.