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Zwangsvollstreckung: Vollstreckung durch Titelgläubiger nach Änderung von dessen Rechtsform und Firma; Nachweis der Personenidentität
Will eine mit dem im Vollstreckungstitel bezeichneten Gläubiger hinsichtlich der Rechtsform nicht namensgleiche offene Handelsgesellschaft die Zwangsvollstreckung aus dem Titel betreiben und macht sie geltend, es liege eine Änderung der Rechtsform und eine Änderung der Firma vor, hat sie die Personenidentität dem zuständigen Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachzuweisen (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 21. Juli 2011, I ZB 93/10, NJW-RR 2011, 1335).
Die Rechtsbeschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss der 9. Zivilkammer des [X.] (Oder) vom 1. September 2016 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.
I.
Die Antragstellerin, eine als "[X.]" firmierende offene Handelsgesellschaft, hat unter Vorlage eines gegen die Schuldnerin ergangenen rechtskräftigen [X.]s des Amtsgerichts M. vom 30. August 2010 über eine Geldforderung in Höhe von 1.216 € zuzüglich Zinsen und Kosten den Erlass eines Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses beantragt, mit dem Ansprüche der Schuldnerin gegen die Drittschuldner gepfändet und ihr zur Einziehung überwiesen werden sollten. In dem [X.] ist als Gläubigerin die "[X.]" aufgeführt, die bis auf die Rechtsform mit der Antragstellerin namensidentisch ist.
Im Verfahren hat die Antragstellerin eine notariell beglaubigte Abschrift eines Auszugs aus ihrer [X.] vorgelegt, in welchem es unter anderem heißt:
"...
Es wird jedoch darauf hingewiesen, dass die [X.] in der Rechtsform der [X.] bereits zuvor bestand. Bereits 1995 wurde die [X.] unter der Bezeichnung 'V... und J... GbR' mit dem Sitz in [X.] gegründet und hatte von Beginn an bereits die zwei genannten [X.]er, ...
Später wurde die Bezeichnung der [X.] zunächst in '[X.]' und sodann in 'F... - V... und J... GbR' geändert.
Zwischenzeitlich wurde auch der Sitz der GbR von [X.] nach [X.] verlegt.
...
Bisher wurden die Geschäfte in der Rechtsform der bisher bestehenden [X.] mit dem Namen 'F... - V... und J... GbR', Sitz: [X.], geführt, bestehend aus dem [X.]er [X.] und dem [X.]er [X.] J....
Diese [X.] hat folgende wesentliche Aktiva:
Sie ist Inhaberin von titulierten Geldforderungen, bezüglich derer auch auf die [X.], und zwar unter den Bezeichnungen 'V... und J... GbR', '[X.]' und 'F... - V... und J... GbR', als Gläubigerin lautende [X.]e ausgestellt sind.
Alle Rechte hieran und hierauf stehen der [X.] künftig in der Rechtsform der OHG und unter deren Firma 'F... OHG', Sitz: [X.], zu."
Das Amtsgericht - Vollstreckungsgericht - hat den Antrag der Antragstellerin auf Erlass des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses mit der Begründung zurückgewiesen, diese habe nicht nachgewiesen, dass sie mit der im [X.] bezeichneten [X.] personenidentisch sei. Das Beschwerdegericht hat die sofortige Beschwerde der Antragstellerin zurückgewiesen.
Mit der wegen divergierender landgerichtlicher Entscheidungen zugelassenen Rechtsbeschwerde möchte die Antragstellerin weiterhin den Erlass des beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses erreichen.
II.
Die gemäß § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2, § 575 ZPO statt-hafte und auch im Übrigen zulässige Rechtsbeschwerde der Antragstellerin ist nicht begründet.
1. Das Beschwerdegericht führt aus, der Zwangsvollstreckung stehe entgegen, dass die Antragstellerin im Vollstreckungstitel nicht namentlich bezeichnet sei. Es könne auch nicht davon ausgegangen werden, dass die [X.] als [X.] - nach Rechtsformänderung - in der antragstellenden [X.] aufgegangen sei. Die Antragstellerin habe nicht den ihr obliegenden urkundlichen Nachweis erbracht, dass hier Titel- und [X.] tatsächlich identisch seien. Anhand der vorgelegten Schriftstücke lasse sich die [X.] gerade nicht zweifelsfrei feststellen. Aus der [X.] folge lediglich, dass die Antragstellerin bereits als "V. und J. GbR", "[X.] u. a. GbR" und "[X.] und J. GbR" zuvor bestanden habe und unter den entsprechenden früheren Bezeichnungen zu ihren Gunsten auch [X.]e erlassen worden seien. Die Bezeichnung der [X.] des vorliegenden Verfahrens - [X.] - werde dagegen gerade nicht genannt. Auch die Angaben in den vorgelegten Gewerbeanmeldungen - welche im Übrigen lediglich Eigenerklärungen des [X.] darstellten - ließen keinen Rückschluss darauf zu, dass die Antragstellerin aus der [X.] hervorgegangen sein müsse. Der [X.] sei nicht zweifelsfrei festzustellen, weil nicht nachvollziehbar bleibe, warum in der [X.] nicht auch die Bezeichnung "[X.]" aufgenommen worden sei.
2. Dies hält der rechtlichen Überprüfung stand.
Das Beschwerdegericht geht zu Recht davon aus, dass die Voraussetzungen für den Erlass des von der Antragstellerin beantragten Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses nicht vorliegen.
a) Nach § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO darf die Zwangsvollstreckung nur beginnen, wenn die Personen, für und gegen die sie stattfinden soll, in dem Urteil oder in der ihm beigefügten Vollstreckungsklausel namentlich bezeichnet sind und das Urteil bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird. Haben sich die Rechtsform und auch die Firma des Rechtsträgers geändert, soll der neue Name des Gläubigers auf dem Titel vermerkt werden (sog. [X.]), weil die [X.] mit der Prüfung der Identität der betreffenden Person andernfalls überfordert sein könnten und damit der Beginn der Vollstreckung (§ 750 Abs. 1 ZPO) gefährdet wäre (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2016 - [X.] 148/14, [X.], 909 Rn. 20 m.w.N.). Die [X.] ist jedoch verzichtbar, wenn die Identität des [X.]s mit der im Titel bezeichneten Person für das Vollstreckungsorgan durch entsprechende Urkunden zweifelsfrei nachgewiesen wird (vgl. [X.], Beschluss vom 14. Januar 2016 - [X.] 148/14, aaO; Beschluss vom 21. Juli 2011 - [X.], NJW-RR 2011, 1335 Rn. 6 m.w.N.).
b) Diesen Nachweis hat die Antragstellerin nicht geführt. Sie hat insbesondere, wie das Beschwerdegericht zutreffend ausführt, durch die [X.] und die von ihr vorgelegten Gewerbeanmeldungen nicht hinreichend belegt, dass sie bereits vor der Eintragung ins Handelsregister unter der Bezeichnung "[X.]" am Rechtsverkehr teilgenommen hat. Die von der Rechtsbeschwerde angeführte Entscheidung des [X.], wonach eine kleinliche Handhabung des § 750 Abs. 1 Satz 1 ZPO nicht angebracht sei ([X.], Beschluss vom 23. Oktober 2003 - [X.], [X.]Z 156, 335, 339, juris Rn. 20 m.w.N.), ist nicht einschlägig. Sie betrifft nicht die Anforderungen, die an den Nachweis eines [X.]s auf Gläubigerseite zu stellen sind, sondern die für die Auslegung eines Vollstreckungstitels geltenden Grundsätze.
aa) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist die [X.] nicht bereits durch den Umstand belegt, dass zwischen der "[X.]" und der "[X.]" bis auf den Hinweis auf die Rechtsform der [X.] Namensgleichheit besteht. Die [X.]er der Antragstellerin haben bei der [X.] angegeben, dass die offene Handelsgesellschaft zuletzt als [X.] unter dem Namen "[X.] und J. GbR" am Rechtsverkehr teilgenommen hat. Dies steht der Annahme entgegen, eine bestehende "[X.]" sei im Wege des [X.]s als "[X.]", die Antragstellerin des vorliegenden Verfahrens, fortgesetzt worden.
bb) Der vorgelegten [X.] lässt sich auch im Übrigen nicht entnehmen, dass die Antragstellerin vor der Eintragung ins Handelsregister unter der Bezeichnung "[X.]" am Rechtsverkehr teilgenommen hat. Anders als die Rechtsbeschwerde meint, folgt aus der Formulierung, die anzumeldende [X.] habe bereits in der Rechtsform der [X.] zuvor bestanden, nicht, dass die Antragstellerin zuvor als "[X.]" firmiert hat. Die in der [X.] wiedergegebene Firmenhistorie verweist an keiner Stelle darauf, dass die Antragstellerin früher unter der Bezeichnung "[X.]" als [X.] existiert hat. Mit der vorgelegten [X.] kann die Antragstellerin daher nicht hinreichend belegen, dass die im Titel als Gläubigerin aufgeführte [X.] mit dem Namen "[X.]" mit ihr personenidentisch ist.
cc) Die von der Antragstellerin vorgelegten Gewerbeanmeldungen sind zum Nachweis dafür, dass die im [X.] vom 30. August 2010 als Gläubigerin aufgeführte "[X.]" mit der Antragstellerin identisch ist, ebenfalls nicht geeignet. Insoweit handelt es sich, worauf das Beschwerdegericht zutreffend hinweist, lediglich um Eigenerklärungen des geschäftsführenden [X.]ers der Antragstellerin, mit denen der Beweis für die Personenidentität der [X.] mit der Antragstellerin allein nicht geführt werden kann.
dd) Der Nachweis dafür, dass es sich bei der Antragstellerin um die im [X.] vom 30. August 2010 genannte "[X.]" handelt, ist entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde schließlich nicht durch die Entscheidung des [X.] vom 20. Juli 2015 (3 [X.]/15, juris) als geführt anzusehen. Denn diese Entscheidung, die die Verhängung eines Zwangsgelds gegen die [X.]er der "[X.]" zum Gegenstand hatte, um die Eintragung des von ihr geführten Inkassounternehmens als offene Handelsgesellschaft zu bewirken, entfaltet hinsichtlich der hier zu entscheidenden Frage, ob die "[X.]" mit der hiesigen Antragstellerin identisch ist, keine Bindungswirkung.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
[X.] |
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Kartzke |
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Graßnack |
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Sacher |
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Borris |
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Meta
17.05.2017
Bundesgerichtshof 7. Zivilsenat
Beschluss
Sachgebiet: ZB
vorgehend LG Frankfurt (Oder), 1. September 2016, Az: 19 T 99/16
§ 750 Abs 1 S 1 ZPO
Zitiervorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 17.05.2017, Az. VII ZB 64/16 (REWIS RS 2017, 10763)
Papierfundstellen: NJW 2017, 2917 WM2017,1213 REWIS RS 2017, 10763
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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.
VII ZB 64/16 (Bundesgerichtshof)
VII ZB 30/18 (Bundesgerichtshof)
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