Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.02.2021, Az. 25 W (pat) 520/19

25. Senat | REWIS RS 2021, 8431

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren – TYPOMAN (Wort-Bildmarke)/TIPOMAT – Einrede mangelnder Benutzung – keine Glaubhaftmachung - keine Verwechslungsgefahr


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke 30 2015 217 181

hat der 25. Senat ([X.]) des [X.] am 24. Februar 2021 unter Mitwirkung der Richterin [X.], des Richters [X.] und des Richters Dr. Nielsen

beschlossen:

Auf die Beschwerde des Markeninhabers wird der Beschluss der Markenstelle für Klasse 9 vom 31. Oktober 2018 aufgehoben. Der Widerspruch aus der Unionsmarke 004 452 009 wird zurückgewiesen.

Gründe

I.

1

Das am 21. August 2015 angemeldete Zeichen

Abbildung

2

ist am 4. Dezember 2015 unter der Nummer 30 2015 217 181 als Wort-/Bildmarke in das beim [X.] ([X.]) geführte Markenregister eingetragen worden. Die Marke genießt Schutz für die nachfolgenden Waren der [X.]:

3

Spiele-Software; Spielsoftware zur Verwendung mit Computern; Spielprogramme für Computer; Spielsoftware.

4

Gegen die Eintragung der am 8. Januar 2016 veröffentlichten Marke hat die Widersprechende als Inhaberin der am 13. Mai 2005 angemeldeten und am 21. April 2006 eingetragenen Unionsmarke (Wortmarke) 004 452 009

5

[X.]

6

am 24. Februar 2016 Widerspruch erhoben.

7

Die Widerspruchsmarke genießt Schutz für die folgenden Waren und Dienstleistungen:

8

[X.]: Geräte zur Aufzeichnung, Übertragung und Wiedergabe von Ton und Bild; Soft- und Hardware für Spielautomaten und Spielmaschinen; Software zur Abwicklung von Wetten, insbesondere per [X.]; Mechaniken für geldbetätigte Automaten;

9

[X.]: Geldbetätigte Spielautomaten; Geräte für verschiedene Sportarten und Spiele;

Klasse 41: Unterhaltung; sportliche und kulturelle Aktivitäten; Organisation und Durchführung von kulturellen und/oder sportlichen Veranstaltungen; Veranstaltung sportlicher Wettkämpfe; Veranstaltung von Wettbewerben; Durchführung von Glücksspielen; Durchführung von Wetten, insbesondere Sportwetten; Dienstleistungen eines Wettbüros.

Die Markenstelle für [X.] des [X.]s hat mit dem Beschluss eines Beamten des gehobenen Dienstes vom 31. Oktober 2018 die angegriffene Marke auf den Widerspruch aus der Unionsmarke 004 452 009 gelöscht. Ausgehend von einer durchschnittlichen Kennzeichnungskraft der älteren Marke und durchschnittlich ähnlichen Vergleichswaren halte die jüngere Marke den erforderlichen [X.] in klanglicher Hinsicht nicht mehr ein. Der Inhaber der angegriffenen Marke habe zwar die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke rechtswirksam bestritten. Er habe aber zugleich eingeräumt, dass die Widerspruchsmarke zur Kennzeichnung von "[X.]en" benutzt worden sei. Diese Waren seien unter die [X.] der [X.] "[X.] Spielautomaten" und "Geräte für Spiele" zu subsumieren, so dass insoweit unstreitig von einer rechtserhaltenden Benutzung der Widerspruchsmarke auszugehen sei. Die von der angegriffenen Marke beanspruchten Waren der [X.] seien Software und könnten als solche in "[X.] Spielautomaten" und "Geräte für Spiele" der [X.] eingebaut werden und/oder für sie bestimmt sein. Aus diesem Grund seien die sich gegenüberstehenden Vergleichswaren durchschnittlich ähnlich. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei im Zusammenhang mit den Waren der [X.] "[X.] Spielautomaten" und "Geräte für Spiele" durchschnittlich. Die Recherchen der Markenstelle hätten keine Anhaltspunkte ergeben, die für ein sachbeschreibendes Verständnis seitens der angesprochenen Verkehrskreise sprechen könnten. Die [X.] stünden sich in klanglicher Hinsicht wie

"ti - po - man" und "ti - po - mat"

bzw. wie

"tü - po - man" und "ti - po - mat"

gegenüber. Der Buchstabe "y", der in der ersten Silbe der angegriffenen Marke enthalten sei, könne in der Alltagssprache sowohl wie "i" als auch wie "ü" ausgesprochen werden, wobei beim klanglichen [X.] beide Möglichkeiten der Aussprache zu berücksichtigen seien. Soweit sich die Zeichen klanglich wie "[X.]" und "tip-o-mat" gegenüberstünden, sei offenkundig die Gefahr von klanglichen Verwechslungen gegeben.

Gegen diese Entscheidung der Markenstelle wendet sich der Inhaber der angegriffenen Marke mit seiner Beschwerde. Die Markenstelle gehe zu Unrecht davon aus, dass der Inhaber der angegriffenen Marke die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke anerkannt habe. [X.] habe die Marke "Tipomat" nur für die Waren "[X.]en" benutzt. Daher sei die Widerspruchsmarke mit Ausnahme der Ware "[X.]en" löschungsreif. Im Übrigen stehe die Frage im Raum, ob "[X.]en" überhaupt "[X.] Spielautomaten" bzw. "Geräte für Spiele" der [X.] seien. Bei den Waren "Geräten für Spiele" handle es sich nämlich um Sportgeräte wie "Tennisschläger" bzw. Spielgeräte wie "Klettergerüste" oder "Rutschen". Bei den Produkten, die mit der Widerspruchsmarke gekennzeichnet worden seien, handle es sich dagegen um [X.]en (Glücksspielautomaten). Bei den Waren "[X.] Spielautomaten" handle es sich im Wesentlichen um Computerspielautomaten, die gegen Geld betätigt würden. Für Computerspielautomaten werde die Widerspruchsmarke aber unstreitig gar nicht benutzt. Bei dem Produkt des Inhabers der angegriffenen Marke handle es sich auch nicht um einen Computerspielautomaten, sondern um ein Computerspiel, bei dem ein [X.] mit dem Namen "[X.]" Tippfehler in Texten finde und verbessere. Der [X.] "[X.]" habe mit den [X.]en der Widersprechenden nichts zu tun. Beide Parteien seien in vollkommen unterschiedlichen Branchen tätig. Darüber hinaus weise die Widerspruchsmarke nur eine unterdurchschnittliche Kennzeichnungskraft auf. Die Bezeichnung "[X.]" sei lediglich eine Abwandlung des Wortes "Automat". Zuletzt fehle es auch an der erforderlichen Zeichenähnlichkeit. In klanglicher Hinsicht sei nämlich zu beachten, dass das Computerspiel "[X.]" einen Comicsuperhelden zum Gegenstand habe, der Rechtschreibfehler suche. Deswegen würden die beiden ersten Silben der angegriffenen Marke wie "tai–po" ausgesprochen. Denn in dem Namen "[X.]" sei das Wort der [X.] "typo" (deutsch: "Tippfehler") enthalten. Eine Aussprache der angegriffenen Marke wie "ti-po-man" bzw. "[X.]" sei hingegen fernliegend.

Der Inhaber der angegriffenen Marke beantragt sinngemäß,

den Beschluss der Markenstelle für [X.] des [X.]s vom 31. Oktober 2018 aufzuheben und den Widerspruch aus der Unionsmarke 004 452 009 zurückzuweisen.

[X.] beantragt sinngemäß,

die Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke zurückzuweisen.

Zur Begründung führt sie aus, dass der Inhaber der angegriffenen Marke sowohl im Widerspruchsverfahren als auch im Beschwerdeverfahren die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke für die Waren "[X.]en" anerkannt habe. Die Markenstelle sei zutreffend davon ausgegangen, dass [X.]en "[X.] Spielautomaten" bzw. "Geräte für Spiele" seien, die von der Widerspruchsmarke in der [X.] beansprucht würden. Da die von der jüngeren Marke beanspruchten Waren (Software) in die rechtserhaltend benutzten Waren der [X.] eingebaut werden könnten, sei von einer hochgradigen [X.] auszugehen. Dagegen seien für die Frage der [X.] alle Umstände irrelevant, die auf die tatsächliche Benutzung der sich gegenüberstehenden Marken bezogen seien. So spiele es keine Rolle, dass die Widersprechende und der Inhaber der angegriffenen Marke in unterschiedlichen Branchen tätig seien. Die Kennzeichnungskraft der Widerspruchsmarke sei durchschnittlich, da es sich bei ihr um eine Fantasiebezeichnung handle. Im Übrigen sei die Markenstelle zutreffend von einer hohen klanglichen Ähnlichkeit der [X.] ausgegangen. Im Übrigen handle es sich bei Sportwetten um Glücksspiele, was schon ein Blick in § 3 Glücksspielstaatsvertrag zeige, der Sportwetten als Glücksspiele definiere.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den angefochtenen Beschluss der Markenstelle für [X.], die Schriftsätze der Beteiligten, den schriftlichen Hinweis des Senats vom 21. September 2020 einschließlich der beigefügten Rechercheunterlagen sowie auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

II.

Die nach § 66 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 64 Abs. 6 Satz 1 [X.] statthafte und auch ansonsten zulässige Beschwerde des Inhabers der angegriffenen Marke hat auch in der Sache Erfolg. [X.] hat auf die rechtswirksam erhobene Nichtbenutzungseinrede des Inhabers der angegriffenen Marke gemäß §§ 125 b Nr. 4, § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] (in der gemäß § 158 Abs. 5 [X.] bis zum 14. Januar 2019 maßgeblichen Fassung) eine rechtserhaltende Benutzung der [X.] nicht glaubhaft gemacht. Die ältere Marke wurde im relevanten Benutzungszeitraum zwar unstreitig zur Kennzeichnung von "[X.]en" benutzt. Für diese Waren genießt die Widerspruchsmarke jedoch keinen Schutz. Mangels berücksichtigungsfähiger Waren auf Seiten der Widerspruchsmarke nach §§ 125 b Nr. 4, 43 Abs. 1 Satz 3 [X.] aF konnte der Widerspruch keinen Erfolg haben, so dass der angegriffene Beschluss der Markenstelle aufzuheben war.

Da die Anmeldung der angegriffenen Marke am 21. August 2015 und damit zwischen dem 1. Oktober 2009 und dem 14. Januar 2019 eingereicht worden ist, ist gemäß § 158 Abs. 3 [X.] für den gegen die Eintragung erhobenen Widerspruch § 42 Abs. 1 und Abs. 2 [X.] in der bis zum 14. Januar 2019 geltenden Fassung ([X.] aF) anzuwenden.

1. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat bereits im Verfahren vor der Markenstelle des [X.]s mit Schriftsatz vom 2. Juni 2016 die Nichtbenutzungseinrede erhoben und diese auch im Beschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 21. August 2019 ausdrücklich aufrechterhalten.

Die pauschal bzw. undifferenziert erhobene Einrede der Nichtbenutzung ist als zulässige Einrede nach § 125 b [X.]. § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] aF auszulegen, wobei sich die Beurteilung, ob eine Unionsmarke rechtserhaltend benutzt worden ist, nach Art. 15 [X.] richtet. Soweit eine Nichtbenutzungseinrede undifferenziert ohne konkrete Bezeichnung der beiden nach dem Gesetz in § 43 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 [X.] aF grundsätzlich vorgesehenen Einreden erhoben wird, ist dies regelmäßig als Erhebung beider Einreden zu verstehen, soweit die gesetzlichen Voraussetzungen dafür gegeben sind (vgl. [X.], 714 Rn. 23 – [X.]; [X.], 286, 288 – Yosaya/[X.]; vgl. auch [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 43 Rn. 26 m. w. N.). Die Voraussetzungen für die Einrede nach § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.] aF sind vorliegend gegeben, da die fünfjährige Benutzungsschonfrist der am 21. April 2006 eingetragenen [X.] vor der am 8. Mai 2016 erfolgten [X.] der Eintragung der prioritätsjüngeren angegriffenen Marke endete. Demnach hat die Widersprechende die rechtserhaltende Benutzung der Widerspruchsmarke innerhalb der letzten fünf Jahre vor der [X.] der Eintragung der angegriffenen Marke, also in der [X.] vom 8. Mai 2011 bis zum 8. Mai 2016 (gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 [X.]) und innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Entscheidung über den Widerspruch im Beschwerdeverfahren, also in der [X.] vom 24. Februar 2016 bis zum 24. Februar 2021 (gemäß § 43 Abs. 1 Satz 2 [X.]) glaubhaft zu machen. Dazu gehören die Verwendung der Marke nach Art, [X.] und Umfang. Aus den vorgelegten Unterlagen muss sich eindeutig ergeben, in welcher Form, in welchem [X.]raum und in welchem Umfang die Benutzung für welche Waren oder Dienstleistungen erfolgt ist.

Der Inhaber der angegriffenen Marke hat den Vortrag der Widersprechenden unstreitig gestellt, dass die Widerspruchsmarke in den relevanten Benutzungszeiträumen ausschließlich zur Kennzeichnung von "[X.]en" benutzt worden sei. Soweit der Inhaber der angegriffenen Marke in seiner Beschwerdebegründung die weiteren Ausführungen der Markenstelle zu den aufgeworfenen [X.] angreift, ist nicht hinreichend eindeutig, ob er sich auf die dort getroffenen Tatsachenfeststellungen der Markenstelle bezieht oder auf deren rechtliche Wertung. Die Frage kann jedoch als nicht entscheidungserheblich dahingestellt bleiben, da die Einrede der Nichtbenutzung - ausgehend von dem unstreitigen Vortrag der Verfahrensbeteiligten - vollumfänglich durchgreift.

2. Die Marke muss nämlich für die Waren und Dienstleistungen benutzt worden sein, für die sie eingetragen ist. Die Benutzung der Marke für Waren und Dienstleistungen, die gegenüber den Waren und Dienstleistungen, für die sie nach [X.] Schutz beansprucht, lediglich ähnlich sind, ist grundsätzlich ohne Relevanz. Insoweit ist es auch unerheblich, wie groß der Abstand zwischen den nach [X.] beanspruchten und den tatsächlich benutzten Waren und Dienstleistungen ist (vgl. [X.]/Hacker/Thiering, [X.], 13. Aufl., § 26 Rn. 285, 287: "Knapp daneben ist auch vorbei"). Die Frage, ob die mit der Marke tatsächlich gekennzeichneten Waren und Dienstleistungen unter entsprechende Begriffe im Waren- und Dienstleistungsverzeichnis fallen, ist dabei nicht ausschließlich anhand des allgemeinen Sprachgebrauchs zu prüfen. Insoweit ist auch die Fachterminologie zu beachten. Auch die klassenmäßige Einordnung der betreffenden Waren und Dienstleistungen stellt nur ein Indiz für die Beurteilung des betreffenden Produkts dar und ist bei der [X.] nur unterstützend heranzuziehen ([X.], 662 Rn. 14 – Probiotik). Gemessen an diesen Maßstäben handelt es sich entgegen der Auffassung der Markenstelle bei "[X.]en" weder um "[X.] Spielautomaten" noch um "Geräte für Spiele", die von der Widerspruchsmarke in der [X.] beansprucht werden, noch um eine andere Ware der Klassen 9, 28 oder 41, für die die Widerspruchsmarke nach [X.] Schutz beansprucht. Der Senat teilt auch nicht die Auffassung der Widersprechenden, dass ein "[X.]" unter den [X.] "Glücksspielautomat" zu subsumieren und ein "Glücksspielautomat" nur eine besondere Art eines "Geldbetätigten Spielautomaten" sei.

2.1. Der Inhaber der angegriffenen Marke hat zutreffend darauf hingewiesen, dass unter den [X.] "Geräte für Spiele" der [X.] solche Produkte zu subsumieren sind, die dem Spielen dienen. Beim Spielen beschäftigt sich der Mensch zu seinem Vergnügen oder zum [X.]vertreib und allein aus Freude an der Sache selbst mit einer bestimmten Sache. Unter den [X.] "Geräte für Spiele" fallen damit u.a. die vom Inhaber der angegriffenen Marke angeführten Beispiele "Klettergerüste" und "Rutschen". Diese Waren weisen offenkundig keine relevanten Gemeinsamkeiten mit "[X.]en" auf.

2.2. Bei einem "[X.]en" handelt es sich auch nicht um einen "[X.]n Spielautomaten" der [X.].

Ein "[X.]r Spielautomat" ist gleichfalls ein Gerät, mit dem man im Wortsinne "spielen" kann. Bei der Nutzung eines solchen Geräts kommt es daher entscheidend auf den Vorgang des Spielens selbst an, der nach dem Wunsch des Spielenden in der Regel von gewisser Dauer sein soll. Bei der Nutzung eines "[X.]n Spielautomatens" ist der Spieler unmittelbar in den Vorgang des Spielens involviert und kann auf den Spielverlauf einen gewissen Einfluss nehmen. Entsprechende Automaten dienen daher vorrangig dem Vergnügen und dem [X.]vertreib und sind nicht mit einem Geldgewinn verbunden. "[X.] Spielautomaten" offerieren als "Gewinn" allenfalls sogenannte "Freispiele" (also eine Verlängerung des Spielvergnügens). Beispiele für "[X.] Spielautomaten" sind "Flipperautomaten", bei denen der Spieler das Ziel hat, eine Kugel mit Glück und Geschick möglichst lange auf einem abgeschrägten Spielfeld zu halten, oder die in den 80er Jahren weit verbreiteten "Computerspielautomaten". Ein Grenzfall sind sogenannte "Warenspielgeräte", die Sachgewinne versprechen. "Warenspielgeräte" sind beispielsweise Automaten, bei denen der Spieler (meist vergebens) versucht, mit Hilfe eines Greifarms ein Plüschtier aus dem Automaten zu befördern.

Ein "[X.]" ist dagegen ein Gerät, mit dessen Hilfe Sportwetten platziert werden können. Insoweit ersetzt der [X.] die Person, die am Schalter eines Wettbüros Wetten entgegennimmt. Ein "[X.]" ist mit einem Fahrkartenautomaten vergleichbar, der den [X.] ersetzt. Bei einer Sportwette setzt der Kunde einen gewissen Geldbetrag auf ein bestimmtes zukünftiges Ereignis im Bereich des Sports. Sofern dieses Ereignis nicht eintritt, verliert der Kunde seinen Einsatz. Sofern das Ereignis eintritt, erhält der Kunde einen nach einer bestimmten Quote berechneten Gewinnbetrag. Insoweit beziehen sich Sportwetten stets auf zukünftige sportliche Ereignisse, an denen der [X.] nicht selbst beteiligt ist und die er nicht beeinflussen kann. Der "technische" Vorgang des Platzierens der Wette selbst ist dabei nicht das Momentum, auf das sich das Interesse des [X.]n richtet. Das wesentliche Interesse des [X.]n liegt vielmehr darin, durch den richtigen Tipp Geld zu gewinnen. Es entspricht daher dem Interesse des [X.]n, das Platzieren der Wette möglichst effizient zu gestalten. Es erscheint lebensfremd anzunehmen, dass Wettkunden einen [X.]en bevorzugen würden, bei dem sich der Vorgang des Platzierens der Wette besonders zeitaufwändig gestaltet oder bei dem der Benutzer ein hohes Maß an Geschicklichkeit aufbieten muss, um seine Wette überhaupt erfolgreich platzieren zu können. Insofern unterscheidet sich ein "[X.]" sowohl seiner Beschaffenheit als auch seinem Sinn und Zweck nach wesentlich von einem "[X.]n Spielautomaten" der [X.], für den die Widerspruchsmarke nach der [X.] Schutz beansprucht.

Dies verdeutlichen auch die Regelungen zum Jugendschutz. Kinder und Jugendliche dürfen an Spielen mit Gewinnmöglichkeit (Glücksspielen), zu denen auch Sportwetten und die Benutzung von [X.] zählen, nicht teilnehmen. Eine Ausnahme besteht gemäß § 6 Abs. 2 Jugendschutzgesetz nur für Volksfeste und ähnliche Veranstaltungen, allerdings unter der Voraussetzung, dass der Gewinn nur in Waren von geringem Wert besteht. Die Teilnahme an "Sportwetten" und die Benutzung von "[X.]en" ist Kindern und Jugendlichen verboten. Dagegen ist Kindern und Jugendlichen die Nutzung von "[X.]n Spielgeräten" (also Geräten ohne Gewinnmöglichkeit in Geld oder Sachen) nach den Maßgaben des § 13 Jugendschutzgesetz erlaubt. Verstöße gegen die Verbote nach § 6 Abs. 1 Jugendschutzgesetz sind nach § 28 Abs. 1 Nr. 8 Jugendschutzgesetz eine Ordnungswidrigkeit, so dass der angesprochene Verkehr zwischen "[X.]en" und "[X.]n Spielautomaten", die keine Gewinnmöglichkeit in Geld bieten, klar unterscheidet.

Hiervon ausgehend dürften die auf das Erzielen eines Geldgewinns und das effiziente Setzen von Wetten ausgerichteten "[X.]en" als Waren der [X.] qualifiziert werden (vgl. hierzu auch die insoweit vergleichbare Klassifikation für "[X.]" gemäß TM Class "elektronische Terminals zum Ausgeben von Lotterielosen" in der [X.]).

2.3. Auch wenn es hierauf nicht entscheidungserheblich ankommt, weist der erkennende Senat darauf hin, dass es sich auch bei einem "Glücksspielautomaten" (der der [X.] zuzuordnen ist, vgl. [X.], 11. Ausgabe 2021, [X.] 280203), weder um einen "[X.]en" handelt (der wohl [X.] 9 zuzuordnen ist, vgl. [X.], 11. Ausgabe 2021, [X.] 280189), noch um einen "Geldbetätigten Spielautomaten" der [X.]. Aus diesem Grund führt auch der Vortrag der Widersprechenden, dass unter den [X.] der "Geldbetätigten Spielautomaten" der [X.] auch "Glücksspielautomaten" zu subsumieren seien, wobei auch ein "[X.]" nur eine bestimmte Art von "Glücksspielautomat" sei, zu keiner anderen Entscheidung.

Ein "Glücksspielautomat" verspricht dem Spieler die Möglichkeit, einen Geldgewinn zu erzielen. Insofern besteht eine gewisse Gemeinsamkeit mit einem "[X.]en". Jedoch versucht der Spieler bei der Benutzung eines "Glücksspielautomatens" zum einen, (gleichfalls meist vergeblich) das Ergebnis des Spiels zu beeinflussen, indem er etwa den Hebel eines "Einarmigen Banditen" bedient. Darüber hinaus will der Spieler in der Regel - anders als bei der Benutzung eines "[X.]en" - möglichst lange im Spiel bleiben. In dieser Hinsicht weist ein "Glücksspielautomat" eine gewisse Gemeinsamkeit mit einem "Geldbetätigten Spielautomat" auf. Diese Gemeinsamkeiten führen aber nicht dazu, dass der eine [X.] unter den anderen subsumiert werden könnte.

Auch der Hinweis der Widersprechenden auf den Glücksspielstaatsvertrag führt zu keiner anderen Bewertung der Art der betreffenden Waren. Zum einen rechtfertigt allein der Umstand, dass sowohl "Glücksspiele" als auch "Sportwetten" Gegenstand des [X.] sind, nicht ohne Weiteres die Gleichsetzung der hier betroffenen [X.] in markenrechtlicher Hinsicht. Denn die gemeinsame Regulierung im Glücksspielstaatsvertrag resultiert nicht aus der Gleichartigkeit der Waren "[X.]en" und "Glücksspielautomaten", sondern aus der Suchtgefahr, die sowohl von Glücksspielen als auch von Sportwetten ausgeht (vgl. § 1 Nr. 1 Glücksspielstaatsvertrag). Darüber hinaus dürfen nach § 21 Abs. 2 Glücksspielstaatsvertrag in einem Gebäude bzw. in einem Gebäudekomplex, in dem sich eine Spielhalle oder eine Spielbank befinden (also eine Einrichtung, in der "Glücksspielautomaten" bereitgehalten werden), keine Sportwetten vermittelt werden. Es ist demnach verboten, in demselben Gebäudekomplex sowohl "Glücksspielautomaten" als auch "[X.]en" aufzustellen. Insoweit spricht der Glücksspielstaatsvertrag sehr deutlich dafür, dass es sich auch bei "Glücksspielautomaten" und "[X.]en" um verschiedene Waren handelt.

3. Von den Verfahrensbeteiligten hat nur der Inhaber der angegriffenen Marke einen Antrag auf Anberaumung der mündlichen Verhandlung gestellt, den er jedoch mit Schriftsatz vom 2. November 2020 zurückgenommen hat. Die Durchführung der mündlichen Verhandlung erschien auch aus Sicht des Senats nicht erforderlich, § 69 Nr. 3 [X.].

Meta

25 W (pat) 520/19

24.02.2021

Bundespatentgericht 25. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

§ 9 Abs 1 Nr 2 MarkenG, § 43 Abs 1 MarkenG vom 25.10.1994, § 125b Nr 1 MarkenG, § 158 Abs 5 MarkenG

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 24.02.2021, Az. 25 W (pat) 520/19 (REWIS RS 2021, 8431)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2021, 8431

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