Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 6/15 R

1. Senat | REWIS RS 2015, 12383

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Gegenstand

Krankenversicherung - Krankenhaus - Vergütung von Krankenhausbehandlung während notwendiger Verlegungsbemühungen zu weiterführender Diagnostik - unwirtschaftliche Verlängerung der Krankenhausverweildauer - Bestehen von Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit


Leitsatz

1. Die Krankenkasse muss eine notwendige Krankenhausbehandlung ihres Versicherten während erforderlicher Verlegungsbemühungen zu weiterführender Diagnostik vergüten, nicht aber Unwirtschaftliches (Aufgabe von BSG vom 28.11.2013 - B 3 KR 33/12 R = SozR 4-5562 § 9 Nr 5).

2. Kümmert sich ein Krankenhaus unzureichend um die Verlegung eines bei ihm aufgenommenen Versicherten, ist eine unwirtschaftliche Verlängerung seiner Krankenhausverweildauer zu vermuten.

Tenor

Die Revision der Klägerin gegen das Urteil des [X.] vom 20. September 2013 wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt auch die Kosten des Revisionsverfahrens.

Der Streitwert für das Revisionsverfahren wird auf 230,01 Euro festgesetzt.

Tatbestand

1

Die Beteiligten streiten über Krankenhausvergütung.

2

Das Krankenhaus der Klägerin behandelte die bei der beklagten Krankenkasse ([X.]) versicherte [X.] (im Folgenden: Versicherte) vom 22. bis [X.] stationär wegen akuter abdomineller Kolik bei [X.]. Die Klägerin nahm die Versicherte erneut wegen Purpura [X.] mit abdominellen Schmerzen am [X.] auf. Die Klägerin rief am [X.] das [X.] ([X.]) an, da sie eine weiterführende Diagnostik für erforderlich hielt und wartete auf einen Rückruf. Sie verlegte die Versicherte am [X.] in das [X.]. Die Klägerin berechnete für die Behandlung vom 22.7. bis [X.] (ua) die Fallpauschale - Diagnosis Related Group - ([X.]) [X.] mit einem zusätzlichen, die obere [X.] überschreitenden Behandlungstag (Rechnung vom [X.], 2727,60 Euro). Die Beklagte bezahlte die Rechnung (abzüglich eines Betrags für die Anschubfinanzierung nach § 140d [X.]) und ließ den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung ([X.]) die Verweildauer prüfen. Der [X.] zeigte der Klägerin die Prüfung an (14.9.2007). Er hielt nur die Behandlung bis [X.] für medizinisch begründet. Am [X.] habe keine stationäre Behandlungsbedürftigkeit bestanden. Die Entlassung hätte auch am [X.] erfolgen können. Die Beklagte verrechnete deshalb ihren ersten Zahlbetrag und überwies der Klägerin 2495,34 Euro ([X.]). Das [X.] hat die Klage auf Zahlung der Differenz von 230,01 Euro abgewiesen, da eine Verweildauer von 17 Tagen und damit ein Zuschlag für die Überschreitung der oberen [X.] nicht nötig gewesen sei (Urteil vom 5.4.2011). Das L[X.] hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Es habe an der medizinischen Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung gefehlt. Die Klägerin habe sich nicht damit zufrieden geben dürfen, auf einen Anruf aus dem [X.] zu warten, sondern hätte sich aktiv bemühen müssen, die mögliche Verlegung der Versicherten zeitnah sicherzustellen (Urteil vom 20.9.2013).

3

Die Klägerin rügt mit ihrer Revision die Verletzung des § 1 Abs 2 Fallpauschalenvereinbarung ([X.]) 2007 und des [X.] (§ 12 Abs 1; § 70 Abs 1 S 2 [X.]). Es gebiete einem Krankenhaus nicht, die finanziell günstigste Art der Behandlung zu wählen. Die Beklagte sei für die Möglichkeit einer früheren Verlegung beweisfällig geblieben.

4

Die Klägerin beantragt,

        

die Urteile des [X.] vom 20. September 2013 und des [X.] vom 5. April 2011 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin 230,01 Euro nebst Zinsen hierauf in Höhe von 2 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab 9. Januar 2008 zu zahlen,

hilfsweise,

        

das Urteil des [X.] vom 20. September 2013 aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das [X.] zurückzuverweisen.

5

Die Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

6

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Entscheidungsgründe

7

Die zulässige Revision der klagenden [X.] ist unbegründet (§ 170 Abs 1 S 1 SGG). Das [X.] hat zu Recht die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das [X.] hat die Klage rechtmäßig abgewiesen. Die von der Klägerin erhobene (echte) Leistungsklage (§ 54 Abs 5 SGG) ist im hier bestehenden [X.] zulässig (vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 9 mwN; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]), aber unbegründet. Der Klägerin steht wegen der stationären Behandlung der Versicherten neben den von der Beklagten gezahlten 2495,34 Euro kein weitergehender Vergütungsanspruch in Höhe der darüber hinaus geforderten 230,01 Euro und auch kein Zinsanspruch zu (dazu 1.). Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig wegen der Abrechnung des zusätzlichen Behandlungstags auf eine Auffälligkeit zu berufen (dazu 2.).

8

1. Die Klägerin erfüllte nicht die Grundvoraussetzungen eines Anspruchs auf Krankenhausvergütung, indem sie die Versicherte vom 22.7. bis [X.] stationär behandelte. Die Zahlungsverpflichtung einer [X.] entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung - wie hier - in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und zusätzlich iS von § 39 Abs 1 S 2 [X.] erforderlich und wirtschaftlich ist (stRspr, vgl zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], RdNr 11; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]; BSG [X.]-2500 § 109 [X.] RdNr 11; BSG [X.]-5565 § 14 [X.] RdNr 11; [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.]; alle mwN). Diese Voraussetzungen waren nach den nicht mit durchgreifenden [X.] angegriffenen, den Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nur für die Behandlungszeit vom 22.7. bis [X.] erfüllt. Krankenhausbehandlung war danach nämlich bei der Klägerin am [X.] nicht erforderlich. Zudem hatte die Klägerin sich nicht rechtzeitig hinreichend darum gekümmert, dass die Versicherte weiterführende Diagnostik in einem anderen Krankenhaus erhielt. Die Klägerin hätte hierfür bei wirtschaftlicher Behandlungsplanung bereits vor dem [X.] Sorge tragen müssen. Bei einer Verlegung bis zum [X.] hätte die Klägerin - wie bei einer Entlassung bis zu diesem Zeitpunkt - zwar ebenfalls einen Vergütungsanspruch nach der Fallpauschale ([X.]) [X.] (Erkrankungen des retikuloendothelialen Systems, des Immunsystems und Gerinnungsstörungen mit komplexer Diagnose oder äußerst schweren oder schweren [X.], ohne Milzverletzung, ohne Granulozytenstörung oder Alter [X.] 15 Jahre) gehabt, nicht aber Anspruch auf Vergütung eines zusätzlichen Tages wegen Überschreitung der oberen [X.] um einen Tag.

9

Zu Recht sind die Beteiligten darüber einig, dass der Anspruch auf die zusätzliche Vergütung voraussetzt, dass nicht nur die [X.] [X.] abzurechnen war, sondern entsprechend § 1 Abs 2 [X.] 2007 die Vergütung für einen weiteren Behandlungstag wegen Überschreitung der oberen [X.] (dazu a). Die Abrechnung des weiteren [X.] setzt nicht nur voraus, dass die Klägerin die Versicherte an diesem Tag tatsächlich behandelte, sondern auch dass diese Behandlung dem Wirtschaftlichkeitsgebot genügte, weil sie ua erforderlich war (dazu b). Die Verlegung der Versicherten erst am [X.] war aber nicht wirtschaftlich, weil eine frühere Verlegung ausgereicht hätte. Zudem war am [X.] keine Krankenhausbehandlung bei der Klägerin erforderlich (dazu c).

a) Die Höhe der Vergütung für die Behandlung Versicherter im Juli/August 2007 bemisst sich bei [X.]-Krankenhäusern wie jenem der Klägerin nach § 109 Abs 4 S 3 [X.] (idF durch Art 1 [X.] zur Einführung des diagnose-orientierten Fallpauschalensystems für Krankenhäuser vom [X.], [X.] 1412 iVm § 7 S 1 Nr 1 Krankenhausentgeltgesetz <[X.]> idF durch Art 2 [X.] Zweites Fallpauschalenänderungsgesetz <2. [X.]> vom 15.12.2004, [X.] 3429 und § 17b Krankenhausfinanzierungsgesetz <[X.]> idF durch Art 18 [X.] Gesetz zur Stärkung des [X.] in der gesetzlichen Krankenversicherung vom [X.], [X.] 378; vgl entsprechend [X.], 236 = [X.]-5560 § 17b [X.], Rd[X.] f; BSG [X.]-2500 § 109 [X.] Rd[X.]). Der Anspruch wird auf Bundesebene durch [X.] ([X.], [X.]) konkretisiert. Die Spitzenverbände der [X.] (heute der Spitzenverband Bund der [X.]) und der [X.] gemeinsam vereinbaren nach § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 [X.] (idF vom [X.]) mit der [X.] als "Vertragsparteien auf Bundesebene" mit Wirkung für die Vertragsparteien nach § 11 [X.] (idF durch Art 2 [X.] 2. [X.]) einen [X.] einschließlich der Bewertungsrelationen sowie Regelungen zur [X.] und der in Abhängigkeit von diesen zusätzlich zu zahlenden Entgelte oder vorzunehmenden Abschläge. Ferner vereinbaren sie insoweit Abrechnungsbestimmungen in den [X.] auf der Grundlage des § 9 Abs 1 S 1 [X.] [X.] (idF vom [X.]). Die Behandlung der Versicherten wegen leukozystoklastischer [X.], am ehesten Purpura [X.], mit abdominellen Schmerzen, die nach den unangegriffenen Feststellungen des [X.] erfolgte, führt im Grouper zur Fallpauschale ([X.]) [X.] mit einer oberen [X.] von 16 Tagen. Wird die obere [X.] um einen abrechenbaren Tag überschritten, erhöht sich hierfür die Vergütung nach der Regelung des § 1 Abs 2 [X.] 2007: "Ist die Verweildauer eines Patienten oder einer Patientin länger als die obere [X.], wird für den dafür im [X.] ausgewiesenen Tag und jeden weiteren Belegungstag des Krankenhausaufenthalts zusätzlich zur Fallpauschale ein tagesbezogenes Entgelt abgerechnet. Dieses wird ermittelt, indem die für diesen Fall im [X.] ausgewiesene Bewertungsrelation mit dem [X.] multipliziert wird." Wäre die bloße tatsächliche Behandlungsdauer der Versicherten maßgeblich, ergäbe sich für die Klägerin bei Anwendung der Regelung des § 1 Abs 2 [X.] 2007 ein zusätzlich abrechenbarer Belegungstag. Denn die Klägerin behandelte die Versicherte tatsächlich stationär vom 22. bis 30.7. und vom 6. bis [X.]. Dies entspricht (ohne Entlassungs- bzw Verlegungstag, vgl § 1 Abs 7 [X.] 2007) einer gesamten Behandlungsdauer von 17 Tagen und begründet Anspruch auf weitere 230,01 Euro Vergütung. Darüber besteht auch zwischen den Beteiligten kein Streit.

b) Die Vergütung für den abgerechneten zusätzlichen Behandlungstag darf nur erfolgen, wenn die Behandlung auch an diesem Tag und damit die Überschreitung der oberen [X.] um einen Tag erforderlich war. Ein Krankenhaus hat stets, auch bei der Vergütung der Krankenhausbehandlung durch Fallpauschalen, einen Vergütungsanspruch gegen einen Träger der gesetzlichen Krankenversicherung nur für eine erforderliche, wirtschaftliche Krankenhausbehandlung (stRspr, vgl [X.], 111 = [X.]-2500 § 39 [X.], Rd[X.] ff, 27 ff; BSG Urteil vom 1.7.2014 - [X.] KR 62/12 R - [X.]-2500 § 12 [X.] Rd[X.] ff, auch für [X.] vorgesehen; BSG Urteil vom 10.3.2015 - [X.] KR 2/15 R - für [X.] und [X.] vorgesehen, unter Berücksichtigung von Wortlaut, Regelungssystem und Zweck der Vergütung sowie der Entwicklungsgeschichte des Gesetzes). Bei unwirtschaftlicher Behandlung der Versicherten kann die Klägerin allenfalls die Vergütung beanspruchen, die bei [X.] wirtschaftlichem Alternativverhalten angefallen wäre (stRspr, vgl BSG Urteil vom 10.3.2015 - [X.] KR 2/15 R - für [X.] und [X.] vorgesehen; BSG [X.]-2500 § 12 [X.] Rd[X.]6, auch zur Veröffentlichung in [X.] vorgesehen; [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.]). Der erkennende Senat hat dies aus den Rechtsgedanken von § 17b [X.], § 2 Abs 2, § 7 S 1, § 8 Abs 1 und § 9 [X.] sowie dem Regelungssystem des [X.] abgeleitet (vgl [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]6). Insoweit gilt im Ergebnis nichts anderes als bei früheren Abrechnungen nach der [X.] (vgl dazu zB [X.], 172 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] ff, 15 ff; [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.] ff). Soweit der früher auch für das Leistungserbringungsrecht der Krankenhäuser zuständig gewesene 3. Senat hierzu abweichende Formulierungen verwendet hat (vgl BSG [X.]-5562 § 9 [X.] und hierzu bereits 1. Senat BSG [X.]-2500 § 12 [X.] Rd[X.]2, auch für [X.] vorgesehen), gibt der erkennende Senat diese Rechtsprechung klarstellend auf.

Das Wirtschaftlichkeitsgebot zwingt alle Leistungserbringer, auch Krankenhäuser, bei der Behandlungsplanung die Möglichkeit wirtschaftlichen Alternativverhaltens zu prüfen. Die Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots erfordert, dass bei Existenz verschiedener gleich zweckmäßiger, ausreichender und notwendiger Behandlungsmöglichkeiten die Kosten für den gleichen zu erwartenden Erfolg geringer oder zumindest nicht höher sind (stRspr, vgl zB BSG Urteil vom 10.3.2015 - [X.] KR 2/15 R - für [X.] und [X.] vorgesehen; [X.] 113, 231 = [X.]-2500 § 40 [X.], RdNr 16; [X.] 97, 190 = [X.]-2500 § 27 [X.], Rd[X.]6; [X.] 97, 133 = [X.]-2500 § 139 [X.], Rd[X.]0; [X.] 96, 261 = [X.]-2500 § 92 [X.], Rd[X.]0; [X.], [X.] 2010, 193, 197 f mwN). Die Klägerin musste nach diesen Grundsätzen bei Behandlung der Versicherten den gleich geeigneten, aber kostengünstigeren Weg wählen.

c) Die Verlegung der Versicherten erst am [X.] war nicht wirtschaftlich im oben aufgezeigten Sinn. Ausreichend bei gleich zweckmäßiger und notwendiger Behandlung wäre nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) eine frühere Verlegung der Versicherten gewesen, die nach dem Gesamtzusammenhang der Feststellungen des [X.] auch möglich gewesen wäre (dazu [X.]). Zudem war die Krankenhausbehandlung der Versicherten am [X.] nach den den erkennenden Senat bindenden Feststellungen des [X.] (§ 163 SGG) nicht erforderlich (dazu bb).

[X.]) Um die Möglichkeit einer früheren Verlegung der Versicherten zu bejahen, genügt die Feststellung der generellen Möglichkeit, wenn das behandelnde Krankenhaus - wie hier - sich nicht umfassend um eine rechtzeitige Verlegung der Versicherten gekümmert hat. Wie dargelegt gehört es zur gebotenen, vom Wirtschaftlichkeitsgebot geprägten Behandlungsplanung eines Krankenhauses, sich - bei Notwendigkeit weiterführender Diagnostik zur Krankenbehandlung eines Versicherten in einer anderen Klinik - frühzeitig um dessen Verlegung zu kümmern. Bleiben die Bemühungen allerdings trotz intensiver, dokumentierter und sachgerechter Suche zunächst ohne Erfolg und besteht die Notwendigkeit von Krankenhausbehandlung fort, hat die [X.] die hierauf beruhenden Kosten der Krankenhausbehandlung zu tragen. Nicht das behandelnde Krankenhaus, sondern die [X.] tragen die Strukturverantwortung für die Verfügbarkeit adäquater Behandlungskapazitäten der Krankenhäuser. [X.] sich das behandelnde Krankenhaus dagegen nicht oder unzureichend um die Möglichkeit rechtzeitiger Verlegung eines Versicherten, etwa weil es meint, entgegen der Gesetzeslage auf das Wirtschaftlichkeitsgebot und damit auf die Belange der [X.] keine Rücksicht nehmen zu müssen, kann es nicht im Nachhinein mit dem bloßen Vorbringen vor Gericht Ermittlungspflichten auslösen, es hätten keine rechtzeitigen wirtschaftlichen Behandlungsalternativen bestanden. Im Regelfall ist nämlich davon auszugehen, dass für die stationäre, auch qualifizierte Krankenbehandlung in [X.], in der [X.] und im [X.] zeitgerecht ausreichend Kapazitäten zur Verfügung stehen (vgl zur Berücksichtigung der Verantwortungssphäre des Krankenhauses für die Verteilung der objektiven Beweislast bei Vorliegen eines atypischen Falles auch BSG Urteil vom 14.10.2014 - [X.] KR 27/13 R - Juris, RdNr 18 ff, für [X.] und [X.]-2500 § 109 [X.]0 vorgesehen).

Das [X.] hat die generelle Möglichkeit einer zeitgerechten anderweitigen wirtschaftlichen Krankenhausbehandlung der Versicherten in diesem Sinne bejaht. Es hat hierzu ausgeführt, die fehlende Aufnahmebereitschaft des [X.] nicht, dass eine frühere Verlegung nicht doch möglich gewesen wäre, wenn die Klägerin bereits ab dem [X.] - dem Zeitpunkt der dokumentierten Kenntnis der Klägerin von der Notwendigkeit einer weiterführenden Diagnostik in einer anderen Klinik - noch bei anderen Kliniken in der Umgebung vorstellig geworden wäre. Die Ärzte der Klägerin hätten sich nicht damit zufrieden geben dürfen, auf einen Anruf aus dem [X.] zu warten, sondern hätten sich aktiv bemühen müssen, die zeitnahe Verlegung der Versicherten sicherzustellen.

Die Klägerin hat keine prozessuale Rüge gegen diese Feststellungen des [X.] erhoben. Sie beruft sich lediglich auf ihre eigene, abweichende Beweiswürdigung. Hierbei lässt sie außer [X.], dass der erkennende Senat revisionsrechtlich an die in dem angefochtenen Urteil getroffenen tatsächlichen Feststellungen gebunden ist, außer wenn in Bezug auf diese Feststellungen zulässige und begründete Revisionsgründe vorgebracht sind (§ 163 SGG). Am Vortrag von gegen die Feststellungen des [X.] eingreifenden [X.] fehlt es indes.

bb) Das [X.] hat zudem ausdrücklich festgestellt, dass die medizinische Notwendigkeit der Krankenhausbehandlung für den zusätzlichen 17. Belegungstag fehlte. Es hat zutreffend darauf verwiesen, dass Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit iS des § 39 [X.] besteht, wenn ein Versicherter aus medizinischen Gründen auf die besonderen Mittel eines Krankenhauses angewiesen ist (vgl [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]2). Die getroffene Feststellung des [X.] entsprach nicht nur der Einschätzung des [X.]. Das [X.] hat sie auch damit untermauert, dass die Weiterbehandlung der Versicherten bei der Klägerin bis zum [X.] nur mit Behandlungsprozeduren in erheblichen Zeitabständen erfolgte. Die Klägerin hat keine prozessuale Rüge gegen diese Feststellungen des [X.] erhoben. Sie beruft sich - insoweit unzulässig - lediglich auf ihre eigene, abweichende Beweiswürdigung.

2. Der Beklagten war es nicht verwehrt, sich rechtzeitig wegen der Abrechnung des die obere [X.] übersteigenden [X.] auf eine Auffälligkeit zu berufen (vgl zB auch [X.], 181 = [X.]-2500 § 109 [X.], Rd[X.]8), die die [X.] zur Einleitung einer Abrechnungsprüfung unter Anforderung einer gutachtlichen Stellungnahme des [X.] berechtigte (vgl zum Begriff der Auffälligkeit [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], RdNr 18). Die [X.] betrifft regelmäßig Fälle, in denen die [X.] - wie hier - Zweifel daran haben kann, dass das Krankenhaus seine Leistung unter Beachtung des Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 [X.]) erbracht hat (vgl zur Befugnis der [X.], die Wirtschaftlichkeit der Krankenhausbehandlung zu überprüfen, zB [X.], 15 = [X.]-2500 § 109 [X.]; BSG Urteil vom 1.7.2014 - [X.] KR 62/12 R - für [X.] und [X.]-2500 § 12 [X.] vorgesehen). Sie beachtete auch die Prüfungsvoraussetzungen gemäß § 275 Abs 1 Nr 1 [X.] (idF durch Art 1 Nr 6b FPG), § 275 Abs 1c [X.] (idF durch Art 1 [X.] Buchst a GKV-WSG vom [X.], [X.] 378, [X.]). Auf die Dauer der Prüfbearbeitung des medizinischen Dienstes kommt es hierbei nicht an (vgl hierzu [X.] 112, 141 = [X.]-2500 § 275 [X.], Rd[X.]6).

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs 1 S 1 Teils 3 SGG iVm § 154 Abs 2 VwGO. Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs 1 S 1 Teils 1 SGG iVm § 63 Abs 2, § 52 Abs 1 und 3 sowie § 47 Abs 1 GKG.

Meta

B 1 KR 6/15 R

21.04.2015

Bundessozialgericht 1. Senat

Urteil

Sachgebiet: KR

vorgehend SG Potsdam, 5. April 2011, Az: S 3 KR 156/08, Urteil

§ 12 Abs 1 SGB 5, § 39 Abs 1 S 2 SGB 5, § 109 Abs 4 S 3 SGB 5 vom 23.04.2002, § 17b KHG vom 26.03.2007, § 2 Abs 2 KHEntgG, § 7 S 1 Nr 1 KHEntgG vom 23.04.2002, § 8 Abs 1 KHEntgG, § 9 Abs 1 S 1 Nr 1 KHEntgG 2007 vom 23.04.2002, § 9 Abs 1 S 1 Nr 3 KHEntgG vom 23.04.2002, § 1 Abs 2 KFPVbg, § 1 Abs 7 KFPVbg 2007

Zitier­vorschlag: Bundessozialgericht, Urteil vom 21.04.2015, Az. B 1 KR 6/15 R (REWIS RS 2015, 12383)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2015, 12383

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