Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2000, Az. X ZB 13/00

X. Zivilsenat | REWIS RS 2000, 977

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BUNDESGERICHTSHOFBESCHLUSSX ZB 13/00vom5. Oktober 2000in der [X.] des [X.] hat am 5. Oktober 2000durch [X.] Jestaedt als Vorsitzenden, [X.] Melullis,Scharen, [X.] und die Richterin [X.]:Auf die weitere sofortige Beschwerde des Beklagten wird der Be-schluß des 3. Zivilsenats des [X.] in[X.] vom 8. Mai 2000 aufgehoben.Der Rechtsstreit wird zur anderweiten Entscheidung, auch über [X.] der weiteren sofortigen Beschwerde, an das Oberlandesge-richt zurückverwiesen.Gründe:[X.] Durch Versäumnisurteil des [X.] vom 24. September 1999 istder Beklagte verurteilt worden, 132.866,60 DM nebst 9 % Zinsen seit [X.] September 1998 an die Klägerin zu zahlen. Nach dem Inhalt der [X.] vom 5. Oktober 1999 wurde ihm das Versäumnisurteil durchNiederlegung zur Post unter der Anschrift seiner Tochter, zu der seine Post- 3 -infolge eines [X.] umgeleitet wurde, zugestellt. In der Ur-kunde ist vermerkt, daß die Benachrichtigung über die Zustellung in den Post-kasten der Tochter des Beklagten eingeworfen worden sei.Am 23. Dezember 1999 hat der Beklagte gegen das [X.] einlegen lassen und zugleich beantragt, ihm wegen der Versäumungder Einspruchsfrist Wiedereinsetzung zu gewähren. Sowohl von der zugrunde-liegenden Klage als auch von dem ergangenen Versäumnisurteil habe er ersterfahren, nachdem er durch seine Bank am 10. Dezember 1999 [X.] hingewiesen worden sei, daß auf seinem Motorschiff eine Zwangshy-pothek zugunsten der Klägerin eingetragen worden sei, und daraufhin weitereNachforschungen angestellt habe. Seine Tochter habe weder am [X.] noch am 5. Oktober 1999 eine Nachricht über die Niederlegung [X.] erhalten. Im Zusammenhang mit seinem Wiedereinsetzungsan-trag hat er weiter eine eidesstattliche Versicherung seiner Tochter beigefügt,nach deren Inhalt diese weder am 3. September 1999 - dem für die [X.] Klage ebenfalls durch Niederlegung auf der [X.] vermerk-ten [X.] - noch am 5. Oktober 1999 eine Benachrichtigung über [X.] eines Schriftstückes erhalten hat. Ferner hat er sich zum Beweisauf das Zeugnis seiner Tochter bezogen.Das [X.] hat die Tochter des Beklagten als Zeugin gehört. [X.] vom 17. Februar 2000 hat es den Wiedereinsetzungsantrag zurück-gewiesen. Die gegen diese Entscheidung gerichtete sofortige Beschwerde istdurch den jetzt mit der weiteren sofortigen Beschwerde angefochtenen Be-schluß des [X.] in [X.] zurückgewiesenworden. Dieses hat es wie das [X.] nicht als glaubhaft gemacht ange-- 4 -sehen, daß die Tochter des Beklagten den [X.] nicht inihrem Postkasten vorgefunden habe. Ein eventuelles Fehlverhalten [X.] müsse der Beklagte aber gegen sich gelten lassen, weil sie infolge deserteilten [X.] wie seine [X.] zu [X.] sei.I[X.] Die weitere sofortige Beschwerde ist zulässig (§§ 577, 568 a, 547ZPO). Sie ist auch begründet und führt zur Zurückverweisung der Sache andas [X.]. Die von diesem getroffenen Feststellungen tragen sei-ne Auffassung nicht, der Beklagte habe nicht glaubhaft gemacht, ohne seinVerschulden an der Einhaltung der Einspruchsfrist verhindert gewesen zu sein(§§ 233, 236, 238 ZPO).1. Nach dem Inhalt der eidesstattlichen Versicherung der Tochter [X.] und deren Bekundung vor dem [X.] ist hinreichend wahr-scheinlich, daß diese weder die Benachrichtigung über die Zustellung der [X.] noch die über die Zustellung des Versäumnisurteils erhalten hat. Gründe,die der Glaubwürdigkeit dieser Angaben entgegenstehen könnten, haben we-der das [X.] noch das [X.] festgestellt. Zur Begründung,daß diese Angaben zur Glaubhaftmachung nicht genügten, haben sie alleinangeführt, daß sie mit dem Inhalt der Postzustellungsurkunde nicht in [X.] bringen seien und damit ein unauflösbarer Widerspruch verbleibe; das wirkesich mit Blick auf die Beweiskraft der öffentlichen Urkunde zum Nachteil [X.] aus. Mit dieser Würdigung haben die Tatrichter die Anforderungenan die Glaubhaftmachung der fehlenden Sorgfaltspflichtverletzung überspannt.Allerdings begründet die Postzustellungsurkunde als öffentliche Urkunde nachden §§ 418, 415 ZPO den Beweis für die darin beurkundeten Tatsachen, hier- 5 -also der ordnungsgemäßen Zustellung, die den Einwurf der [X.] den Postkasten einschließt. Der insoweit mit der Urkunde zu führende [X.] kann jedoch, wie sich aus Abs. 2 des § 418 ZPO ergibt, durch einen [X.] erschüttert werden. Entsprechendes gilt für die im Rahmen [X.] erforderliche Glaubhaftmachung. Für die Frage, ob den [X.] zu stellenden Anforderungen genügt ist, bedarf es einer umfassendenWürdigung, in der der Beweiskraft der Urkunde die der [X.] und beide gegeneinander abzuwägen sind. Für diese [X.]würdigung ist der Hinweis auf die von der Urkunde ausgehende [X.] allein nicht ausreichend. Zu Recht weist die sofortige Beschwerde daraufhin, daß andernfalls der gesetzlich vorgesehene und eröffnete [X.] nicht geführt werden könnte. Im Rahmen der Würdigung ist [X.] eine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem zum Gegenbeweisangebotenen Beweismitteln und der von ihnen ausgehenden Überzeugungs-kraft. Das setzt bei der Würdigung eines Zeugenbeweises insbesondere dann,wenn dessen Ergebnis wie hier mit dem Inhalt der Urkunde unvereinbar [X.], auch eine Auseinandersetzung mit den [X.] voraus,die die Tatrichter hier bisher nicht getroffen haben. Das wird nachzuholen sein.2. Die vom [X.] getroffene, im Ergebnis das Wiederein-setzungsgesuch zurückweisende Entscheidung stellt sich auch nicht aus ande-ren Gründen als richtig dar. Nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand kannim Verfahren der weiteren Beschwerde mangels hinreichender tatrichterlicherFeststellungen von einer fehlenden Glaubwürdigkeit der Tochter des [X.] ausgegangen werden. Aufgrund der bisherigen Beweislage ist in diesemVerfahren daher zugrunde zu legen, daß sie von den Benachrichtigungen [X.] Kenntnis erlangt hat, zumal auch im Hinblick auf die getroffenen [X.] 6 -rungsmaßnahmen der Einwurf einer Benachrichtigung nicht zwangsläufig be-deutet, daß er auch zur Kenntnis der Tochter des Beklagten gelangt sein muß.Auch bei völlig einwandfreier [X.] ist es gelegentlich unver-meidbar, daß ein hinterlassener Benachrichtigungszettel verlorengeht. So [X.] etwa auch zwischen Werbematerial geraten, mit dem schon bei [X.] zu rechnen ist und das nicht immer sorgfältig durchgesehen wird, [X.] dies dem Empfänger vorzuwerfen ist.Eine damit nach dem derzeitigen Sach- und Streitstand allenfalls festzu-stellende Unkenntnis der Tochter des Beklagten von dem [X.] verletzt die von einer Prozeßpartei zu fordernde Sorgfalt allein nochnicht, wie der [X.] bereits entschieden hat (Beschl. v.15.06.1994 - [X.], [X.] 1994, 1035 = NJW 1994, 2898). Insoweit bedarfes vielmehr des [X.] weiterer Umstände, die hier nicht festgestelltsind. Da nach ihren - im gegenwärtigen Stadium des Verfahrens nicht zu wi-derlegenden - Angaben bereits die Zustellung der Klage die Tochter des [X.] nicht erreicht hat, bestand auf ihrer Seite kein Anlaß, in verstärktemUmfang mit der Zustellung entsprechender Schriftstücke zu rechnen, wobeihier noch hinzukam, daß zwischen den Parteien des Rechtsstreits bereits [X.] anhängig war, vor dessen Hintergrund es aus ihrerSicht verständlich war, wenn sie annahm, daß auch die weitere Korrespondenzmit dem für dieses Verfahren bestellten Anwalt geführt würde. Die für die Si-cherung des Zuganges von Schriftstücken erforderlichen Maßnahmen hat [X.] des Klägers getroffen. Nach ihren Angaben, auf die das [X.] nicht weiter eingegangen ist, war der Briefkasten verschlossen und ih-rem minderjährigen Kind nicht zugänglich. Anhaltspunkte dafür, daß sie miteinem Zugriff Dritter auf ihre Post hat rechnen müssen, sind weder geltend ge-- 7 -macht noch festgestellt worden. Sonstige fehlerhafte Vorkehrungen zum [X.] von Postsendungen sind der Tochter des Beklagten nach dem derzeitigenSach- und Streitstand nicht vorzuwerfen. Bei dieser Sachlage kann allein in [X.] eine Sorgfaltspflichtverletzung auf seiten der Tochter des [X.] nicht gesehen werden; für eine Sorgfaltspflichtverletzung durch den [X.] selbst fehlt es an jedem Anhaltspunkt.3. Die Zurückverweisung gibt dem Berufungsgericht Gelegenheit, derFrage nachzugehen, ob eine Zustellung durch Niederlegung unter der [X.] nach § 182 ZPO zulässig war.JestaedtMelullisScharen[X.]Mühlens

Meta

X ZB 13/00

05.10.2000

Bundesgerichtshof X. Zivilsenat

Sachgebiet: ZB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 05.10.2000, Az. X ZB 13/00 (REWIS RS 2000, 977)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2000, 977

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