Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2017, Az. 27 W (pat) 36/13

27. Senat | REWIS RS 2017, 16410

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Gegenstand

Markenbeschwerdeverfahren - Löschungsverfahren - "Turnschuh (Bildmarke) - BGH weist das Verfahren an das BPatG zurück - Versagung des rechtlichen Gehörs durch das DPMA - Aufhebung des Beschlusses und Zurückverweisung an das DPMA


Tenor

In der Beschwerdesache

betreffend die Marke [X.] 007

(hier Löschung [X.])

hat der 27. Senat ([X.]) durch die Vorsitzende Richterin [X.], den Richter [X.] und die Richterin [X.] am 31. Januar 2017

beschlossen:

Der Beschluss des [X.], Markenabteilung 3.4, vom 7. März 2013 wird aufgehoben. Die Sache wird zur Fortsetzung des Löschungsverfahrens an das [X.] zurückverwiesen.

Gründe

I.

1

Gegen die am 26. Februar 1990 angemeldete und am 19. März 1992 nach Abschluss eines Widerspruchverfahrens eingetragene Marke [X.] 65000725, deren Schutzdauer bis 29. Februar 2020 verlängert ist, hat die Antragstellerin am 17. November 2011 Löschungsantrag gestellt.

2

Auf die ihr am 30. November 2011 zugestellte Mitteilung nach § 54 Abs. 3 Satz 1 [X.] hat die Inhaberin der angegriffenen Marke dem Löschungsantrag am 23. März 2012widersprochen.

3

Die Markenabteilung hat mit Beschluss vom 7. März 2013 den Löschungsantrag als unzulässig zurückgewiesen, weil die Antragstellerin ihren Antrag im Zusammenhang mit den absoluten Schutzhindernissen des § 8 [X.] nicht ausreichend konkretisiert habe, um die Zulässigkeit des Antrags unter dem Gesichtspunkt des § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] prüfen zu können. Eine Begründung ihres Löschungsantrags habe die Antragstellerin weder mit dem formularmäßigen Antrag eingereicht noch später im Verfahren, in dem es allein um die Frage fristgemäßen Widerspruchs der Markeninhaberin gegangen sei, nachgereicht.

4

Die dagegen eingelegte Beschwerde der Antragstellerin hat der Senat mit Beschluss vom 1. Juli 2014 zurückgewiesen. Der Löschungsantrag sei unzulässig, weil die Antragstellerin ihren Löschungsantrag nicht hinreichend begründet habe. Es sei nicht ausreichend, dass sie im amtlichen Formblatt als Löschungsgrund das Feld "Die Marke ist entgegen § 8 [X.] eingetragen worden (§ 50 Abs. 1 i. V. m. § 8 [X.])" angekreuzt habe. Vorliegend sei die in § 50 Abs. 2 Satz 2 [X.] geregelte zehnjährige Frist für Anträge abgelaufen gewesen, mit denen Löschungsgründe im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 1, 2 oder 3 [X.] hätten geltend gemacht werden können. Anträge auf Löschung der am 19. März 1992 eingetra-genen Marke wegen absoluter Schutzhindernisse im Sinne von § 8 [X.] hätten daher nur auf die Löschungsgründe gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 4 bis 10 [X.] gestützt werden können. Dies sei nicht geschehen. Die Antragstellerin habe im Löschungsantrag keinen konkreten Löschungsgrund angegeben, sondern lediglich angekreuzt, dass "die Marke entgegen § 8 [X.] eingetragen" sei. Der Umstand, dass im Antragsformular keine weiteren Angaben verlangt worden seien, entbinde die Antragstellerin nicht davon, den Umfang der Prüfung durch Benennung der ihrer Meinung nach bestehenden Schutzhindernisse zu bestimmen. Das [X.] sei nicht gehalten gewesen, durch einen Hinweis im noch laufenden Amtsverfahren eine Festlegung auf einen Löschungsgrund zu bewirken. Die Antragstellerin könne nicht im Beschwerdeverfahren erstmals vortragen, ihr Antrag werde auf Bösgläubigkeit im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] gestützt. Eine Prüfung der Unzulässigkeit des Löschungsantrags sei schließlich nicht durch § 54 Abs. 2 Satz 2 [X.] ausgeschlossen gewesen.

5

Der [X.] (Beschluss vom 11. Februar 2016 - [X.]) hat die zugelassene Rechtsbeschwerde der Löschungsantragstellerin für begründet erachtet und unter Aufhebung des Beschlusses des Senats die Sache zurückverwiesen.

6

Denn das [X.] habe den Antrag rechtsfehlerhaft als unzulässig zurückgewiesen, weil es der Antragstellerin zuvor keine Gelegenheit gegeben habe, den bestehenden Begründungsmangel zu beheben. Gemäß § 59 Abs. 2 [X.] habe das [X.] einem Verfahrensbeteiligten innerhalb einer bestimmten Frist Gelegenheit zur Äußerung zu geben, wenn die Entscheidung auf Umstände gestützt wird, die dem Verfahrensbeteiligten noch nicht mitgeteilt waren. Die Bestimmung des Art. 103 Abs. 1 GG garantiere den Beteiligten eines gerichtlichen Verfahrens, dass sie Gelegenheit erhalten, sich zu dem einer gerichtlichen Entscheidung zugrundeliegenden Sachverhalt vor Erlass der Entscheidung zu äußern. Es stelle jedoch eine Versagung des rechtlichen Gehörs dar, wenn das Gericht ohne vorherigen Hinweis Anforderungen an den Sachvortrag stellt oder auf rechtliche Gesichtspunkte abstellt, mit denen auch ein gewissenhafter und kundiger Verfahrensbeteiligter - selbst unter Berücksichtigung der Vielzahl vertretbarer Rechtsauffassungen - nach dem bisherigen [X.] nicht zu rechnen brauchte, weil dies im Ergebnis der Verhinderung des Vortrags eines Verfahrensbeteiligten gleichkomme. Nach diesen für das markenrechtliche Löschungsverfahren entsprechend geltenden Grundsätzen sei das [X.] gehalten gewesen, die Antragstellerin auf die Mängel des Löschungsantrags hinzuweisen. Das verstoße nicht gegen die Neutralitätspflicht des [X.], da nach der ständigen Rechtsprechung des [X.] auch von Zivilgerichten die Kläger auf Mängel beim notwendigen Inhalt der Klageschrift hinzuweisen seien, was auch im markenamtlichen Löschungsverfahren im Hinblick auf den notwendigen Inhalt des Antrags gemäß § 54 Abs. 1 [X.] gelte.

II.

7

Die Beschwerde der Antragstellerin ist zulässig und begründet.

8

Denn nach den Ausführungen des [X.] hätte die Löschungsantragstellerin zur Wahrung rechtlichen Gehörs auf [X.] hingewiesen werden müssen, um ihr Gelegenheit zu geben, sich auf die absoluten Schutzhindernisse gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 10 [X.] zu stützen. Sie hätte dann nach ihrem Vortrag den Gesichtspunkt einer bösgläubigen Markenanmeldung im Sinne von § 8 Abs. 2 Nr. 10 [X.] konkretisiert und - wie im Rechtsbeschwerdeverfahren mit Schriftsatz vom 2. April 2015 unter [X.]) angedeutet - im Einzelnen dargelegt, dass die angegriffene Marke in Kenntnis des Besitzstandes des [X.] Unternehmens [X.] zum Zwecke der [X.] rung dieses Unternehmens angemeldet worden sei.

9

Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass das [X.] bei Berücksichtigung dieser Umstände zu einer anderen Beurteilung der Zulässigkeit des Löschungsantrags gelangt wäre, ist auf übereinstimmende Ansicht der Parteien der Beschluss vom 7. März 2013 gem. § 70 Abs. 3 Nr. 1 [X.] aufzuheben und die Sache zurückzuverweisen.

Meta

27 W (pat) 36/13

31.01.2017

Bundespatentgericht 27. Senat

Beschluss

Sachgebiet: W (pat)

Zitier­vorschlag: Bundespatentgericht, Beschluss vom 31.01.2017, Az. 27 W (pat) 36/13 (REWIS RS 2017, 16410)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 16410


Verfahrensgang

Der Verfahrensgang wurde anhand in unserer Datenbank vorhandener Rechtsprechung automatisch erkannt. Möglicherweise ist er unvollständig.

Az. I ZB 87/14

Bundesgerichtshof, I ZB 87/14, 11.02.2016.


Az. 27 W (pat) 36/13

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 36/13, 31.01.2017.

Bundespatentgericht, 27 W (pat) 36/13, 01.07.2014.


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