Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2020, Az. 4 BN 10/20

4. Senat | REWIS RS 2020, 4132

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Gegenstand

Anforderungen an die öffentliche Auslegung im Bebauungsplanverfahren; inhaltliche Fehler


Tenor

Die Beschwerde der Antragsteller gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des [X.] vom 17. Dezember 2019 wird zurückgewiesen.

Die Antragsteller tragen die Kosten des Beschwerdeverfahrens als Gesamtschuldner.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 20 000 € festgesetzt.

Gründe

1

Die auf § 132 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützte Beschwerde hat keinen Erfolg.

2

1. Die Rechtssache hat nicht die grundsätzliche Bedeutung, die ihr die Antragsteller beimessen.

3

Grundsätzlich bedeutsam im Sinne des § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO ist eine Rechtssache, wenn in dem angestrebten Revisionsverfahren die Klärung einer bisher höchstrichterlich ungeklärten, in ihrer Bedeutung über den der Beschwerde zu Grunde liegenden Einzelfall hinausgehenden, klärungsbedürftigen und entscheidungserheblichen Rechtsfrage des revisiblen Rechts (§ 137 Abs. 1 VwGO) zu erwarten ist. In der Beschwerdebegründung muss dargelegt (§ 133 Abs. 3 Satz 3 VwGO), also näher ausgeführt werden, dass und inwieweit eine bestimmte Rechtsfrage des revisiblen Rechts im allgemeinen Interesse klärungsbedürftig und warum ihre Klärung in dem beabsichtigten Revisionsverfahren zu erwarten ist (stRspr, vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 2. Oktober 1961 - 8 B 78.61 - BVerwGE 13, 90 <91> und vom 14. Oktober 2019 - 4 [X.] - [X.] 2020, 173 Rn. 4).

4

a) Die Beschwerde hält für grundsätzlich klärungsbedürftig,

ob die Bekanntmachung der Offenlage nach § 3 Abs. 2 Satz 2 BauGB nicht nur dann unzulänglich ist, wenn sie gebotene Bestandteile nicht enthält, sondern auch dann, wenn sie bereits - ob notwendig oder nicht - über Inhalte des aktuellen [X.] Mitteilungen enthält, die inhaltlich falsch sind?

5

Die Frage führt nicht zur Zulassung der Revision. Es kann offenbleiben, ob sie sich in dem angestrebten Revisionsverfahren überhaupt stellen würde. Der Verwaltungsgerichtshof hat nämlich mit bindender Wirkung für den Senat (§ 137 Abs. 2 VwGO) festgestellt, dass in der Bekanntmachung die wesentlichen Planungsziele richtig umschrieben worden seien ([X.] Rn. 22), während er von einer von den Antragstellern unterstellten abschließenden Wiedergabe des Inhalts des Bebauungsplans in der Bekanntmachung nicht ausgegangen ist. Sie ist jedenfalls nicht klärungsbedürftig. Denn in der Rechtsprechung des Senats ist anerkannt, dass die öffentliche Bekanntmachung grundsätzlich keine Zusätze oder Einschränkungen enthalten darf, die geeignet sein könnten, auch nur einzelne an der Bauleitplanung interessierte Bürger von der Erhebung von Stellungnahmen abzuhalten (BVerwG, Beschluss vom 27. Mai 2013 - 4 [X.] 28.13 - [X.] 2013, 580 Rn. 7). Einen hierüber hinausgehenden fallübergreifenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf. Ob die Anstoßwirkung verfehlt wird, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, mit denen sich der Verwaltungsgerichtshof auseinandergesetzt hat.

6

b) Keiner grundsätzlichen Klärung bedarf ferner,

ob eine Offenlage dann fehlerhaft und unzulänglich ist, wenn offengelegte Informationen fehlerhaft sind, die jeweiligen Fehler aber nicht in allen Bestandteilen der Offenlage erscheinen, wenn also in unterschiedlichen Bestandteilen der Offenlage derselbe Sachverhalt unterschiedlich - richtig und falsch - dargestellt ist.

7

Die Fragestellung bedarf der Präzisierung. Da sie sich auf die Feststellung des Verwaltungsgerichtshofs bezieht, dass in der Begründung zu dem ausgelegten Entwurf auf Seite 27 unter "Entwicklungskonzept [X.], Anbindung Freizeitanlagen" und auf Seite 29 unter "[X.]" als Schemaskizze jeweils keine privaten Grünflächen dargestellt sind ([X.] Rn. 24), wäre allenfalls klärungsbedürftig, ob die Auslegung nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB fehlerhaft ist, wenn die ausgelegte Entwurfsbegründung inhaltliche Fehler aufweist. Die so konkretisierte Frage ist zu verneinen, ohne dass es der Durchführung eines Revisionsverfahrens bedarf. Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 BauGB sind die Entwürfe der Bauleitpläne mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist öffentlich auszulegen. Erforderlich ist, dass die Entwürfe und Stellungnahmen vollständig und für jedermann in zumutbarer Weise zugänglich sind ([X.], in: [X.]/[X.]/[X.]/[X.], BauGB, Stand Mai 2020, § 3 Rn. 39), nicht indessen, dass sie in jeder Hinsicht fehlerfrei sind. Das gilt namentlich für die Planbegründung, die in diesem Stadium des Verfahrens der Erläuterung des [X.] dient und die, um - später - eine zureichende Begründung des endgültig beschlossenen Bauleitplans zu sein, im weiteren Verlauf des [X.] noch zu ändern oder zu ergänzen ist, wenn der Plan nach der Auslegung in wesentlichen Punkten geändert oder ergänzt wird oder wenn - auch ohne Änderung des Plans - Gesichtspunkte hervortreten, deren planerische Bewertung und Behandlung der Begründung bedürfen ([X.], in: [X.] Kommentar zum BauGB, Stand April 2020, § 3 Rn. 17 S. 13, 14; zum Unterschied zwischen Entwurfsbegründung und Planbegründung siehe BVerwG, Urteil vom 5. Juli 1974 - 4 [X.] 50.72 - BVerwGE 45, 309 <330 f.>). Des Weiteren können auch offensichtliche Unrichtigkeiten klargestellt werden.

8

c) Nicht zur Zulassung der Grundsatzrevision führt schließlich auch die Frage,

ob die der Abwägung zugrundeliegende Annahme einer bereits bestehenden rechtlichen Absicherung dessen, was u.a. Gegenstand der Planung ist, dann, wenn die rechtliche Absicherung erst noch hergestellt werden muss, zur Fehlerhaftigkeit der Abwägung führt,

denn sie ist ungeachtet ihrer abstrakten Formulierung auf die Umstände des Einzelfalls bezogen und einer verallgemeinerungsfähigen Klärung nicht zugänglich. Die Anforderungen, die an die Abwägung nach § 1 Abs. 7, § 2 Abs. 3 BauGB zu stellen sind, sind im Übrigen in der Rechtsprechung des Senats hinreichend geklärt (vgl. BVerwG, Urteil vom 12. Dezember 1969 - 4 [X.] 105.66 - BVerwGE 34, 301) und wurden vom Verwaltungsgerichtshof seiner Entscheidung zugrunde gelegt ([X.] Rn. 26 f.). Einen darüber hinausgehenden Klärungsbedarf zeigt die Beschwerde nicht auf.

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2. Verfahrensfehler, auf denen die vorinstanzliche Entscheidung beruhen kann (§ 132 Abs. 2 Nr. 3 VwGO), liegen ebenfalls nicht vor. Es kann nicht festgestellt werden, dass der Verwaltungsgerichtshof den Anspruch der Antragsteller auf rechtliches Gehör (§ 108 Abs. 2 VwGO, Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt hat.

Ein Verstoß gegen das Gebot, rechtliches Gehör zu gewähren, liegt vor, wenn das Gericht seiner Verpflichtung, die für die Entscheidung erheblichen Ausführungen der Beteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht nachkommt (vgl. [X.], Beschluss vom 17. November 1992 - 1 BvR 168/89 u.a. - [X.]E 87, 363 <392>; BVerwG, Urteile vom 29. November 1985 - 9 [X.] 49.85 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 177 und vom 20. November 1995 - 4 [X.] 10.95 - [X.] 310 § 108 VwGO Nr. 267 S. 22 f., jeweils m.w.[X.]). Daraus folgt aber keine Verpflichtung des Gerichts, jeglichen Vortrag in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu bescheiden (BVerwG, Beschluss vom 21. Februar 2000 - 9 B 57.00 - juris Rn. 8). Vielmehr ist regelmäßig davon auszugehen, dass ein Gericht das von ihm entgegengenommene Vorbringen auch zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen hat. Anderes gilt nur dann, wenn besondere Umstände deutlich ergeben, dass das Gericht ein bestimmtes Vorbringen nicht berücksichtigt hat. Zudem verpflichten Art. 103 Abs. 1 GG und § 108 Abs. 2 VwGO die Gerichte nicht dazu, der Rechtsansicht einer Partei zu folgen ([X.], Urteil vom 7. Juli 1992 - 1 BvL 51/86 u.a. - [X.]E 87, 1 <33>).

Vor diesem Hintergrund erweist sich die Rüge der Antragsteller als unbegründet, der Verwaltungsgerichtshof habe sich mit ihrem Vortrag nicht auseinandergesetzt, wonach die Antragsgegnerin in der Abwägung von unzutreffenden Geländeverhältnissen ausgegangen sei, weil sie angenommen habe, dass das Grundstück der Antragsteller höher gelegen sei als die angrenzende private Grünfläche, von welcher aus die Antragsteller den Übertritt von Oberflächenwasser befürchteten. Bereits im Tatbestand des angefochtenen Urteils (Rn. 5) ist der Einwand der Antragsteller wiedergegeben, dass die Oberflächenentwässerung sowohl vom Grundstück 13 als auch von der Grünfläche [X.]. 44/2 u.a. infolge der hier anzutreffenden topografischen Verhältnisse zu Lasten des Grundstücks der Antragsteller gehe. Unter Rn. 30 und 34 des Urteils hat der Verwaltungsgerichtshof den Einwand aufgegriffen, er hat sich aber der Auffassung der Antragsteller unter Würdigung der im Planungsverfahren eingeholten Stellungnahmen des [X.] vom 3. April 2018 sowie des [X.] vom 16. April 2018 ([X.] Rn. 32) und der Erläuterungen eines Sachbearbeiters des [X.] sowie eines Vertreters des Planungsbüros der Antragsgegnerin in der mündlichen Verhandlung ([X.] Rn. 33) insbesondere zur Lage und Ausgestaltung des Entwässerungsgrabens nicht anzuschließen vermocht. Damit ist der Einwand der Antragsteller hinreichend bedient worden.

3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2, § 159 Satz 2 VwGO, die Festsetzung des Streitwerts aus § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.

Meta

4 BN 10/20

14.09.2020

Bundesverwaltungsgericht 4. Senat

Beschluss

Sachgebiet: BN

vorgehend Bayerischer Verwaltungsgerichtshof, 17. Dezember 2019, Az: 2 N 18.1804, Urteil

§ 3 Abs 2 S 2 BauGB

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 14.09.2020, Az. 4 BN 10/20 (REWIS RS 2020, 4132)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2020, 4132

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