Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.08.2022, Az. XII ZB 471/21

12. Zivilsenat | REWIS RS 2022, 4768

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Gegenstand

Abrechnungszeitraum für Betreuervergütung nach Betreuerwechsel


Leitsatz

Nach einem Betreuerwechsel beginnt der Abrechnungszeitraum für die Betreuervergütung des § 9 Satz 1 VBVG (ab 1. Januar 2023 § 15 Abs. 1 Satz 1 VBVG) mit der Wirksamkeit der Bestellung des neuen Betreuers (im Anschluss an BGH, Beschluss vom 25. Mai 2011 - XII ZB 440/10, FamRZ 2011, 1220).

Tenor

Die Rechtsbeschwerde des weiteren Beteiligten zu 2 gegen den Beschluss der 1. Zivilkammer des [X.] vom 30. August 2021 wird zurückgewiesen.

Das Verfahren der Rechtsbeschwerde ist gerichtskostenfrei. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Wert: 205 €

Gründe

I.

1

Für den Betroffenen wurde mit Beschluss vom 30. April 2019 eine Betreuerin bestellt. Mit Beschluss vom 28. Mai 2020 wurde ein [X.] durchgeführt und der Beteiligte zu 1 zum neuen Berufsbetreuer bestellt.

2

Die entlassene Betreuerin hatte ihre Vergütung für den [X.]raum vom 3. Mai 2019 bis zum 3. Juni 2020 berechnet. Der Beteiligte zu 1 hat am 6. April 2021 die Festsetzung einer Vergütung für den [X.]raum ab 4. Juni 2020 bis zum 3. März 2021 in Höhe von 1.782 € beantragt (198 € x 9 Monate). Zur Begründung hat er ausgeführt, dass nach einem [X.] der Abrechnungszeitraum für die Betreuervergütung des § 9 Satz 1 [X.] mit der Wirksamkeit der Bestellung des neuen Betreuers erneut zu laufen beginne.

3

Der Bezirksrevisor ist diesem Vergütungsantrag entgegengetreten, weil der neu bestellte Betreuer in den bisherigen Abrechnungsturnus - beginnend am 3. Mai 2019 - eintrete, so dass seine Vergütung lediglich für die [X.] vom 4. Juni 2020 bis zum 2. Februar 2021 in Höhe von 1.577,40 € festgesetzt werden könne.

4

Das Amtsgericht hat die Vergütung des Beteiligten zu 1 antragsgemäß auf 1.782 € festgesetzt. Das [X.] hat die zugelassene Beschwerde des [X.] zurückgewiesen. Mit seiner zugelassenen Rechtsbeschwerde verfolgt der Bezirksrevisor seine Rechtsauffassung weiter.

II.

5

Die Rechtsbeschwerde hat keinen Erfolg.

6

1. Das [X.] hat zur Begründung ausgeführt, der neu bestellte Betreuer trete nicht nach § 5 [X.] in der Fassung vom 22. Juni 2019 in den seit der Betreuerbestellung vorgegebenen Abrechnungsturnus ein. Denn dieser vom Bezirksrevisor vorgeschlagene Abrechnungsmodus widerspreche der zu § 9 [X.] ergangenen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dabei sei zu berücksichtigen, dass lediglich die Vorschrift des § 5 [X.] geändert worden sei, nicht jedoch § 9 [X.]. Aus § 9 [X.] ergebe sich nur ein Abrechnungsrhythmus von jeweils drei Monaten. Insoweit werde nicht zwischen der erstmaligen Betreuerbestellung und derjenigen nach einem [X.] unterschieden. Müsste der neu bestellte Betreuer den Abrechnungsrhythmus seines Vorgängers fortsetzen, wäre sein erster Abrechnungszeitraum kürzer als drei Monate, so dass die Frist des § 9 [X.] nicht gewahrt wäre. Somit könne - entgegen der Auffassung des [X.] - der Vergütungsanspruch nicht in kürzeren Abständen geltend gemacht werden.

7

2. Das hält rechtlicher Nachprüfung stand. Das [X.] ist zu Recht davon ausgegangen, dass der Beteiligte zu 1 nicht an den Abrechnungsrhythmus der früheren Betreuerin gebunden ist.

8

Nach § 9 Satz 1 [X.] kann ein Betreuer die Vergütung nach Ablauf von jeweils drei Monaten für diesen [X.]raum geltend machen. Dies bedeutet, dass der Vergütungsanspruch erstmals drei Monate nach der Wirksamkeit der Bestellung des Betreuers und danach nur alle weitere drei Monate geltend gemacht werden kann (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - [X.] 440/10 - FamRZ 2011, 1220 Rn. 8 mwN).

9

a) Dem Wortlaut des § 9 Satz 1 [X.] (für die [X.] ab dem 1. Januar 2023 § 15 Abs. 1 Satz 1 [X.]) lässt sich nicht entnehmen, dass der Abrechnungszeitraum stets mit der erstmaligen Bestellung eines Betreuers zu laufen beginnt. Die Vorschrift regelt nur, dass ein Betreuer für die Abrechnung seiner Vergütung einen Abrechnungsrhythmus von jeweils drei Monaten einhalten muss. Dabei unterscheidet § 9 Satz 1 [X.] nicht danach, ob es sich um eine Vergütung für die mit der Errichtung der Betreuung verbundene erstmalige Betreuerbestellung handelt oder um eine solche nach einem späteren [X.]. Müsste der neu bestellte Betreuer den Abrechnungsrhythmus seines Vorgängers fortsetzen, wäre sein erster Abrechnungszeitraum in der Regel sogar kürzer als drei Monate, so dass die Frist des § 9 Satz 1 [X.] nicht gewahrt wäre.

b) Durch die Vorschrift soll erreicht werden, dass ein Berufsbetreuer, dem eine Pauschalvergütung nach §§ 4, 5 [X.] zusteht, oder ein Betreuungsverein, der eine solche Pauschale für die Tätigkeit des Vereinsbetreuers verlangen kann (§ 7 Abs. 1 [X.]), nur in einem regelmäßigen Abstand von drei Monaten einen Vergütungsantrag stellen kann, um den damit verbundenen Verwaltungsaufwand für die Gerichte möglichst gering zu halten. Wortlaut und Zweck der Vorschrift gebieten eine strikte Einhaltung des vorgeschriebenen Abrechnungszeitraums. Daher kann der Vergütungsanspruch grundsätzlich nicht in kürzeren Abständen geltend gemacht werden. Dieser mit der Regelung verfolgten Absicht, den Abrechnungsaufwand bei Berufsbetreuungen für die Gerichte zu vermindern, wird auch dann entsprochen, wenn nach einem [X.] für den neu bestellten Betreuer ein eigener Abrechnungsrhythmus beginnt. Auch dann verhindert § 9 Satz 1 [X.], dass ein Betreuer in beliebig kurzen Abständen Vergütungsansprüche geltend macht. Da sich der Abrechnungszeitraum aufgrund der Regelung des § 9 Satz 1 [X.] nicht nach Kalendermonaten, sondern nach Abrechnungsmonaten bestimmt, wird der Anfall von [X.] zudem zeitlich verteilt, wodurch ein gleichmäßiger Arbeitsanfall bei den Gerichten erreicht wird. Diese Wirkungen bleiben indes erhalten, wenn nach einem [X.] für den neu bestellten Betreuer ein eigener Abrechnungsrhythmus beginnt. Auch dieser muss den Abrechnungsrhythmus wahren und kann daher seine Vergütungsansprüche ebenfalls nur im Abstand von drei Monaten geltend machen. Ein erhöhter Abrechnungsaufwand entsteht bei einem [X.] nur dadurch, dass - einmalig - die restliche Vergütung für den ausscheidenden Betreuer neben der später geschuldeten Vergütung für dessen Nachfolger bearbeitet werden muss. Zwar könnte bei einer Fortwirkung des Abrechnungsrhythmus möglicherweise gleichzeitig über den abschließenden Vergütungsanspruch des früheren und den - ersten - Vergütungsanspruch des neuen Betreuers entschieden und dadurch der Abrechnungsaufwand etwas verringert werden. Jedoch können die [X.]punkte, zu denen die Vergütungsansprüche geltend gemacht werden, auch bei einer Fortwirkung des Abrechnungsrhythmus auseinanderfallen. Daher kann der ausscheidende Betreuer seinen Vergütungsanspruch bereits vor dem Erreichen des nächsten Abrechnungszeitraums geltend machen, wenn seine Betreuerbestellung vor dem Erreichen dieses [X.]punkts endet. Außerdem bestimmt § 9 Satz 1 [X.] nur den frühesten [X.]punkt, zu dem der Vergütungsanspruch geltend gemacht werden kann. Ein Betreuer muss mithin nicht stets für die vergangenen drei Monate abrechnen, sondern kann auch die Vergütung für mehrere Abrechnungsquartale zusammen beantragen (vgl. Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - [X.] 440/10 - FamRZ 2011, 1220 Rn. 11 f. mwN; vgl. auch MünchKommFamFG/[X.] 8. Aufl. § 5 [X.] Rn. 9).

c) Entgegen der Auffassung der Rechtsbeschwerde ist es auch nicht erforderlich, die Abrechnungsperioden des § 9 Satz 1 [X.] an die Regelung des § 5 [X.] anzugleichen. Beide Vorschriften haben unterschiedliche Zielsetzungen. Während § 5 [X.] die pauschalen Stundenansätze und in der geltenden Fassung ab 27. Juli 2019 ([X.]) die Fallpauschalen regelt, bestimmt § 9 [X.] allein den [X.]raum, in dem ein Betreuer seine Vergütung abrechnen kann. Dafür ist nicht die Dauer der Betreuung, sondern der [X.]punkt, zu dem der Betreuer bestellt wurde, von Bedeutung. Denn durch den von § 9 Satz 1 [X.] festgelegten Abrechnungsrhythmus von drei Monaten soll nur verhindert werden, dass ein Betreuer in kürzeren Abständen abrechnet (Senatsbeschluss vom 25. Mai 2011 - [X.] 440/10 - FamRZ 2011, 1220 Rn. 13 f. mwN).

d) Anders als die Rechtsbeschwerde meint, spricht auch die seit dem 27. Juli 2019 geltende Rechtslage aufgrund des Gesetzes zur Anpassung der Vormünder- und Betreuervergütung vom 22. Juni 2019 ([X.]) nicht gegen diese Auslegung.

Zum einen ist § 9 [X.], wie das [X.] zutreffend ausgeführt hat, nicht geändert worden. Zum anderen wollte der [X.] neben der Erhöhung der Betreuervergütung mit der Einführung von Fallpauschalen statt der bisherigen Kombination aus Stundensatz und Stundenansatz lediglich die Rechtsanwendung vereinfachen (BT-Drucks. 19/8694 S. 1). Weitere Änderungen, insbesondere eine Angleichung der Fristen in § 5 [X.] und § 9 [X.], hat der Gesetzgeber nicht beabsichtigt.

3. Nach den vom [X.] getroffenen Feststellungen hat der Beteiligte zu 1 in dem hier einschlägigen [X.]raum eine monatliche Fallpauschale von 198 € verdient, so dass nach Maßgabe des § 9 [X.] für die drei abgerechneten Quartale der Gesamtbetrag von 1.782 € geschuldet wird.

Dose    

        

Günter    

        

Nedden-Boeger

        

Guhling    

        

Krüger    

        

Meta

XII ZB 471/21

10.08.2022

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Beschluss

Sachgebiet: ZB

vorgehend LG Mühlhausen, 30. August 2021, Az: 1 T 132/21

§ 4 VBVG, § 5 VBVG, § 9 S 1 VBVG vom 21.04.2005, § 15 Abs 1 S 1 VBVG vom 04.05.2021

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Beschluss vom 10.08.2022, Az. XII ZB 471/21 (REWIS RS 2022, 4768)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2022, 4768 MDR 2022, 1311-1312 REWIS RS 2022, 4768

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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