Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. AK 62/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 1440

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:301117BAK61.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS

AK 61 u. 62/17
vom
30.
November
2017
in dem Strafverfahren
gegen

1.

2.

wegen
Verdachts der Mitgliedschaft in einer ausländischen terroristischen
Vereinigung

-
2
-
Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] sowie der Angeschuldigten und ihrer Verteidiger am 30.
November
2017 gemäß §§
121, 122 [X.] beschlossen:

Die Untersuchungshaft hat [X.].
Eine etwa erforderliche weitere Haftprüfung durch den Bundesge-richtshof findet in drei Monaten statt.
Bis zu diesem Zeitpunkt wird die Haftprüfung dem [X.] übertragen.

Gründe:
I.
Die
Angeschuldigten wurden
am 9.
Mai 2017 festgenommen und befin-den
sich seither ununterbrochen in Untersuchungshaft, der Angeschuldigte [X.]

auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 4.
Mai
2017 (2
BGs 586/17), abgeändert und neugefasst durch dessen [X.] vom 25.
Oktober 2017 (2
BGs 941/17), der Angeschuldigte

S.

auf Grund des Haftbefehls des Ermittlungsrichters des [X.] vom 5.
Mai 2017 (2
BGs 611/17).
Gegenstand des gegen den Angeschuldigten [X.]

vollzogenen [X.]s ist der Vorwurf, er habe
1
2
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3
-

von Anfang 2012 bis Mitte 2013 in [X.], [X.], [X.] und ande-ren Gebieten im
Osten [X.] sich an einer terroristischen [X.] ("[X.]") als Mitglied beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB), Totschlag (§
212 StGB) und Kriegsverbrechen (§§
8, 9, 10, 11 oder 12 [X.]) so-wie gemeingefährliche Straftaten in den Fällen des §
308 Abs.
1 bis
4 StGB zu begehen, und

durch eine weitere rechtlich selbständige Handlung seit Mitte 2013 bis zu seiner Festnahme am 9.
Mai 2017 in [X.], [X.] und anderen Regionen im Osten [X.] sowie in [X.] sich an einer terroristi-schen [X.] ("[X.]") als Mitglied beteiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB), Totschlag (§
212 StGB) und Kriegsverbrechen (§§
8, 9, 10, 11 oder 12 [X.]) sowie gemeingefährliche Straftaten in den Fällen des §
308 Abs.
1 bis
4 StGB zu begehen,
strafbar gemäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
2, §
129b Abs.
1 Satz
1,
2, §
53 StGB.
Gegenstand des gegen den Angeschuldigten

S.

vollzogenen Haftbefehls ist der Vorwurf, er habe sich "im September 2012"
in [X.] an ei-ner terroristischen [X.] ("[X.]") als Mitglied be-teiligt, deren Zwecke und deren Tätigkeiten darauf gerichtet seien, Mord (§
211 StGB), Totschlag (§
212 StGB) sowie gemeingefährliche Straftaten in den Fäl-len des §
308 Abs.
1 bis
4 StGB und Straftaten nach §
22a Abs.
1 bis
3 KWKG zu begehen, strafbar gemäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, Abs.
2 Nr.
2, 4, §
129b Abs.
1 Satz
1,
2 StGB.

3
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-
4
-
Mit Anklageschrift vom 21.
November 2017 hat der [X.] die öffentliche Klage gegen die Angeschuldigten zum [X.] er-hoben.

II.
Die Voraussetzungen für die Anordnung der Untersuchungshaft und ihre Fortdauer über sechs Monate hinaus liegen für beide Angeschuldigte vor.
1. Die Angeschuldigten sind der ihnen in den Haftbefehlen vom 25.
Okto-ber 2017 ([X.]

) bzw. vom 5.
Mai 2017 (

S.

)
zur Last gelegten Taten drin-gend verdächtig.
a) Nach dem bisherigen Ermittlungsstand ist im Sinne eines dringenden Tatverdachts von folgendem Sachverhalt auszugehen:
[X.]) Die außereuropäischen terroristischen Vereinigungen
(1) Die "[X.]" ("[X.] al-nusra li-ahli ash-sham" [Hilfsfront für das Volk [X.]]) wurde Ende 2011 von [X.] und anderen [X.] Mitgliedern der seinerzeitigen Organisation "[X.] im [X.]" ([X.]) im Auftrag deren Anführers [X.] in [X.] gegründet und sollte als Ableger der [X.] Organisation im Nachbarland operieren. Die Gründung wurde im Januar 2012 in einem im [X.] veröffent-lichten Video bekannt gegeben. Zwischen den zwei
Gruppierungen kam es im April 2013 zum Bruch, als [X.] die [X.] [X.] und [X.] im neu ausgerufenen "Islamischen St[X.]t im [X.] und Großsyrien" ([X.]G) verkündete. [X.] wies dies als Anführer der [X.] zurück, betonte die Eigenständigkeit seiner Gruppierung und legte den 5
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Treueeid auf [X.] der [X.], [X.], ab; sie fungierte danach als Regionalorganisation von [X.] in [X.]. In der Folge kam es zu bewaffneten Auseinandersetzungen zwischen der [X.] und dem [X.]G.
Gemäß einer Videoverlautbarung von [X.] vom 28.
Juli 2016 be-nannte sich die [X.] um in "[X.]"
(Front zur Erobe-rung [X.]) und löste sich einvernehmlich von der [X.]. Im
Januar 2017 schloss sich
die [X.] wiederum mit anderen jiha-distischen Gruppierungen zu
dem Bündnis "[X.]" ([X.] [X.])
zusammen.
Sie soll in diesem [X.]-nahen Bündnis, dessen militärische Führung [X.] übernahm, vollständig aufge-gangen sein.
Ziel der [X.] war der Sturz des [X.] in [X.], das sie durch einen [X.] St[X.]t auf der Grundlage ihrer eigenen Interpretati-on der Sharia ersetzen wollte. Darüber hinaus erstrebte sie die "Befreiung" des historischen Großsyrien, das heißt [X.] einschließlich von Teilen der [X.], des [X.], [X.], [X.] und der palästinensischen Gebie-te. Diese Ziele verfolgte die Vereinigung mittels militärischer Operationen, aber auch durch Sprengstoffanschläge, Selbstmordattentate, Entführungen, gezielte Tötungen von Angehörigen des [X.] Militär-
und Sicherheitsapparats und nicht am Konflikt beteiligten Zivilisten. Insgesamt werden der Gruppierung mehr als 2.000 Anschläge zugerechnet, bei denen mindestens 10.000 Menschen ge-tötet wurden.
Die [X.] war militärisch-hierarchisch
organisiert. Dem Anfüh-rer [X.] war ein aus fünf bis sechs Personen gebildeter [X.]. Unterhalb dieser Führungsebene standen die Kommandeure der insge-11
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samt aus mehreren Tausend Personen bestehenden kämpfenden Einheiten, die ihrerseits in die vor Ort agierenden Kampfgruppen untergliedert waren. Ihre militärische Ausbildung erhielten die Kämpfer in einem verzweigten Netz von Trainingslagern. Daneben gab es Hinweise auf sogenannte "[X.]" in den von der Organisation kontrollierten
Gebieten, die religiöse Angelegenhei-ten regelten und den Aufbau eines eigenen Justiz-
und [X.] vorantrieben. Für ihre Öffentlichkeitsarbeit bediente sie sich einer eigenen Me-dienstelle, über die sie im [X.] Verlautbarungen, Operationsberichte und [X.] verbreitete. Darüber hinaus unterhielt sie ein Netzwerk von "Korrespondenten" in [X.], die ihre Berichte über [X.] veröffentlich-ten.
(2) Der "Islamische St[X.]t" ([X.]) ist eine Organisation mit militant-funda-mentalistischer islamischer Ausrichtung, die es sich ursprünglich zum Ziel ge-setzt hatte, einen das Gebiet des heutigen [X.] und die historische Region "ash-Sham" -
die heutigen St[X.]ten [X.], [X.] und [X.] sowie [X.] -
umfassenden und auf ihrer Ideologie gründenden "Gottesst[X.]t" unter Geltung der Sharia zu errichten und dazu die schiitisch dominierte Regierung im [X.] und das Regime des [X.] Präsidenten [X.] zu stürzen. Zivile Opfer nahm und nimmt sie bei ihrem fortgesetzten Kampf in Kauf, weil sie [X.], der sich ihren Ansprüchen entgegenstellt, als "Feind des Islam" begreift; die Tötung solcher "Feinde" oder ihre Einschüchterung durch Gewaltakte sieht die Vereinigung als legitimes Mittel des Kampfes an.
Die Führung der Vereinigung,
die sich mit der Ausrufung des "Kalifats" im Juni 2014 aus "[X.] im [X.] und in Großsyrien" ([X.]G) in "Islami-scher St[X.]t" ([X.]) umbenannte -
wodurch sie von der territorialen Selbstbe-schränkung Abstand nahm -,
hat seit 2010 [X.] inne. [X.], dass er zwischenzeitlich getötet wurde, konnten bisher nicht verifiziert wer-14
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7
-
den. Bei der Ausrufung des Kalifats war [X.] von seinem Sprecher zum "Kalifen" erklärt
worden, dem die Muslime weltweit Gehorsam zu leisten hätten. Dem "Kalifen" unterstehen ein Stellvertreter sowie "Minister" als Verantwortliche für einzelne Bereiche, so ein "[X.]" und ein "Propagandaminister". Zur Führungsebene gehören außerdem beratende "[X.]". Veröffentli-chungen werden in der Medienabteilung "[X.]" produziert und
über die Medienstelle "al-I'tisam" verbreitet, die dazu einen eigenen Twitter-Kanal und ein [X.]forum nutzt. Das auch von den Kampfeinheiten verwendete Symbol der Vereinigung besteht aus dem "Prophetensiegel", einem weißen Oval mit der Inschrift "Allah -
Rasul -
Muhammad", auf schwarzem Grund, überschrieben mit dem [X.] Glaubensbekenntnis. Die mehreren Tausend Kämpfer sind dem "[X.]" unterstellt und in lokale Kampfeinheiten mit jeweils einem Kommandeur gegliedert.
Die von ihr besetzten Gebiete hat die Vereinigung in Gouvernements eingeteilt und einen [X.] eingerichtet; diese Maßnahmen [X.] auf die Schaffung totalitärer st[X.]tlicher Strukturen. Angehörige der [X.], aber auch von in Gegnerschaft zum [X.] stehenden [X.], ausländische Journalisten und Mitarbeiter von Nichtregierungsorgani-sationen sowie Zivilisten, die den Herrschaftsanspruch des [X.] in Frage stellen, sehen sich Verhaftung, Folter und Hinrichtung ausgesetzt. Filmaufnahmen von besonders grausamen Tötungen wurden mehrfach vom [X.] zu Zwecken der Ein-schüchterung veröffentlicht. Darüber hinaus begeht der [X.] immer wieder [X.] an Teilen der Zivilbevölkerung und außerhalb seines Machtbereichs [X.]. So hat er auch für Anschläge in [X.], etwa in [X.] und [X.], die Verantwortung übernommen.
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8
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bb) Die Tathandlungen des
Angeschuldigten
[X.]

(1) Der Angeschuldigte [X.]

schloss sich in der ersten Jahreshälfte 2012 in [X.] der [X.] an. Er stieg dort
in kurzer Zeit
zu einem rang-hohen Befehlshaber der Organisation im östlichen [X.] auf. In dieser Funkti-on war
er insbesondere im Frühjahr 2013 an der Eroberung des Gasfelds bei [X.] in der Nähe von [X.] beteiligt, das er im weiteren Verlauf des Jahres 2013 für die [X.] verwaltete. Des Weiteren nahm
er als ein militäri-scher Anführer der zu dieser Vereinigung gehörenden Kampfeinheit "Liwa
Owais Al Qorani" im Februar 2013 an der Eroberung der Stadt [X.] sowie den Kämpfen um den dortigen Flughafen teil.
(2)
Nachdem
der [X.] die Kontrolle über seine
Heimatstadt, [X.], übernommen hatte, schloss sich der Angeschuldigte [X.]

Mitte 2014 dieser Vereinigung an. Zunächst war er für sie an kleineren Kampfhandlungen, wie insbesondere der
Einnahme des Ortes [X.] in der Nähe von
[X.]
im Juli 2014, beteiligt. Alsbald wies der [X.] ihm zwischen Mitte 2014 und Mitte 2015 die Aufgabe zu, den 2013 eroberten -
strategisch wichtigen -
Euphrat-Staudamm nahe [X.] für
die Organisation zu verwalten.
(3)
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Anklagesatz der [X.] vom 21.
November 2017 Bezug genommen.
cc) Die Tathandlungen des Angeschuldigten

S.

Der Angeschuldigte

S.

schloss sich zu einem nicht bekannten Zeitpunkt vor dem 17.
September 2012 der [X.] an. In der Folge nahm er bis
November 2013 für die zu dieser Vereinigung gehörende Kampf-einheit "[X.]" an bewaffneten Kampfhandlungen gegen die Truppen des [X.] Regimes des Präsidenten [X.] im Raum 17
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[X.]
teil. So wirkte er unter anderem am 17.
September 2012 an einem An-griff auf eine Kolonne des [X.] Militärs mit, in dessen Verlauf mindestens sieben Soldaten getötet wurden; im November 2013 beteiligte er sich an der Er-oberung eines großen Waffenlagers der [X.] Armee nahe der Stadt Ma-hin.
b) Der dringende Tatverdacht ergibt sich aus Folgendem:
[X.]) Bezüglich der außereuropäischen terroristischen Vereinigungen [X.] und [X.] gründet er sich auf die islamwissenschaftlichen Gutachten
und sonstigen Dokumente, die der [X.] zu diesen
Organisati-onen in den sieben
Stehordnern "Strukturerkenntnisse" zusammengetragen hat. Erkenntnisse
zu den die [X.] betreffenden jüngeren Entwick-lungen sind namentlich in dem Behördenzeugnis des [X.] vom 13.
Oktober 2016, der Behördenerklärung des Bundesnach-richtendienstes vom 6.
Februar 2017 sowie
dem Auswertebericht "Zwischen-stand März 2017" des Bundeskriminalamts
und dessen Vermerk vom 27.
Juni 2017 enthalten (s. Band
3.1 Bl.
144
ff., 155
ff., 172
ff., 199
ff.).
Dass es sich bei der Gruppe
"[X.]"
mit hoher Wahrscheinlichkeit um eine un-selbständige Kampfeinheit der [X.] handelte, beruht vor allem auf den Angaben der anderweitig verfolgten Alg.

und Al.

sowie Zeugen-aussagen, insbesondere derjenigen einer
vom [X.]
vernom-menen (gesperrten) Person, der
gemäß §
68 Abs.
2, 3 [X.] gestattet wurde, Personalien und Anschrift nicht zu benennen. Die Angaben werden gestützt durch mehrere auf der
[X.]plattform "[X.]" gesicherte Videoaufnahmen (s. auch Senatsbeschlüsse vom 13.
Juli 2017 -
AK 31/17, juris Rn.
11, 17; vom 13.
September 2017 -
AK 38-40/17, juris Rn.
17, 22).
23
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-
10
-

bb) Die Angeschuldigten haben die ihnen vorgeworfenen Beteiligungs-handlungen
bislang im Wesentlichen bestritten.
Nach Aktenlage kann der jewei-lige Nachweis voraussichtlich wie folgt geführt werden:
Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der dem Angeschuldigten [X.]

angelasteten Handlungen beruht auf den Angaben des anderweitig verfolgten Alg.

. Diese werden bestätigt durch die Ergebnisse der [X.]auswer-tung (drei den Angeschuldigten betreffende Videoaufnahmen mit Bezug zur [X.] und eine mit Bezug zum [X.];
relevante [X.]), das
Gutachten des Landeskriminalamts
Sachsen-Anhalt zur visuel-len Personenidentifizierung vom 23.
Januar 2017, das
Behördenzeugnis des [X.] Verfassungsschutzes zu Angaben eines namentlich nicht bekannten Hinweisgebers vom 20.
Dezember 2016 sowie die
Aussagen der Zeugen [X.]

, H.

und Alt.

.
Der dringende Tatverdacht hinsichtlich der dem Angeschuldigten

S.

zur Last gelegten Tathandlungen folgt aus den Angaben des anderwei-tig verfolgten Al.

, die ebenfalls in
diversen
weiteren
Ergebnissen
der Ermitt-lungen ihre Bestätigung finden, namentlich denjenigen zu einem dem Ange-schuldigten [X.]
(Lichtbilder), der [X.]plattform "[X.]" sowie seinem Mobiltelefon.
Im Hinblick auf beide Angeschuldigte wird der dringende Tatverdacht je-weils nicht zuletzt durch die Facebook-Kommunikation
verfestigt, die sie am 23.
September 2015 miteinander führten.
cc) Wegen der Einzelheiten der Beweisführung und (vorläufigen)
-wür-digung wird auf das in der Anklageschrift vom 21.
November 2017 dargelegte wesentliche Ergebnis der Ermittlungen verwiesen.
In Bezug auf den Ange-25
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29
-
11
-
schuldigten [X.]

hat sich die Beweislage gegenüber den Angaben in dem [X.] vom 25.
Oktober 2017 lediglich insoweit wesentlich verändert, als nach dem aktuellen Stand der Ermittlungen davon auszugehen ist, dass er
erst Mitte des Jahres 2014 zum [X.] wechselte.
c) In rechtlicher Hinsicht folgt daraus:
[X.]) Der Angeschuldigte [X.]

ist der mitgliedschaftlichen Beteiligung
an einer ausländischen terroristischen Vereinigung in zwei Fällen nach §
129a Abs.
1 Nr.
1, §
129b Abs.
1 Satz
1, §
53
StGB dringend verdächtig, indem er sich zunächst der [X.] und sodann
dem [X.] anschloss
und sich für beide Organisationen betätigte.
Der Angeschuldigte

S.

ist der mitglied-schaftlichen Beteiligung an einer ausländischen terroristischen Vereinigung ge-mäß §
129a Abs.
1 Nr.
1, §
129b Abs.
1 Satz
1 StGB dringend verdächtig, in-dem er der [X.] beitrat und Betätigungsakte für diese ausführte.
Darauf, inwieweit neben §
129a Abs.
1 Nr.
1 StGB auf weitere Zielsetzungen des §
129a Abs.
2 Nr.
1 bis
5 StGB zurückzugreifen
ist, kommt es vorliegend nicht an.
bb) Für die
Angeschuldigten
gilt nach §
129b Abs.
1 Satz
2 Variante
4 StGB [X.] Strafrecht (zum Strafanwendungsrecht im Einzelnen s. [X.], Beschluss vom 6.
Oktober 2016
-
AK
52/16, juris Rn.
33
ff.).
cc) Die nach §
129b Abs.
1 Satz
2, 3 StGB erforderlichen Ermächtigun-gen zur strafrechtlichen Verfolgung liegen hinsichtlich der [X.] und des [X.]
vor.
2. Bei den Angeschuldigten besteht der Haftgrund der Fluchtgefahr ge-mäß §
112 Abs.
2 Nr.
2 [X.].

30
31
32
33
34
-
12
-
Die Angeschuldigten haben im Fall ihrer Verurteilung jeweils empfindli-che, einen hohen Fluchtanreiz begründende Strafen zu erwarten. Beide
terroris-tischen Vereinigungen sind als außerordentlich gefährlich einzustufen; in be-sonderer
Weise gilt dies, den Angeschuldigten [X.]

betreffend, für den [X.], der sich durch ein ausnehmend grausames
Vorgehen
gegen seine Gegner [X.].
Darüber hinaus haben die den Angeschuldigten zur Last gelegten mitgliedschaftlichen Betätigungshandlungen, namentlich die Kampfeinsätze in [X.], ganz erhebliches Gewicht.
Der Angeschuldigte [X.]

hatte noch dazu mutmaßlich eine herausgehobene Stellung als militärischer Anführer und [X.] Verwalter inne.
Dem von der Straferwartung ausgehenden Fluchtanreiz stehen keine fluchthindernden Umstände gegenüber. Insbesondere verfügen die [X.] im Inland nicht über familiäre oder [X.] Bindungen; beide reisten erst 2015 nach [X.] ein.
Überdies ist der Haftgrund der [X.] gemäß §
112 Abs.
3 [X.], auch bei der gebotenen restriktiven Handhabung der Vorschrift (vgl. [X.]/[X.], [X.], 60.
Aufl., § 112 Rn.
37 mwN), gegeben.
3. Eine -
bei verfassungskonformer Auslegung auch im Rahmen des §
112 Abs.
3 [X.] mögliche -
Außervollzugsetzung des Haftbefehls (§
116 [X.]) ist unter den gegebenen Umständen nicht erfolgversprechend.
4. Die Voraussetzungen für die Fortdauer der Untersuchungshaft über sechs Monate hinaus (§
121 Abs.
1 [X.]) sind gegeben; der außergewöhnliche Umfang der Ermittlungen und deren
besondere Schwierigkeit haben ein
Urteil noch nicht zugelassen und rechtfertigen den weiteren Vollzug der Untersu-chungshaft:
35
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37
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39
-
13
-
Die
Sachakten umfassen mittlerweile 41
Stehordner. Die
Ermittlungen gestalteten sich zeitaufwändig. Insbesondere waren in erheblichem Umfang sichergestellte fremdsprachige Textdateien auszuwerten. So fielen allein in [X.] auf die Auswertung des Mobiltelefons des Angeschuldigten [X.]

13
Steh-ordner
Chat-Verkehr an, der zu übersetzen und auszuwerten war. Darüber hin-aus wurden zahlreiche Zeugen vernommen und vom Angeschuldigten [X.]

zu seiner Entlastung vorgebrachte Beweise erhoben. Die vollständigen Überset-zungen der zu sichtenden Chat-Nachrichten wurden dem [X.] am 18.
Oktober 2017 vorgelegt; erst danach konnte er die Auswertung in dem für die Anklageerhebung gebotenen Umfang beenden.
Wenngleich die kriminalpolizeilichen Ermittlungen hinsichtlich des Ange-schuldigten

S.

bereits Anfang September 2017 abgeschlossen waren, war der [X.] durch das Beschleunigungsgebot
nicht gehalten, vorab Anklage nur gegen diesen Angeschuldigten zu erheben. Denn beide An-geschuldigte waren nach den
bisherigen Ergebnissen
der Ermittlungen Angehö-rige der Kampfeinheit "[X.]" und nahmen als solche an den Kampfhandlungen im Raum
[X.]
teil. Der [X.] war
daher nicht gehindert, mit der Anklageerhebung bis zum damals bereits absehbaren Abschluss der Ermittlungen bezüglich des Angeschuldigten [X.]

abzuwarten, um etwaige noch zu gewinnende Erkenntnisse auch für den Angeschuldigten

S.

verwerten zu können und eine einheitliche
Aufklärung der die Ange-schuldigten gemeinsam betreffenden Geschehnisse in der Hauptverhandlung zu gewährleisten.
In Anbetracht dessen und
der unter dem 21.
November 2017 erhobenen Anklage ist
das Ermittlungsverfahren bislang mit der in Haftsachen gebotenen Beschleunigung geführt worden.
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-

5. Der weitere Vollzug der Untersuchungshaft steht nach alledem nicht außer Verhältnis zur Bedeutung der Sache und der im Fall einer Verurteilung zu erwartenden Strafen (§
120 Abs.
1 Satz
1 [X.]).
Becker Spaniol Berg

43

Meta

AK 62/17

30.11.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: False

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 30.11.2017, Az. AK 62/17 (REWIS RS 2017, 1440)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 1440

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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