Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.04.2010, Az. VIII R 54/07

8. Senat | REWIS RS 2010, 7095

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Gegenstand

Beitrittsaufforderung an das BMF zur Frage der Behandlung der Umsatzsteuer bei der 1 %-Regelung


Leitsatz

Das Bundesministerium der Finanzen wird zur Frage der Behandlung der Umsatzsteuer bei der 1 %-Regelunggemäß § 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung zum Beitritt aufgefordert .

Tatbestand

1

I. Die Beteiligten streiten darum, ob sich bei der privaten Nutzung eines im Betriebsvermögen befindlichen PKW die nach § 12 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes (EStG) nicht abzugsfähige Umsatzsteuer bei Anwendung der 1 %-Regelung aus der Bemessungsgrundlage von 80 % des Bruttolistenpreises ergibt oder nach der im (bestandskräftigen) Umsatzsteuerbescheid festgesetzten Umsatzsteuer.

2

Die Kläger und Revisionskläger (Kläger) sind zusammen veranlagte Eheleute. Der Kläger erzielt u.a. Einkünfte aus selbständiger Arbeit und ermittelt seinen Gewinn durch [X.] nach § 4 Abs. 3 EStG. In seinem Betriebsvermögen befand sich ein 1996 angeschaffter [X.]  4,2 Quattro mit einem Bruttolistenpreis von 130 000 [X.]. Nach einer Außenprüfung gelangte der Prüfer zu dem Ergebnis, die private Nutzungsentnahme hinsichtlich des [X.] sei nach der sog. Listenpreismethode gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG zu bewerten. Ausgehend vom Bruttolistenpreis von 130.000 [X.] gelangte der Prüfer für das Streitjahr 2000 zu einem Kfz-Eigenverbrauch von 15.600 [X.] [X.] Umsatzsteuer in Höhe von 1.996,80 [X.] (umsatzsteuerpflichtig 80 % = 12.480 [X.], umsatzsteuerfrei 20 % = 3.120 [X.]). Für 2001 ermittelte der Prüfer unter Berücksichtigung der Deckelung auf die tatsächlichen Kosten einen Wert von 11.510,60 [X.] [X.] Umsatzsteuer in Höhe von 1.473,36 [X.] (umsatzsteuerpflichtig 9.208,48 [X.], umsatzsteuerfrei 2.302,12 [X.]). Die daraus resultierenden Gewinnerhöhungen wertete der Beklagte und Revisionsbeklagte (das Finanzamt) mit [X.] vom 11. Oktober 2004 aus und änderte die unter Vorbehalt der Nachprüfung stehenden Einkommensteuerbescheide 2000 und 2001 entsprechend.

3

Mit ihrer Klage machten die Kläger u.a. geltend, die aufgrund der 1 %-Regelung ermittelte und gemäß § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähige Umsatzsteuer sei zu hoch berechnet, da nach den [X.] 2000 und 2001 für die unentgeltliche [X.] unter Ansatz eines Privatanteils von (unstreitig) 12,5 % nur Umsatzsteuer in Höhe von 598,17 [X.] bzw. 266,21 [X.] festgesetzt worden sei. Demgemäß sei die Einkommensteuer 2000 und 2001 zu hoch bemessen. Das Finanzgericht wies die Klage mit Urteil vom 26. April 2007 IV 299/2006 ab.

Entscheidungsgründe

4

II. 1. Die Aufforderung des Senats an das [X.] ([X.]), dem Verfahren beizutreten, stützt sich auf § 122 Abs. 2 Satz 3 der Finanzgerichtsordnung.

5

2. Nach § 12 Nr. 3 EStG darf die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind, weder bei den einzelnen Einkunftsarten noch vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen werden. [X.] ein Steuerpflichtiger die Aufwendungen für die private Nutzung eines betrieblichen PKW durch ein Fahrtenbuch nach, dem später die steuerliche Anerkennung versagt wird, ist [X.] die private [X.] gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG nach der sog. 1 %-Regelung zu bemessen. [X.] ist indessen anders zu verfahren: Macht der Unternehmer von der 1 %-Regelung keinen Gebrauch oder werden die pauschalen Wertansätze durch die sog. Kostendeckelung auf die nachgewiesenen tatsächlichen Kosten begrenzt und liegen die Voraussetzungen der sog. Fahrtenbuchregelung (z.B. mangels ordnungsgemäßen Fahrtenbuches) nicht vor, ist der private Nutzungsanteil für Umsatzsteuerzwecke anhand geeigneter Unterlagen im Wege einer sachgerechten Schätzung zu ermitteln. Fehlen geeignete Unterlagen für die Schätzung, ist der private Nutzungsanteil mit mindestens 50 % zu veranschlagen, soweit sich aus den besonderen Verhältnissen des Einzelfalles nichts Gegenteiliges ergibt; aus den Gesamtaufwendungen sind die nicht mit Vorsteuern belasteten Kosten in der [X.] nachgewiesenen Höhe auszuscheiden (vgl. [X.]-Schreiben vom 27. August 2004 [X.] 7300- 70/04, [X.], 864, [X.]. 2.3.; vom 18. November 2009 [X.] -S 2177/07/10004, [X.], 1326, [X.]. 35; ständige Rechtsprechung, vgl. Urteil des [X.] --BFH-- vom 11. März 1999 [X.], [X.], 160).

6

Im Ergebnis sind daher der Entnahmewert nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG und die Bemessungsgrundlage für die Besteuerung der nichtunternehmerischen Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Fahrzeugs unabhängig voneinander zu ermitteln (vgl. BFH-Urteil in [X.], 160).

7

3. Hat ein Steuerpflichtiger die Umsatzsteuer auf die Entnahme der [X.], d.h. auf die unentgeltliche [X.] des § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes (UStG), ganz oder teilweise (fehlerhaft) als Betriebsausgabe behandelt, ist der Gewinn gemäß § 12 Nr. 3 EStG um die auf die Entnahme entfallende Umsatzsteuer zu erhöhen. Unklar bleibt indes, welcher Betrag hinzuzurechnen ist und zu welchem Zeitpunkt die Hinzurechnung zu erfolgen hat.

8

a) Nach dem Wortlaut des § 12 Nr. 3 EStG darf nicht abgezogen werden "die Umsatzsteuer für Umsätze, die Entnahmen sind". Da die Umsatzsteuer für Entnahmen gemäß den Vorschriften des UStG zu ermitteln und letztlich dem Umsatzsteuerbescheid zu entnehmen ist, wäre es insoweit folgerichtig, auch [X.] die gemäß § 3 Abs. 9a Satz 1 Nr. 1 UStG festgesetzte Umsatzsteuer auf die unentgeltliche [X.] nach § 12 Nr. 3 EStG hinzuzurechnen. In der Praxis wird für die Gewinnkorrektur oftmals aber so verfahren, dass gemäß der sog. Listenpreismethode (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG) die Umsatzsteuer auf 80 % des danach ermittelten Wertes gewinnerhöhend angesetzt wird.

9

b) Nach dem BFH-Urteil vom 8. Oktober 1981 IV R 90/80 (juris) wäre die Gewinnkorrektur auf den Zeitpunkt der Entnahme vorzunehmen. Bei der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG sind Betriebsausgaben indes grundsätzlich im Zeitpunkt der Verausgabung anzusetzen.

4. Der Senat hält es, weil die strittige Fallgestaltung überaus häufig vorkommt und von erheblicher praktischer Bedeutung ist, für wünschenswert, dass das [X.] dem Revisionsverfahren beitritt und zu den angesprochenen Fragen Stellung nimmt.

Meta

VIII R 54/07

28.04.2010

Bundesfinanzhof 8. Senat

Beschluss

vorgehend FG Nürnberg, 26. April 2007, Az: IV 299/2006, Urteil

§ 122 Abs 2 S 3 FGO, § 12 Nr 3 EStG 1997, § 6 Abs 1 Nr 4 S 2 EStG 1997

Zitier­vorschlag: Bundesfinanzhof, Beschluss vom 28.04.2010, Az. VIII R 54/07 (REWIS RS 2010, 7095)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2010, 7095

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