Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.2019, Az. XII ZR 8/19

12. Zivilsenat | REWIS RS 2019, 2987

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Gegenstand

Pferdepensionsvertrag: Wirksamkeit einer vorformulierten Vertragsbestimmung über eine Kündigungsfrist von acht Wochen


Leitsatz

In einem sogenannten Pferdepensionsvertrag hält eine vorformulierte Vertragsbestimmung, die eine beiderseitige Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende vorsieht, grundsätzlich der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB stand.

Tenor

Auf die Revision des [X.] wird das Urteil der 10. Zivilkammer des [X.] vom 25. Oktober 2018 aufgehoben.

Die Sache wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das [X.] zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Parteien streiten um Vergütung für die Einstellung von Pferden in einer Reitanlage.

2

Die Beklagte hatte ihre beiden Pferde B. und C. seit Februar 2012 aufgrund von "[X.]" für eine monatliche Vergütung in Höhe von jeweils 650 € auf dem Hof des Klägers eingestellt. Die einzelnen [X.]sbedingungen ergaben sich aus gleichlautenden Formularverträgen, die von dem Kläger gestellt wurden und auszugsweise den folgenden Inhalt hatten:

"§ 1 [X.]sgegenstand

Für die Einstellung des Pferdes …. wird in dem Stallgebäude der [X.] eine Box gemietet.

Der Vermieter ist berechtigt, dem Einsteller während der [X.]sdauer eine andere Box auf der Reitanlage zuzuteilen.

Dem Einsteller ist die Benutzung der Reithalle, der Außenplätze und des Longierplatzes der [X.] im Rahmen der aktuellen Betriebs- und Reitordnung gestattet.

§ 2 [X.]sdauer, Kündigung

Der [X.] beginnt am …. und wird auf unbestimmte Zeit geschlossen. Der [X.] kann von jedem [X.]spartner mit einer Frist von 8 Wochen zum Monatsende gekündigt werden. (…).

Der [X.] kann ohne Einhaltung einer Frist nur aus wichtigem Grund gekündigt werden. (…)

Der Einsteller ist berechtigt, sein Pferd jederzeit (bereits vor [X.]sablauf) wieder an sich zu nehmen. Die vorzeitige Abholung berührt nicht die Verpflichtung, den Mietpreis in voller Höhe bis zum [X.]sende zu zahlen.

§ 3 [X.]

(…) Folgende Leistungen sind im [X.] enthalten:

Vermietung der Pferdebox und Nutzung gemäß § 1

Lieferung von Einstreu ([X.])

Lieferung von Kraftfutter (Hafer, Pellets, Müsli) bis zu 5 kg pro Tag

Lieferung von Heu ca. 6-8 kg. tgl. oder Silage und Wasser

Entmistung (…)

Alle weiteren Kosten, soweit sie nicht vorstehend genannt sind, insbesondere Kosten des [X.] und Tierarztkosten für das Pferd, trägt der Einsteller selbst."

3

Mit Schreiben vom 20. August 2014 erklärte die Beklagte, das lahmende Pferd B. aus der Reitanlage zu nehmen und auf eine Altersweide zu stellen, was kurz danach auch geschah. Gleichzeitig beanstandete sie, dass das noch in der Reitanlage verbleibende Pferd C. nicht immer mit genässtem Futter gefüttert worden sei. Im Dezember 2015 zog die Beklagte auch mit dem Pferd C. aus der Reitanlage des Klägers aus.

4

Im vorliegenden Rechtsstreit macht der Kläger ausstehende [X.]e bezüglich des Pferdes B. für die Monate September und Oktober 2014 und bezüglich des Pferdes C. für die Monate Januar und Februar 2016 geltend, wobei er sich auf den [X.] ersparte Futterkosten in Höhe von monatlich 180 € anrechnen lässt. Seine auf Zahlung von 1.880 € nebst Zinsen gerichtete Klage hat das Amtsgericht abgewiesen. Das [X.] hat die dagegen gerichtete Berufung des Klägers zurückgewiesen.

5

Mit seiner zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren in vollem Umfang weiter.

Entscheidungsgründe

6

Die Revision ist begründet.

7

1. Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Entscheidung das Folgende ausgeführt:

8

Bei dem zwischen den Parteien geschlossenen [X.] handele es sich um einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag, weil der rechtliche Schwerpunkt des Vertrags in den Bereich des Verwahrungsrechts, nicht aber in den Bereich des [X.]s oder des Mietrechts falle. Ein Schwerpunkt im Dienstvertrag könne nicht angenommen werden, weil besondere pflegerische oder ausbilderische Elemente, die über die bloße Obhut des Pferdes hinausgingen, keine Rolle spielten. Ebenso wenig liege ein Schwerpunkt im Mietrecht vor, denn es habe nicht die Überlassung einer konkreten Pferdebox im Vordergrund gestanden. Zum einen habe sich der Kläger das Recht vorbehalten, dem Einsteller während der Vertragslaufzeit eine andere Box zuzuweisen. Zum anderen habe der Kläger nach Maßgabe des in § 3 des Vertrags geregelten Leistungskatalogs vertragswesentliche und typusbildende Obhuts- und Fürsorgepflichten für das eingestellte Pferd übernommen.

9

Ein Anspruch des [X.] auf Vergütung bestehe nicht, weil die Beklagte die Verträge durch ihr gemäß § 695 Satz 1 BGB jederzeit eröffnetes Rückgabeverlangen wirksam gekündigt habe. Die teilweise vertretene Auffassung, dass bei einem gemischten Vertrag mit dem Schwerpunkt im Verwahrungsrecht das Kündigungsrecht nicht nach Maßgabe des § 695 BGB zu handhaben sei, treffe nicht zu. Das jederzeitige [X.] gemäß § 695 BGB folge aus dem Wesen des [X.]; bei Abbedingung dieses Kernelements liege kein Verwahrungsvertrag mehr vor. Die von dem Kläger formularmäßig verwendete [X.] sei wegen eines Verstoßes gegen § 307 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 2 Nr. 1 BGB unwirksam. Denn die [X.] weiche entscheidend von der Regelung des § 695 BGB ab, die einen wesentlichen Grundgedanken des Verwahrungsrechts beinhalte. Eine Differenzierung zwischen dem Recht der jederzeitigen Rückforderung einerseits und der Kündigung des [X.] andererseits würde das Recht des [X.] aus § 695 BGB praktisch aushöhlen. Denn die Verpflichtung, das vereinbarte Pensionsentgelt weiterhin zu zahlen, könne dem Hinterleger bei seiner Entscheidung, ob er von seinem [X.] Gebrauch machen wolle, möglicherweise unangemessen unter Druck setzen. Die formularmäßige Regelung einer Kündigungsfrist liege auch nicht im beiderseitigen Interesse beider Parteien. Die von der Berufung vertretene Auffassung, dass ohne Vereinbarung einer beiderseitigen Kündigungsfrist auch die Beklagte mit einem jederzeitigen Rücknahmeverlangen des [X.] hätte rechnen müssen, sei unzutreffend, weil der Verwahrer nach § 696 BGB die jederzeitige Rücknahme nur dann verlangen könne, wenn eine [X.] für die Aufbewahrung nicht bestimmt sei. Weil die Verwahrung im Dispositionsinteresse des [X.] erfolge, sei das Interesse des [X.] schutzwürdig, das Pferd - etwa bei einer Erkrankung - umgehend herauszufordern und den [X.] zu können. Eine andere Beurteilung ergebe sich im Rahmen der Inhaltskontrolle schließlich auch nicht aus dem Rechtsgedanken des § 699 Abs. 2 BGB. Auch nach dieser Vorschrift stelle die lediglich anteilige Vergütung des [X.] den gesetzlichen Regelfall dar. Die Verpflichtung, das vereinbarte Pensionsentgelt auch nach Beendigung der Verwahrung zahlen zu müssen, laufe auf eine Umkehrung dieses Regel-Ausnahme-Verhältnisses hinaus.

2. Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung nicht in allen Punkten stand.

a) Zutreffend ist allerdings der rechtliche Ausgangspunkt des [X.], wonach ein [X.] grundsätzlich als typengemischter Vertrag anzusehen ist. Dies wird auch von der Revision nicht in Zweifel gezogen.

aa) Nach der gefestigten Rechtsprechung des [X.] bildet ein gemischter Vertrag ein einheitliches Ganzes und kann deshalb bei der rechtlichen Beurteilung nicht in dem Sinn in seine verschiedenen Bestandteile zerlegt werden, dass etwa auf den Mietvertragsanteil Mietrecht, auf den Dienstvertragsanteil [X.] und auf den Kaufvertragsanteil Kaufrecht anzuwenden wäre. Der Eigenart des Vertrags wird vielmehr grundsätzlich nur die Unterstellung unter ein einziges Vertragsrecht gerecht, nämlich dasjenige, in dessen Bereich der Schwerpunkt des Vertrags liegt. Eine solche rechtliche Einordnung schließt es freilich nicht aus, auch Bestimmungen des Vertragsrechts heranzuziehen, bei dem der Schwerpunkt des Vertrags nicht liegt, wenn allein hierdurch die Eigenart des Vertrags richtig gewürdigt werden kann ([X.] Urteile vom 12. Januar 2017 - [X.] - NJW-RR 2017, 622 Rn. 10 mwN und vom 21. April 2005 - [X.]/04 - FamRZ 2005, 1076, 1078).

bb) Für einen [X.], der neben der Unterstellung des Tieres in einer Pferdebox auch seine Fütterung und Pflege umfasst, hatte der [X.] in einem Urteil aus dem [X.] ohne nähere Begründung die rechtliche Einordnung als Dienstvertrag gebilligt (vgl. [X.] Urteil vom 12. Juni 1990 - [X.] - juris Rn. 6). Auch in einer jüngeren Entscheidung hat der [X.] den rechtlichen Schwerpunkt eines Vertrags über die Einstellung von Pferden in einer Reitanlage im [X.] verortet, wobei der dort zur Beurteilung stehende Fall allerdings durch die Besonderheit gekennzeichnet war, dass der Beritt und die Dressurausbildung des Pferdes deutlich im Vordergrund standen (vgl. [X.] Urteil vom 12. Januar 2017 - [X.] - NJW-RR 2017, 622 Rn. 12).

cc) Demgegenüber neigen die Obergerichte dazu, auf einen [X.] die Vorschriften des [X.] (§ 688 BGB) anzuwenden, wenn von dem Betreiber des [X.] nicht nur die Überlassung einer konkreten Pferdebox, sondern auch die Fürsorge und Obhut über das Pferd geschuldet ist (vgl. [X.] 2011, 473 f.; [X.] NJW-RR 2006, 1558; OLG Schleswig OLGR 2000, 248; [X.] VersR 1994, 801; [X.] VersR 1988, 1241; vgl. auch [X.] Beschluss vom 25. Mai 2016 - 9 Ob 47/15z - veröffentlicht auf [X.] zu § 957 des [X.] ABGB). Umstritten ist in der Rechtsprechung der Instanzengerichte allerdings, ob das Verwahrungsrecht im Hinblick auf die Eigenarten eines [X.]s interessengerechte Regelungen zur Vertragsbeendigung enthält. Dies wird mit dem Berufungsgericht teilweise bejaht (vgl. [X.] [X.] 2010, 717, 718; [X.] Urteil vom 11. Mai 2010 - 9 C 857/09 - juris Rn. 7 f.; [X.] Urteil vom 19. Februar 2004 - 27 C 9755/03 - juris Rn. 12; wohl auch [X.], 854), teilweise wird demgegenüber die Auffassung vertreten, dass für das Kündigungsregime die maßgeblichen Bestimmungen des Mietrechts bzw. des [X.]s heranzuziehen seien (vgl. [X.] Urteil vom 30. April 2015 - 13 S 181/14 - juris Rn. 26; [X.] Urteil vom 23. Mai 2017 - 16 S 63/16 - juris Rn. 18 f.; AG Grünstadt Urteil vom 22. Juli 2010 - 3 [X.]/10 - juris Rn. 64 ff.; [X.], 209 f.; vgl. auch Häublein NJW 2009, 2982, 2984).

b) Dies bedarf unter den hier obwaltenden Umständen aber keiner näheren Erörterung. Denn selbst wenn man der rechtlichen Beurteilung des [X.] folgen wollte und die hier streitgegenständlichen [X.] der Parteien auch bezüglich der Modalitäten der Vertragsbeendigung dem Verwahrungsrecht unterstellte, steht dies der wirksamen Vereinbarung einer Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende nicht entgegen. Die entsprechenden Formularklauseln in den Verträgen des [X.], bei denen es sich unstreitig um Allgemeine Geschäftsbedingungen handelt, halten einer Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB stand.

aa) Nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von [X.] und Glauben unangemessen benachteiligen. Im Zweifel ist eine unangemessene Benachteiligung anzunehmen, wenn eine Bestimmung mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen werden soll, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB).

bb) Die beanstandeten [X.]n sind entgegen der Auffassung des [X.] nicht mit § 695 Satz 1 BGB als einem wesentlichen Grundgedanken des Verwahrungsrechts unvereinbar. Dies gilt unabhängig davon, ob dieser Vorschrift, nach der die hinterlegte Sache von dem Hinterleger jederzeit zurückgefordert werden kann, auch wenn für die Aufbewahrung eine [X.] bestimmt ist, tatsächlich die vom Berufungsgericht zuerkannte [X.] für den Verwahrungsvertrag zukommt.

(1) Im [X.] an eine in den Motiven zum Entwurf des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthaltenen Bemerkung, wonach es "dem Wesen des [X.]" entspreche, die hinterlegte Sache jederzeit zurückfordern zu können ([X.] II S. 582 f.), ist es im Schrifttum seit jeher umstritten, ob das jederzeitige [X.] des [X.] für den Typus des [X.] zwingend ist. Teilweise wird eine abweichende Abrede der Parteien als nichtig, teilweise wird sie als wirksam, aber die Rechtsnatur als Verwahrungsvertrag beseitigend angesehen. Nach weiterer Ansicht soll ein zeitweiliger Ausschluss des [X.]s nur bei Entgeltlichkeit zulässig und dann mit dem Wesen des [X.] vereinbar sein; eine andere Meinung sieht ihn generell als möglich an und verneint jede Auswirkung auf die Rechtsnatur des Vertrags (vgl. [X.]/[X.] 7. Aufl. § 695 Rn. 2; [X.]/[X.] BGB [2015] vor §§ 688 ff. Rn. 7, jeweils mit zahlreichen Nachweisen zum Streitstand; vgl. eingehend bereits [X.] Der Verwahrungsvertrag [1933], S. 149 ff.).

Der dargestellte Streit um die [X.] des § 695 Satz 1 BGB entzündet sich an der Frage, ob es mit dem Wesen des [X.] vereinbar ist, wenn der Verwahrer die Rückgabe der hinterlegten Sache abredegemäß allein mit der Begründung verweigern könnte, dass eine für die Verwahrung bestimmte [X.] noch nicht abgelaufen sei. Im Einzelfall kann der Verwahrer - beispielsweise, weil er die hinterlegte Sache für eigene Zwecke benutzen darf - ein dem Dispositionsinteresse des [X.] widerstreitendes eigenes Interesse daran haben, die Sache bis Ablauf der vereinbarten Aufbewahrungsfrist in seinem Besitz behalten zu dürfen. Darum geht es bei der Beurteilung von [X.]n in [X.]n aber regelmäßig nicht. Wie in § 2 der streitgegenständlichen [X.] ausdrücklich klargestellt ist, berührt die Vereinbarung zu den Kündigungsfristen nicht das Recht der Beklagten, ihre eingestellten Pferde jederzeit - auch vor Ablauf der Vertragslaufzeit - wieder an sich nehmen zu können. Das [X.] des Einstellers ist deshalb durch die streitgegenständlichen Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch nicht zeitweilig abbedungen worden, so dass sich die Frage nach der Abweichung von einem auf § 695 Satz 1 BGB beruhenden Leitbild des [X.] hier nicht unmittelbar stellt.

(2) Eine davon zu unterscheidende Frage ist es, ob solche Abreden mit dem Wesen des Verwahrungsrechts vereinbar sind, mit denen sich der Hinterleger dazu verpflichtet, das vereinbarte Entgelt auch nach der Rücknahme der hinterlegten Sache aus der Verwahrung noch für einen gewissen [X.]raum bis zur Vertragsbeendigung fortzuzahlen. In dieser Hinsicht verdeutlicht aber schon die Vorschrift des § 699 Abs. 2 BGB, dass das Verwahrungsrecht für derartige Vergütungsabreden grundsätzlich offen ist. Endet die Aufbewahrung vor dem Ablauf der für sie bestimmten [X.], so ist der Entgeltanspruch des [X.] nach § 699 Abs. 2 BGB auf einen seinen bisherigen Leistungen entsprechenden Teil der Vergütung beschränkt, wenn sich aus einer abweichenden Vereinbarung der Parteien nichts anderes ergibt. Der Grundsatz, dass der Verwahrer bei einer vorzeitigen Vertragsbeendigung nur einen Anspruch auf [X.] erlangen soll, ist somit zur Disposition der Parteien gestellt. Diese können vereinbaren, dass eine vorzeitige Beendigung der Aufbewahrung den Vergütungsanspruch des [X.] nicht schmälern soll, und zwar sowohl durch Individualvereinbarung als auch durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (vgl. [X.]/[X.] BGB [Stand: Juli 2019] § 699 Rn. 9).

cc) Im Übrigen ist eine Klausel dann unangemessen im Sinne von § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB, wenn der Verwender die Vertragsgestaltung einseitig für sich in Anspruch nimmt und eigene Interessen missbräuchlich auf Kosten des Vertragspartners durchzusetzen versucht, ohne von vornherein die Interessen seines Partners hinreichend zu berücksichtigen und ihm einen angemessenen Ausgleich zuzugestehen (Senatsurteile vom 13. April 2016 - [X.] - NJW 2016, 2489 Rn. 24 und 14. Januar 2015 - [X.] - NJW 2015, 928 Rn. 12 mwN). Das Interesse des Verwenders an der Aufrechterhaltung der Klausel ist also mit dem Interesse des Vertragspartners am Wegfall der Klausel und deren Ersetzung durch die maßgeblichen gesetzlichen Regelungen abzuwägen (vgl. Senatsurteil vom 10. Juni 2009 - [X.] - NJW 2009, 3229 Rn. 21). Auch wenn man - wie das Berufungsgericht - im [X.] nach seinem rechtlichen Schwerpunkt einen entgeltlichen Verwahrungsvertrag erblickt, ist die Vereinbarung einer beiderseitigen Kündigungsfrist von acht Wochen zum Monatsende nicht zu beanstanden.

Sie trägt dem berechtigten Bedürfnis des Reitstallbetreibers Rechnung, angesichts des für die Pflege und Fütterung der Pferde erforderlichen Personal- und Sachaufwands Planungssicherheit in Bezug auf die (Wieder-)Belegung seiner Einstellplätze zu haben (vgl. bereits [X.], [X.] und der entgeltliche Verwahrungsvertrag [1904], [X.]). Der Einsteller wird bei dieser Vertragsgestaltung im Fall einer sofortigen Rückforderung seiner Pferde zwar für einen gewissen [X.]raum bis zur Vertragsbeendigung mit Vergütungsansprüchen für eine Leistung belastet, die er nicht mehr in Anspruch nehmen möchte. Dem steht aber der vom Berufungsgericht nicht hinreichend berücksichtigte Gesichtspunkt gegenüber, dass die Vereinbarung einer für beide Vertragsparteien gleichermaßen geltenden Kündigungsfrist und die damit einhergehende Regelung, den [X.] dieser Kündigungsfrist nur aus wichtigem Grund kündigen zu können, bei Anwendung des Verwahrungsrechts auch für den Einsteller des Pferdes von nicht nur unbedeutendem Interesse ist. Denn durch diese Bestimmung wird der Anspruch des [X.], bei [X.] mit unbestimmter Laufzeit aus beliebigen Gründen - in den Grenzen von [X.] und Glauben - jederzeit nach § 696 Satz 1 BGB die Rücknahme der hinterlegten Sache verlangen zu können, zugunsten des [X.] abbedungen. Es ist ohne weiteres nachvollziehbar, dass der Einsteller des Pferdes bei der Geltendmachung eines nicht fristgebundenen Rücknahmeanspruchs durch den Reitstallbetreiber vor erhebliche Probleme bei der kurzfristigen Suche nach einem neuen Einstellplatz für das Pferd gestellt werden könnte (vgl. Häublein NJW 2009, 2982, 2984; vgl. auch [X.] Urteil vom 19. Februar 2004 - 27 C 9755/03 - juris Rn. 13).

Das Verwahrungsrecht des Bürgerlichen Gesetzbuchs enthält keine gesetzlichen Regelungen zur Kündigung von [X.] mit unbestimmter Laufzeit. Als mögliches Leitbild für die Länge einer Kündigungsfrist, die nach den Vorstellungen des Gesetzgebers einen angemessenen Interessenausgleich zwischen den Parteien eines [X.] gewährleistet, bietet sich ein Rückgriff auf die Vorschriften zum [X.] (§§ 467 ff. HGB) als einer handelsrechtlichen Sonderform der bürgerlich-rechtlichen Verwahrung an. Nach § 473 Abs. 1 HGB kann der Einlagerer - unbeschadet seines Rechts, [X.] jederzeit herausverlangen zu können - einen auf unbestimmte [X.] geschlossenen [X.] nur unter Einhaltung einer Frist von einem Monat kündigen. [X.] gilt die gleiche Kündigungsfrist gemäß § 473 Abs. 2 HGB für den Lagerhalter, der nach Einhaltung dieser Kündigungsfrist die Rücknahme des eingelagerten Guts verlangen kann. Die einmonatige Kündigungsfrist stellt allerdings nur eine Mindestkündigungsfrist dar, die sich an den Erfordernissen des modernen [X.] orientieren will (vgl. BT-Drucks. 13/8445 [X.]). Bei [X.]n kann im Rahmen einer [X.] Inhaltskontrolle am Maßstab des § 307 BGB eine maßvolle Überschreitung der Monatsfrist hingenommen werden, solange die Annahme gerechtfertigt ist, dass die längere Kündigungsfrist auch für den Einsteller zum Zwecke der Suche nach einem neuen Einstellplatz für sein Pferd noch von einem gewissen Nutzen sein kann. Die hier vereinbarte, knapp zweimonatige Kündigungsfrist hält sich noch im Rahmen dessen, was [X.] als angemessener Interessenausgleich zwischen den Vertragsparteien angesehen werden kann.

3. Das angefochtene Urteil kann deshalb keinen Bestand haben. Es ist nach § 562 Abs. 1 ZPO aufzuheben. Die Sache ist nach § 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, weil sie nicht im Sinne des § 563 Abs. 3 ZPO zur Endentscheidung durch den [X.] ist. Denn das Berufungsgericht hat sich - aus seiner Sicht folgerichtig - nicht mit den weiteren Einwendungen der Beklagten gegen den Vergütungsanspruch befasst. Insoweit sind gegebenenfalls weitere Feststellungen zu treffen.

Dose     

        

     Klinkhammer     

        

Schilling

        

Ri[X.] Dr. Günter hat Urlaub
und ist deswegen an seiner
Unterschrift gehindert.

        

Botur     

        
        

Dose   

                          

Meta

XII ZR 8/19

02.10.2019

Bundesgerichtshof 12. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend LG Essen, 25. Oktober 2018, Az: 10 S 170/17

§ 307 Abs 1 BGB, § 307 Abs 2 Nr 1 BGB, § 695 BGB

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 02.10.2019, Az. XII ZR 8/19 (REWIS RS 2019, 2987)

Papier­fundstellen: MDR 2020, 21-22 REWIS RS 2019, 2987

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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Voraussetzungen für eine Bestimmungsentscheidung


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