Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.06.2014, Az. 10 C 2/14

10. Senat | REWIS RS 2014, 5011

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Gegenstand

Frühere Versäumnisse beim Spracherwerb hindern Einbürgerung nicht


Leitsatz

Gemäß § 10 Abs. 6 StAG (juris: RuStAG) wird von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 (u.a. ausreichende Kenntnisse der deutschen Sprache) schon dann abgesehen, wenn der Ausländer diese im Zeitpunkt der Entscheidung über den Einbürgerungsantrag wegen einer Behinderung oder krankheits- oder altersbedingt nicht erfüllen kann. Unerheblich ist, ob er die geforderten Kenntnisse zu einem früheren Zeitpunkt hätte erwerben können.

Tatbestand

1

Die 1939 geborene Klägerin, eine [X.] Staatsangehörige, begehrt ihre Einbürgerung in den [X.] Staatsverband.

2

Die Klägerin reiste 1988 in die [X.] ein und wurde 1995 als Asylberechtigte anerkannt. Im gleichen Jahr erhielt sie eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis, die als Niederlassungserlaubnis fortgilt.

3

Ihren ersten Einbürgerungsantrag vom Oktober 2000 lehnte die Beklagte im Mai 2003 mangels ausreichender Deutschkenntnisse der Klägerin ab.

4

Im Mai 2008 beantragte die Klägerin erneut ihre Einbürgerung. Laut Bescheid des [X.] vom 22. Oktober 2007 wurde bei ihr ein [X.]rad der Behinderung von 70 und die Erfüllung der gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen "[X.]" festgestellt. Eine amtsärztliche Untersuchung führte zu dem Ergebnis, dass die Klägerin aufgrund ihrer Erkrankungen und des Alters nicht in der Lage ist, eine schulische Einrichtung zu besuchen.

5

Mit Bescheid vom 21. April 2009 lehnte die Beklagte den Einbürgerungsantrag ab, da die Klägerin keine ausreichenden [X.] Sprachkenntnisse nachgewiesen habe. Von diesem Erfordernis könne nicht nach § 10 Abs. 6 StA[X.] abgesehen werden, weil sie seit ihrer Einreise ausreichend [X.]elegenheit gehabt habe, die [X.] zu erlernen.

6

Die Klage hatte in den Vorinstanzen Erfolg. Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung darauf gestützt, dass die Klägerin die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 StA[X.] - soweit von ihnen nicht abzusehen sei - erfülle. Sie habe seit mehr als acht Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und besitze eine Niederlassungserlaubnis. Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem S[X.]B XII habe sie nicht zu vertreten. Von der Voraussetzung einer Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit sei abzusehen, da der [X.] faktisch keine Entlassungen vornehme. Es sei unschädlich, dass die Klägerin nicht über ausreichende Kenntnisse der [X.] Sprache verfüge, da nach § 10 Abs. 6 StA[X.] von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 StA[X.] abzusehen sei. Zwischen den Beteiligten sei unstreitig, dass die Klägerin aufgrund ihrer körperlichen Erkrankungen die Voraussetzung des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 StA[X.] nicht (mehr) erfüllen könne. Ohne Belang sei, ob sie sich die entsprechenden Kenntnisse früher hätte aneignen können. Nach § 10 Abs. 6 StA[X.] komme es nur darauf an, ob die Hinderungsgründe im Zeitpunkt der Einbürgerung vorlägen. Für diese Auffassung spreche bereits der im Präsens formulierte Wortlaut des § 10 Abs. 6 StA[X.]. Aus den Materialien ergebe sich nichts für die Auffassung der Beklagten, dass frühere Versäumnisse des Ausländers beim Spracherwerb zu berücksichtigen seien. Dagegen spreche die Systematik des [X.]esetzes, das bei § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 StA[X.] und nicht in § 10 Abs. 6 StA[X.] auf ein Vertretenmüssen des Ausländers abstelle. Schließlich widerspreche diese Auffassung auch nicht dem Sinn und Zweck der Einbürgerung. Denn der [X.]esetzgeber habe mit der Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StA[X.] zu erkennen gegeben, dass er bei krankheits- oder altersbedingter Unfähigkeit zum Spracherwerb [X.] ausreichen lasse.

7

Mit der Revision rügt die Beklagte, das Berufungsgericht habe die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 StA[X.] unzutreffend ausgelegt. Die nunmehr bei der Klägerin vorliegenden krankheits- und altersbedingten Einschränkungen seien nicht der [X.]rund dafür, dass sie die Sprachanforderungen nicht erfülle, sondern ihre diesbezüglichen Versäumnisse in der Vergangenheit. Diese vom Wortlaut gedeckte Betrachtungsweise werde durch die Entstehungsgeschichte gestützt. Denn die Änderung im Jahr 2007 gehe auf eine Anregung der Innenministerkonferenz zurück, deren Überlegungen zur sprachlichen Integration und Verschärfung der Sprachanforderungen bei der Auslegung der Vorschrift zu berücksichtigen seien. Entgegen der Annahme des Berufungsgerichts spreche die systematische Auslegung nicht gegen die Auffassung der Beklagten, da die Aufnahme eines "[X.]" in den [X.]esetzestext bei den [X.] der Krankheit, Behinderung oder des Alters keinen Sinn gemacht hätte. Folge man der Auffassung des Berufungsgerichts, könne die Einbürgerung ohne aktive Bemühungen des Ausländers um Spracherwerb durch bloße "Ersitzung" herbeigeführt werden.

8

Die Klägerin tritt der Revision entgegen und verteidigt die Entscheidung des Berufungsgerichts.

Entscheidungsgründe

9

Die zulässige Revision der Beklagten ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat im Einklang mit Bundesrecht (§ 137 Abs. 1 Nr. 1 VwGO) entschieden, dass die Klägerin gemäß § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.] einen Anspruch auf die beantragte Einbürgerung hat. Gemäß § 10 Abs. 6 [X.] ist wegen ihrer Erkrankungen von den Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 [X.] abzusehen, ohne dass es darauf ankommt, ob die Klägerin die danach geforderten Kenntnisse in der Vergangenheit hätte erwerben können.

1. Maßgeblich für die Prüfung des von der Klägerin mit der Verpflichtungsklage primär verfolgten [X.] ist die gegenwärtige Rechtslage (Urteil vom 20. Oktober 2005 - BVerwG 5 C 8.05 - BVerwGE 124, 268 <270> = [X.] 130 § 11 [X.] Nr. 1 S. 1 <2>) und damit § 10 [X.] in der aktuellen Fassung des Art. 5 Nr. 7 Buchst. c des [X.] vom 19. August 2007 ([X.], zuletzt geändert durch Gesetz vom 1. Juni 2012, [X.]). Die Übergangsvorschrift des § 40c [X.] ist vorliegend ohne Bedeutung, da die Klägerin den Einbürgerungsantrag am 8. Mai 2008 und damit nach dem maßgeblichen Stichtag (30. März 2007) gestellt hat.

2. Zwischen den Beteiligten steht allein im Streit, ob zugunsten der Klägerin, die nach den Feststellungen des Berufungsgerichts nicht über ausreichende Sprachkenntnisse im Sinne des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Abs. 4 [X.] verfügt, die Ausnahmeregelung des § 10 Abs. 6 [X.] eingreift. Nach dieser Vorschrift wird von den Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 [X.] abgesehen, wenn der Ausländer sie wegen einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung oder altersbedingt nicht erfüllen kann.

Der Senat folgt der Rechtsauffassung des Berufungsgerichts, dass es für das Vorliegen der Voraussetzungen des § 10 Abs. 6 [X.] nur auf die Verhältnisse im [X.]punkt der Entscheidung über den Einbürgerungsantrag - bzw. in einem Gerichtsverfahren bei Schluss der letzten mündlichen Verhandlung in der Tatsacheninstanz - ankommt. Die tatsächliche Würdigung der Vorinstanz, die Klägerin werde die ihr fehlenden Sprachkompetenzen krankheitsbedingt nicht (mehr) erlangen können ([X.]), wird auch von der Revision nicht infrage gestellt. Sie ist jedoch der Auffassung, dass bei der Klägerin nicht die nunmehr vorliegenden krankheitsbedingten Einschränkungen der Grund dafür seien, dass diese die [X.] nicht erfüllen könne, sondern ihre diesbezüglichen Versäumnisse in der Vergangenheit. Dieser monokausalen Betrachtungsweise, die den Blick über die gegenwärtigen Verhältnisse hinaus auf die Frage der früheren Befähigung und etwaiger Bemühungen des Ausländers zum Spracherwerb richten und ihm zurechenbare Versäumnisse in der Vergangenheit auf Dauer einbürgerungshindernd entgegenhalten will, folgt der Senat nicht (ebenso [X.], Urteil vom 12. Februar 2014 - 1 A 293/13 - juris; [X.], Urteil vom 2. Dezember 2011 - 11 K 839/11 - [X.] 2012, 135 <136 f.>; [X.], in: [X.], [X.], Stand: Juli 2012, § 10 [X.] Rn. 406; [X.], in: [X.]/[X.], Ausländerrecht, 2008, § 10 [X.] Rn. 23).

2.1 Gegen diesen Ansatz sprechen bereits rechtssystematische Überlegungen und der strukturelle Zusammenhang, in dem die Vorschrift des § 10 Abs. 6 [X.] steht. Sie enthält in Gestalt eines obligatorischen [X.]es eine Ausnahmeregelung von den in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 [X.] enthaltenen [X.]. Für das Vorliegen der Voraussetzungen sowohl eines Anspruchs als auch einer Ausnahmeregelung, nach der zwingend von einer einzelnen Anspruchsvoraussetzung abzusehen ist, kommt es grundsätzlich auf die Verhältnisse im [X.]punkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über den Antrag an, wenn das materielle Recht keine abweichende Regelung enthält. Für einen von diesem Grundsatz abweichenden Regelungswillen des Gesetzgebers gibt auch der im Präsens gehaltene Wortlaut des § 10 Abs. 6 [X.] keinerlei Anhalt.

2.2 Zutreffend ist das Berufungsgericht davon ausgegangen, dass die systematische Auslegung mit Blick auf die übrigen in § 10 [X.] geregelten [X.] seine Auffassung stützt. Denn die Einbürgerungsvoraussetzung der selbständigen Lebensunterhaltssicherung in § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 [X.] stellt mit dem immanenten Ausnahmetatbestand, dass der Ausländer die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem [X.] oder [X.] nicht zu vertreten hat, auch auf sein in der Vergangenheit liegendes Verhalten ab (vgl. dazu Urteil vom 19. Februar 2009 - BVerwG 5 C 22.08 - BVerwGE 133, 153 = [X.] 130 § 10 [X.] Nr. 5, jeweils Rn. 19 ff.). Wenn der Gesetzgeber eine retrospektive Betrachtung auch in § 10 Abs. 6 [X.] hätte eröffnen wollen, hätte eine entsprechende Formulierung nahe gelegen. Dem kann nicht entgegengehalten werden, dass die Aufnahme eines "[X.]" in § 10 Abs. 6 [X.] bei den [X.] der Krankheit, Behinderung oder des Alters keinen Sinn gemacht hätte, da diese Hinderungsgründe dem Ausländer in kaum einem Fall zurechenbar seien. Mit diesem Einwand übersieht die Revision, dass der Gesetzgeber ein "Vertretenmüssen" nicht auf den Eintritt von Krankheit, Behinderung oder Alter hätte beziehen müssen, sondern ein solches subjektives Tatbestandsmerkmal an das Unterlassen hinreichender Bemühungen des Ausländers um den Spracherwerb in der Vergangenheit hätte knüpfen können.

2.3 Aus den Gesetzesmaterialien und dem daraus ersichtlichen Normzweck der im Richtlinienumsetzungsgesetz 2007 getroffenen staatsangehörigkeitsrechtlichen Regelungen, die die [X.] bei der Einbürgerung betreffen, ergeben sich keine Anhaltspunkte für die Auffassung der Revision. Mit dem genannten [X.] hat der Gesetzgeber die ausreichenden Kenntnisse der [X.], deren Nichtvorliegen bislang einen Ausschlussgrund nach § 11 Satz 1 Nr. 1 [X.] a.F. darstellte, systematisch den [X.] des § 10 [X.] zugeordnet (BTDrucks 16/5065 S. 228). Des Weiteren wurde auf Anregung der [X.] vom 5. Mai 2006 mit der Legaldefinition in § 10 Abs. 4 Satz 1 [X.] der Maßstab für die [X.] im Gesetz geregelt, um eine bundeseinheitliche Auslegung dieses Begriffes zu garantieren (BTDrucks 16/5065 S. 229). Schließlich hat der Gesetzgeber in § 10 Abs. 6 [X.] eine Ausnahmeregelung geschaffen, die im Gesetzentwurf der Bundesregierung folgendermaßen begründet worden ist (BTDrucks 16/5065 S. 229):

"Der neue Absatz 6 enthält Ausnahmeregelungen im Hinblick auf die Sprachkenntnisse und die Kenntnisse der Rechts- und Gesellschaftsordnung und der Lebensverhältnisse in [X.] zugunsten von kranken, behinderten Personen und Personen, die diese Anforderungen aufgrund ihres Alters nicht mehr erfüllen können."

Weder aus dieser Einzelbegründung noch aus der Gesamtschau der Regelungen des [X.] zu den staatsangehörigkeitsrechtlichen [X.] sowie den programmatischen Aussagen des darin in Bezug genommenen Beschlusses der [X.] vom 5. Mai 2006 lassen sich belastbare Anhaltspunkte für die Ansicht der Revision gewinnen. Vielmehr spricht die wiedergegebene Detailbegründung zu § 10 Abs. 6 [X.] mit der Wendung "... nicht mehr erfüllen können." eher gegen ihre Rechtsauffassung. Der Wortlaut der Vorschrift selbst (BTDrucks 16/5065 [X.] ) ist im Laufe des Gesetzgebungsverfahrens unverändert geblieben; die gegenteilige Annahme der Revision mit dem Verweis auf die angebliche Streichung des Wörtchens "mehr" verwechselt die Ebenen von [X.] und amtlicher Begründung innerhalb des Gesetzentwurfs.

Schließlich führt auch der Hinweis der Revision auf den Gesetzentwurf des Bundesrates (BTDrucks 16/5107) nicht weiter. Die darin vorgesehene Flexibilisierung durch eine Ermessensregelung in § 10 Abs. 6 [X.], nach der von den Voraussetzungen nach § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 und 7 [X.] hätte abgesehen werden können, soweit der Ausländer sie aufgrund einer altersbedingten Beeinträchtigung oder einer körperlichen, geistigen oder seelischen Krankheit oder Behinderung nicht erfüllen kann, ist von der Bundesregierung in ihrer Stellungnahme abgelehnt worden (BTDrucks 16/5107 S. 13 f.):

"Die Ermessensregelung in Absatz 6 lehnt die Bundesregierung ab, da bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen kein Raum mehr für ein Ermessen der Staatsangehörigkeitsbehörde bleibt. Wenn der Einbürgerungsbewerber aufgrund seiner Behinderung oder seiner altersbedingten Beeinträchtigung den Nachweis ausreichender Sprachkenntnisse oder der staatsbürgerlichen Kenntnisse nicht erbringen kann, muss zwingend von diesen Voraussetzungen abgesehen werden."

Die explizite Entscheidung des Gesetzgebers für einen obligatorischen und gegen einen fakultativen [X.] spricht eher gegen denn für die Auffassung der Revision. Denn wie bereits oben (unter 2.1) ausgeführt, kommt es bei einer strikten Pflicht der Verwaltung, von einer Anspruchsvoraussetzung abzusehen, grundsätzlich auf die Verhältnisse im [X.]punkt der behördlichen oder gerichtlichen Entscheidung über den Antrag an.

2.4 Soweit die Revision versucht, in einer Gesamtbetrachtung aus dem Charakter der von ihr als "Schlussstein der Integration" apostrophierten Einbürgerung und der gesetzlichen Entwicklung zu den [X.] Rückschlüsse bei der Auslegung des § 10 Abs. 6 [X.] zu ziehen, vermag ihr der Senat darin nicht zu folgen. Zwar ist es richtig, dass die Einbürgerung einem Ausländer mit der [X.] Staatsangehörigkeit den stärksten rechtlichen Status vermittelt und der Gesetzgeber die [X.] bei der Einbürgerung im Laufe der [X.] kontinuierlich verschärft hat. Aus diesem Befund lassen sich jedoch mit Blick auf die Frage, ob frühere Bemühungen um einen Spracherwerb für § 10 Abs. 6 [X.] von Bedeutung sind, keine tragfähigen Schlussfolgerungen im Sinne der Revision ziehen. Denn der Gesetzgeber hat mit dieser Vorschrift bewusst eine Ausnahmeregelung zugunsten von Ausländern getroffen, die diese verschärften Anforderungen aufgrund Krankheit, Behinderung oder altersbedingt nicht mehr erfüllen können. Damit hat er für begrenzte Ausnahmekonstellationen die gestiegenen Anforderungen an die Beherrschung der [X.] kompensiert und eine Schwelle markiert, jenseits derer Bemühungen um einen Spracherwerb aus staatsangehörigkeitsrechtlicher Sicht nicht zumutbar sind.

3. Die Klägerin erfüllt die übrigen Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 [X.], soweit nicht von ihnen zwingend abzusehen ist. Sie hat seit über acht Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Inland und besitzt eine Niederlassungserlaubnis. Strafrechtlich ist sie nicht in Erscheinung getreten. Die Inanspruchnahme von Leistungen nach dem [X.] hat sie nach den Feststellungen der Vorinstanz nicht zu vertreten. Des Weiteren ist gemäß § 12 Abs. 1 Satz 2 [X.] von der Voraussetzung einer Aufgabe der bisherigen Staatsangehörigkeit (§ 10 Abs. 1 Nr. 4 [X.]) abzusehen, da die [X.] nach den tatsächlichen Feststellungen des Berufungsgerichts faktisch keine Entlassungen vornimmt. Der Anspruchseinbürgerung der Klägerin steht der fortgeltende Zustimmungsvorbehalt in [X.] des Schlussprotokolls zum Niederlassungsabkommen ([X.]) zwischen dem [X.] und dem [X.] vom 17. Februar 1929 ([X.] 1002, 1006; Bekanntmachung vom 15. August 1955, [X.]) nicht entgegen (Urteile vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 41.87 - BVerwGE 80, 249 <252 ff.> = [X.] 130 § 8 Ru[X.] Nr. 34 S. 10 <12 ff.> und vom 27. September 1988 - BVerwG 1 C 52.87 - BVerwGE 80, 233 <245, 246> = [X.] 130 § 8 Ru[X.] Nr. 35 S. 16 <27, 28>). Schließlich kann sie nach den Feststellungen des Berufungsgerichts krankheitsbedingt auch die Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 Satz 1 Nr. 7 [X.] nicht erfüllen, so dass auch von dieser Einbürgerungsvoraussetzung gemäß § 10 Abs. 6 [X.] abzusehen ist.

Meta

10 C 2/14

05.06.2014

Bundesverwaltungsgericht 10. Senat

Urteil

Sachgebiet: C

vorgehend Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen, 22. Januar 2013, Az: 19 A 363/10, Beschluss

§ 10 Abs 1 Nr 6 RuStAG, § 10 Abs 1 Nr 7 RuStAG, § 10 Abs 6 RuStAG

Zitier­vorschlag: Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 05.06.2014, Az. 10 C 2/14 (REWIS RS 2014, 5011)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2014, 5011

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