Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2020, Az. VI ZR 62/17

6. Zivilsenat | REWIS RS 2020, 973

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BILD BERICHTERSTATTUNG GERMAN WINGS PRIVATSPHÄRE

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Gegenstand

Persönlichkeitsrechtsverletzung in der Presseberichterstattung: Bestimmung des Rechts auf Achtung der Privatsphäre naher Angehöriger des bei einem Flugzeugabsturz ebenfalls getöteten Verursachers


Leitsatz

Das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 EMRK gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres Informationsgehalts typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst. Dazu gehören grundsätzlich auch - regelmäßig in Abhängigkeit von Detailreichtum und Tiefe der Information - Vorfälle aus dem Familienbereich, die Ausgestaltung familiärer Beziehungen wie auch Situationen großer emotionaler Belastung wie bei der Trauer um einen Angehörigen oder eine nahestehende Person, da sie Gefühlsäußerungen, persönliche Regungen und Handlungen auslösen können, die erkennbar nicht für die Augen Dritter bzw. Unbeteiligter bestimmt sind.

Tenor

Auf die Revision der Beklagten wird der Beschluss des 10. Zivilsenats des [X.] vom 26. Januar 2017 aufgehoben.

Auf die Berufung der Beklagten wird das am 3. Dezember 2015 verkündete Urteil der 27. Zivilkammer des [X.] im Kostenpunkt aufgehoben und abgeändert, soweit der Beklagten in Bezug auf den Kläger und/oder die Klägerin die Äußerungen

"Der Abschiedsgruß der Eltern (…)

[X.] - [X.] sind noch frisch. Die Trauerschleifen tragen den letzten Gruß der Familie und der Freunde. Auf dem schlichten Holzkreuz steht nur der Vorname des Verstorbenen: ‘Andy‘.

Der letzte Gruß der Eltern: [X.] in unseren Herzen. In Liebe Mama u. Papa‘"

untersagt worden sind und sie zur Zahlung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in einer 666,57 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 2. Juli 2015 übersteigenden Höhe verurteilt worden ist. Insoweit wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die weitergehende Revision der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in allen Instanzen tragen die Kläger und die Beklagte je zur Hälfte.

Von Rechts wegen

Tatbestand

1

Die Kläger nehmen die Beklagte wegen einer mit Fotografien illustrierten Wortberichterstattung auf Unterlassung und Schadensersatz in Anspruch.

2

Die Kläger sind die Eltern von [X.], des Copiloten des [X.], das am 24. März 2015 in den [X.] abstürzte. Am 26. März 2015 gab die ermittelnde Staatsanwaltschaft in [X.] bekannt, dass es sich ihren Erkenntnissen zufolge bei dem Absturz, bei dem alle 150 Personen an Bord ums Leben gekommen waren, nicht um einen Unfall gehandelt habe, sondern dieser absichtlich herbeigeführt worden sei. In einer Pressemitteilung vom 4. Juni 2015 teilte der [X.] mit, er sei der Auffassung, dass die Medien ab dem Zeitpunkt der Pressekonferenz der Staatsanwaltschaft [X.] davon ausgehen durften, dass [X.] das Flugzeug absichtlich zum Absturz gebracht hatte, da zu diesem Zeitpunkt entsprechende Erkenntnisse durch die Auswertungen des [X.] und weitere Ermittlungen der [X.] Luftfahrtbehörde vorgelegen hatten. Es sei in den allermeisten gerügten Fällen zulässig gewesen, den [X.] der Kläger im Rahmen der Berichterstattung über den Absturz namentlich zu benennen und ohne Unkenntlichmachung abzubilden. Mit einem als "presserechtliches Informationsschreiben" betitelten Schreiben vom 18. Mai 2015 wiesen die Prozessbevollmächtigten der Kläger die Beklagte, die Betreiberin der Internetseite [X.] ist, vorsorglich daraufhin, dass sich die Familie [X.] nicht gegenüber der Öffentlichkeit äußern wolle und baten darum, von jeglichem Versuch einer Kontaktaufnahme und Interviewanfragen abzusehen.

3

Über den Absturz und die möglichen Hintergründe wie psychische Probleme des [X.]es der Kläger wurde weltweit in zahlreichen Medien berichtet. Die Beisetzung des [X.]es fand am 27. Juni 2015 auf dem städtischen Friedhof in M. unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Friedhof war für die Zeit der Beerdigung gesperrt. Die Polizei war vor Ort, um sicherzustellen, dass während der Beerdigung außer den Trauergästen niemand den Friedhof betrat. Über die Beisetzung wurde zwei Tage später in den Medien ebenfalls umfangreich berichtet, unter anderem darüber, dass der [X.] der Kläger in seiner Heimatstadt M. beerdigt worden sei und dass das Holzkreuz auf dem Grab die Aufschrift 2015 und eine Abkürzung des Vornamens des [X.] trage.

4

Am 30. Juni 2015 wurde auf der von der Beklagten betriebenen Internetseite folgender Artikel veröffentlicht:

"DAS [X.]- GRAB

Der Abschiedsgruß der Eltern

[X.] [X.] [X.] UND WIE SICH [X.] VON DEM AMOK-FLIEGER VERABSCHIEDETEN

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[X.] sind noch frisch. Die Trauerschleifen tragen den letzten Gruß der Familie und der Freunde. Auf dem schlichten Holzkreuz steht nur der Vorname des Verstorbenen: ‚[Abkürzung des Namens von A.]‘

ES [X.] [X.] VON TODES-PILOT [X.] (U27)!

Wer alles zur Beerdigung kam, wie sich Verwandte und Freunde von dem Amok-Flieger verabschiedeten und was die Angehörige eines Friedhofsnachbarn sagt, lesen Sie mit BILDplus!

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Hier wurde [X.] am Samstag beerdigt

M. - [X.] sind noch frisch. Die Trauerschleifen tragen den letzten Gruß der Familie und der Freunde. Auf dem schlichten Holzkreuz steht nur der Vorname des Verstorbenen: ‚[Abkürzung des Namens von A.]'.

ES [X.] [X.] VON TODES-PILOT [X.] (U27)!

Am Samstag wurde er beigesetzt. Alles geschah heimlich. In aller Stille. Für die Trauergäste wurde extra der Friedhof in [X.]‘ Heimatort M. (…) abgesperrt.

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Am Tag der Beisetzung ließ die Verwaltung den Friedhof absperren.

Die [X.] [X.] - 95 Tage nach seinem Todesflug.

Am 24. März hatte [X.] den [X.] mit 149 Menschen in den [X.] [X.] zum Absturz gebracht.

Die Grabstätte - ein Ort der liebevollen Erinnerung an einen [X.], Enkel, Bruder und Freund.

[X.]‘ Freundin schrieb auf ihren Grabschmuck: …

Abbildung

Abbildung

Angehörige haben Blumen und Kränze abgelegt

Für die Angehörigen der Toten in den [X.] kam die Beisetzung von [X.] überraschend.

Eine Witwe (93), die in unmittelbarer Nähe das Grab ihres toten Mannes besucht, sagt: ‘Ich wäre gern gefragt worden, ob ich einverstanden bin. Natürlich verstehe ich auch die Situation der Eltern. Aber ich hätte gern erst mal drüber nachdenken wollen.‘

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Das schrieb die Freundin von [X.] auf ihren Grabschmuck

Der letzte Gruß der Eltern: [X.] in unseren Herzen. In [X.] Papa.‘

Die Grabstätte - ein Ort, der starke Gefühle auslösen wird.

Zivilbeamte der Polizei … bewegen sich unauffällig zwischen den Grabsteinen auf dem idyllischen Friedhof. Sie schützen [X.]‘ Grab. Nur vereinzelt kommen Freunde, zünden Kerzen an.

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Blumen und Kränze am Grab von [X.]

Nach [X.] soll [X.] bald [X.] mit Inschrift bekommen. Doch dieser Ort auf dem [X.] wird nie ein Grab wie jedes andere sein."

5

In den Text waren Fotos eingefügt, die die mit Blumen und Kränzen mit beschrifteten Kranzschleifen geschmückte Grabstätte mit dem Holzkreuz - ohne Personen - zeigten. Im Folgenden beschäftigt sich der Artikel mit Fragen der Opferentschädigung, der strafrechtlichen Ermittlung und dem 4-Augen-Prinzip im Cockpit.

6

Die Kläger verlangen von der Beklagten die Unterlassung der Veröffentlichung und Verbreitung der Fotos 1, 2, 5 und 7, die die geschmückte Grabstätte ihres [X.]es zeigen, und des folgenden Textes:

"Der Abschiedsgruß der Eltern (…)

M. - [X.] sind noch frisch. Die Trauerschleifen tragen den letzten Gruß der Familie und der Freunde. Auf dem schlichten Holzkreuz steht nur der Vorname des Verstorbenen: ‚A.‘.

Der letzte Gruß der Eltern: [X.] in unseren Herzen. In [X.] Papa‘."

7

Das [X.] hat der Klage mit Urteil vom 3. Dezember 2015 stattgegeben.

8

Die Kläger veröffentlichten am 2. April 2016, wenige Tage nach dem Jahrestag des Unglücks, in der "[X.]" eine "Danksagung" mit einem Portraitfoto des [X.]es, in der sein Vorname mit Geburts- und Todesdatum genannt wurde. Sie hatte folgenden Text:

"Wir möchten uns bei [X.] bedanken, die uns in einem Jahr voller Erschrecken und Angst, Nichtbegreifens, Ruhelosigkeit, Sprachlosigkeit, Verzweiflung und nicht bewältigter Trauer beigestanden und geholfen haben, unseren so sehr großen Verlust zu tragen und alles, was über uns hereinstürzte, auszuhalten. [X.] an alle in der [X.] M. für den Zusammenhalt und den geschützten Raum, den Ihr für uns geschaffen habt!

Besonders danken möchten wir unserem Pfarrer für die würdevolle Trauerfeier und den über 100 Trauergästen, die unserer Einladung gefolgt sind, sowie dem Bestatter für seine Diskretion.

Ganz lieben Dank auch an unsere Nachbarn, A.‘ und unsere Freunde, Euch [X.], die Ihr zu uns gehalten habt und Euch mit uns verbunden fühltet, auch weite Wege nicht gescheut habt, um uns Euer Mitgefühl auszudrücken.

Wir haben in dieser sehr schweren Lebenssituation von so vielen Seiten erfahren, wie viel Wertschätzung ihm und uns entgegengebracht wurde. Aus vielen Gesprächen wissen wir, auf welch liebevolle Art an A. erinnert wird.

[X.] für jede geschriebene Zeile, jedes tröstende Wort, jeden Besuch, jede liebevolle oder stumme Umarmung, jede Blume an seinem Grab.

Wir haben einen liebenswerten und wertvollen Menschen verloren.

Für Dich: [X.], aber Du bist und bleibst in unseren Herzen, [X.], [X.] und Dein Bruder" ...

9

Die gegen das landgerichtliche Urteil gerichtete Berufung der Beklagten hat das [X.] mit Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückgewiesen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.

Entscheidungsgründe

I.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, den Klägern stehe ein Anspruch auf Unterlassung der streitgegenständlichen Wortberichterstattung zu, weil diese rechtswidrig in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger eingreife. Die Berichterstattung über den Abschiedsgruß der Kläger auf dem Grab ihres [X.] und die Beschreibung der Gestaltung des Grabes beträfen die Privatsphäre der Kläger. Bei der Aufschrift auf der [X.] handele es sich um einen höchstpersönlichen Ausdruck der Gefühlswelt und individuellen Trauer der Kläger, die das Recht hätten, mit der Trauer um ihren verstorbenen [X.] allein zu bleiben und in Ruhe gelassen zu werden. Das Niederlegen eines Trauerkranzes und die Beschriftung der Schleife hätten nach der Verkehrsauffassung nicht den Charakter einer "Öffentlichmachung", sondern seien allein für die unmittelbar Anwesenden bestimmt. Dies gelte hier umso mehr, als der Friedhof für die Zeit der Beerdigung für die Öffentlichkeit gesperrt gewesen sei. Dass der niedergelegte Kranz nach Freigabe des Friedhofs für die Öffentlichkeit von Besuchern wahrgenommen werden könne, rechtfertige nicht die Annahme, dass sich die Aufschrift nunmehr an die Öffentlichkeit wende. Dagegen spreche bereits der Umstand, dass [X.] lediglich temporär auf dem Grabe verblieben. Die Kläger seien deshalb auch nicht gehalten gewesen, den Kranz nach der Beerdigung und vor Freigabe des Friedhofs für die Allgemeinheit wieder zu entfernen. Die Aufschrift der Schleife bewege sich im Rahmen des allgemein Üblichen und habe keinen Bezug zu den Hintergründen des Todes des [X.] der Kläger offenbart. Die Kläger hätten wegen der weitgehenden Anonymisierung des Grabes durch die bloße Angabe des Kosenamens des Verstorbenen und seines [X.] alles unternommen, um den Abschiedsgruß nicht als eine an die Öffentlichkeit oder einen größeren Personenkreis gewandte Äußerung erscheinen zu lassen. Die Aufschrift sei ein klarer Hinweis auf die Gefühle der Kläger und ihre familiäre und emotionale Beziehung zu dem Verstorbenen. Auch bezüglich der Mitteilung der Gestaltung des Grabes sei die thematische und räumliche Dimension der Privatsphäre betroffen. Das Recht, mit der Trauer und dem Verlust des [X.] allein zu bleiben und in Ruhe gelassen zu werden, werde geschmälert, wenn einem breiten Publikum Details über die Grabstätte mitgeteilt würden und damit die Gefahr geschaffen werde, dass diese von [X.] aufgesucht werde, von denen die Kläger in ihrer Trauer gestört würden. Der Friedhof sei für Trauernde regelmäßig ein Ort, in dem die Möglichkeit des Zu-sich-Kommens gesichert sei und der das Bedürfnis verwirklichen helfe, in Ruhe gelassen zu werden. Dem Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Kläger stehe auch kein derart gewichtiges Informationsinteresse der Beklagten gegenüber, dass er als gerechtfertigt angesehen werden könne.

Aus den vorgenannten Gründen bestehe auch ein Anspruch auf Unterlassung der Bildberichterstattung. Die veröffentlichten Fotos seien geeignet, bei einigen Betrachtern das Bedürfnis zu wecken, den Friedhof, der aufgrund der bekannten Informationen zum Geburtsort des Verstorbenen und Wohnort seiner Eltern in der Öffentlichkeit bekannt sei, aufzusuchen, und dort anhand der Fotos nach dem Grab zu suchen. Die Suche nach dem Grab werde durch die Fotos jedenfalls erheblich erleichtert. Jedenfalls überwögen die persönlichkeitsrechtlichen Belange der Kläger die im Widerstreit stehenden Interessen der Beklagten.

II.

Diese Beurteilung hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Die Revision der Beklagten ist, soweit sie sich gegen die Verurteilung zur Unterlassung der Wortberichterstattung und zum Ersatz der diesbezüglichen Abmahnkosten wendet, begründet. Unbegründet ist sie, soweit die Beklagte zur Unterlassung der Bildberichterstattung verurteilt worden ist.

1. Den Klägern steht kein Anspruch auf Unterlassung der [X.] und Verbreitung der angegriffenen Äußerungen entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zu.

a) Das Berufungsgericht hat allerdings zu Recht angenommen, dass das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] gewährleistete allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger in seiner Ausprägung als Recht auf Schutz der Privatsphäre durch den veröffentlichten Text beeinträchtigt wird.

aa) Das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] gewährleistete Recht auf Achtung der Privatsphäre gesteht jedermann einen autonomen Bereich der eigenen Lebensgestaltung zu, in dem er seine Individualität unter Ausschluss anderer entwickeln und wahrnehmen kann. Dazu gehört auch das Recht, für sich zu sein, sich selbst zu gehören und den Einblick durch andere auszuschließen. Der Schutz der Privatsphäre ist sowohl thematisch als auch räumlich bestimmt. Er umfasst insbesondere Angelegenheiten, die wegen ihres [X.] typischerweise als "privat" eingestuft werden, etwa weil ihre öffentliche Erörterung oder Zurschaustellung als unschicklich gilt, das Bekanntwerden als peinlich empfunden wird oder nachteilige Reaktionen der Umwelt auslöst (vgl. nur Senatsurteile vom 30. April 2019 - [X.], [X.], 443 Rn. 11; vom 2. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1516 Rn. 19; vom 29. November 2016 - [X.], NJW 2017, 1550 Rn. 9; vom 25. Oktober 2011 - [X.], [X.], 767 Rn. 15). Dazu gehören grundsätzlich auch - regelmäßig in Abhängigkeit von Detailreichtum und Tiefe der Information - Vorfälle aus dem Familienbereich, die Ausgestaltung familiärer Beziehungen (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2018 - [X.], NJW 2018, 3509 mwN), die Einleitung und Durchführung eines Scheidungsverfahrens (Senatsurteil vom 7. Juli 2020 - [X.], juris Rn. 34) wie auch Situationen großer emotionaler Belastung wie bei der Trauer um einen Angehörigen oder eine nahestehende Person (vgl. [X.], [X.], 574, juris Rn. 20; [X.], [X.], 442, juris Rn. 31; [X.], [X.], 782, juris Rn. 24; [X.], NJW-RR 2005, 1566, juris Rn. 13 f.; vgl. auch [X.], [X.] 2017, 346 Rn. 99: Gefühlsleben grundsätzlich reine Privatsache), da sie Gefühlsäußerungen, persönliche Regungen und Handlungen auslösen können, die erkennbar nicht für die Augen Dritter bzw. Unbeteiligter bestimmt sind.

bb) Nach diesen Maßstäben beeinträchtigt die [X.] der beanstandeten Textpassage insbesondere hinsichtlich des Textes der [X.] das Recht der Kläger auf Achtung ihrer Privatsphäre.

Mit dem Artikel informiert die Beklagte den Leser, dass der Copilot des verunglückten [X.], [X.], in seiner Heimatstadt beerdigt worden ist. Die Wortberichterstattung schildert im Gegensatz zu den Ankündigungen in der Überschrift ("Wer alles zur Beerdigung kam, wie sich Verwandte und Freunde von dem Amok-Flieger verabschiedeten") nicht die Trauerfeier, den Akt der Beisetzung oder die Trauergäste, sondern den Zustand der Grabstätte in nahem zeitlichen Zusammenhang mit der Urnenbeisetzung, nachdem die Kläger und die Trauergäste die Grabstätte bereits verlassen haben. Der Leser erfährt, dass die Blumen zum Zeitpunkt des Fotografierens noch frisch sind, dass es neben [X.] mit letzten Grüßen der Familie auch solche von Freunden gab und dass das "schlichte Holzkreuz" nur die Kurzform des Vornamens des Verstorbenen trägt. Mitgeteilt wird darüber hinaus der Text auf der Trauerschleife der Kläger sowie - insoweit unbeanstandet - auf der der Freundin des Verstorbenen. Die beanstandeten Inhalte, nämlich die Erwähnung frischer Blumen, die Überschrift "[X.]", die Beschreibung des Holzkreuzes mit dem gewählten Namenszug und die Wiedergabe der Aufschrift der [X.] der Eltern teilen dem Leser mit, mit welcher Gestaltung des Kreuzes und welchen sichtbar gemachten Gedanken die Eltern A. [X.] zur letzten Ruhe begleitet haben. Allerdings erfährt der Leser nur das, was für jeden [X.] nach der Beisetzung der Urne sichtbar geblieben ist. Die beanstandeten Passagen der Wortberichterstattung beruhen ausschließlich auf Wahrnehmungen, die typischerweise durch die Öffentlichkeit des Friedhofs ermöglicht werden und keine indiskrete Beobachtung im Einzelfall voraussetzen. Über die Trauerfeier, die Beisetzung oder die Trauergäste wird nicht inhaltlich berichtet.

Auch diese wenigen Informationen lassen aber einen Blick des Lesers auf die Gefühle der Eltern und ihr Verhältnis zu ihrem [X.] zu, soweit sie nämlich für die Trauergemeinde sichtbar gemacht wurden. Sie zeigen Hinweise darauf, wie die Reaktion auf den Tod einer nahestehenden Person aussehen kann, die von Ermittlungsbehörden für einen Flugzeugabsturz, den Tod von 149 Menschen und damit das Leid vieler [X.] verantwortlich gemacht wird. Auch um sie wird getrauert, die weiterbestehende (elterliche) Liebe wird versichert, ihr werden uneingeschränkt die traditionellen Bestattungsrituale zuteil.

Eine Selbstöffnung liegt in dem Verhalten der Kläger nicht. Zwar kann der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme dort entfallen, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; die Erwartung, dass die Umwelt die Angelegenheiten oder Verhaltensweisen in einem Bereich mit Rückzugsfunktion nur begrenzt oder nicht zur Kenntnis nimmt, muss situationsübergreifend und konsistent zum Ausdruck gebracht werden (vgl. [X.] 101, 361, 385; [X.], NJW 2006, 3406, 3408; Senatsurteile vom 19. Oktober 2004 - [X.], [X.], 84; vom 5. Dezember 2006 - [X.], NJW 2007, 686 Rn. 21; vom 29. November 2016 - [X.], [X.], 365 Rn. 12; vom 6. Februar 2018 - [X.]/17, [X.], 554 Rn. 27). Indes ließ bereits der [X.] den Klägern nicht die Möglichkeit, die Bestattung vollständig geheim zu halten.

b) Die Beeinträchtigung ist aber nicht rechtswidrig. Das Schutzinteresse der Kläger überwiegt das durch Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 [X.] geschützte Recht der Beklagten auf freie Meinungsäußerung nicht.

aa) Wegen der Eigenart des Persönlichkeitsrechts als Rahmenrecht liegt seine Reichweite nicht absolut fest, sondern muss grundsätzlich erst durch eine Abwägung der widerstreitenden grundrechtlich geschützten Belange bestimmt werden, bei der die besonderen Umstände des Einzelfalls sowie die betroffenen Grundrechte und Gewährleistungen der [X.] interpretationsleitend zu berücksichtigen sind. Der Eingriff in das Persönlichkeitsrecht ist nur dann rechtswidrig, wenn das Schutzinteresse des Betroffenen die schutzwürdigen Belange der anderen Seite überwiegt (st. Rspr., vgl. Senatsurteile vom 29. November 2016 - [X.], NJW 2017, 1550 Rn. 15; vom 17. Dezember 2013 - [X.], [X.], 237 Rn. 22; jeweils mwN).

bb) Im Streitfall ist das durch Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG, Art. 8 Abs. 1 [X.] gewährleistete Interesse der Kläger am Schutz ihres Persönlichkeitsrechts mit dem in Art. 5 Abs. 1 GG, Art. 10 Abs. 1 [X.] verankerten Recht der Beklagten auf Meinungsfreiheit abzuwägen. Zwar handelt es sich bei den beanstandeten Informationen um wahre Tatsachenbehauptungen. Da sie aber die Privatsphäre betreffen, ist ungeachtet ihrer Wahrheit von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2016 - [X.], [X.], 365 Rn. 16; vom 2. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1516 Rn. 23).

Der Schutzbereich des Art. 5 Abs. 1 GG erstreckt sich auch auf die Äußerung von Tatsachen, soweit sie [X.] zur Meinungsbildung dienen können (Senatsurteil vom 2. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1516 Rn. 24). Zum [X.] der Presse- und Meinungsfreiheit gehört es, dass die Medien im Grundsatz nach ihren eigenen publizistischen Kriterien entscheiden können, was sie des öffentlichen Interesses für wert halten und was nicht (vgl. Senatsurteile vom 2. Mai 2017, aaO Rn. 24; vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 53 Rn. 19; vom 26. Oktober 2010 - [X.]/08, [X.], 200 Rn. 20; jeweils mwN). Im Rahmen der Abwägung ist von maßgeblicher Bedeutung, ob die Medien im konkreten Fall eine Angelegenheit von öffentlichem Interesse ernsthaft und sachbezogen erörtern, damit den Informationsanspruch des Publikums erfüllen und zur Bildung der öffentlichen Meinung beitragen oder ob sie lediglich die Neugier der Leser befriedigen (Senatsurteile vom 2. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1516 Rn. 25; vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 53 Rn. 19; jeweils mwN). Je größer der Informationswert für die Öffentlichkeit ist, desto mehr muss das Schutzinteresse desjenigen, über den informiert wird, hinter den [X.] der Öffentlichkeit zurücktreten. Umgekehrt wiegt aber auch der Schutz der Persönlichkeit des Betroffenen umso schwerer, je geringer der Informationswert für die Allgemeinheit ist (vgl. Senatsurteil vom 26. Oktober 2010 - [X.]/08, [X.], 200 Rn. 10; vom 9. Dezember 2003 - [X.], NJW 2004, 762, juris Rn. 22 mwN).

Bei der Prüfung der Frage, ob und in welchem Ausmaß die Berichterstattung einen Beitrag zur öffentlichen Meinungsbildung leistet und welcher Informationswert ihr damit beizumessen ist, ist von erheblicher Bedeutung, welche Rolle den Betroffenen in der Öffentlichkeit zukommt. Eine in der Öffentlichkeit unbekannte Privatperson kann einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen, nicht aber eine Person des öffentlichen Lebens (vgl. [X.], Entscheidung vom 14. Juni 2005 - 14991/02 - [X.]/[X.], BeckRS 2012, 18731; [X.], Urteil vom 30. März 2010 - 20928/05 Nr. 55 - [X.]/[X.], BeckRS 2012, 18730; vgl. Senatsurteil vom 9. April 2019 - [X.], NJW-RR 2019, 1134 Rn. 14). Außerdem muss grundsätzlich unterschieden werden zwischen der Berichterstattung über Tatsachen, die einen Beitrag zu einer Diskussion in einer [X.] Gesellschaft leisten kann, die z. B. Politiker bei Wahrnehmung ihrer Amtsgeschäfte betrifft, und der Berichterstattung über Einzelheiten des Privatlebens einer Person, die keine solchen Aufgaben hat (vgl. [X.], [X.], 1053 Rn. 110; NJW 2004, 2647 - von [X.]/[X.]; [X.], NJW 2010, 751 Nr. 47 - Standard Verlags-GmbH/[X.] Nr. 2).

Stets abwägungsrelevant ist auch die Intensität des Eingriffs in das allgemeine Persönlichkeitsrecht. Diese ist als gering zu werten, wenn es sich um zutreffende Tatsachen handelt, die entweder belanglos sind oder sich allenfalls oberflächlich mit der Person des Betroffenen beschäftigen, ohne einen tieferen Einblick in seine persönlichen Lebensumstände zu vermitteln (vgl. Senatsurteile vom 2. Mai 2017 - [X.], NJW-RR 2017, 1516 Rn. 28; vom 10. März 2009 - [X.], [X.], 114 Rn. 19; vom 26. Oktober 2008 - [X.]/08, [X.], 200 Rn. 22) und ohne herabsetzend oder gar ehrverletzend zu sein (vgl. Senatsurteil vom 22. November 2011 - [X.], [X.], 53 Rn. 20).

cc) Nach diesen Grundsätzen lässt sich der vorliegende Eingriff in die Privatsphäre der Kläger durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen.

Zwar handelt es sich bei den Klägern nach den Maßstäben des [X.] trotz der spektakulären Umstände des Todes ihres [X.] um in der Öffentlichkeit unbekannte Privatpersonen, die einen besonderen Schutz ihres Privatlebens beanspruchen können. Die Beeinträchtigung ihrer Privatsphäre ist jedoch nicht so schwerwiegend. Die berichteten Tatsachen sind durch ihre thematische Verbindung mit Tod und Trauer nicht an sich belanglos, sie lassen aber keinen tieferen Einblick in die persönlichen Lebensumstände der Kläger zu. Es wird nur kommuniziert, dass der [X.] der Kläger hinsichtlich des Blumenschmucks und des Holzkreuzes ein unauffälliges, traditionellen Ritualen in [X.] entsprechendes Begräbnis erhalten hat. Mit dem Bericht über die Schleifenaufschrift wird dem Leser mitgeteilt, dass die Eltern bei der Beisetzung zu erkennen geben wollten, dass ihre elterliche Liebe zu ihrem [X.] trotz der gravierenden Schuldvorwürfe über den Tod hinaus fortdauert. Diese Mitteilung ist wenig differenziert und allgemein gehalten und gibt von dem Gefühlsspektrum der Eltern in dieser Ausnahmesituation wenig preis.

Auch wenn die Öffentlichkeit des Friedhofs nach der Beisetzung und dem Weggang der Trauergemeinde den Klägern unerwünscht und unwillkommen war und sie durch die Beschriftung des Holzkreuzes lediglich mit dem abgekürzten Vornamen sowie mit der Sperrung des Friedhofs eine gewisse Anonymität erstrebten, war für sie doch erkennbar, dass sich dies nach dem Ende der Beisetzung nicht so würde aufrechterhalten lassen. Sie waren auch damit einverstanden, dass über 100 geladene Trauergäste und alle mit der Trauerfeier und der Bestattung befassten professionellen Helfer und Bediensteten ihre Gesten der Trauer zur Kenntnis nehmen konnten. Es musste ihnen bewusst sein, dass jeder beliebige Besucher des Friedhofs im [X.] an die Bestattung ebenfalls von der Gestalt des Grabes und ihrer Abschiedsbotschaft Kenntnis nehmen konnte.

Demgegenüber kommt dem berechtigten Informationsinteresse der Öffentlichkeit in der Abwägung ein höheres Gewicht zu. Der Bericht leistet nämlich trotz der recht vordergründigen und wenig persönlichen Informationen über die Kläger einen Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse und zielt nicht nur darauf ab, die Neugier einer bestimmten Leserschaft auf Einzelheiten des Privatlebens einer Person zu befriedigen. Im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses stehen zwar zunächst der [X.] der Kläger und sein Tod, weil er - nach der Auffassung der [X.] Ermittlungsbehörden - den Absturz der Maschine und den Tod von weiteren 149 Insassen bewusst herbeigeführt haben soll. Er ist durch das Unglück plötzlich zu einer in der Öffentlichkeit überaus bekannten Person geworden, weil der Absturz ein globales Medienecho und eine große Anteilnahme bezüglich der Opfer und ihrer Angehörigen auslöste. An seiner Person und seiner Persönlichkeit bestand wegen der Frage nach dem Grund und der Motivation für einen möglicherweise erweiterten Suizid, dem Verdacht einer psychischen Erkrankung und wegen der tragischen Folgen für die Opfer und ihre Angehörigen ein großes öffentliches Interesse. Dieses hatte auch einen sachlichen Hintergrund, da bei einer diskutierten psychischen Erkrankung die Frage nach der Erkennbarkeit für den Arbeitgeber und dessen etwaiger Mitverantwortung und - noch allgemeiner - nach zukünftigen Kontrollmöglichkeiten aufzuwerfen war. Daraus erklärt sich auch ein Interesse für die Herkunft, den familiären Hintergrund und das Verhältnis zu den Eltern des Piloten.

Von allgemeinem Interesse ist im Hinblick auf den Vorwurf, den Tod von 149 Menschen verursacht zu haben, auch die Frage, wie nahe Angehörige mit dem Tod und dem etwaigen Suizid des Menschen umgehen, gegen den ein solcher Vorwurf erhoben wird. Dass die Eltern im Streitfall trotz des gravierenden Schuldvorwurfs eine Distanzierung zu ihrem verstorbenen [X.] zumindest in den sichtbar gewordenen Umständen der Bestattung nicht erkennen lassen, ist für sich genommen bereits eine Aussage zur Beziehung zu ihrem [X.] und kann zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse über das Verhältnis von Eltern zu Kindern in entsprechenden Ausnahmesituationen, möglicherweise auch zur Erhellung des Hintergrundes der vorgeworfenen Tat beitragen. Der Bericht dient damit gerade nicht dazu, den Leser lediglich einen voyeuristischen Blick auf das Leid anderer werfen zu lassen oder die Haltung der Eltern, sich zu ihrem [X.] zu bekennen, zu skandalisieren.

c) Die Kläger können eine Unterlassung der beanstandeten Berichterstattung aber auch deshalb nicht verlangen, weil durch die [X.] ihrer Danksagung die für einen (unterstellten) Unterlassungsanspruch erforderliche Wiederholungsgefahr entfallen ist. Die angegriffene [X.] ist - ihre Rechtswidrigkeit unterstellt - durch diese Selbstöffnung rechtlich zulässig geworden.

aa) Ein Unterlassungsanspruch aus § 1004 Abs. 1 Satz 2 BGB analog, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1 Abs. 1, Art. 2 Abs. 1 GG setzt neben der Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts materiell-rechtlich eine Wiederholungsgefahr voraus. Wenn sie entfällt, erlischt auch der zukunftsgerichtete Unterlassungsanspruch. Eine rechtswidrige Beeinträchtigung in der Vergangenheit begründet in der Regel die tatsächliche Vermutung der Wiederholungsgefahr. Diese Vermutung fällt indes weg, wenn durch die Veränderung tatsächlicher Umstände nunmehr die Berichterstattung als rechtlich zulässig zu beurteilen ist. Wer in der Vergangenheit in seinen Rechten verletzt wurde, hat keinen Anspruch darauf, dass ein Verhalten unterlassen wird, das sich inzwischen als nicht mehr rechtswidrig darstellt (vgl. Senatsurteil vom 18. Juni 2019 - [X.]/18, NJW 2020, 45 Rn. 23; vom 19. März 2013 - [X.], NJW 2013, 1681 Rn. 31).

bb) Gemessen daran besteht kein Unterlassungsanspruch mehr, weil die Verbreitung des beanstandeten Textes in der Zwischenzeit jedenfalls rechtlich zulässig geworden ist.

(1) Der Schutz der Privatsphäre vor öffentlicher Kenntnisnahme kann dort entfallen oder zumindest im Rahmen der Abwägung zurücktreten, wo sich der Betroffene selbst damit einverstanden gezeigt hat, dass bestimmte, gewöhnlich als privat geltende Angelegenheiten öffentlich gemacht werden; denn niemand kann sich auf ein Recht zur Privatheit hinsichtlich solcher Tatsachen berufen, die er selbst der Öffentlichkeit preisgegeben hat (vgl. Senatsurteil vom 12. Juni 2018 - [X.], NJW 2018, 3509 Rn. 14; vom 20. Dezember 2011 - [X.], [X.] 2012, 253 juris Rn. 14; [X.] 80, 367, 374; 101, 361, 385). Er kann dann nicht gleichzeitig den öffentlichkeitsabgewandten Schutz seiner Privatsphäre geltend machen (vgl. Senatsurteil vom 29. November 2016 - [X.], NJW 2017, 1550 Rn. 12 mwN).

(2) Eine derartige Selbsteröffnung der Kläger ist mit der Anzeige zur Danksagung erfolgt. Die Anzeige kann vom verständigen Leser den Klägern als den Eltern von A. [X.] zugeordnet werden, da der Vorname des [X.], sein Bild und sein Todesdatum - das Datum des Absturzes - den Schluss auf die Person des Copiloten des abgestürzten Flugzeugs lenken, dessen vollständiger Name unmittelbar nach dem Unglück, aber auch kurz vor der Danksagung wegen des von der Presse aufgegriffenen Jahrestages des Absturzes vielfach genannt worden ist. Der Anzeige ist weiter zu entnehmen, dass in M. eine Trauerfeier und seine Bestattung mit eingeladenen Trauergästen stattgefunden hat und es dort ein Grab mit Blumen gab. Mit der Botschaft an den Verstorbenen wird darüber hinaus nahezu wörtlich die Aufschrift auf der [X.] preisgegeben. Damit haben die Kläger alle Informationen, deren Verbreitung sie durch die Unterlassungsklage gegen eine erneute Wortberichterstattung verhindern wollten, selbst in die Öffentlichkeit gegeben. Dass die Danksagung lediglich in der regional begrenzt verbreiteten [X.] erschienen ist, führt nicht zu einer anderen Bewertung, da bei einer derartigen [X.] vor dem Hintergrund des spektakulären und folgenschweren Flugzeugabsturzes und des öffentlichen Gedenkens der Opfer am Jahrestag des Unglücks damit zu rechnen war, dass sie von interessierten Personen oder anderen Medienvertretern aufgegriffen und gerade im Hinblick auf den Jahrestag einem weiteren Publikum zugänglich gemacht wird.

2. Den Klägern steht aber der geltend gemachte Anspruch auf Unterlassung der [X.] und Verbreitung der Fotos entsprechend § 1004 Abs. 1 Satz 2, § 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG, Art. 1 Abs. 1 GG zu. Das Berufungsgericht hat zutreffend dem Persönlichkeitsrecht der Kläger in seiner Ausprägung als Recht auf Schutz der Privatsphäre den Vorrang vor der durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Presse- und Informationsfreiheit der Beklagten eingeräumt.

a) Soweit ein Bild nicht schon als solches eine für die öffentliche Meinungsbildung bedeutsame Aussage enthält, ist sein Informationsgehalt im Kontext der dazu gehörenden Wortberichterstattung zu ermitteln (vgl. nur [X.] 120, 180, 206 mwN).

Da es sich bei den angegriffenen Fotografien nicht um Bildnisse oder Bilder mit Personen im Sinne der §§ 22, 23 KUG handelt, richtet sich die Zulässigkeit der Bildberichterstattung grundsätzlich nach denselben Maßstäben wie die einer Wortberichterstattung (vgl. Senatsurteile vom 9. Dezember 2003 - [X.], NJW 2004, 766, juris Rn. 13 ff.; - [X.], NJW 2004, 762, juris Rn. 12 ff. zu Luftbildaufnahmen von Anwesen). Insoweit kann auf die obigen Ausführungen (unter 1 [X.]) Bezug genommen werden. Ergänzend ist anzumerken, dass im [X.] der grundrechtlichen Gewährleistung der Pressefreiheit das Recht steht, Art und Ausrichtung, Inhalt und Form eines Publikationsorgans frei zu bestimmen. Dazu zählt auch die Entscheidung, ob und wie ein Presseerzeugnis bebildert wird. Auf bestimmte Illustrationsgegenstände beschränkt sich der Schutz nicht ([X.] 101, 361, juris Rn. 94). Es ist grundsätzlich Sache der Medien, über Art und Weise der Berichterstattung und ihrer Aufmachung zu entscheiden. Eine Bedürfnisprüfung, ob eine Bebilderung veranlasst war, findet nicht statt. Bilder können einen Wortbericht ergänzen und dabei der Erweiterung seines Aussagegehalts dienen, etwa der Unterstreichung der Authentizität des Geschilderten. Auch kann ein von Art. 5 Abs. 1 GG geschütztes Informationsanliegen darin liegen, durch Beigabe von [X.] die Aufmerksamkeit des Lesers für den Wortbericht zu wecken (vgl. [X.], NJW 2017, 1376 Rn. 16). [X.] nehmen am verfassungsrechtlichen Schutz des Berichts teil, dessen Bebilderung sie dienen (vgl. nur Senatsurteil vom 9. April 2019 - [X.], NJW-RR 2019, 1134 Rn. 10). Aber nicht alles, wofür sich Menschen zum Beispiel aus Langeweile und Neugier interessieren, rechtfertigt dessen visuelle Darstellung in der breiten Medienöffentlichkeit. Wo konkret die Grenze für das berechtigte Informationsinteresse der Öffentlichkeit an der aktuellen Berichterstattung zu ziehen ist, lässt sich nur unter Berücksichtigung der jeweiligen Umstände des Einzelfalls entscheiden (Senatsurteile vom 6. Februar 2018 - [X.]/17, NJW 2018, 1820 Rn. 15; vom 28. Oktober 2008 - [X.] 307/07, [X.], 213 Rn. 14).

b) Die beanstandeten Fotografien zeigen das mit Blumen und Schleifen geschmückte Grab mit dem Holzkreuz von vorne und von hinten sowie einen Teil der [X.]n, deren Aufschriften teilweise lesbar sind: "Ich werde Dich vermissen. [X.]"; "Du bleibst in unseren Herzen. In Liebe Mama u. [X.]"; "In liebevoller Erinnerung. [X.]". Die Fotos sind kontextgerecht, sie ergänzen und veranschaulichen den Wortbeitrag. Sie gehen bezüglich der Gestaltung und Beschriftung des Holzkreuzes sowie der Aufschrift auf der [X.] der Kläger kaum über den im Text berichteten Inhalt hinaus und werden so vom beschriebenen allgemeinen gesellschaftlichen Interesse an der Berichterstattung erfasst. Wie der Text können sie gemeinsam mit diesem und den Bildunterschriften einen Beitrag zur Bildung der öffentlichen Meinung leisten.

Dennoch führt ihre Verbreitung in einem Massenmedium zu einem schwerwiegenderen Eingriff in das Persönlichkeitsrecht der Kläger als die reine Textberichterstattung. Durch die Abbildung der Grabstätte im Zustand kurz nach der Beisetzung wird ein Bild, das für die Kläger für einen Moment intensivster Gefühle steht, weil es die Endgültigkeit des Abschiedes von ihrem Kind symbolisiert, verstetigt und den Klägern wie auch dem unübersehbaren Publikum des Massenmediums vor Augen geführt. Die Darstellung des um das Kreuz arrangierten bunten und vielfältigen Blumenschmucks wird auch einem verständigen Leser als Gradmesser für die sichtbar gewordene Anteilnahme dienen und die Frage nach der – vom Leser für angemessen gehaltenen - Reaktion auf den Tod eines möglicherweise mit schwerer Schuld beladenen Menschen eindringlicher aufwerfen als der reine Text. Durch das Layout, insbesondere die prominente und farbstarke wiederholte Visualisierung der Grabstätte und der Schleifen, aber auch die Sichtbarkeit der kleinen Details wird die Situation für den Leser mehr emotional aufgeladen als durch den reinen Text. Der zulässige Zweck der Bebilderung, nicht nur den Text zu belegen, sondern auch die Neugier des Lesers auf den Artikel und das Medium zu wecken, wird zwar so erreicht. Das Berufungsgericht geht jedoch nach der allgemeinen Lebenserfahrung zutreffend davon aus, dass die Bilder geeignet sind, nicht nur die Aufmerksamkeit auf den Artikel zu lenken, sondern ein darüberhinausgehendes, nicht selten der Befriedigung der Sensationsgier dienendes Interesse an einem Besuch der Grabstätte zu wecken (vgl. zur "Anlockwirkung" einer Berichterstattung Senatsurteil vom 30. April 2019 - [X.], [X.], 443 Rn. 24). Ein solcher den bekannten Phänomenen des Katastrophentourismus oder der "[X.]" vergleichbarer "Grabtourismus" wird durch die Bilder weiter befördert. Außerdem wird aufgrund der Erkennbarkeit einer Natursteinmauer hinter der Grabstätte (Fotos 1 und 2), eines mit Split oder Sand bestreuten und mit grauen Pflastersteinen gesäumten Pfades vor der Grabstätte (Foto 7) und eines Teils der dunkelroten steinernen Abdeckplatte eines benachbarten Urnengrabes (Foto 1) die Auffindbarkeit des Grabes auf dem Friedhof von M. deutlich erleichtert. Dadurch wird die Gefahr vergrößert, dass die Kläger bei eigenen Besuchen am Grab gestört werden oder ihre Symbole des Gedenkens zerstört vorfinden.

Damit wird in den Bereich ihrer Privatsphäre eingegriffen. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats erfordern Privatheit und die daraus abzuleitende berechtigte Erwartung, nicht in den Medien abgebildet zu werden, nicht notwendig eine durch räumliche Abgeschiedenheit geprägte Situation, sondern können in Momenten der Entspannung oder des [X.] außerhalb der Einbindung in die Pflichten des Berufs und des Alltags auch außerhalb örtlicher Abgeschiedenheit entstehen (vgl. Senatsurteile vom 6. Februar 2018 - [X.]/17, NJW 2018, 1820 Rn. 28; vom 14. Oktober 2008 - [X.] 272/06, [X.], 754 Rn. 17; vom 1. Juli 2008 - [X.] 243/06, [X.], 1506 Rn. 24). Privatheit und die berechtigte Erwartung, nicht zum Objekt von Schaulust und Sensationsgier in Momenten der Trauer beim Besuch des Grabes eines nahestehenden Verstorbenen zu werden, bestehen auch auf einem öffentlichen Friedhof und haben am Schutz des Rechts auf Privatsphäre teil.

Der Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Kläger ist auch rechtswidrig. Da die Bilder die Privatsphäre der Kläger betreffen und deren Gewährleistung in Momenten der Trauer und des Gedenkens nachhaltig gefährden, ist von entscheidender Bedeutung, ob sie sich durch ein berechtigtes Informationsinteresse der Öffentlichkeit rechtfertigen lassen. Dies ist hier nicht der Fall. Der hinsichtlich einer Debatte von allgemeinem Interesse im Vergleich zum zulässigen Text nicht sehr erhebliche Informationsmehrwert der Bilder kann es nicht rechtfertigen, dass die Kläger der Gefahr von Belästigungen beim Totengedenken am Grab ihres [X.] ausgesetzt werden oder aus Furcht vor diesen von Besuchen am Grab, die notwendiger Teil der Trauerbewältigung sein können, abgeschreckt werden.

III.

Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind, kann der Senat in der Sache selbst entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO).

[X.]     

      

von [X.]     

      

[X.]

      

Klein     

      

Allgayer     

      

Meta

VI ZR 62/17

10.11.2020

Bundesgerichtshof 6. Zivilsenat

Urteil

Sachgebiet: ZR

vorgehend KG Berlin, 26. Januar 2017, Az: 10 U 192/15

Art 1 Abs 1 GG, Art 2 Abs 1 GG, Art 5 Abs 1 GG, § 823 Abs 1 BGB, § 1004 Abs 1 BGB, Art 8 Abs 1 MRK

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Urteil vom 10.11.2020, Az. VI ZR 62/17 (REWIS RS 2020, 973)

Papier­fundstellen: MDR 2021, 34-35 GRUR 2021, 879 REWIS RS 2020, 973

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Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

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