Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. 4 StR 443/09

4. Strafsenat | REWIS RS 2009, 680

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[X.] vom 10. November 2009 in der Strafsache gegen wegen versuchten Mordes u.a. - 2 - Der 4. Strafsenat des [X.] hat auf Antrag, im Übrigen nach [X.] und des Beschwerdeführers, am 10. No-vember 2009 gemäß § 349 Abs. 2 und 4 StPO beschlossen: 1. Auf die Revision des Angeklagten [X.]wird das Urteil des [X.] vom 24. April 2009, soweit es diesen Angeklagten betrifft, im Ausspruch über den Verfall mit den Feststellungen aufgehoben. 2. Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer [X.] und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels des Beschwerdeführers, an eine andere allgemeine Strafkammer des [X.]. 3. Die weiter gehende Revision des Angeklagten wird [X.]. Gründe: Das [X.] hat den Angeklagten wegen versuchten Mordes in [X.] mit besonders schwerer Brandstiftung sowie wegen Diebstahls in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt; ferner hat es den Verfall des bei dem Angeklagten sichergestellten Bargeldes von 10.000 Euro angeordnet. Gegen dieses Urteil wendet sich der Angeklagte mit seiner Revision, mit der er nur noch die Verletzung sachlichen Rechts rügt. Das Rechtsmittel hat zum Ausspruch über den Verfall Erfolg; im Übrigen ist es un-begründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO. 1 - 3 - 1. Die Überprüfung des Urteils auf Grund der [X.] hat zum Schuld- und zum Strafausspruch keinen Rechtsfehler zum Nachteil des Angeklagten ergeben. 2 2. Dagegen hält die Anordnung des Verfalls der bei dem Angeklagten si-chergestellten 10.000 Euro der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. 3 Nach den hierzu getroffenen Feststellungen hat der Angeklagte dieses Geld von dem gesondert verfolgten [X.] für den Verkauf eines Teils der Beute aus dem zusammen mit den Mitangeklagten [X.]. und [X.]. bei dem Geschädigten [X.]am 23. September 2008 ver-übten Diebstahl erhalten. Die an [X.]

verkauften Gegenstände konnten si-chergestellt werden und gelangten an den Geschädigten zurück. Über den Verbleib des übrigen Teils der Beute, deren Gesamtwert zwischen 70- und 80.000 [X.] betrug, teilt das Urteil nichts mit. 4 Das sichergestellte Geld war danach - wie das [X.] im Ansatz zu Recht angenommen hat - Surrogat im Sinne des § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB für die entwendeten, an [X.] veräußerten Teile der Beute. Ansprüche des Verletzten stünden [X.] so das [X.] [X.] der Anordnung des Verfalls nicht entgegen, weil der Geschädigte die Gegenstände aus der Beute, für deren Ver-äußerung der Angeklagte die 10.000 [X.] erlangt hat, zurückerhalten habe. 5 a) Diese Begründung trägt die Verfallsanordnung des [X.]s nicht. Zwar hat das [X.] ersichtlich der Vorschrift des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB Rechnung tragen wollen, die eine Verfallsanordnung ausschließt, soweit dem Verletzten aus der Tat ein Anspruch erwachsen ist, dessen Erfüllung dem Täter 6 - 4 - oder Teilnehmer den Wert des aus der Tat [X.] entziehen würde. Die [X.] im angefochtenen Urteil greift aber zu kurz. [X.]) Das [X.] hat bei seiner Verfallsentscheidung zum Einen nicht erkennbar bedacht, dass der Angeklagte aus der [X.] nicht nur dieje-nigen Gegenstände im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 1 StGB —erlangtfi hat, die an den Geschädigten [X.] sind, sondern auch weitere [X.], über deren Verbleib das Urteil nichts mitteilt, so dass dem Geschädigten noch (weiter gehende) Ansprüche zustehen können, die im Umfang ihres Be-stehens gemäß § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB einer Verfallsanordnung entgegenste-hen. Letzteres gilt auch für den Fall der Anordnung des Verfalls eines Ersatz-gegenstandes nach § 73 Abs. 2 Satz 2 StGB (vgl. [X.], 1186; [X.] StGB 56. Aufl. § 73 Rdn. 27), und zwar dann, wenn [X.] wie hier [X.] der Ver-letzte zwar insoweit befriedigt ist, ihm darüber hinaus —aus der [X.] aber noch weiter gehende Ansprüche erwachsen sind. Denn durch § 73 Abs.1 Satz 2 StGB soll nicht nur eine —[X.] Inanspruchnahme des [X.] vermieden werden (vgl. [X.]R StGB § 73 Anspruch 1; [X.]. 17), sondern auch, dass die Realisierung von Ansprüchen des Verletzten durch die Anord-nung des Verfalls gefährdet wird. 7 Das [X.] durfte bei der Prüfung der einer Verfallsanordnung nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehenden Ansprüche des Verletzten [X.] nicht allein auf die Teile aus der Beute abstellen, für die der Angeklagte [X.]die für verfallen erklärten 10.000 [X.] erlangt und die der Geschädigte wieder zurück erhalten hat. Vielmehr musste es die gesamte von dem Ange-klagten (und den Mitangeklagten) bei der Tat erlangte Beute im Wert von 70.000 bis 80.000 Euro in den Blick nehmen. In diesem Umfang stand dem [X.] —aus der [X.] ein Herausgabeanspruch bzw. im Fall seiner [X.] - 5 - führbarkeit ein Schadensersatzanspruch zu. Dass der Geschädigte die Beute insgesamt zurück erhalten hat, ist nicht festgestellt. Damit liegt nahe, ist [X.] nicht ausgeschlossen, dass der Geschädigte aus dem Diebstahl unbe-schadet der an ihn zurück gelangten Teile der Beute, die der Angeklagte [X.] an [X.] veräußert hat, noch weiterhin einen Anspruch gegen den Angeklag-ten (und die Mitangeklagten) zumindest in Höhe des bei dem Angeklagten [X.]sichergestellten Geldbetrages hat und deshalb die Verfallsanordnung nicht er-gehen durfte. [X.]) Des Weiteren hat das [X.] nicht bedacht, dass hier über die Anordnung des Verfalls eines Ersatzgegenstandes hinaus die Anordnung von Wertersatzverfall nach § 73 a StGB zu prüfen war. Soweit dessen Anordnung nur deshalb ausscheidet, weil Ansprüche des Verletzten im Sinne des § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB entgegenstehen (vgl. [X.] in [X.]/[X.] StGB 27. Aufl. § 73 a Rdn. 6), musste das [X.] die durch die am 1. Januar 2007 in [X.] getretene Neufassung des § 111 i StPO (Gesetz vom 24. Oktober 2006, [X.] I 2350 ff.) geschaffene Möglichkeit für einen verstärkten Opferschutz durch ver-besserte Rückgewinnungshilfe in den Fällen beachten, in denen eine Verfalls-anordnung wegen Ansprüchen Verletzter nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB aus-scheidet (vgl. dazu Senat, Urteil vom 7. Februar 2008 - 4 [X.], [X.], 1093). 9 b) Durch die Anordnung des Verfalls ist der Angeklagte [X.]auch [X.]. Auch wenn das Verfahren über die Opferanspruchsbescheidung nach Maßgabe des § 111 i Abs. 2 StPO (vgl. dazu [X.] in [X.]. § 111 i Rdn. 14 f.) nach Ablauf der Dreijahresfrist (§ 111 i Abs. 3 Satz 1 StPO) gemäß Abs. 5 der Vorschrift zum Auffangrechtserwerb des St[X.]tes führt, soweit der Verletzte bis dahin nicht aus den sichergestellten Vermögenswerten [X.] - 6 - gung erlangt hat, stellt sich dies gegenwärtig als die für den Angeklagten ge-genüber der Verfallsanordnung günstigere Rechtsposition dar. Denn mit der vom [X.] getroffenen Verfallsanordnung fällt das Eigentum an den si-chergestellten 10.000 [X.] gemäß § 73 e StGB unmittelbar an den St[X.]t, ohne dass sich der Schadensersatzanspruch des Geschädigten gegenüber dem [X.] (und den Mitangeklagten) entsprechend verringert. Demgegenüber besteht bei der Verfahrensweise nach § 111 i Abs. 2 StPO für den Angeklagten (und die Mitangeklagten) jedenfalls die Chance, in Höhe dieses Betrages von der Verbindlichkeit gegenüber dem Geschädigten Befreiung zu erlangen. c) Ob und inwieweit die Voraussetzungen nach § 111 i StPO wegen (noch) bestehender Gegenansprüche des Geschädigten vorliegen, kann der Senat allein auf der Grundlage der Gründe des angefochtenen Urteils nicht ab-schließend beurteilen. Insoweit ist deshalb eine neue tatrichterliche Entschei-dung nach pflichtgemäßem Ermessen (vgl. dazu [X.] 52. Aufl. § 111 i Rdn. 8 m.w.N.) geboten. 11 Der neue Tatrichter wird danach unter den Voraussetzungen des § 73 a StGB den dem Wert des [X.] entsprechenden Geldbetrag unter Abzug des Wertes der an den Geschädigten [X.]en [X.] nach [X.] von § 111 i Abs. 2 Satz 2 und 3 StPO festzustellen haben. Die Höhe des Betrages ist hier lediglich mit Blick auf das Verschlechterungsverbot durch den im angefochtenen Urteil angeordneten Verfall begrenzt. Ob der Geschädigte möglicherweise ganz oder teilweise durch eine Versicherung entschädigt [X.] ist, bleibt bei der [X.] gegebenenfalls im Wege der Schätzung nach § 73 b StGB zu ermittelnden [X.] Höhe des den Verfall nach § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB begrenzenden Gegenanspruchs außer Betracht ([X.], [X.]. vom 10. No-vember 2008 [X.] 3 StR 390/08; OLG Düsseldorf NStZ 1986, 222 f.; zust. [X.] 12 - 7 - [X.]O § 73 Rdn. 23; [X.], Gewinnabschöpfung im Straf- und Bußgeldverfah-ren, 2006, Rdn. 78). 3. Der Senat verweist die Sache an eine allgemeine Strafkammer zurück, da die Verfallsanordnung lediglich im Zusammenhang mit der [X.] steht und deshalb das weitere Verfahren nicht mehr die Zuständigkeit der [X.] berührt. 13 Tepperwien M[X.]tz Athing Ernemann Mutzbauer

Meta

4 StR 443/09

10.11.2009

Bundesgerichtshof 4. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 10.11.2009, Az. 4 StR 443/09 (REWIS RS 2009, 680)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2009, 680

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