Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2017, Az. 3 StR 58/17

3. Strafsenat | REWIS RS 2017, 8776

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[X.]:[X.]:[X.]:2017:290617B3STR58.17.0

BUN[X.]SGERICHTSHOF

BESCHLUSS
3 StR 58/17
vom
29. Juni 2017
in der Strafsache
gegen

wegen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge

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Der 3. Strafsenat des [X.] hat nach Anhörung des [X.] und des [X.] -
zu 2. auf dessen Antrag -
am
29. Juni 2017 gemäß § 349 Abs. 2 und 4, § 354 Abs. 1 analog StPO einstimmig be-schlossen:
1.
Auf die Revision des Angeklagten wird das Urteil des [X.] vom 18.
Mai 2016, soweit es ihn betrifft,
a)
im Schuldspruch dahin geändert, dass der Angeklagte des Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen sowie der Beihilfe zum Handeltreiben mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge schuldig ist;
b)
im gesamten Strafausspruch und im Ausspruch über die Einziehung aufgehoben; die jeweils zugehörigen [X.] bleiben aufrechterhalten.
Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zu neuer Verhand-lung und Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmit-tels, an eine andere Strafkammer des [X.]s zurückver-wiesen.
2. Die weitergehende Revision wird verworfen.

Gründe:
Das [X.] hat den Angeklagten wegen Handeltreibens mit Betäu-bungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von zwei Jahren und neun Monaten verurteilt, den Verfall von Wertersatz in 1
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Höhe von dem Verkauf eines Grundstücks eingezogen. Dagegen wendet sich der [X.] mit seiner auf die Rüge der Verletzung materiellen Rechts ge-stützten Revision. Das Rechtsmittel hat den aus der Entscheidungsformel er-sichtlichen Teilerfolg; im Übrigen ist es unbegründet im Sinne des § 349 Abs. 2 StPO.

1. Nach den Feststellungen beschloss der Mitangeklagte B.

, Cannabis in größeren Mengen anzubauen. Er vereinbarte mit dem Angeklag-ten, dass dieser ihm geeignete Anwesen für den Betrieb von [X.] zur Verfügung stellen solle. In der Folge erwarb der Angeklagte
(in einem die er mit der Abrede an den Mitangeklagten B.

vermietete, dass ursprünglichen Verkaufspreise abkaufen werde. Die Gebäude baute der Ange-klagte
B.

in der Folge zusammen mit zwei weiteren Mitangeklagten als Cannabisplantagen aus, wobei der Angeklagte
einen Elektriker vermittelte, um die Elektroleitungen dergestalt zu verlegen, dass die Stromversorgung unter Umgehung des Zählers erfolgen konnte. Auch wurde er über die Entwicklung auf den Plantagen grob informiert und besichtigte im Juli 2010 beide [X.], zu denen er jeweils über einen Schlüssel verfügte. Zudem führte er für den Mitangeklagten B.

eine Liste mit dessen Einnahmen und [X.]. Im Betrieb einer der Plantagen kam es zu insgesamt elf Ernten, die [X.] sechs
Kilogramm Blütenmaterial mit einem Wirkstoffgehalt von 600 Gramm THC erbrachten, das von dem Mitangeklagten B.

gewinn-bringend verkauft wurde. Im Betrieb des anderen Anwesens konnten wegen Komplikationen lediglich sechs
Ernten zwischen einem Kilogramm [X.] mit einem Wirkstoffgehalt von 100 Gramm THC und fünf Kilogramm mit 2
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einem Wirkstoffgehalt von 500 Gramm THC eingebracht werden. Darüber hin-aus wurden auf beiden Anpflanzungen bei der Durchsuchung durch die Polizei Cannabispflanzen sichergestellt, die bei [X.] einen Wirkstoffgehalt von 1275 Gramm
THC bzw. 387 Gramm THC erbracht hätten.

Als der Mitangeklagte [X.]

, der bis dahin den Angeklagten B.

bei dessen Anpflanzungen unterstützt hatte, mehrere Monate später eine eigene Plantage betreiben wollte, wandte er sich ebenfalls an den Angeklagten, [X.] zur Verfügung stellte, das der Mitangeklagte einschließlich einer Angeklagte
billigend in Kauf nahm, weitgehend aus [X.]. In der vom Mitangeklagten [X.]

in dieser Immobilie betriebenen Plantage kam es letztlich zu keiner Ernte; jedoch wurden Cannabispflanzen im Wachstum
sichergestellt, die bei [X.] einen Wirkstoffgehalt von 845
Gramm THC ergeben hätten.

2. Die Annahme des [X.]s, der Angeklagte habe sich im Hinblick auf die 17 festgestellten Ernten und das in drei Plantagen sichergestellte Pflan-zenmaterial wegen (mittäterschaftlichen) Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in 20 Fällen schuldig gemacht, begegnet durchgreifen-den rechtlichen Bedenken.

a) Bei einer durch mehrere Personen begangenen Deliktsserie ist die Frage, ob Handlungseinheit besteht oder Tatmehrheit gegeben ist, für jeden der Beteiligten gesondert zu prüfen und zu entscheiden, ob die ihm zurechen-baren Delikte in Tateinheit oder Tatmehrheit zueinander stehen. Erbringt ein Beteiligter nur solche Tatbeiträge, die einheitlich sämtliche oder jedenfalls ein-3
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zelne dieser Taten fördern, so sind ihm diese nicht als jeweils rechtlich [X.], sondern als in gleichartiger Tateinheit begangen zuzurechnen. Denn sie werden in seiner Person durch die einheitlichen Tatbeiträge zu einer Hand-lung im Sinne des § 52 Abs. 1 StGB verknüpft. Als rechtlich selbständige Taten können dem Mittäter oder Teilnehmer -
soweit keine natürliche Handlungsein-heit vorliegt -
nur solche Einzeltaten der Serie zugerechnet werden, für die er einen individuellen, nur je diese fördernden Tatbeitrag leistet. Ob andere [X.] die einzelnen Delikte tatmehrheitlich begangen haben, bleibt ohne Belang (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Beschlüsse vom 17. Dezember 2014 -
3 [X.], [X.], 421, 422; vom 17. September 2013 -
3 [X.]/13).

Nach diesen Maßstäben ist nur von
drei Taten des Angeklagten auszu-gehen: Die Mitwirkung des Angeklagten am Anbau des für den Handel be-stimmten Cannabis bestand in drei Fällen darin, Immobilien für die Einrichtung von Plantagen zur Verfügung zu stellen. Seine übrigen Tätigkeiten dienten dem Anbaubetrieb insgesamt. Konkrete Mitwirkungshandlungen an dem zu den ein-zelnen Ernten führenden Anbau oder dem gewinnbringenden Weiterverkauf des Rauschgifts ergeben die Feststellungen nicht.

b) Zudem tragen die Feststellungen nicht in allen drei Fällen die vom [X.]
angenommene Mittäterschaft.

Bei Beteiligung mehrerer Personen, von denen nicht jede sämtliche [X.] verwirklicht, ist Mittäter im Sinne von § 25 Abs. 2 StGB, wer einen eigenen Tatbeitrag leistet und diesen so in die Tat einfügt, dass er als Teil der Handlung eines anderen Beteiligten und umgekehrt dessen Handeln als Ergänzung des eigenen [X.] erscheint. Mittäterschaft erfordert dabei zwar nicht zwingend eine Mitwirkung am [X.] selbst und auch keine 6
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Anwesenheit am Tatort; ausreichen kann vielmehr auch ein die Tatbestands-verwirklichung fördernder Beitrag, der sich auf eine Vorbereitungs-
oder Unter-stützungshandlung beschränkt. Stets muss sich die objektiv aus einem wesent-lichen Tatbeitrag bestehende Mitwirkung aber nach der Willensrichtung des sich [X.] als Teil der Tätigkeit aller darstellen. Ob danach Mittäter-schaft oder Beihilfe anzunehmen ist, hat der Tatrichter aufgrund einer werten-den Gesamtbetrachtung aller festgestellten Umstände zu prüfen;
maßgebliche Kriterien sind der Grad des eigenen Interesses an der Tat, der Umfang der Tatbeteiligung und die Tatherrschaft oder wenigstens der Wille dazu, so dass die Durchführung und der Ausgang der Tat maßgeblich auch vom Willen des Betreffenden abhängen (st. Rspr.; vgl. etwa [X.], Urteil vom 17. Oktober 2002 -
3 [X.], [X.], 253, 254; Beschluss vom 2. Juli 2008 -
1 [X.], [X.], 25, 26).

Nach diesen Maßstäben begegnet die rechtliche Einordnung der Beteili-gung des Angeklagten als Mittäterschaft nur in den beiden Fällen keinen durchgreifenden rechtlichen Bedenken, in denen der Angeklagte
Grundstücke an den Mitangeklagten B.

vermittelt hat. Insoweit hat der Angeklagte
nicht nur die beiden Anwesen für den Anbau zur Verfügung gestellt, sondern auch weitere gewichtige Tatbeiträge geleistet, indem er einen Elektriker vermit-telte, um die Stromkosten für den Plantagenbetrieb niedrig zu halten und für den Mitangeklagten B.

die "Buchführung" übernahm. Auch verfügte er als Inhaber und Vermieter der Gebäude jeweils über einen Schlüssel, was den Schluss auf das Vorliegen von Tatherrschaft rechtfertigt.

Demgegenüber ist der festgestellte Tatbeitrag des Angeklagten hinsicht-lich der von dem Mitangeklagten [X.]

betriebenen Plantage als Beihilfehand-lung zu werten. In diesem Fall beschränkte der Angeklagte
sich darauf, dem 9
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Mitangeklagten ein Darlehen für den von ihm vermittelten Ankauf einer Immobi-lie zu gewähren. Eine weitere Unterstützung bei der Anpflanzung des Cannabis und dessen angestrebten Vertrieb leistete er nicht.

c) Der Senat schließt aus, dass in einer neuen Hauptverhandlung noch Feststellungen getroffen werden können, die zu einer anderen rechtlichen Be-wertung der letztgenannten Tat oder des [X.] führen. Er ändert deshalb den Schuldspruch entsprechend § 354 Abs. 1 StPO ab, wobei er davon absieht, in der Urteilsformel auch die gleichartige Idealkonkurrenz zum Ausdruck zu bringen (vgl. [X.], Beschluss vom 17. September 2013
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3 [X.]/13 mwN). § 265 StPO steht der Schuldspruchänderung nicht ent-gegen, da sich der Angeklagte bei zutreffender konkurrenzrechtlicher Bewer-tung des Tatgeschehens und gegen den geänderten Schuldvorwurf nicht wirk-samer hätte verteidigen können.

d) Schon die Abänderung des Schuldspruchs führt zur Aufhebung der Aussprüche über die Einzelstrafen und damit auch den Ausspruch über die Gesamtstrafe. Es kommt deshalb nicht mehr darauf an, dass das [X.], das rechtlich zutreffend die Einziehung des WeVerkauf eines dem Angeklagten weiterhin gehörenden [X.] hat (§ 74 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1, 74c Abs. 1 StGB), übersehen hat, dass eine solche Maßnahme den Charakter einer Nebenstrafe hat und damit als bestim-mender Gesichtspunkt für die Bemessung der Einzelstrafen im Wege einer Ge-samtbetrachtung der den Täter treffenden Rechtsfolgen angemessen zu be-rücksichtigen gewesen wäre (st. Rspr.; etwa [X.], Beschluss vom 16. Februar 2012 -
3 [X.], [X.], 169, 170 mwN). Dieser Rechtsfehler [X.] jedoch, dass der Wegfall des Strafausspruchs auch zur Aufhebung der an 11
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sich rechtsfehlerfreien Einziehungsentscheidung führt, die mit der Bemessung der Strafe in dem beschriebenen untrennbaren inneren Zusammenhang steht.

Die jeweils zugehörigen Feststellungen werden von dem Fehler in der rechtlichen Bewertung nicht berührt und können bestehen bleiben. Der neue Tatrichter kann ergänzende Feststellungen treffen, die zu den bisherigen nicht in Widerspruch treten.

[X.]Spaniol Tiemann

Berg Hoch
13

Meta

3 StR 58/17

29.06.2017

Bundesgerichtshof 3. Strafsenat

Sachgebiet: StR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 29.06.2017, Az. 3 StR 58/17 (REWIS RS 2017, 8776)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2017, 8776

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