Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2004, Az. VII ZR 16/03

VII. Zivilsenat | REWIS RS 2004, 147

© REWIS UG (haftungsbeschränkt)

Tags hinzufügen

Sie können dem Inhalt selbst Schlagworten zuordnen. Geben Sie hierfür jeweils ein Schlagwort ein und drücken danach auf sichern, bevor Sie ggf. ein neues Schlagwort eingeben.

Beispiele: "Befangenheit", "Revision", "Ablehnung eines Richters"

QR-Code

Entscheidungstext


Formatierung

Dieses Urteil liegt noch nicht ordentlich formatiert vor. Bitte nutzen Sie das PDF für eine ordentliche Formatierung.

PDF anzeigen

[X.]IM NAMEN DES VOLKES URTEIL [X.] Verkündet am: 16. Dezember 2004 [X.], Justizangestellte als Urkundsbeamter der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja [X.]: nein [X.]R: ja

[X.] § 645 a. [X.] Schließen die Parteien eines Werkvertrags einen Aufhebungsvertrag, nachdem die Werkleistung unmöglich geworden ist, bestimmt sich die Vergütung des [X.] nicht nach § 649 [X.]. Beruht die Unmöglichkeit auf einem von dem Besteller gelieferten Stoff, richtet sich die Vergütung nach § 645 [X.].
[X.] § 4 a) Die [X.] ist öffentliches Preisrecht. Sie regelt den preisrechtlichen Rahmen, in dem Honorarvereinbarungen zulässig sind (Anschluß an [X.], Urteil vom 13. September 2001 [X.], [X.], 1926).
b) Vereinbaren die Parteien in Anlehnung an die [X.] mehrere Faktoren, nach de-nen die Vergütung des Architekten berechnet werden soll, kann nicht daraus, daß einer der vereinbarten Berechnungsfaktoren von der [X.] abweicht, geschlossen werden, daß die Honorarvereinbarung unwirksam ist. Es ist zu ermitteln, welches Honorar sich unter Anwendung der gesamten von den Parteien vereinbarten Be-messungsregelungen ergibt und ob dieses Honorar in dem von der [X.] zugelas-senen Rahmen liegt.
ZPO §§ 530, 296
- 2 - Die Zurückweisung verspäteten Vorbringens ist auch nach dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses gemäß §§ 530, 296 ZPO nur dann zulässig, wenn die Zulassung zu einer Verzögerung des Verfahrens führen würde und die Verspätung nicht ent-schuldigt ist.

ZPO § 359; [X.] § 10 Abs. 2 bis 6

Die Fragen, welche Kosten im Sinne des § 10 Abs. 2 bis 6 [X.] anrechenbar sind, welche Honorarzone anwendbar ist, wie erbrachte Leistungen zu bewerten sind und ob die Berechnung eines Architektenhonorars den Grundlagen der [X.] entspricht, sind Rechtsfragen. Diese Fragen sind vom Gericht auf der vom Sachverständigen ermittelten Tatsachengrundlage zu beantworten. Die rechtliche Beurteilung darf das Gericht nicht dem Sachverständigen überlassen.

[X.], Urteil vom 16. Dezember 2004 - [X.] ΠOLG Jena
LG Erfurt

- 3 - Der [X.]. Zivilsenat des [X.] hat auf die mündliche Verhandlung vom 16. Dezember 2004 durch [X.] für Recht erkannt: Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des [X.] vom 18. Dezember 2002 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der [X.] zurückgewiesen worden ist. Die Sache wird im Umfang der Aufhebung zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen. Von Rechts wegen

Tatbestand: Die Kläger machen gegen die beklagte Stadt [X.] aus einem einvernehmlich aufgehobenen Architektenvertrag geltend. Die Beklagte lobte im Jahr 1995 einen Architektenwettbewerb für den Umbau, die Sanierung und Erweiterung der W.-[X.] aus, den die Kläger ge-wannen. Ihre Planung war darauf gerichtet, die W.-[X.] weitgehend zu erhal-ten. Die Kläger unterzeichneten am 18. Februar 1997 einen schriftlichen Archi-tektenvertrag und begannen mit den Planungsarbeiten; die Beklagte unter-- 4 - zeichnete den [X.] 1997. In der Vertragsurkunde ist unter 7.1.3. für die Honorarermittlung bestimmt: "Das Objekt besteht aus: 1. Umbau und Sanierung W.-[X.] 2. Neubauten – zu [X.] und [X.] siehe § 9. [X.] 9.26 lautet: "Vereinbarung zu Honorarzone, Hebesatz, [X.], [X.] (1) Honorarzone ([X.]), Hebesatz und [X.] ([X.]) (a) Umbau und Sanierung W.-[X.]: [X.] = IV + 25 %, [X.] = 26 % (ausgenom-men für Leistungsphase 9) (b) Neubauten: [X.] = III + 50 % (c) Freianlagen: [X.] IV, Mindestsatz (–) (2) Nebenkostenpauschale: Als Pauschale für sämtliche Nebenkosten nach § 7 [X.] werden 9 % des [X.] vereinbart –fi Im Verlauf der Bauarbeiten ergab sich im [X.] 1997, daß anders als erwartet die Bausubstanz der W.-[X.] nicht erhalten werden konnte. Die W.-[X.] wurde vollständig abgerissen. Die Beklagte verlangte von den Klägern, - 5 - baubegleitend einen Neubau zu planen. Dies lehnten die Kläger als unseriös ab. Die Parteien hoben [X.] den Vertrag auf. Die Kläger haben ein Honorar für erbrachte Leistungen in Höhe von 2.684.598,32 DM netto und für nicht erbrachte Leistungen in Höhe von 2.887.962,33 DM abzüglich ersparter Aufwendungen in Höhe von 1.412.873,00 DM errechnet. Unter Berücksichtigung von Zahlungen der Beklagten haben die Kläger mit der Klage 3.014.143,90 DM geltend gemacht. Das [X.] hat der Klage hinsichtlich der erbrachten Leistungen in vollem Umfang und hinsicht-lich der nicht erbrachten Leistungen teilweise, insgesamt in Höhe von 1.928.369,90 DM (= 985.959,87 •), stattgegeben. Die Berufung der Kläger [X.] nur hinsichtlich der Zinsen Erfolg; die Berufung der Beklagten hatte keinen Erfolg. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt die [X.] ihren Klageabweisungsantrag weiter.

Entscheidungsgründe: Die Revision hat Erfolg. Sie führt zur Aufhebung des Berufungsurteils im angegriffenen Umfang und zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungs-gericht. Auf das Schuldverhältnis finden die bis zum 31. Dezember 2001 gelten-den Gesetze Anwendung (Art. 229 § 5 Satz 1 EG[X.]). - 6 - [X.] 1. Das Berufungsgericht führt unter Einbeziehung der landgerichtlichen Gründe aus, den Klägern stehe ein Honoraranspruch nach § 649 Satz 2 [X.] zu. Bei einvernehmlicher Vertragsbeendigung aus einem wichtigen Grund, den der Architekt nicht zu vertreten habe, entfalle der Anspruch auf das volle [X.] abzüglich der ersparten Aufwendungen grundsätzlich nicht. Ein wichtiger, von den Klägern zu vertretender Kündigungsgrund sei nicht gegeben. Die Klä-ger treffe kein Verschulden an der Vertragsbeendigung. Der Abriß der W.-[X.] sei nicht auf Betreiben der Kläger durchgeführt worden. Der erst nach [X.] erkannte schlechte Zustand der [X.] habe eine Neuerrichtung [X.] und die bisherigen Planungen hinfällig gemacht. Durch den Abriß sei eine neue Planungssituation entstanden, so daß es den Klägern nicht vorzuwerfen sei, daß sie sich geweigert hätten, ihre Planung "ex [X.] anzupassen und weiter baubegleitend [X.]. Es bedürfe keiner besonderen Vereinbarung, um einen Honoraranspruch des Architekten nach § 649 Satz 2 [X.] zu [X.]. 2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nur teilweise stand. Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Kläger ist nicht § 649 Satz 2 [X.]. Die Kläger haben lediglich einen Anspruch gemäß § 645 Abs. 1 [X.] auf Vergütung für die von ihnen erbrachten Leistungen. Ob die [X.] darüber hinaus für nicht erbrachte Leistungen haftet (§ 645 Abs. 2 [X.]), kann nach den bisherigen Feststellungen nicht beurteilt werden. a) Das von den Klägern geschuldete Werk ist aufgrund eines Mangels der Bausubstanz der W.-[X.] unausführbar geworden. Dadurch sind die Kläger von ihrer Leistungspflicht freigeworden (§ 275 [X.]). Die Rechtsfolgen für den Anspruch auf die Gegenleistung bestimmen sich nach § 645 [X.]. - 7 - Daran ändert die nachträglich geschlossene Aufhebungsvereinbarung der Parteien nichts. Sie enthält keine Regelung über den Vergütungsanspruch der Kläger. Dieser richtet sich danach, welche Rechte die Kläger zum Zeitpunkt der Vertragsaufhebung geltend machen konnten (vgl. [X.], Urteil vom 4. Juni 1973 - [X.] ZR 113/71, [X.], 319, 320). Daher kann die [X.] nicht zu einer Anwendung des § 649 Satz 2 [X.] führen. b) Der Unternehmer kann gemäß § 645 Abs. 1 [X.] einen der geleiste-ten Arbeit entsprechenden Teil der Vergütung sowie Ersatz der in der Vergü-tung nicht inbegriffenen Auslagen verlangen, wenn das Werk vor der Abnahme infolge eines Mangels des von dem Besteller gelieferten Stoffes untergegan-gen, verschlechtert oder unausführbar geworden ist. Eine weitergehende Haf-tung des Bestellers setzt ein Verschulden des Bestellers voraus (§ 645 Abs. 2 [X.]). Die Bausubstanz der W.-[X.] ist wie ein von der Beklagten gelieferter Stoff im Sinne des § 645 Abs. 1 [X.] zu behandeln. Der Begriff "Stofffi umfaßt alle Gegenstände, aus denen, an denen oder mit deren Hilfe das Werk [X.] ist ([X.], Urteil vom 30. November 1972 - [X.] ZR 239/71, [X.] 60, 14, 20). Der Besteller, der einen solchen Gegenstand liefert, trägt ohne Rücksicht auf etwaiges Verschulden die Verantwortung dafür, daß dieser Stoff zur Her-stellung des Werkes tauglich ist ([X.], Urteil vom 30. November 1972 - [X.] ZR 239/71, [X.] 60, 14, 19 f.). Das von den Klägern geschuldete Werk, die Sa-nierung der W.-[X.], war an der vorhandenen Bausubstanz auszuführen. Die Bausubstanz war mangelhaft. Dem Vertrag lag die Vorstellung der Parteien zugrunde, daß der Zustand der W.-[X.] ihre Erhaltung und Sanierung zulassen würde. Diese Beschaffenheit wies die W.-[X.] nicht auf. - 8 - c) Daß die Bausubstanz bereits bei Vertragsschluß mangelhaft war, steht der Anwendung des § 645 [X.] nicht entgegen. Die Unmöglichkeit, eine Pla-nung umzusetzen, führt nicht zur Nichtigkeit des Werkvertrags nach § 306 [X.] ([X.], Urteil vom 21. Dezember 2000 - [X.] ZR 17/99, [X.], 785, 788 = NZBau 2001, 761 = [X.] 2001, 310). Fällt die Unmöglichkeit in den [X.], haftet dieser nach den §§ 633 ff. [X.], die als Sonderregelung grundsätzlich die Anwendbarkeit der §§ 306, 307 [X.] aus-schließen (vgl. [X.], Urteil vom 21. Dezember 2000 - [X.] ZR 17/99, aaO.). Be-ruht die Unausführbarkeit des Werks auf einem Mangel des von dem Besteller gelieferten Stoffes, ist es sachgerecht, daß dieser nach § 645 [X.] haftet. Der Besteller ist der Gefahr für das Werk, die sich aus dem von ihm zur Verfügung gestellten Stoff ergibt und die zur Unausführbarkeit des Werks geführt hat, nä-her als der Unternehmer (vgl. [X.], Urteil vom 21. August 1997 - [X.] ZR 17/96, [X.] 136, 303, 308). Für die Bewertung der Interessenlage der Parteien ist es unerheblich, ob der Stoff bereits bei Vertragsschluß unerkannt mangelhaft war oder erst nachträglich geworden ist. d) Es ist unerheblich, daß die Kläger sich geweigert haben, einen Neu-bau zu planen. Die Planung und Durchführung einer Neuerrichtung schuldeten die Kläger nicht. Die Kläger haben es in dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag übernommen, den von ihnen im Rahmen des [X.] eingereichten [X.] zu verwirklichen, der die Erhaltung der vorhandenen Bausubstanz vorsah. Die Honorarvereinbarung der Parteien ist auf die Planung und Durchführung eines Umbaus abgestimmt. Ein Neubau ist ein anderes Werk als ein Umbau. Unerheblich ist es, daß sich der Anteil der zu erhaltenden Bausubstanz nach dem Vortrag der Beklagten, der in der Revisionsinstanz zu unterstellen ist, - 9 - während der Ausführung des Werks bereits erheblich verringert hatte und die Kläger ihre Planung insoweit angepaßt hatten. Maßgeblich für die Bestimmung der vereinbarten Leistungspflicht der Kläger sind die übereinstimmenden [X.] der Parteien beim Vertragsschluß. Zu diesem Zeitpunkt haben die Parteien nicht damit gerechnet, daß ein vollständiger Abriß der W.-[X.] erfor-derlich werden würde. e) Der Architektenvertrag enthält keine von § 645 [X.] abweichende Ri-sikoverteilung. f) Ob die Kläger einen Anspruch auf Vergütung auch für die von ihnen nicht erbrachten Leistungen haben, läßt sich nach den bisher getroffenen Fest-stellungen nicht beurteilen. Eine über § 645 Abs. 1 Satz 1 [X.] hinausgehende Haftung setzt ein Verschulden des Bestellers voraus (§ 645 Abs. 2 [X.]). [X.] hat das Berufungsgericht bisher keine Feststellungen getroffen. Dies wird es nachzuholen haben. I[X.] 1. Das Berufungsgericht hält die Honorarvereinbarung auch insoweit für wirksam, als diese eine Vergütung vorsieht, die über die [X.] der [X.] hinausgeht. Die Kläger hätten den [X.] unterschrieben und sofort mit den Arbeiten begonnen. Es erscheine angesichts des Zeitdrucks, unter dem die Baumaßnahme gestanden habe, als treuwidrig im Sinne des § 242 [X.], wenn die Beklagte den Klägern die mangelnde Schriftform bis zu ihrer eigenen Unterschrift vorhalte, auf welche die Kläger keinen Einfluß gehabt hätten. 2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung im Ergebnis stand. - 10 - Die Honorarvereinbarung und die Vereinbarung über die Nebenkosten in dem schriftlichen Vertrag vom 18. Februar/20. Mai 1997 sind nicht gemäß § 4 Abs. 4 und § 7 Abs. 3 [X.] unwirksam, denn sie sind bei Auftragserteilung ge-troffen worden. Auftragserteilung im Sinne des § 4 Abs. 4 [X.] ist der Vertragsschluß (vgl. [X.], Urteil vom 6. Mai 1985 - [X.] ZR 320/84, [X.], 582, 583 = [X.] 1985, 222). Die Parteien haben den Vertrag schriftlich am 18. Februar/20. Mai 1997 geschlossen. Das Berufungsgericht hat nicht festgestellt, daß die Parteien schon zuvor einen Vertrag geschlossen hätten. Daß die Kläger mit den Arbeiten begonnen haben, bevor der [X.] unterschrieben worden ist, erlaubt nicht, einen früheren Vertragsschluß anzunehmen. Sie haben damit le-diglich den besonderen Beschleunigungsinteressen der Beklagten Rechnung getragen. II[X.] 1. Das Berufungsgericht hält den Vortrag der Beklagten im Schriftsatz vom 30. Juli 2002 für verspätet. Es hat sich deshalb mit den dort vorgebrachten Einwänden der Beklagten gegen das vom [X.] eingeholte Sachverstän-digengutachten und gegen die auf dieser Grundlage zuerkannte Höhe des [X.] nicht auseinandergesetzt. Es führt aus, die fristgemäße [X.] vom 13. Mai 2002 rechtfertige für sich alleine nicht eine Abänderung des angefochtenen Urteils. Diese Begründung sei nicht hinreichend substanti-iert. Der Vortrag der Beklagten in dem Schriftsatz vom 30. Juli 2002 sei als eine weitere Berufungsbegründung anzusehen, die außerhalb der [X.]sfrist vorgelegt worden sei. Dieser ergänzende Vortrag könne gemäß §§ 520 Abs. 3 Nr. 2-4, 530 ZPO nicht berücksichtigt werden. Es komme nicht - 11 - darauf an, ob der Rechtsstreit durch die Zulassung des Vorbringens in dem Schriftsatz vom 30. Juli 2002 verzögert werde. 2. Das hält einer rechtlichen Überprüfung nicht stand. Das Berufungsge-richt hätte sich mit den Einwänden der Beklagten in dem Schriftsatz vom 30. Juli 2002 auseinandersetzen müssen. a) Der Schriftsatz enthält rechtliche Überlegungen, deren Behandlung das Berufungsgericht ohnehin nicht aus Präklusionsgründen verweigern durfte. Dies gilt insbesondere für die Rechtsfragen, welche Kosten anrechenbar sind, welche Honorarzone anwendbar ist, wie die erbrachten Leistungen zu bewerten sind, ob die Berechnungen zutreffend sind und ob sie den Grundlagen der [X.] entsprechen. Diese Fragen sind vom Gericht auf der vom [X.] ermittelten Tatsachengrundlage zu beantworten. Die rechtliche Beurteilung darf das Gericht nicht dem Sachverständigen überlassen. b) Soweit sich der Schriftsatz auf Tatsachen bezieht, die bereits in der ersten Instanz vorgetragen worden sind, kommt eine Präklusion ebenfalls nicht in Betracht. Dies betrifft insbesondere den Vortrag, der sich mit dem Inhalt des in erster Instanz vorgelegten Privatgutachtens deckt. Das in erster Instanz vor-gelegte Privatgutachten war bereits substantiierter Parteivortrag, den das [X.] hätte zur Kenntnis nehmen müssen (vgl. [X.], Urteil vom 17. Oktober 2001 - [X.]/00, NJW-RR 2002, 166, 167 = [X.]Report 2002, 153; Urteil vom 10. Oktober 2000 - [X.]/00 - NJW 2001, 77, 78). c) Auch soweit der Schriftsatz neue Angriffs- oder Verteidigungsmittel enthält, durfte das Berufungsgericht ihn nicht zurückweisen ohne zu prüfen und darzulegen, ob eine Verzögerung des Rechtsstreits drohte. - 12 - Die Auslegung der §§ 520 Abs. 3, 530 ZPO, die das Berufungsgericht vorgenommen hat, ist rechtsfehlerhaft. Eine Zurückweisung verspäteten [X.] ist nur dann zulässig, wenn die Zulassung zu einer Verzögerung des Verfahrens führen würde. Für Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die entgegen §§ 520 und 521 Abs. 2 ZPO nicht rechtzeitig vorgebracht werden, erklärt § 530 ZPO § 296 Abs. 1 und 4 ZPO für entsprechend anwendbar. Gemäß § 296 Abs. 1 ZPO sind ver-spätet vorgebrachte Angriffs- oder Verteidigungsmittel zuzulassen, wenn ihre Zulassung die Erledigung des Rechtsstreits nicht verzögert oder wenn die [X.] die Verspätung genügend entschuldigt. Die in einer Präklusion liegende Ein-schränkung des Anspruchs auf rechtliches Gehör ist verfassungsrechtlich nur dann gerechtfertigt, wenn diese der Abwehr pflichtwidriger Verfahrensverzöge-rungen dient (vgl. [X.], Beschluß vom 5. Mai 1987 - 1 BvR 903/85, [X.]E 75, 302 = NJW 1987, 2733, 2735). Diese verfassungsrechtlichen Anforderun-gen bestehen auch nach dem Gesetz zur Reform des Zivilprozesses vom 27. Juli 2001 unverändert fort. Das Berufungsgericht durfte nicht über die Präklusionsbestimmungen des § 530 ZPO hinaus das Vorbringen mit der Begründung zurückweisen, es liege eine weitere Berufungsbegründung nach Ablauf der Berufungsbegrün-dungsfrist vor. IV. 1. Das Berufungsgericht ist mit dem [X.], dessen Ausführungen es stillschweigend folgt, der Auffassung, der [X.] sei auf das [X.] für den gesamten Altbau (Bauteil 1) zu beziehen. Dies folge daraus, daß die - 13 - Honorarabrechnung nach der [X.] einheitlich für ein Objekt zu erfolgen habe. Liege eine Baumaßnahme vor, die insgesamt eine Trennung nicht zulasse, weil wesentliche Umbauteile mit Neubauten untrennbar verbunden seien, liege ins-gesamt ein Umbau vor. Eine Trennung in diesem Sinne könne innerhalb des Bauteils 1 "Altbau" nicht vorgenommen werden. 2. Dies ist rechtsfehlerhaft. a) Die Parteien haben eine Vereinbarung über den [X.] ge-troffen. Ob dieser Zuschlag sich auf das Honorar für den gesamten Bauteil 1 beziehen sollte, oder nur auf die Teile des Gebäudes, bei denen vorhandene Bausubstanz tatsächlich verarbeitet worden ist, ist eine Frage der Vertragsaus-legung. Das Berufungsgericht hat den Vertrag insoweit nicht ausgelegt. Dies wird es nachzuholen haben. b) Die [X.] regelt den preisrechtlichen Rahmen, in dem [X.] zulässig sind (vgl. [X.], Urteil vom 24. Oktober 1996 - [X.] ZR 283/95, [X.] 133, 399, 401 f.; [X.], Urteil vom 13. September 2001 - [X.] ZR 380/00, [X.], 1926, 1927 = NZBau 2001, 690 = [X.] 2002, 59). Sie kann bei der Auslegung vertraglicher Vereinbarungen nur insofern von Bedeutung sein, als im Zweifel anzunehmen ist, daß die Parteien eine zulässige Honorarvereinba-rung treffen wollten. Ob das von der Beklagten behauptete Verständnis der Vereinbarung des [X.]s zu einem preisrechtlich nicht zulässigen Honorar geführt hätte, kann nach den bisherigen Feststellungen des [X.] nicht beurteilt werden. - 14 - V. 1. Das Berufungsgericht hat sich der Auffassung des [X.]s ange-schlossen, es gehe nicht um ein einheitliches Bauwerk, sondern um mehrere getrennte Bauwerke. Das [X.] hat dazu ausgeführt, eine [X.] der Bauteile 2 bis 4, wie sie von den Parteien vorgenommen worden sei, entspreche nicht den Regelungen der [X.]; es handele sich jeweils um einzelne Gebäude im Sinne des § 22 [X.]. Der Bauteil 3 (Seminarpavillon) könne unabhängig vom Bauteil 1 (Altbau) genutzt werden; er sei funktional und konstruktiv selbständig. Bauteil 2 (Verwaltungsgebäude) und Bauteil 4 ([X.]) seien getrennte Gebäude; die Tiefgarage diene primär den Besuchern der W.-[X.] und den Besuchern des [X.] und sei daher funktionell selbständig. Aus dem Architektenvertrag lasse sich nicht herleiten, daß die [X.]en eine andere Objekteinteilung vereinbart hätten; im übrigen bestünden ge-gen eine von § 22 [X.] abweichende Vereinbarung Bedenken, weil die von der [X.] vorgegebenen [X.] unterschritten werden könnten. Nach Ansicht des Berufungsgerichts ist der vom [X.] herangezo-gene Sachverständige den Einwänden der Beklagten hinreichend nachgegan-gen und zu einem nachvollziehbaren Ergebnis gelangt. Der entgegengesetzte Vortrag der Beklagten sei insoweit auch in der Berufungsinstanz unsubstantiiert geblieben. 2. Das hält einer rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Die Parteien haben vereinbart, daß der Bauteil 1 als ein Gebäude und die Bauteile 2, 3 und 4 als ein weiteres Gebäude abgerechnet werden sollten (a). Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob diese Vereinbarung wirksam ist. Nach den bisherigen Feststellungen läßt sich nicht beurteilen, ob die Ver-einbarung preisrechtlich zulässig ist (b). - 15 - a) Die Parteien haben in dem Architektenvertrag unter der Überschrift Honorarermittlung festgelegt, das Objekt bestehe aus —1. Umbau u. Sanierung W.-[X.]fi und —2. [X.] In der dem Vertrag als Anlage 3 beigefügten vor-läufigen Honorarberechnung sind die Bauteile 2, 3 und 4 als ein Gebäude abge-rechnet. Dies läßt nur die Auslegung zu, daß bei der Honorarberechnung der Bauteil 1 als ein Gebäude und die Bauteile 2, 3 und 4 als ein weiteres Gebäude behandelt werden sollten. Dieses Verständnis der Honorarvereinbarung haben auch die Parteien ihren Berechnungen übereinstimmend zugrunde gelegt. b) Das Berufungsgericht wird prüfen müssen, ob die von den Parteien vereinbarte Regelung zu einem Honorar führt, das sich in dem preisrechtlich zulässigen Rahmen hält. Die Erwägung des Berufungsgerichts, die [X.] sei unwirksam, weil sie von § 22 [X.] abweiche, ist [X.]. § 22 [X.] enthält keine Regelung über die Zulässigkeit von [X.]. Gemäß § 4 Abs. 2 [X.] können die [X.] der [X.] grundsätz-lich nicht unterschritten werden. Das bedeutet, daß eine Honorarvereinbarung dann unzulässig ist, wenn sie zu einem Honorar führt, das das von der [X.] vorgesehene Mindesthonorar unterschreitet. Orientiert sich die [X.] an den nach der [X.] maßgeblichen Abrechnungsfaktoren, kann die Zulässigkeit der Honorarvereinbarung nicht isoliert für einen einzelnen Abrech-nungsfaktor festgestellt werden. Die Zulässigkeit einer Honorarvereinbarung kann nur bei ihrer vollständigen Anwendung beurteilt werden. Das Berufungsgericht wird zu ermitteln haben, welches Honorar sich nach den von den Parteien vereinbarten Bemessungsregelungen ergibt und ob dieses Honorar niedriger ist als das Mindesthonorar. - 16 - c) Bei der Ermittlung des [X.] wird das Berufungsgericht zu berücksichtigen haben, daß die bisherigen Feststellungen nicht die Beurteilung tragen, daß die einzelnen Bauteile verschiedene Gebäude im Sinne des § 22 Abs.1 [X.] und daher getrennt abzurechnen sind. Für die Abgrenzung kommt es darauf an, ob die Bauteile nach funktionellen und technischen Kriterien zu einer Einheit zusammengefaßt sind ([X.], Urteil vom 24. Januar 2002 Œ [X.] ZR 461/00, [X.], 817). Das Berufungsgericht wird auf der Grundlage dieser Maßstäbe insbesondere auch prüfen müssen, welche Bedeutung der so ge-nannte Verbindungsgang zwischen den Bauteilen 1 und 3 für die funktionelle Zuordnung der Bauteile hat. Dressler

Thode

Haß

Wiebel

Kuffer

Meta

VII ZR 16/03

16.12.2004

Bundesgerichtshof VII. Zivilsenat

Sachgebiet: ZR

Zitier­vorschlag: Bundesgerichtshof, Entscheidung vom 16.12.2004, Az. VII ZR 16/03 (REWIS RS 2004, 147)

Papier­fundstellen: REWIS RS 2004, 147

Auf dem Handy öffnen Auf Mobilgerät öffnen.


Die hier dargestellten Entscheidungen sind möglicherweise nicht rechtskräftig oder wurden bereits in höheren Instanzen abgeändert.

Referenzen
Wird zitiert von

Keine Referenz gefunden.

Zitiert

Keine Referenz gefunden.

Zitieren mit Quelle:
x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.